Meine Damen, meine Herren, nach allem, was wir wissen, handelt es sich um einen relativ kleinen Schlachtbetrieb in Bad Iburg. In dieser, ich nenne es mal „überschaubaren“, Struktur hat sich offensichtlich über einen längeren Zeitraum ein System des Wegschauens entwickelt. Dies hat - meiner subjektiven Wahrnehmung nach - in seiner Ausgestaltung schlussendlich durchaus kriminelle Züge.
Dass derartige Vorgänge offensichtlich unter tierärztlicher Aufsicht möglich waren, werten wir als klares Signal, amtstierärztliche Überwachungsmechanismen erkennbar verbessern zu müssen. Hierzu, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen wir z. B. auch die systematische Videoüberwachung in der Schlachthofannahme ebenso wie die Rotation der kontrollierenden Tierärzte in Erwägung ziehen, um solch einem Treiben ein Ende zu bereiten.
Meine Damen und Herren, ich habe in den letzten Tagen mit Tierhaltern, Viehhändlern und auch mit Schlachthofbetreibern gesprochen, die unisono ihr Entsetzen über die genannten Vorgänge zum Ausdruck gebracht haben. Der Betreiber einer Schlachtstätte hat mir gesagt, dass er nun bereits Videotechnik installieren wird, um die vernünftige Arbeit in seinem Betrieb ordnungsgemäß dokumentieren zu können.
Die Politik steht nun auch in der Pflicht, der Branche Sicherheit im Umgang mit verletzten Tieren zu geben. In der Geflügel- und Schweinehaltung ist die Nottötung verletzter Tiere mit Verbringung in die Tierkörperbeseitigung inzwischen geübte Praxis. Auch in der Rinderhaltung wird der Tierschutz in den Ställen zunehmend über das Instrument der Euthanasie sichergestellt. Das heißt im Klartext, dass sich der Tierhalter in der Abwägung, ob er ein verletztes oder krankes Tier behandelt und ver
Der triftige Grund zur Tötung eines Wirbeltieres wird zukünftig also der Tierschutz sein, sodass sich die Nottötung quasi zur schärfsten Waffe des Tierschutzes entwickelt. Eine Konsequenz daraus ist allerdings, dass frisch verletzte Tiere, gegen deren Verwendung als Lebensmittel überhaupt nichts spricht, ebenfalls in der Tierkörperbeseitigung landen. Das, meine Damen und Herren, halten wir insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussion um Lebensmittelverschwendung auf allen anderen Ebenen mindestens für ethisch fragwürdig.
Eine Möglichkeit, um diesem Thema beizukommen, könnte die Verwendung sogenannter Schlachtkühlmobile sein. Hierbei wird das frisch verletzte Tier nach der Gesundheitsbescheinigung des Tierarztes an Ort und Stelle betäubt und ihm weiteres Leid erspart.
Für kranke Tiere gilt aber: Nutztierhaltern müssen Handlungsempfehlungen an die Hand gegeben werden, die sie in die Lage versetzen, rechtssicher den richtigen Euthanasiezeitpunkt zu bestimmen und das betroffene Tier fachgerecht zu erlösen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, abschließend bleibt für mich im Fall Bad Iburg eine offensichtliche Feststellung: Alles deutet darauf hin, dass eine systematische Einigkeit in der Kette Landwirt - Transporteur - Tierarzt - Schlachthof über einen längeren Zeitraum im Einklang mit bestehenden Kontrolldefiziten gewachsen ist. Diese Zustände werden wir nicht dulden und durch geeignete Mittel abstellen.
Vielen Dank, Herr Dr. Mohrmann. - Für die Landesregierung hat nun Frau Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast das Wort. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Ich bin schockiert. Ich bin schockiert, weil ich Anfang Oktober von Vorkommnissen auf einem niedersächsischen Schlachthof in Bad Iburg
erfahren habe, die ich im Jahre 2018 in einem der reichsten Länder der Welt so nicht für möglich gehalten hätte. Ich bin schockiert, weil dort Tiere unfassbar stark leiden mussten. Ich bin schockiert über ein offenbar kollektives Wegschauen vieler Beteiligter und das Versagen amtlicher Kontrolleure.
Wie Sie wissen, hat mein Haus am 1. Oktober umgehend Strafanzeige erstattet. Ich sage hier ganz deutlich: Solche Bilder will ich nicht sehen, und so etwas darf nicht sein!
Über den Ermittlungsstand sowie die von den Strafverfolgungsbehörden, dem Landkreis, dem Landesamt und dem Landwirtschaftsministerium ergriffenen Maßnahmen haben wir die Mitglieder des Landtagsausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am 17. Oktober ausführlich unterrichtet. Der Schlachthof ist gesperrt, und auch ein Verfahren zum Entzug der Zulassung ist eingeleitet. Außerdem hat der Landkreis den Lebensmittelunternehmer aufgefordert, die seit August produzierten Lebensmittel zurückzurufen. Die Staatsanwaltschaft untersuchte den Betrieb und sicherte umfangreiches Beweismaterial. Das wird ebenso wie die vorliegenden Videoaufzeichnungen ausgewertet. Die Staatsanwaltschaft ist nunmehr Herrin des Verfahrens. Die weiteren Ergebnisse der Ermittlungen bleiben abzuwarten.
Ich möchte deshalb noch einmal betonen: Die meinem Ministerium vorgelegten Videosequenzen sind verstörend und nur schwer erträglich. Auf den Filmaufnahmen sind Menschen zu sehen, denen als Landwirte, Tierhändler, Transporteure oder Schlachthofmitarbeiter Rinder anvertraut waren. In welcher Rohheit mit den Tieren umgegangen wurde, bestürzt mich zutiefst.
Soweit wir wissen, haben diese Vorgänge zum Teil im Beisein amtlicher Kontrolleure stattgefunden. Keinesfalls darf ein solch grausamer Umgang mit Tieren toleriert werden. Nein! Ich verurteile dies auf das Schärfste und gehe davon aus, dass die nachweisbaren Verstöße aller Beteiligten - ich wiederhole: aller Beteiligten - geahndet werden.
Meine Damen und Herren, Tiere, die in Obhut des Menschen gehalten werden und erkranken, haben ein Anrecht auf eine tierärztliche Behandlung. Wenn diese nicht zur Heilung führt, liegt es in der
Verantwortung des Tierhalters und des Tierarztes, vermeidbares weiteres Leiden der Tiere zu verhindern und eine Euthanasie zu veranlassen.
Dass nicht alle Betreffenden ihrer Verantwortung gerecht werden, hat bekanntlich auch die Studie der Tierärztlichen Hochschule aufgezeigt. Schlachthöfe sind im Hinblick auf amtliche Kontrollen das wichtigste Nadelöhr unserer Tierproduktion. Hier kann man effektiv die Einhaltung der eindeutigen gesetzlichen Vorschriften zu Tierschutz und Lebensmittelsicherheit kontrollieren, da jedes Tier vor der Schlachtung einer amtlichen Untersuchung unterzogen werden muss.
Ich gehe auch nach den Vorkommnissen in Bad Iburg davon aus, dass diese amtlichen Kontrollen, für die die kommunalen Veterinärbehörden zuständig sind, ordnungsgemäß durchgeführt werden und grundsätzlich wirksam sind.
Mein Haus nimmt diesen Vorfall jedoch zum Anlass, die folgenden Maßnahmen zur Sicherstellung der Wirksamkeit des bestehenden Kontrollsystems zu ergreifen:
Noch in diesem Jahr werden landesweit verpflichtende Dienstbesprechungen mit allen in der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung tätigen amtlichen Tierärzten durchgeführt, in denen die Themenbereiche Transportfähigkeit von Tieren, Rechtsvorgaben zu Notschlachtungen sowie zur Durchführung der amtlichen Schlachttieruntersuchung angesprochen werden.
Gemeinsam mit den Landkreisen und dem LAVES wird mein Haus unangemeldete, risikoorientierte Kontrollen in Schlachtbetrieben planen und durchführen,
um die ordnungsgemäße Anwendung des geltenden Rechts zu überprüfen. Die Mitarbeiter meines Hauses haben mit den obersten Landesbehörden der anderen Bundesländer Kontakt aufgenommen, um zukünftig länderübergreifende kriminelle Aktivitäten Einzelner wirkungsvoll zu unterbinden. Ferner sind Gespräche mit den tierärztlichen Bildungsstätten und der Tierärzteschaft geplant. Amtliche Tierschutzkontrollen finden auch auf landwirtschaftlichen Betrieben statt. Ich bin der Auffassung, dass sowohl Qualität als auch Quantität dieser Kontrollen verbesserungsfähig sind.
Diese Landesregierung hat erste Schritte eingeleitet, um diesen Defiziten konkret entgegenzuwirken. Die Zahl der Ausbildungsplätze für künftige Amts
tierärztinnen und Amtstierärzte wird aus Mitteln des Landes deutlich aufgestockt. Um bei Tierschutzkontrollen zusätzlich qualifiziertes Personal zur Unterstützung der Amtstierärzte in Niedersachsen einsetzen zu können, ist darüber hinaus die Einführung des Berufsbilds „Veterinärassistenten“ in Angriff genommen worden. In den neuen Projektgruppen „Transport“ und „Schlachten und Töten“ der niedersächsischen Nutztierstrategie werden wir gemeinsam mit allen Akteuren daran arbeiten, den Tierschutz in Niedersachsen weiter voranzubringen. Andere haben darüber geredet - wir bringen konkrete Maßnahmen auf den Weg!
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Aktuelle Stunde der AfD schließen kann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich könnte jetzt den Maßnahmenkatalog aufzählen, den die Landespolitik erarbeitet und schon in Gang gesetzt hat, um die Hausarztversorgung auf dem Land zu sichern. Aber das machen mit Sicherheit gleich noch meine Kolleginnen und Kollegen und die Landesregierung.
Ich greife heute Morgen mal groß aus und wähle für die fünf Minuten, die ich zur Verfügung habe, den Leitsatz der Aufklärung: „Sapere aude!“ Ich will einmal vom Patienten und den Angehörigen her denken:
Erstens. Die Aufteilung in ärztlich/pflegerisch ist nachts/am Wochenende nicht so wichtig, sofern Patienten und Angehörige wohnortnah und rund um die Uhr - auch in der langen Pause an den Weihnachtsfeiertagen - kompetente Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen haben, die auch nachts um 3 Uhr nach Hause kommen und entwe
Zweitens. Wie Praxen, medizinische Versorgungszentren, Notfallambulanzen oder Krankenhausambulanzen rechtlich, personell und finanziell organisiert sind, ist Patienten und Angehörigen ziemlich gleichgültig. Sie müssen aber wohnortnah oder mit Verkehrsmitteln für einen nicht zu hohen Preis und mit vertretbarem Aufwand erreichbar sein. Dies gilt für alle, aber insbesondere für alte Menschen, die nicht mehr sicher Auto fahren, oder für kranke Menschen, die nicht so konzentriert sind. Dies entlastet zudem arbeitende Angehörige oder Angehörige, die noch weitere Menschen wie kleine Kinder zu versorgen haben.
Drittens. Eine wachsende Zahl älterer Menschen in Deutschland braucht kompetente Hausärzte und Pflegedienste, Neurologen, Augenärzte, Kardiologen, Onkologen und andere Internisten. Das sind diejenigen Fachrichtungen, deren Fachleute die meisten Erkrankungen des Alters versorgen. Diese Fachleute müssen auch in der Fläche erreichbar sein. Ob man ambulant zum niedergelassenen Neurologen oder in eine Krankenhausambulanz geht, in der ein angestellter Facharzt arbeitet, ist für den Patienten nebensächlich. Hier stellen sich die Fragen nach einer angemessenen Bedarfsplanung, die der Lebenswirklichkeit entspricht, und nach dem Aufbrechen der ambulanten und stationären Sektoren. Große Koalitionen eignen sich normalerweise für große Vorhaben. Das wäre doch ein großartiges Ziel für die Kollegen in Berlin!
Viertens. Es gibt in Ballungsgebieten eine große Zahl konkurrierender Pflegedienste, die zu bewerten aus Patientensicht schwer ist.
Ist das Konkurrenzprinzip wirklich in allen Lebenslagen und unter allen Umständen das beste Prinzip, um Versorgung zu organisieren, frage ich. Wen soll man nehmen? In der Fläche zudem gibt es zu wenige oder personell unterbesetzte Dienste, sodass wir schon davon hören, dass Patienten, die auf die Hilfe angewiesen sind, keine ambulante Pflege mehr bekommen. Es geht heute also nicht nur um ärztliche, sondern auch um pflegerische Versorgung, die Hand in Hand mit der ärztlichen geht.
a) Durch eine interessante Ausbildung. In der Hinsicht ist die Politik tätig geworden und hat im Bund die generalisierte Ausbildung beschlos
sen. Die Akademisierung des Pflegeberufes wird ohnehin weiter vorangetrieben; auch hier in Niedersachsen. Junge Leute sollen Lust haben, diesen Beruf zu lernen und sich später darin weiter zu qualifizieren. Es muss immer noch ein Weg zur eigenen Weiterentwicklung in einem Beruf da sein.
b) Es braucht eine Entzerrung des Arbeitsalltages, die Zurücknahme der enormen Arbeitsverdichtung und mehr Selbstständigkeit, die auch mit größerer Verantwortung einhergeht - das alles immer in Kontakt mit den Ärzten und einer gemeinsamen Weiterentwicklung und Arbeitsteilung.