Protokoll der Sitzung vom 12.09.2018

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Überhaupt muss sich jetzt, seitdem die CDU regiert, vieles der Unterrichtsversorgung beugen. Da wird über die Streichung von Beratungslehrkräften debattiert, und die Streichung von Poolstunden ist im Gespräch. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ich bin darüber irritiert. Denn was bleibt, ist nicht etwa besonnene Bildungspolitik der SPD. Was

bleibt, sind bildungspolitische CDU-Vorhaben, die sich dem heiligen Gral der Unterrichtsversorgung unterordnen. Für sie muss alles geopfert werden, so etwa der Ganztag, die Sprachförderung und die Inklusion.

(Jörg Hillmer [CDU]: Sie halten hier ja ein Plädoyer für Unterrichtsausfall!)

- Nein, das ist kein Plädoyer für Unterrichtsausfall, Herr Hillmer.

(Jörg Hillmer [CDU]: Genau das ist es!)

Es ist ein Plädoyer für gute Schule im Ganzen.

(Jörg Hillmer [CDU]: Nur ohne Unter- richt! Schule ohne Unterricht ist Ihr Modell!)

Denn auch Inklusion und auch die Anerkennung von Förderbedarfen an Schulen sind Pflichtaufgaben von Schulen. Dem müssen wir uns stellen. Das müssen wir verwirklichen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Ohne Unterricht wird es wohl nicht gehen! - Ulf Thiele [CDU]: Ihnen ist alles wichtig, nur nicht der ordentliche Unterricht!)

Darüber hinaus geht das doch gar nicht auf. Das müssen Sie doch anerkennen. Die Unterrichtsversorgung wird nicht sichtbar besser. Sie haben hier auf der einen Seite Maßnahmen zulasten der Schulen ergriffen, ohne auf der anderen Seite etwas zu bieten. Da läuft doch irgendetwas falsch. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das müssen Sie doch anerkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Sie machen eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners. Ihnen fehlt jede Vision, wie man gute Schule gemeinsam voranbringen kann. Sie schließen fragile Kompromisse. Sie haben keine Idee fürs Land. Ich sage Ihnen: Wie Sie das hier miteinander gestalten, reicht nicht aus, um die Herausforderungen für die Schulen in Niedersachsen zu meistern.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hamburg. - In sehe keine Wortmeldungen aus dem Plenum, sodass

jetzt die Landesregierung zum Zuge kommt. Herr Minister Tonne, bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal danke ich für die Aktuelle Stunde und für die Gelegenheit, dass wir uns über Bildungspolitik unterhalten.

(Björn Försterling [FDP]: Immer gern!)

Herr Försterling, das freut mich ausdrücklich.

(Björn Försterling [FDP]: Ich mache das ja auch sehr gern!)

Ich erlaube mir die Vorbemerkung: Ihre Ausführungen zum Projekt 2040 belegen die dringende Notwendigkeit des Projektes.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie müssen ja nicht teilnehmen, wenn Sie eingeladen werden. Aber ganz offenkundig täte es Ihnen gut, wenn Sie dabei wären.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Reden der Opposition anhört - der eine behauptet, wie ich finde, fälschlicherweise, es sei zu wenig bis nichts passiert; die andere behauptet, es sei viel zu viel und viel zu schnell passiert -, kann man zu dem Eindruck kommen, dass man diese Reden um der Debatte willen hält, um dagegen sein zu können, aber sich nicht wirklich mit den Themen auseinandersetzt. Mich überrascht das schon ein bisschen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben in den ersten zehn Monaten in der Tat ein hohes Tempo an den Tag gelegt. Das war uns allen wichtig. Wir haben zwei Gesetzesnovellierungen durch den Landtag bekommen und miteinander beschlossen.

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

- Herr Grascha, ich komme gleich darauf.

Wir haben die Beitragsfreiheit des Kindergartens eingeführt. Das ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer gebührenfreien Bildung, ein Meilenstein für Chancengleichheit. Ich finde, darauf können wir stolz sein. Dass es der FDP keinen einzigen Satz wert ist, über diese Chancengleichheit zu diskutieren und für die Teilhabe jedes einzelnen Kindes in Niedersachsen zu werben, dass man das in einer

solchen Debatte eben mal wegignoriert, das drückt schon etwas Besonderes aus.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Für die Veränderung im Rahmen der vorschulischen Sprachförderung haben wir 32,5 Millionen Euro gesetzlich abgesichert. Letzte Woche fand hier in Hannover eine Fachtagung statt: „Im Dialog - Frühkindliche Sprachbildung in Niedersachsen“. Ich finde es ein bisschen bedauerlich, dass ich dort zwar Vertreter von Regierungsfraktionen gesehen habe, aber beispielsweise Herrn Försterling nicht. Er hätte dort nämlich mitnehmen können, dass die gesamte Runde dieses Konzept als inhaltlich richtig beurteilt hat. Sie hat gesagt: Die vorschulische Sprachförderung zu verlagern und in die Hände der Erzieherinnen und Erzieher zu übergeben, ist ein fachlich ganz ausdrücklich richtiger Schritt. - Das hätte man dann auch einmal mit aufnehmen können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Die Verla- gerung haben wir nicht kritisiert! Aber sie muss auch hinterlegt sein, Herr Minister!)

- Herr Kollege Limburg, ich finde es ganz fantastisch, dass Sie Herrn Försterling verteidigen. Ich habe gerade ihn angesprochen, weil er das kritisiert hat. Von daher bitte ich um Differenzierung.

(Helge Limburg [GRÜNE] lacht)

Wir haben den Einschulungsstichtag flexibilisiert. Eltern von 2 900 Kindern haben davon Gebrauch gemacht. Wir hatten hier im Landtag eine riesige Petition mit der Forderung: Gebt uns mehr Handlungsspielräume! - Auch das haben wir sofort umgesetzt. Wir haben gesagt: Es ist richtig und wichtig, nicht permanent Debatten darüber führen zu müssen, wann ein Kind zur Schule muss. Es ist richtig und wichtig, dass keine unwürdigen Umwege mehr genommen werden muss, um eine Einschulung zu verhindern. - Jetzt habe Eltern die Möglichkeit, zu entscheiden, ob ihr Kind schon in die Schule oder noch ein Jahr in die Kita gehen soll. Das ist ein ausdrücklich richtiger Schritt.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Politze und Frau Wulf haben dankenswerterweise auf viele einzelne Beschlüsse hingewiesen, die ebenfalls richtig und wichtig waren: die bessere Bezahlungen von Leitungen kleiner Grundschulen, die Entlastung der Schulleitungen durch die Rück

verlagerung von Aufgaben zur Landesschulbehörde.

Natürlich will ich auch zum Einstellungsverfahren und zur Unterrichtsversorgung etwas sagen: Mit 1 922 Einstellungen haben wir ein wirklich gutes Ergebnis erreicht. Das darf man hier auch einmal festhalten. Das hätte im Vorfeld niemand so erwartet - um das ganz deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Trotzdem kann dieses Ergebnis nicht zufriedenstellen. Denn wir haben bei Weitem nicht alle Herausforderungen gelöst. Das behauptet in dieser Runde auch niemand. Natürlich sind die Ausfälle, die es in der Unterrichtsversorgung gibt, hochgradig ärgerlich. Wir müssen weiter intensiv daran arbeiten, die Ausfälle zu minimieren. Wir haben z. B. die Mittel für Vertretungsverträge sofort deutlich aufgestockt, um Lösungen, die man vor Ort schaffen kann, zu ermöglichen.

Wir alle sprechen davon, dass die Abordnungen zurückgefahren werden sollen. Aber die Opposition muss auch die Frage beantworten, wie mit Stellenverlagerungen umgegangen werden soll. Wenn bei einem Einstellungsdurchgang nicht ausreichend GHR-Lehrkräfte eingestellt werden sollen, sollen die Stellen dann unbesetzt bleiben? Oder sollen dann die Stellen verlagert und Gymnasiallehrkräfte eingestellt werden? Letzteres haben wir getan, um die Stellen nicht unbesetzt zu lassen. Aber das bedeutet dann natürlich Abordnungen. Zu diesem entscheidenden Punkt habe ich von den Oppositionsfraktionen nichts gehört. Wir haben uns für eine Besetzung der Stellen entschieden, weil wir damit Lehrkräfte ins System holen und hier halten können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

All die Maßnahmen, die wir auch im Stabilisierungspakt vorgestellt haben, werden jetzt umgesetzt. Hier den Eindruck zu erwecken, das könne man mit einem Handstreich im Vorbeigehen machen, wäre - das wissen doch alle Rednerinnen und Redner - hochgradig unseriös. Wir werden die Qualifizierung im Quereinstieg vorantreiben, die Hinzuverdienstgrenze erhöhen, eine Imagekampagne starten. Natürlich läuft die Langfristplanung mit dem Kollegen Thümler.

Beim Thema Unterrichtsversorgung werden wir uns auch darüber unterhalten, ob wir andere Indikatoren zugrunde legen können. Für Sie ist die Unterrichtsversorgung offensichtlich eine rein mathematische Größe. Wir meinen, mit der Unter

richtsversorgung muss man Qualität in Schule abbilden können. Deswegen wollen wir da zu Veränderungen kommen und nicht an einer rein mathematischen Debatte - 99,9 %, 100,0 % oder 100,1 % - festhalten.

Meine Damen und Herren, ich finde es etwas bedauerlich, dass der Vertreter der antragstellenden Fraktion sich in seiner Rede hier in einem Schwarz-Weiß-Denken gefällt. Er vergisst dabei, etwas zu präsentieren, was wichtig wäre, nämlich eigene Lösungen. Heute Morgen wurde im Rundblick Herr Birkner zitiert: Er habe Sympathie für A 13 für alle. Wie der Stufenplan aussehen solle, wisse er aber nicht. Wer die Zielgruppe sei, dazu könne man nichts sagen. Wie das Abstandsgebot zu werten sei, das wisse er auch nicht. - Das ist genau das Problem: Solche Forderungen springen zu kurz. Sie haben hier keine vernünftigen Gesamtlösungen anzubieten.

(Beifall bei der SPD Und bei der CDU)

Deswegen sage ich Ihnen: Wir werden an das, was wir jetzt eingeleitet haben, im zweiten Schulhalbjahr 2017/2018 und im neuen Schuljahr anknüpfen. Wir werden Schritt für Schritt die Verbesserungen umsetzen, die leistbar und machbar sind. Wir werden damit seriös und pragmatisch vorangehen. Deshalb ist das bei uns in guten Händen.