Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP sowie von Marcus Bosse [SPD] - Heiner Schönecke [CDU]: Sehr richtig!)

Das gilt besonders für das Umweltbundesamt, und das gilt auch für die Bundesumweltministerin, die bei ihrem Amtsantritt geschworen hat, ihre Kraft dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen, seinen Nutzen zu mehren und Schaden von ihm abzuwenden.

Nicht umsonst hat der CSU-Europapolitiker Manfred Weber im November bei einem Besuch von Volkswagen in Wolfsburg mehr Realitätssinn angemahnt.

(Zuruf von der CDU: Guter Mann! - Zuruf von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Unsere Realität, lieber Kollege Wenzel, sieht aktuell so aus, dass funktionsfähige deutsche Autos hier verteufelt werden, um dann in Rumänien, einem anderen Land der Europäischen Union, mit den gleichen Emissionswerten weiter zu fahren.

Abraham Lincoln, der frühere amerikanische Präsident, hat einmal gesagt:

„Man kann einen Teil des Volkes die ganze Zeit täuschen und das ganze Volk einen Teil der Zeit. Aber man kann nicht das gesamte Volk die ganze Zeit täuschen.“

Viele Menschen, meine sehr geehrten Damen und Herren, fühlen sich bei diesem Thema momentan getäuscht.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Deshalb fordern wir: Schluss mit dieser elenden Verbotskultur! Schluss damit, dass Menschen mit ihrem Diesel angeprangert werden! Wir brauchen technische Innovationen, wir brauchen eine technologieoffene Debatte,

(Christian Grascha [FDP]: Dann macht es doch!)

und wir brauchen ein Moratorium anstelle von Fahrverboten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei der FDP und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bäumer. - Für die SPDFraktion hat nun Herr Abgeordneter Bosse das Wort. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin der CDU ausgesprochen dankbar, dass sie dieses Thema zur Aktuellen Stunde angemeldet hat.

(Jörg Bode [FDP] lacht)

Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Und ich sage Ihnen auch gerne, warum.

Der Klimaschutz und die Gesundheit der Bevölkerung stehen doch immer im Mittelpunkt jeglichen politischen Handelns. Das gilt für die Landespolitik genauso wie für die Kommunalpolitik und natürlich auch für die Bundespolitik. Das Land steht natürlich auch schon in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Städten Hildesheim, Oldenburg, Hannover und Osnabrück, um zukunftsweisende Lösungen zur weiteren Schadstoffreduzierung zu finden, und zwar wollen wir das gemeinsam tun.

Fakt ist doch - das muss man doch auch anerkennen -, dass in fast allen diesen Städten der Ausstoß von Stickstoffdioxid rückläufig ist. Aber das reicht uns noch nicht. Wir werden zusätzlich 100 Millionen Euro aus der Volkswagen-Milliarde aufwenden, um diese Kommunen entsprechend zu unterstützen.

Ich sage auch: Ich habe keinen Zweifel daran, dass die vom Gewerbeaufsichtsamt ermittelten Messwerte - das zuständige Gewerbeaufsichtsamt ist in Hildesheim - in Ordnung sind. Ich sage aber auch: Ob diese Werte repräsentativ sind, muss in der Tat überprüft werden.

Die 100 Millionen Euro werden wahrscheinlich für eine verbesserte Verkehrssteuerung, alternative Antriebe bei Bussen und bauliche Maßnahmen eingesetzt werden. Dies wird zu weiteren Verbesserungen beitragen; das ist doch ganz klar. Klar ist aber auch, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dass ein Einfahrverbot für Pkw in Städte auf jeden Fall vermieden werden muss. Das muss auf jeden Fall vermieden werden! Dahinter müssen wir uns doch wirklich gemeinsam vereinen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Glauben Sie es mir: Ich bin ganz sicher auch für saubere Luft. Das sind wohl alle hier. Man muss aber auch anerkennen, dass Niedersachsen ein Flächenland ist. Und die Menschen wollen und brauchen den Individualverkehr. Der ÖPNV und Carsharing sind leider noch nicht an jeder Milchkanne angekommen. Die Lösung, nach der gesucht werden muss, muss für die Menschen, für die Kunden bezahlbar sein. Sie muss aber auch für die Automobilindustrie bezahlbar sein. Sie muss machbar und technologisch sinnvoll sein. Darum müssen wir aufhören, die Menschen an der Stelle ständig zu bevormunden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die Meinung vieler mit Blick auf die Politik ist derzeit nicht unbedingt positiv. Da blicke ich insbesondere nach Berlin und sage: Ich nehme da viele Kolleginnen und Kollegen aus der Sozialdemokratie in Berlin nicht aus. Das hat auch viel mit den Diskussionen über Fahrverbote und Hardwarenachrüstungen für Dieselfahrzeuge zu tun. Niedersachsen ist doch von der Automobilindustrie geprägt! Wir dürfen uns doch unsere Industrie und Technologie nicht kaputt reden lassen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Was noch hinzu kommt, ist: Ausländische Dieselautos sind nach meiner Kenntnis von den Plänen der Bundesregierung gar nicht betroffen. Jeder dritte Diesel auf Deutschlands Straßen kommt von einem ausländischen Hersteller, und die lassen die Besitzer an der Stelle noch stärker im Stich.

Fiat und Renault gehören letzten Endes zu den größten Schmuddelkindern. Sie haben bis vor Kurzem Neuwagen mit wirklich katastrophalen Stickstoffdioxidwerten verkauft, die deutlich über denen der Autos made in Germany liegen. Das hat nicht nur der ADAC, sondern sogar auch - hört, hört! - die Deutsche Umwelthilfe ermittelt. Das will schon etwas heißen! Das Gleiche gilt für Modelle von Ford und Hyundai. Sie alle sind von Fahrverboten betroffen, doch den Schaden beheben wollen die Hersteller nicht. Eine Viertelmilliarde Euro haben VW, Daimler und Audi in den Dieselfonds des Bundes eingezahlt, aus dem kommunale Maßnahmen für saubere Luft finanziert werden. Die Importeure steuern aber nicht einen einzigen Cent dazu bei.

Wir müssen auch fair mit der Industrie umgehen. Es geht dabei doch auch um Arbeitsplätze. Mich ärgert es zutiefst - das treibt mir auch als Umweltpolitiker wirklich die Zornesröte ins Gesicht -, wenn sich einige, insbesondere in Berlin, mit Forderungen regelrecht überschlagen, ohne zu bedenken, dass dabei 100 000 oder 200 000 Menschen ihren Arbeitsplatz in der Automobilindustrie verlieren könnten.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei der AfD)

Die Forderung kann doch nur sein: Wir brauchen einen realistischen Plan. Wir brauchen einen Runden Tisch. Wir brauchen eine Art Masterplan.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Wer regiert denn hier? CDU und SPD regieren in Berlin!)

Hier müssen alle Beteiligten - Industrie, kommunale Verbände, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen - zusammengeholt werden, damit die Grenzwerte eingehalten und Fahrverbote in Städten vermieden werden können.

Herr Bosse, lassen Sie eine Frage des Kollegen Bode zu?

Nein. - Dann fahren Sie fort!

Dann, aber auch nur dann, können doch letzten Endes Forderungen aufgestellt und Richtwerte festgelegt werden. Es muss doch ein nationales, abgesprochenes Ziel aller Beteiligten sein, Mobilität, Innovation und Luftreinheit unter einen Hut zu bekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Der nächste Redner ist für die AfDFraktion Herr Kollege Wirtz. Bitte!

Vielen Dank - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Liebe CDU! „Innovation“, „Verbotskultur“ und „Wahnsinn“ - bei diesen Worten dachte ich zuerst: Geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner? Ich finde es gut, dass Sie die Diskussion versachlichen wollen; der Titel dieses Antrages zur Aktuellen Stunde trägt dazu aber vielleicht nicht direkt bei.

Was Sie unter Innovation verstehen, wurde kurz vorgestellt. Ich hoffe, Sie wollen nicht dazu übergehen, Messungen zu ignorieren oder gar nicht erst zur Kenntnis zu nehmen. Sie haben ja andere Punkte vorgestellt.

Ich muss sagen, das Einhalten von Gesetzen ist keine „Verbotskultur“, sondern das, wofür wir letztlich auch hier sind, nämlich Gesetze zu erlassen, die dann auch einzuhalten sind.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oh! - Dirk Toepffer [CDU]: Ganz neue Ansich- ten!)

An der Stelle funktioniert Ihr Titel leider auch nicht.

Dann „Wahnsinn“! Tja, das ist arg theatralisch. Es ist allerdings nicht wahnsinnig, die Ergebnisse der Messungen zur Kenntnis zu nehmen. Wahnsinnig ist es eher, jahrelang die falschen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Sie ziehen andere Schlussfolgerungen als wir, als die AfD. Denn - nicht an den Redner von eben, sondern an die CDU gerichtet - es ist Ihre Partei - und mit Blick auf die Altgedienten sind es vielleicht auch Sie -, die hier jahrelang die EU-Vorgaben

akzeptiert hat, die nicht reagiert hat, als Grenzwerte gesetzt wurden, die bar jeden Menschenverstands und jeder wissenschaftlichen Grundlage sind und die tatsächlich eine gewisse Art von Wahnsinn darstellen.

Jetzt sprechen wir über Stickoxide, und Sie haben es glatt ignoriert, dass diese Grenzwerte von der EU angesetzt wurden und dass diese Werte Jahr für Jahr stärker angeglichen wurden und bei uns im Land eingehalten werden mussten. Es ist Ihre Partei - und vielleicht auch Sie - gewesen, die in der Regierungsbeteiligung bis heute nichts bewegt und nichts bewirkt haben, um etwas gegen diese Grenzwerte auszurichten.

Jetzt reden Sie von Moratorien. Das ist eine Idee, die reichlich spät kommt.