Protokoll der Sitzung vom 14.09.2018

zeigt, dass es auch in Niedersachsen eine aktive rechtsextreme Szene gibt. Diese rechtsextreme Szene ist über das Bundesland hinaus vernetzt. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich machen, dass es aus Sicht der Freien Demokraten wichtig ist, dass wir unsere Sicherheitsbehörden - namentlich den Verfassungsschutz und auch die Staatsschutzabteilungen bei der Polizei - materiell und personell stärken und gut ausstatten, damit Extreme von allen Seiten bekämpft werden können, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)

Ich möchte darüber hinaus deutlich machen - auch weil der Kollege Wichmann gerade noch einmal gesagt hat, man solle doch bitte differenziert auf Chemnitz schauen -: Natürlich hat es auch in Chemnitz Menschen gegeben, die dort demonstriert haben, weil sie Angst vor Kriminalität haben, weil sie nur eine kleine Rente bekommen und deshalb eine Ungerechtigkeit empfinden oder weil sie soziale Abstiegsängste haben.

(Zuruf von der AfD)

Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle auch sehr, sehr deutlich sagen: Diese bestehenden Ängste oder Probleme rechtfertigen in keiner Weise rassistische, ausländerfeindliche Sprüche oder die Diskriminierung von anderen Menschen. Das sollten wir an dieser Stelle auch einmal festhalten.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Ich möchte darüber hinaus ergänzen, dass sich diejenigen, die an Demonstrationen teilnehmen, in deren Rahmen der Hitlergruß gezeigt wird, aus deren Mitte ein jüdisches Restaurant angegriffen und verwüstet wird oder in deren Mitte ausländerfeindliche Sprüche skandiert werden, mit Rechtsextremen gemein machen, und das gilt für alle Menschen, die dabei sind und dem nicht den Rücken kehren.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Schünemann, bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Oetjen, Sie haben recht: Die Beantwortung der Anfrage zeigt, dass es auch in Niedersachsen eine rechtsextreme Szene gibt. Aber die Nulltoleranzstrategie der hiesigen Sicherheitsbehörden seit Jahrzehnten - darin sind wir uns nun wirklich einig - hat dazu geführt, dass wir durchaus Wirkung erzielt haben. Die Sicherheitsbehörden arbeiten mit ganzer Kraft dafür, diese rechtsextreme Szene nicht nur zu beobachten, sondern sie auch wirklich erfolgreich zu bekämpfen.

Wenn Sie sich den Sicherheits- und Verfassungsschutzbericht des Jahres 2017 anschauen, sehen Sie, dass es richtig ist, dass der Verfolgungsdruck auf die rechtsextreme Szene mit ganzer Kraft umgesetzt und verhindert wird, dass Aufmärsche, Demonstrationen, aber auch Konzerte stattfinden. Meiner Ansicht nach ist es ganz wichtig, dass das in Zukunft genauso stattfindet.

Wenn wir das einmal bei den Konzerten verorten, sehen wir, dass insgesamt sechs oder sieben Konzerte der rechtsextremen Szene verhindert worden sind. Das ist wichtig, aber wir müssen auch alles daransetzen, dass Aufmärsche verhindert werden. Das ist mit dem Verfolgungsdruck durch die Sicherheitsbehörden erreicht worden, und das darf man hier darstellen. Ich glaube, man darf den Sicherheitsbehörden auch Dank sagen für das, was sie dort erreicht haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP sowie Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Es ist wichtig, dass auch nachrichtendienstliche Mittel angewandt werden. Denn Ziel der Sicherheitsbehörden ist es, dass wir möglichst jeden Rechtsextremisten mit Namen kennen. Wir müssen sie aus der Anonymität herausholen. Das ist entscheidend. Dann können wir sie auch weiter bekämpfen. Dafür brauchen wir auch die Zivilgesellschaft, die hierbei an unserer Seite ist.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Ich möchte aber auch die Worte des Kollegen Watermann aufgreifen, der gesagt hat, dass eine Mobilisierung zunehmend aus den sozialen Netzwerken heraus über das Internet stattfindet, dass es eine Vernetzung gibt, insbesondere natürlich über die neuen Medien, aber eben auch über Messenger-Dienste und anderes. Deshalb geht es nicht nur darum - da bin ich mit Ihnen einig -, dass wir es erreichen, den Verfassungsschutz personell zu verstärken, finanziell zu verstärken, sondern wir müssen ihm auch die rechtlichen Möglichkeiten geben, damit er in der heutigen Zeit auch mithören kann, damit wir, wenn man sich verabredet und wenn es Aufmärsche geben soll, an diese Informationen herankommen.

(Christian Grascha [FDP]: Frau Präsi- dentin, es gibt eine Wortmeldung!)

Das ist meiner Ansicht nach ein wichtiger Punkt, bei dem wir uns nicht verstecken dürfen. Vielmehr muss hier auch der rechtliche Rahmen gegeben werden. Deshalb müssen wir noch einmal an das Verfassungsschutzgesetz herangehen, damit dies auch erreicht wird.

Meine Damen und Herren, wir müssen aufstehen, wenn sich die rechtsextreme Szene auf den Weg macht. Wenn bei Demonstrationen tatsächlich der Hitlergruß gezeigt wird, dann dürfen wir nicht wegschauen, sondern müssen alles daransetzen, dass dies verfolgt wird; denn es ist eine Straftat. Insofern müssen wir auch als Zivilgesellschaft Anzeigen erstatten. Das ist für mich ein wichtiger Punkt. Wir dürfen uns nicht zurückhalten, sondern müssen bei Extremismus mit dabei sein. Da ist die Zivilgesellschaft gefordert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Herr Kollege Schünemann, es gibt auch bei Ihnen, ziemlich zum Schluss, eine Zwischenfrage.

(Christian Grascha [FDP]: Vor zwei Minuten!)

- Genau. Zwei.

Fangen wir mit dem Kollegen Bothe an. Ich glaube, er war der Erste.

(Jens Nacke [CDU]: Der Kollege sitzt ja schon! Hätten Sie vor zwei Minuten gefragt, als man sich gemeldet hat, wäre es einfacher gewesen!)

- Herr Nacke, ich finde, es ist immer etwas unangenehm für den Redner oder die Rednerin, wenn man mitten im Satz oder im letzten Satz unterbricht. Deshalb wollte ich diesen Moment einfach abwarten. Gehen Sie einfach so damit um. Ich glaube, es tut dem Parlament ganz gut, dass man Sätze zu Ende sprechen lässt und nicht sagt, da und da ist noch eine Zwischenfrage.

Ansonsten: Hier ist das Präsidium. Das Präsidium entscheidet, und so ist es.

(Christian Grascha [FDP]: Aber Sie sitzen ja nur zu dritt dort oben! - Jens Nacke [CDU]: Ein einfaches „Ent- schuldigung, wir haben es nicht gese- hen!“ hätte auch gereicht!)

Uns liegen ansonsten keine weiteren Wortmeldungen zu dem Punkt vor, und wir schließen jetzt die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt.

Tagesordnungspunkt 24 haben wir gestern Abend schon beraten. Somit kommen wir zu dem

Tagesordnungspunkt 25: Erste Beratung: Übernahme der Ausbildungskosten in der Physiotherapieausbildung durch das Land Niedersachsen - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/1519

Der Antrag wird vom Kollegen Herrn Stephan Bothe eingebracht.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Therapeuten am Limit“: Mit dieser notwendigen Aktion hat der Frankfurter Physiotherapeut Heiko Schneider seit März dieses Jahres für viel Aufsehen gesorgt, und dies völlig zu Recht. Startschuss von „Therapeuten am Limit“ war ein Brandbrief, den Herr Schneider mit dem Fahrrad von Frankfurt am Main nach Berlin brachte und dort dem Gesundheitsministerium übergab.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Der Inhalt des Briefs schildert in aller Deutlichkeit die eklatanten gesetzlichen und bürokratischen Missstände, denen Physiotherapeuten in Deutschland ausgesetzt sind, Missstände, die existenzbedrohend sind und gleichzeitig die zukünftige Versorgung in diesem Bereich gefährden.

Empörung, aber auch Solidarität erfuhr Heiko Schneider in der Folgezeit und stellte eine Art Bewegung auf die Beine, deren Ziele es verdienen, politisch umgesetzt zu werden.

Die Probleme, die er in diesem Brandbrief anprangert, sind neben den unzumutbaren Wartezeiten und dem hohen bürokratischen Aufwand vor allem die schlechte Vergütung und die damit einhergehenden Schwierigkeiten im Praxisalltag: steigende Neben- und Mietkosten, Mitarbeitervergütung und Überlastung, allesamt Probleme, die wiederum dazu führten, dass das Berufsbild unattraktiv geworden ist, Nachwuchsmangel herrscht und Berufsausstieg an der Tagesordnung ist.

Vor diesem Hintergrund fordern wir die Landesregierung in unserem Antrag auf, sich auf Bundesebene für eine deutliche Erhöhung der Vergütung für Therapeuten in freier Trägerschaft einzusetzen und eine Neuordnung der Vergütungsverhandlungen im ambulanten Heilmittelbereich voranzutreiben. Es kann nicht sein, meine Damen und Herren, dass viele selbstständige Physiotherapeuten unter einem gewaltigen Kostendruck stehen und sich lieber fürs Aufgeben entscheiden, als ihre Praxen weiterzuführen.

Meine Damen, meine Herren, gleichfalls wichtige Punkte in diesem Brief an Jens Spahn sind die teure Ausbildung sowie die verpflichtende Fortbildung der Physiotherapeuten. Denn wer derzeit als junger Mensch eine Ausbildung zum Physiotherapeuten anstrebt, wird böse überrascht. Statt eine Vergütung zu erhalten, müssen die Auszubildenden die Kosten ihrer Ausbildung selbst tragen. Das schreckt viele ab, diesen wichtigen Beruf zu wählen.

Denn, verehrte Zuhörer - es sind gerade nicht allzu viele -, die Kosten für die Ausbildung zum Physiotherapeuten belaufen sich im Durchschnitt auf monatlich 420 Euro bei einer Ausbildungsdauer von 36 Monaten. Hinzu kommen Prüfungsgebühren. Bis zum Ende der Berufsausbildung muss ein junger Mensch sage und schreibe 15 270 Euro - ich wiederhole: 15 270 Euro - auf den Tisch legen, um dann in einem Beruf zu arbeiten, der monatliche Verdienstmöglichkeiten von rund 2 200 Euro brutto in Aussicht stellt. Wer kann es einem jungen Menschen verdenken, wenn er sich für einen anderen Berufsweg entscheidet und beispielsweise eine Ausbildung zum Bürokaufmann macht?

Faktisch führt dies alles dazu, dass oftmals nur Kinder aus gut situierten Elternhäusern den Berufsweg des Physiotherapeuten einschlagen.

Hier sind wir als Landespolitik gefordert; denn es sind gerade die Physiotherapeuten, die den Krankenkassen und damit den Beitragszahlern durch Behandlungen oftmals hohe Folge- und Operationskosten sparen und Menschen wieder fit für den Arbeitsmarkt machen. Eine staatliche Investition in die Ausbildung von Physiotherapeuten wird sich mittel- und langfristig auszahlen. Hier ist politischer Weitblick gefragt.

Aber wie sieht es denn hier in Niedersachsen aus, werte Kollegen? - Von den 31 Physiotherapieschulen erheben 24 Ausbildungsstätten Schulgeld. Die restlichen sieben sind an Krankenhäuser angebunden und können daher gemäß dem nieder

sächsischen Krankenhausfinanzierungsgesetz den Bildungsgang über den Zuschlag und über die Pflegesätze finanzieren. Aber es kann ja nicht sein, dass man die finanzielle Last den Schulen aufbürdet und sie zwingt, sich Krankenhäusern anzuschließen, nur um die Ausbildung zu finanzieren. Hier gilt es, die von Ihnen hier in diesem Haus so oft zitierte soziale Gerechtigkeit einmal wirklich mit Leben zu füllen.

Des Weiteren ist es nicht hinnehmbar, weil ungerecht, dass mittlerweile in den Fachhochschulen und Hochschulen in Niedersachsen Studiengänge in Physiotherapie angeboten werden. Und diese Studiengänge werden von wem finanziert, werte Kollegen? - Richtig, vom Land. Daher ist es nur folgerichtig, auch bei der Ausbildung zum Physiotherapeuten die Landesmittel zu erhöhen und jungen Leuten dabei zu helfen, sich frühzeitig für diesen Weg zu entscheiden. Wir als AfD sagen Ja.

Was für einen aufziehenden Pflegenotstand oder den Rückgang bei Landärzten gilt, trifft auch auf die Bereiche der Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie zu. Die Devise muss daher lauten: Heute handeln, um morgen bereit für die Herausforderungen der Zukunft zu sein.

Unterstützen Sie deshalb unseren Antrag! Wir als AfD wollen hier einen Anfang machen, um einen Wandel herbeizuführen - einen Wandel, der das Ziel hat, therapeutische Berufe attraktiver, geachteter und lohnenswerter zu machen.

Wir bitten hier um Ihre Unterstützung, und ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)