Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man soll manche Begriffe ja nicht inflationär gebrauchen, aber ich glaube, heute ist ein richtig guter Tag für Niedersachsen. Denn mit der Novelle der NBauO - Stichwörter Inklusion, Bauprodukte und Europarecht/Seveso - sind wir einen Schritt gegangen, der die Lebenssituation der Menschen in Niedersachsen deutlich verbessern wird.

Die eigentlich schon im letzten Jahr vorgesehene Novelle ist der frühen Landtagswahl zum Opfer gefallen. Mein Vorredner hat gerade die Mär erzählt, wir wären damals dagegen gewesen. Ich glaube, Herr Kollege, Sie hätten auch eine eigene Mehrheit gehabt, das umzusetzen. Aber Sie haben es halt einfach zu spät angefangen.

(Beifall bei der CDU)

Wir mussten uns im Rahmen dieser Novelle entscheiden, ob wir schnell eine Novelle verabschieden und uns daher auf wenige Bereiche beschränken, die uns wichtig sind. Wenn wir alles umgesetzt hätten, was an uns herangetragen worden ist - gerade im Bereich der Inklusion -, dann hätten die Menschen sicherlich noch weitere Monate warten müssen. Das aber haben wir nicht gewollt, und deshalb haben wir uns für eine schnelle Umsetzung der NBauO entschieden. Ich denke, das war eine gute Entscheidung, und das kommt auch vielen Menschen zugute.

Barrierefreiheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, geht uns alle an. Nicht nur die Mutter mit den vollen Einkaufstaschen, auch der Vater mit dem Kinderwagen oder das Kind mit dem gebrochenen Oberschenkel, sie alle schätzen es, wenn sie Gebäude ohne Probleme erreichen können oder sich in ihnen bewegen können. Und auch wir sind zwar heute dynamisch und mobil, aber werden alle auch jeden Tag ein bisschen älter.

Ich bin der Arbeitsgruppe aus dem Verband der Wohnungswirtschaft, der kommunalen Spitzenverbände, der kirchlichen Verbände, des Blinden- und Sehbehindertenverbandes, der Lebenshilfe, des Inklusionsrates, der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, des Mieterbundes, Haus & Grund und dem Verband Wohneigentum

Niedersachsen sehr dankbar, dass man sich auf gemeinsame Vorschläge verständigt hat. Das war ein Kompromiss, und ich glaube, es war ein guter Kompromiss. Denn diese Verbände haben sich gemeinschaftlich auf Anforderungen an die Barrierefreiheit in Gebäuden mit mehr als vier Wohneinheiten, auf den barrierefreien Zugang in Gebäude und zu Gebäuden und die Schaffung von Rollstuhlgerechtheit geeinigt und kluge Vorschläge gemacht. Auch deshalb war die auf einen Tag angesetzte Anhörung im Ausschuss nach 90 Minuten beendet. Dass jetzt von einem Sozialverband daran Kritik geäußert wird - ich habe das heute Morgen gelesen -, ist für mich unverständlich.

Ich bin da sehr ehrlich. Beim Neubau unseres Plenarsaals oder auch bei der Renovierung des Kreishauses in Osnabrück war ich zunächst skeptisch, ob diese vielen Türen mit der automatischen Türöffnung wirklich sein müssen. Aber nach schmerzlichen privaten Erfahrungen sehe ich viele Dinge heute mit einer schärferen Brille. Ich glaube, auch das ist Aufgabe von Politik.

Ich habe es vorhin schon gesagt: Wegen der schnellen Umsetzung der NBauO-Novelle mussten wir uns gegen viele Änderungen entscheiden, die von Verbänden oder privaten Personen an uns herangetragen worden sind. Dabei ging es um Solaranlagen oder Solarkollektoren in Verbindung mit dem Denkmalschutz, um die Anerkennung von Sachverständigen oder auch um die Einmessung von Gebäuden. Auch die Architekten und Ingenieure haben wertvolle Hinweise geliefert, denen wir aber nicht vollumfänglich nachkommen konnten. Aber - das betone ich für die CDU-Fraktion sehr deutlich - aufgeschoben bedeutet nicht aufgehoben. Ich sage zu, dass diese Große Koalition schon in Kürze mit einer weiteren Novelle der Bauordnung beginnen wird. Dazu kann es hilfreich sein, wenn das Bündnis für bezahlbares Wohnen kurzfristig Vorschläge für eine Änderung des Baurechtes macht, mit denen wir dafür sorgen, dass die Baukosten geringer werden, damit mehr Wohnraum entsteht und wir auch dieses Problem in den Griff bekommen.

Ich freue mich, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir diese Novelle jetzt einstimmig auf den Weg bringen. Das ist ein gutes Signal. Aber ich betone noch einmal: Wir legen die Hände nicht in den Schoß. Gerade bei der NBauO gilt: Nach der Novelle ist vor der Novelle.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Für die AfDFraktion hat nun das Wort der Kollege Wirtz. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! An der neuen Bauordnung ist vorwiegend auch von uns nichts auszusetzen. Manche mögen jetzt wieder Protest erwartet haben - jedenfalls auf den billig besetzten Plätzen, die gerade nicht belegt sind. Wir haben jedenfalls nichts auszusetzen.

Die Änderungen sind vorwiegend maßvoll. Die erreichten Fortschritte in der Barrierefreiheit führen, wie die Vorredner schon betont haben, noch nicht zu einer vollständigen Behindertengerechtheit, aber sie sind ein größerer Schritt auf dem Weg zur Altersgerechtheit und zur Vereinfachung des Wohnens in den jetzt barrierefrei auszustattenden Wohnungen. Es geht also um pragmatische Lösungen, und denen schließen wir uns gerne an.

Es gab, wie wir gerade gehört haben, zwar noch offene Kritik, insgesamt aber während der Anhörung nicht viel zu kritisieren. Es sind teilweise redaktionelle Verbesserungen vorgenommen worden, die lange fällig waren. So kurz war die Anhörung dann aber doch nicht, als dass man es nicht hätte anklingen hören: Allgemein ist bei vielen der Experten, die gehört wurden, eine spürbare Skepsis zu spüren gewesen: wegen der zusätzlichen Kosten, die jetzt auf uns zukommen werden, wegen der Durchführbarkeit und wegen der Gewährleistung des zeitlich schnellen Ablaufs der nun überarbeiteten Bauordnung. Eines ist die Bauordnung nämlich nicht: Sie ist nicht wesentlich einfacher geworden. Es ist auch fraglich, ob diese Novelle dazu taugt, dass sich auf diesem Wege der dringend benötigte Wohnraum schneller erstellen lässt oder ob es eher länger dauern wird, die von uns sehr begrüßten zusätzlichen Wohnungen, die gerade in den Ballungszentren notwendig sind, bereitzustellen.

Wir haben auch einen zusätzlichen Aufwand durch die Aufnahme weiterer Gebäudetypen in die Kategorie Sonderbau.

Und Sie mussten - das konnten Sie sich auch in der Großen Koalition nicht verkneifen; das ist vielleicht auch der Geist des rot-grünen Ur-Entwurfs, der sich noch durchzieht - zu § 3 schreiben:

„Dem Absatz 2 wird der folgende Satz 3 angefügt: ,Zum Schutz des Klimas sind Möglichkeiten zum sparsamen Umgang mit Boden, Wasser und Energie sowie zur Gewinnung erneuerbarer Energien zu berücksichtigen.‘“

Bei Energie ist das ja noch verständlich. Aber warum müssen Sie jetzt auch noch Wasser und Boden sparen, um das Klima zu schützen? - Das ist wieder einmal der kleine Katechismus des Klimaschutzes, der unbedingt auch hier hineingeschrieben werden muss, weil Sie es offenbar überall hineinschreiben müssen.

Naja, das ist eine Stelle. Wir können dem trotzdem zustimmen.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Kollege Wirtz. - Es hat sich nun gemeldet Herr Minister Lies. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Helge Limburg [GRÜNE]: Unter 15 Minuten, oder dauert es länger, Herr Minister?)

- Bitte?

Zunächst einmal darf ich mich bei allen Fraktionen ganz herzlich für die breite Unterstützung und die Zustimmung bedanken.

Ich will nur zwei Schwerpunkte nennen, die aber ganz entscheidend sind:

Der erste Punkt ist die Anpassung der Regelungen über Bauprodukte und Bauarten. Dieser Punkt war ausschlaggebend für die Diskussion in der letzten Legislaturperiode. Dort hat nicht so sehr der gestaltende Aspekt eine Rolle gespielt, also dass wir uns überlegt haben, was wir machen könnten, sondern dort ging es darum, dass der Europäische Gerichtshof im Jahr 2014 einen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen die BauprodukteRichtlinie festgestellt hat. Hintergrund war das europarechtliche Marktbehinderungsverbot. Deswegen war es so wichtig, auch gegenüber der Kommission deutlich zu machen, dass wir die Änderungen, die jetzt vorgenommen werden müssen, auch wirklich durchbringen.

Die Konsequenzen sind in die Novelle zur Niedersächsischen Bauordnung aufgenommen worden. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar; denn das ist ein wichtiges Signal. Die Niedersächsische Bauordnung übernimmt damit - wie auch die anderen Landesbauordnungen dies tun - die Regelungen der Musterbauordnung, die von der EU-Kommission notifiziert sind. Das schafft für alle Beteiligten mehr Rechtssicherheit.

Hier passiert also nichts Neues, aber es gibt Rechtssicherheit. Das ist entscheidend. Und vor allem sind es einheitliche Regelungen, die dann in Deutschland zum Tragen kommen.

Trotz der Tatsache, dass dies dringend notwendig war und die dafür verbliebene Zeit recht knapp war, ist es gelungen, einen zweiten elementaren Punkt aufzunehmen, nämlich die Barrierefreiheit. Dieser Punkt stand ja auch im Mittelpunkt der bisherigen Diskussion. Das war schwierig, das muss man wirklich sagen. In der Debatte um das, was wir erreichen könnten, ist es nie genug, und in der Debatte um die Kosten ist es immer noch zu viel.

Vielleicht wird uns, wenn wir die Änderungen sehen, eines klar: Barrierefreiheit wirkt zwar wie ein technischer Begriff, aber am Ende geht es auch um Komfort. Am Ende betrifft vieles von dem, was wir heute als Barrierefreiheit beschreiben, etwas, was wir uns in der Vergangenheit einmal überlegt haben und was eigentlich eine unnötige Einschränkung ist. Insofern ist das, was wir auf den Weg bringen, ein Mehr an Qualität für alle Beteiligten.

Vorhin ist viel über die Frage der neuen Regelungen zur Barrierefreiheit gesagt worden, z. B. wenn es um Neubauten mit mehr als vier Wohnungen geht. All diese Punkte sind enthalten, aber sie standen auch schon mit der Zielsetzung des Bündnisses für bezahlbares Wohnen in der Diskussion, nämlich das Bauen nicht unnötig zu verteuern. Es ist natürlich schwierig, Bauen auf der einen Seite nicht teurer zu machen und auf der anderen Seite ein Mehr an Barrierefreiheit zu generieren.

Da finde ich einen Punkt ganz spannend, bei dem dies gelungen ist. Wir haben viel darüber diskutiert, wann ein Aufzug Pflicht sein soll. Die Botschaft ist: weiterhin bei vier Obergeschossen, aber es muss die Möglichkeit zur Nachrüstung geben. Man hat also einen Kompromiss gefunden. Überall einen Fahrstuhl einbauen zu müssen, wäre natürlich teuer geworden, und man müsste sich fragen, ob man demjenigen, der eine Wohnung sucht, damit

mehr hilft, als wenn man ohne Fahrstuhl baut - aber eben so plant, dass die Nachrüstung einfach möglich ist.

Ich finde, das ist ein ganz wichtiges und auch wirklich positives Ergebnis - neben den vielen anderen Themen, die dabei eine Rolle spielen.

Das steht also alles unter dem Gesichtspunkt des bezahlbaren Wohnens. Deswegen bin ich der Arbeitsgruppe und den Verbänden, die dabei waren, sehr dankbar: der Architektenkammer, der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände, der Landesbeauftragen für Menschen mit Behinderungen, aber auch allen anderen Verbänden aus Wohnungswirtschaft und Planung, die uns unterstützt haben, und am Ende natürlich auch den Fraktionen, die das nun beschließen. Das zeigt, dass das ein guter Weg ist.

Wir haben in den letzten Jahren viel darüber gestritten, was für die Barrierefreiheit notwendig ist. Jetzt hat man alle zusammengeholt und in zahlreichen Sitzungen einen Vorschlag erarbeitet, den wir hier nun umsetzen. Ich finde, das ist ein wirklich gutes und wichtiges Signal an alle Beteiligten.

Abschließend: Wir haben in der Tat vor, noch einmal in einen Diskurs zu gehen, wenn die Ergebnisse der Arbeit des Bündnisses vorliegen. Ich halte das auch für richtig. Wenn wir Maßnahmen erkennen, die wir in der NBauO umsetzen können, die dem Ziel, die Qualität weiter zu erhalten, und dem Anspruch, bezahlbares Wohnen zu ermöglichen, gerecht werden, würden wir sicherlich in eine erneute Diskussion einsteigen. Und dann hätten wir auch die Chance, noch weitere Vorschläge zu diskutieren.

Herzlichen Dank für die breite Zustimmung. Ich glaube, das hilft uns an vielen Stellen weiter.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Herr Kollege Limburg, der Minister hat die Redezeit ausgeschöpft, aber nicht überschritten. Das ist die frohe Botschaft am Ende dieser Beratung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Einzelberatung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer ihr zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einstimmig.

Artikel 2. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte zustimmen? - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Auch das war einstimmig.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.