Protokoll der Sitzung vom 24.10.2018

Mit diesem Gesetzentwurf erhält das Land erstmalig aufsichtsrechtliche Kompetenzen zur Durchsetzung der hier vorgestellten Gesetzesänderungen einschließlich Vollstreckungskompetenzen. Wir sind uns allerdings in der Koalition auch einig, dass insbesondere das Thema der Landesaufsicht noch einmal verstärkt durchleuchtet und gegebenenfalls nachjustiert werden muss.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich bedanke mich abschließend für die parteiübergreifend sehr konstruktive Zusammenarbeit und die arbeitsintensive Zusammenarbeit mit dem GBD bei allen vier Gesetzen. Wir haben damit zunächst alle erkannten landesrechtlichen

Schlussfolgerungen aus dem Fall Högel umgesetzt. Damit können wir das Leid der betroffenen Familie natürlich nicht ungeschehen machen. Aber wir hoffen, Vergleichbares in der Zukunft verhindern zu können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Die nächste Rednern ist Frau Sylvia Bruns, FDP-Fraktion. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es waren, wie Uwe Schwarz schon sagte, lange und intensive Beratungen im Ausschuss, die von allen Seiten mit großer Ernsthaftigkeit und sehr konstruktiv geführt worden sind. Dafür erst einmal vielen Dank!

Selbstverständlich begrüßen die Freien Demokraten eine Qualitätsoffensive im Bereich Patientensicherheit, die es durch dieses Gesetz auch eindeutig geben wird. Dennoch haben wir etwas länger abwägen müssen, ob wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, woran das lag. Aber das wird auch durch den Ergänzungsantrag deutlich, den SPD und CDU heute Morgen vorgelegt haben.

Der Pfleger Niels H. hat deutliche Spuren hinterlassen - nicht nur mit über 100 gestandenen Morden, sondern auch durch das Aufdecken von Missständen, die durchaus in der Struktur der Organisation begründet sind. Der Sonderausschuss der letzten Wahlperiode hat dazu deutliche Handlungsempfehlungen auf den Weg gebracht. Diese werden jetzt politisch abgearbeitet. Dazu gehörte - wie auch schon in der 17. Wahlperiode - ein Entschließungsantrag zu demselben Thema von SPD und Grünen.

Auch zum damaligen Zeitpunkt haben die Freien Demokraten Bedenken angebracht. Sie können es sich vorstellen: Es geht um die Stationsapotheker - allerdings nicht um ihre fachliche Notwendigkeit, sondern um das Modell der Finanzierung. Der Stationsapotheker ist auch für uns der zentrale Ansatz für einen verbesserten Patientenschutz und für Patientensicherheit, und zwar nicht nur, weil Missbrauch bei der Verwendung von Medikamenten aufgedeckt werden kann, sondern auch, weil der Apotheker über das Zusammenspiel von Ein

zelmedikamenten manchmal besser Bescheid weiß als der Arzt. Wir sind davon überzeugt, dass der Apotheker seine Kompetenz sehr gut einbringen kann. Das wird den Medikationsprozess deutlich verbessern und ist damit zum Wohle des Patienten.

Auf der anderen Seite stellt die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft zu Recht die Frage, wie das bezahlt werden soll. Ebenso der Marburger Bund, der in seiner Stellungnahme deutlich darauf hinweist, dass unsere Krankenhäuser am Limit arbeiten. Die Einsparpotenziale sind deutlich erreicht.

Die Gefahr, die in der Stellungnahme des Marburger Bundes deutlich formuliert ist, sehe auch ich. Ich zitiere:

„Wir sehen daher eine nicht unerhebliche Gefahr, dass sich durch dieses Gesetz die aktuelle, bekannte Besetzungsmisere nicht nur im pflegerischen, sondern besonders auch im ärztlichen Bereich weiter verschärfen könnte.“

Mir ist aber auch klar, dass es Teil der Selbstverwaltung ist. Dies ist im Ausschuss vom Ministerium deutlich gesagt worden. Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass die Zusatzausgaben Teil davon sind, was die Kasse bezahlen muss.

Nach dem Abwägungsprozess haben wir uns entschieden, auf jeden Fall zuzustimmen, weil die Patientensicherheit vorgeht. Aber anscheinend haben Sie sich ähnliche Gedanken gemacht wie wir; denn heute Morgen flatterte ja der Änderungsantrag zu den Finanzierungsmodellen für die Stationsapotheker ein. Eigentlich hätte ich jetzt mit einem Appell an Ministerin Reimann geendet - nach dem Motto: „Es ist schon Ihre Aufgabe, Frau Ministerin, da, auch moderierend, einzugreifen!“ -, aber anscheinend sehen die Fraktionen von SPD und CDU das auch so; denn sonst hätten sie diesen Antrag ja nicht eingebracht.

Vielen herzlichen Dank. Wir werden beiden Anträgen zustimmen.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Bruns. - Es folgt für Bündnis 90/Die Grünen Kollegin Meta JanssenKucz. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich an dieser Stelle noch einmal bei allen bedanken, die im Sonderausschuss „Stärkung der Patientensicherheit und des Patientenschutzes“ mitgewirkt und den umfangreichen Abschlussbericht erarbeitet haben. Ich finde, das ist eine Lektüre, die man wirklich noch einmal lesen muss. Es ist manchmal sehr schwierig, die Sachen im Gesetzestext nachzuvollziehen, aber in dem Bericht wird wirklich sehr genau offengelegt, woran es im System Krankenhaus hapert.

Ein Teil des Ergebnisses des Sonderausschusses ist ja bereits in das Bestattungsgesetz eingeflossen. Der wesentlichere Teil fließt jetzt hier und heute in das Krankenhausgesetz ein.

Wir haben den Gesetzentwurf zur Änderung des Krankenhausgesetzes sehr intensiv inhaltlich und vor allem rechtlich beraten und werden ihn hier heute mit breiter Mehrheit verabschieden. Damit werden wir in Niedersachsen Vorreiter in Sachen Patientensicherheit werden. Wir betreten aber auch rechtspolitisches Neuland. Das hat uns der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst immer wieder sehr deutlich gemacht, dem ich an dieser Stelle noch einmal für seine immense Zuarbeit und seine rechtliche Abwägung bedanken will; denn es ist nicht immer einfach, wenn man rechtliches Neuland betritt.

Es stand immer die Frage im Raum, welche Kompetenzen ein Bundesland bei der Ausführung eines Bundesgesetzes eigentlich hat. Denn eigentlich machen wir ja nur ein Ausführungsgesetz. Diese Frage haben wir nicht abschließend klären können, aber wir waren uns alle einig, gemeinsam diesen Weg zu gehen und hier Neuland zu betreten. Es wurde auch angezweifelt - vor allem von der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und von den kommunalen Spitzenverbänden -, dass wir dort Regelungskompetenzen haben, aber da war der Hintergrund eigentlich immer nur die Refinanzierung. Deshalb begrüßen auch wir den Änderungsantrag.

Meine Damen und Herren, wenn es einem mit der Patientensicherheit wirklich ernst ist, muss man ungewöhnliche Wege gehen - und das tun wir hier und heute nach gründlicher Abwägung. Wir machen damit deutlich, dass sich Taten wie die aus der Mordserie des Krankenpflegers Niels Högel nicht wiederholen dürfen. Im Idealfall wirken die Regelungen des Krankenhausgesetzes vorbeugend und lassen derartiges Fehlverhalten nicht zu.

Darüber hinaus haben wir auch Mechanismen erarbeitet, die dafür sorgen, dass Auffälligkeiten künftig hoffentlich frühzeitiger erkannt werden. Aber wir wollen und müssen natürlich auch ganz grundsätzlich die Patientensicherheit verbessern. Es muss selbstverständlich sein, dass sich Menschen in unseren Krankenhäusern sicher und geschützt fühlen und immer bestmöglich medizinisch behandelt und gepflegt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin wirklich dankbar, dass wir an den bewährten Patientenfürsprechern bzw. -fürsprecherinnen festhalten. Sie haben sich wirklich bewährt. Sie sind wichtige Ansprechpartner für die Patienten, und sie schaffen vor allem Vertrauen. Danke an all diejenigen, die sich ehrenamtlich für die Belange der Patienten engagieren!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zentraler Punkt der Reform ist die Einführung der Stationsapotheke; der Kollege Schwarz hat dazu Ausführungen gemacht. Wir betreten auch hier bewusst Neuland, und das hat auch die meiste Kritik hervorgerufen. Stationsapotheker werden aber nicht nur einen Beitrag zur Arzneimitteltherapiesicherheit leisten. Sie werden - das wissen wir aus Kliniken, die bereits welche haben - auch zu einem deutlich effizienteren Einsatz von Arzneimitteln beitragen. Ich bin überzeugt, dass in kurzer Zeit keine Klinik ihre Stationsapotheker mehr missen will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Möglichkeit, die Refinanzierung zu prüfen, hat die Große Koalition heute Morgen mit ihrem Änderungsantrag auf den Weg gebracht. Das ist gut, das ist richtig. Ich denke, wir wissen alle um die angespannte Situation der Kliniken.

Des Weiteren verstärken wir in dem Gesetz die Aufsicht über die Krankenhäuser durch das zuständige Sozialministerium. Und wir führen ein anonymes Meldesystem ein; denn gerade eine offene Fehlerkultur ist Grundlage für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Arzneimittelkommissionen und Mortalitätskonferenzen runden dieses Sicherheitspaket ab.

Meine Damen und Herren, ich bin zuversichtlich, dass wir mit der Reform des Krankenhausgesetzes in Sachen Patientensicherheit Vorbild für andere Bundesländer und auch für den Bund sind. Erlauben Sie mir zum Schluss aber trotz aller Zuversicht eine Einschränkung: Ein wichtiges Ergebnis des

Sonderausschusses bleibt weiterhin unbehandelt, nämlich die angespannte Personalsituation vor allem in der Pflege. Wir wissen aus Studien, dass es Zusammenhänge gibt zwischen der Personalausstattung und der Hygiene, der Genauigkeit im Umgang mit Medikamenten und der Vorbeugung von Folgeerkrankungen. Die Personalausstattung ist quasi limitierender Faktor für die Patientensicherheit. Solange wir nicht mehr Pflegepersonal haben, werden alle anderen Maßnahmen nur begrenzt Wirkung entfalten können. Ich bitte die GroKo hier, der GroKo in Berlin und vor allem bei Gesundheitsminister Spahn weiter Druck zu machen. Denn was er bisher vorgelegt hat, reicht bei Weitem nicht.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss.

Insofern gilt bei mir für dieses Gesetz: Nach der Reform ist vor der Reform.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Janssen-Kucz. - Es folgt jetzt die Fraktion der AfD. Es spricht Herr Abgeordneter Stephan Bothe. Herr Bothe, bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Kollegen! Die Untaten des Massenmörders Högel lassen und ließen niemanden kalt, und wir als Politik können dies nicht unbeantwortet lassen. Die Maßnahmen gehen daher in die richtige Richtung. Das sage ich auch als Pflegefachkraft.

Die Einführung von Stationsapothekern ist richtig. Die Stärkung der Patientenfürsprecher ist richtig. Auch die Möglichkeit des Fehlermeldesystems, um Auffälligkeiten anonym zu melden und die Vorgänge auf den Stationen transparent zu machen, ist richtig. - Die zusätzliche Verpflichtung, Konferenzen und Supervisionen durchzuführen, ist für das Personal wiederum eine Belastung. Hier gilt es für die Klinikleitung, nicht nur Bürokratie zu schaffen, sondern auch Ergebnisse mit den Mitarbeitern zu erzielen.

Am Ende, werte Kollegen, muss uns aber eines klar sein: Niels Högel konnte seinen mörderischen Wahnsinn nur in einem System betreiben, welches

nicht funktionierte. Überlastung, Überforderung und Angst vor Ärger mit Kollegen und Vorgesetzten führten zu einem Wegschauen, zu einem Nichtwahrhabenwollen im Arbeitsumfeld von Högel. Die katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Pflege, in denen viele Pflegekräfte in Ratlosigkeit, Hilflosigkeit und Resignation verfielen, waren der Nährboden für Högels Mordserie.

Daher müssen neben den begonnenen Maßnahmen auch gesetzliche personelle Mindeststandards für alle Stationen in einem Krankenhaus umgesetzt werden. Es gilt, auch das DRG-System komplett zu überarbeiten. Ziel muss eine Reform des gesamten Pflegeberufes sein, in dem der Mensch wieder im Mittelpunkt allen Handelns steht. Nur so werden wir die Patienten, die Pflegekräfte sowie das ganze Gesundheitssystem vor den Högels dieser Welt, von denen es hoffentlich nicht allzu viele gibt, schützen können.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf der GroKo zu und begrüßen auch den Entschließungsantrag, den sie angefügt hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bothe. - Schließlich spricht für die CDU-Fraktion Kollege Volker Meyer.

(Unruhe)

- Ich darf um Ruhe bitten. Herr Siebels! Jetzt spricht nur Herr Meyer.