Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Staudte das Wort. Bitte!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich, als ich den Vorschlag der AfD zum Thema Tierschutz für die Aktuelle Stunde gesehen habe, gefragt: Was sagt man jetzt dazu? An dem Titel ist nichts zu kritisieren. Der Fall, wie Sie ihn dargestellt haben, hat sich so oder so ähnlich zugetragen.
Was mich etwas verwundert hat, ist die Tatsache, dass er in einem gewissen Widerspruch z. B. zu dem steht, was Sie in Ihrem Landtagswahlprogramm formuliert haben. Dort steht noch, dass Deutschland wegen seiner hohen Tierschutzauflagen gegenüber dem Weltmarkt benachteiligt sei.
Aber ich gebe zu, wir haben hier in den letzten Wochen und Monaten tatsächlich sehr erschreckende Beispiele geschildert bekommen, und es ist ja gut, wenn Sie Ihre Position revidieren.
Meine Vorrednerin hat es angesprochen: Wir hatten Debatten über die Tierkörperbeseitigungsanlagen und die Millionen von Tieren, die dort entsorgt werden. Das Thema werden wir heute oder morgen noch einmal auf der Tagesordnung haben. Ich bin froh, dass wir hierbei zu einem gemeinsamen Beschluss kommen.
Wir haben eine Unterrichtung zum Schlachthof in Bad Iburg gehabt, wo es vermutlich jahrzehntelang massive Verstöße gegen den Tierschutz gegeben hat. Halbtote Rinder wurden mit Seilwinden in den Schlachthof geschleift. Das war sehr erschreckend zu sehen. Es ist ganz klar: So etwas darf nicht vorkommen! Kranke, verletzte Tiere müssen in ihrem Stall erlöst werden und dürfen nicht noch weit durch die Gegend transportiert werden.
Der Aspekt des Fleisches ist angesprochen worden. Ich muss auch sagen, dazu fällt mir eigentlich nur der Begriff „ekelhaft“ ein.
Dies ist aber wirklich kein Phänomen der letzten Wochen oder dieser Wahlperiode. Im November 2017 gab es einen sehr erschütternden Beitrag über das Thema langer Tiertransporte in Drittländer, also außerhalb der EU. Die Transportwege wurden geschildert. Es war erschreckend zu sehen: verletzte Kühe, die vom Lkw aufs Schiff verladen werden, an einem Bein hängend, mit Seilwinden, und dann wieder zurück vom Schiff auf Lkw. Danach folgten die Schlachtungen mit Durchhacken der Achillessehne, um sie zu immobilisieren. Das war wirklich sehr schrecklich.
Als wir eine Anfrage dazu eingebracht und hinterfragt haben, was die Landesregierung tun will, hieß es: Da waren doch gar keine Tiere aus Niedersachsen zu sehen, da gibt es keinen Handlungsbedarf! - Das ist nicht richtig. Das ist erschreckend.
Ich habe gerade gestern Abend über der Auswertung einer weiteren Anfrage zu dieser Thematik gesessen. Dabei war ganz klar: Allein in diesem Sommer, in den Hitzemonaten, gingen aus Niedersachsen 329 Rinder in den Libanon, 10 000 Rinder wurden nach Algerien, Libyen, Marokko, Kuweit, in die Türkei, nach Syrien und Russland transportiert. „Glück“ hatten sozusagen die, die im Hitzestau auf der Autobahn zum Beispiel „nur“ nach Griechenland transportiert wurden. Das sind wirklich unhaltbare Zustände. Diese Transporte in Drittstaaten gehören verboten.
Was mich aber bei aller Richtigkeit des Themas davon abhält, der AfD zu applaudieren, ist Folgendes: In unserer sehr vielschichtigen Arbeit - auch im Ausschuss - muss man sich in Themen einarbeiten. Ich finde, es reicht nicht aus, da zu sein, die Ohren zu spitzen und zu schauen: Wo kann ich ein Thema abgreifen? Was kann ich nach vorne bringen? - Vielmehr geht es um aktive Mitarbeit, um das Beantragen von Unterrichtungen, um das Schreiben von Anfragen, um Anträge etc.
Sie haben bisher nur einmal nachgefragt, nämlich beim Thema „Schächten“. Ich habe den Eindruck, Sie investieren Ihre Fraktionsmittel vor allem in die PR-Abteilung und nicht in die Referentenstunden, um diese Themen auch wirklich aufzuarbeiten.
Deswegen habe ich Zweifel daran, dass Ihre Tierliebe wirklich nur inhaltlich motiviert ist. Ich glaube, es ist auch ein ganz klein wenig Effekthascherei dabei.
Vielen Dank, Frau Staudte. - Wir fahren in der Rednerliste fort. Nun hat für die FDP-Fraktion Herr Kollege Grupe das Wort. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tiere sind Mitgeschöpfe. Nutztiere, die unserer Obhut anvertraut sind, haben ein Anrecht darauf, dass wir verantwortungsvoll mit ihnen umgehen. Mehr noch als wildlebende Tiere sind diese Tiere darauf angewiesen, dass wir als Menschen ihnen gegenüber ein angemessenes und ordentliches Verhalten praktizieren. Menschliches Fehlverhalten, wie es in diesen fürchterlichen Aufnahmen deutlich geworden ist, müssen wir mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern. Das ist durch nichts zu rechtfertigen.
Was mich besonders betroffen macht, ist das eklatante Behördenversagen. Der Landkreis Osnabrück soll auch nach Auskunft der Landesregierung eher ein Landkreis sein, der sehr auf so etwas achtet. Dass es in einem Schlachthof unter Aufsicht von damit beauftragten Tierärzten trotzdem zu solchen Verhältnissen gekommen ist, ist durch nichts zu rechtfertigen. Wir müssen alles daran legen, dass wir als Rechtsstaat dafür sorgen, dass sich die Bürger darauf verlassen können, dass so etwas in diesem Lande nicht passieren kann.
Natürlich müssen wir mit Blick auf die ganze Kette die Tierhalter schulen und besonders darauf hinweisen. Aber jeden gut ausgebildeten Landwirt, der Tiere hält, kann es nur schaudern, wenn er diese Bilder sieht. Das ist nie und nimmer repräsentativ für unseren Berufsstand, sondern das sind Auswüchse, denen man mit allen Mitteln begegnen muss.
Meine Damen und Herren, man muss auch nach den Ursachen fragen. Ich will nichts beschönigen, aber es wurde hier schon vielfach darüber debattiert, dass die Finanzsituation mehr als eng ist, um es freundlich auszudrücken. Deswegen sage ich klipp und klar: Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich darum zu kümmern. Wir geben in Umfragen an, dass wir gern mehr für Lebensmittel ausgeben wollen, aber kaufen an der Ladentheke nur billigst ein. Das ist auch eine der Ursachen dafür, dass Landwirte unter massiven Druck geraten. Das rechtfertigt nichts von dem, was wir gesehen haben. Aber wir müssen auch an diese Ursache heran.
Ich halte immer sehr viel davon, sich an die eigene Nase zu fassen. Ein Großteil unserer Gesellschaft ist dort betroffen und aufgerufen, darüber nachzudenken und entsprechend anders - daran mangelt es ja immer - zu handeln.
Ich sage auch: Das ist ein internationales Problem. Wir müssen diese Fragen mindestens auf europäischer Ebene möglichst einheitlich lösen. Es werden ja auch Tiere in östliche Länder außerhalb der EU verschoben. Wenn wir hier versuchen, die Dinge besser zu machen und schärfere Auflagen machen, und dies anderswo nicht passiert, ist keinem Tier geholfen. Ich will gern konstatieren, dass wir guten Grund haben, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das ist gar keine Frage. Aber wir müssen dieses Thema auf breiterer Ebene angehen. Wir haben in anderen Bereichen, in denen es um Tierschutz geht, z. B. bei der Ferkelkastration, deutlich vor Augen, dass es für die Landwirte nicht handelbar ist, wenn wir unterschiedliche Bedingungen haben.
Ich will noch ein paar Worte in Richtung Antragsteller sagen. Frau Guth, dieses Horrorszenario, das Sie, beginnend mit den Kälberhütten, hier an die Wand gemalt haben, ist wirklich grotesk, so schlimm die Zustände, die gezeigt worden sind, auch sind. Sie stellen hier die Milchviehwirtschaft an den Pranger, indem Sie in tränenreichen Worten ausführen, dass die Kälber von ihren Müttern getrennt in Kälberhütten gehalten werden.
Das ist eine anerkannte Haltungsform, und sie ist hervorragend. Ich will Ihnen klipp und klar sagen: Sie stellen nicht nur die konventionelle Landwirtschaft, sondern genauso die Bio-Landwirtschaft an den Pranger; denn dort passiert das haargenau so. Das ist eine hervorragende Haltung der Tiere, die äußerst tiergerecht ist.
Sie haben den Landwirten auch pauschal fehlende Empathie vorgeworfen. Sie haben offenbar ein absolut gestörtes Verhältnis dazu. Einerseits kritisieren Sie in Ihren Broschüren - Frau Staudte hat es angemerkt -, es gebe zu hohe Tierschutzstandards, und andererseits erzählen Sie hier das exakte Gegenteil und malen solche vielleicht publikumswirksamen Szenarien. Das können wir nur in aller Form zurückweisen.
Ein Thema, bei dem ich Frau Staudte ausdrücklich zustimmen möchte, sind die häufig völlig unnötigen Tiertransporte. Die müssen mit allen Mitteln vermieden werden. Wenn Tiere in andere Länder exportiert werden, um sie dort zu schlachten und zu zerlegen, weil die Schlacht- und Verarbeitungskosten dort niedriger sind und sich das Hin- und Hertransportieren dann rechnet, -
- dann ist das für die Tiere wirklich verachtend. Das darf nicht passieren. Etwas anderes ist es, wenn Zuchttiere in andere Länder verbracht werden. Dann muss das aber anständig und ordentlich passieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die in dem Bad Iburger Betrieb dokumentierten Tierschutzverstöße sind abstoßend, beschämend und durch überhaupt nichts zu rechtfertigen. Die bekannt gewordenen Bilder zeigen eine Verrohung der dort handelnden Personen in einer Ausprägung auf, die uns fassungslos macht. Allein die Anzahl der dokumentierten Fälle lässt nur den Rückschluss zu, dass die Methoden dort System hatten. Solch ein Umgang mit Tieren zeugt von vollständigem Verlust jedweden Mitgefühls und verdient nur die Antwort der Rechtsprechung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Die regierungstragenden Fraktionen richten daher ihren ausdrücklichen Dank an das Landwirtschaftsministerium und Landwirtschafsministerin Otte-Kinast für das schnelle Handeln. Die unverzügliche Weiterleitung an die Polizei und Abgabe an die zu
ständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Landwirtschaftsstrafsachen in Oldenburg haben dazu geführt, dass der Landkreis Osnabrück umgehend jede weitere Schlachtung untersagt hat.
Inzwischen ist bekannt, dass der Landkreis Osnabrück den Betrieb dauerhaft stilllegen will und ihm unbefristet verbieten wird, Tiere zu schlachten und Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Die dort kontrollierenden Tierärzte werden auch nicht mehr in anderen Schlachthöfen eingesetzt. Darüber hinaus sehen sie sich den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Oldenburg ausgesetzt.
Meine Damen, meine Herren, nach allem, was wir wissen, handelt es sich um einen relativ kleinen Schlachtbetrieb in Bad Iburg. In dieser, ich nenne es mal „überschaubaren“, Struktur hat sich offensichtlich über einen längeren Zeitraum ein System des Wegschauens entwickelt. Dies hat - meiner subjektiven Wahrnehmung nach - in seiner Ausgestaltung schlussendlich durchaus kriminelle Züge.