Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

Sie möchten auch gerne den Nettozubau mit einbeziehen. Sie hoffen darauf, dass Altanlagen repowert werden, dass also an der gleichen Stelle neu aufgebaut wird, was dort an Windrädern entfällt. Aber auch das ist nicht selbstverständlich; das hängt davon ab, ob die Anlagen abgeschrieben sind, abgerissen und erneuert werden - und auch davon, ob sie an der Stelle überhaupt genehmigt werden, wenn sie größer als bisher ausfallen. Dann ist das volle Genehmigungsverfahren fällig.

Ferner sprechen Sie die Sektorenkopplung an: eine reine Zukunftsmusik, Luftschlösser! Denn für eine Sektorenkopplung im erfolgreichen Ausmaß werden Technologiesprünge benötigt, die noch gar nicht abzusehen sind.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Natürlich sind sie abzusehen!)

Ich sage einmal: Da wird also auf gute Hoffnung geplant; denn hier ist noch nichts entwickelt und erfunden. Die Sektorenkopplung steckt in den Kinderschuhen, allenfalls in der Laborphase. Das ist etwas, was zwar in Ihrem Antrag enthalten ist, das Sie aber nicht weiter ausführen, und das aus gutem Grund.

Dann gibt es noch die Formulierung „Echtzeitenergiewirtschaft“. Dazu muss ich Ihnen mitteilen: Strom muss immer dann erzeugt werden, wenn er gebraucht wird, und nicht, wenn zufällig gerade der Wind weht oder die Sonne scheint. Wir werden also so und so gar nichts Neues haben, wenn wir eine Echtzeitenergiewirtschaft haben; denn den Strom brauchten wir schon immer millisekundengenau in dem Moment, in dem wir ihn verbrauchen. Die Grünstromerzeugung, die daran hängt, läuft auch unter dem Stichwort „Utopie“.

Ein Wort fehlt mir in Ihrem Antrag, nämlich das L-Wort, die Leitung. Sie wollen Windräder weiterhin so aufstellen, wie Sie es bisher getan haben,

ohne Anschluss ans Festland, wenn es Offshoreanlagen sind, ohne Anschluss an größere Energieverbünde, an Netze. Die Kabel dafür sind noch gar nicht geplant, noch gar nicht gelegt, aber Sie stellen weiter Windräder auf, offensichtlich als Beschäftigungstherapie und nicht so sehr zur Energieproduktion.

Was wollen Sie mit dem Strom eigentlich machen? - Intelligente Lösungen sollen es wieder einmal sein. Sie wollen den Strom regional über Grünstrom vermarkten. Nun, das haben schon andere versucht. Sie erinnern sich sicherlich an die „SmartRegion Pellworm“. Sie ist ein völliger Flop geworden. Die Insel autark zu stellen, die Insel aus Photovoltaik selbst mit Strom zu versorgen, hat nicht geklappt. Es ergab sich eine Lücke. Es fehlte die Versorgung, die letztendlich auch für unser Land wichtig ist. Sie können hier nicht eine Stunde am Tag den Strom ausfallen lassen. Wir sind eine Industrienation. Und was sagen wir unseren Krankenhäusern, wenn die Versorgung nicht sicher ist? - Auch El Hierro und ähnliche Inselprojekte seien genannt. Rügen sei genannt. Dort sollten in den Jahren von 1992 bis 1996 Elektroautos fahren, die nie fuhren. Es funktionierte nicht. Und den Überschussstrom haben Sie noch lange nicht, um - - -

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Wir sind doch 20 Jahre weiter! Kommt bei Ihnen gar nichts an?)

- Sie können gerne Zwischenfragen stellen.

Wir sind allerdings nicht viel weiter in der Batterietechnik. Die Autos sind zwar teurer geworden, schöner geworden, aber sie fahren noch nicht viel länger als damals. Und wir haben keinen Überschussstrom, den wir dafür verwenden können.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Doch! Na- türlich! - Zuruf von Meta Janssen- Kucz [GRÜNE])

Für einen Bereich, den wir gar nicht mit Strom versorgen können, werden wir noch nicht einmal die Normalversorgung sicherstellen.

Herr Kollege!

Wir werden ablehnen. Damit vielen Dank.

Nein, Herr Kollege, vor Ihrem „vielen Dank“ war ich erst an der Reihe. Ich wollte Sie nämlich fragen, ob

Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Miesner zulassen. Das würden wir noch machen, auch wenn Sie die Redezeit schon um eine gute halbe Minute überschritten haben.

Gut, dann machen wir das noch.

Herr Kollege Miesner!

Herr Kollege Wirtz, Sie haben deutlich Kritik an dem Antrag geübt. Wo sind denn Ihre energiepolitischen Konzepte? Wollen Sie mehr Kernkraftwerke bauen, mehr Kohlekraftwerke bauen? Oder kommt der Strom bei Ihnen aus der Steckdose?

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bitte schön, Herr Wirtz!

Herr Miesner, tatsächlich kommt der Strom aus der Steckdose. Aber nur beim Endverbraucher, und der ist auch darauf angewiesen. Wir werden unsere Versorgungssicherheit, unsere Reaktor- und auch unsere Kohlekraftwerke-Landschaft, nicht ohne einen adäquaten Ausgleich einfach lahmlegen können.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Windenergieanlagen und ähnliche merkwürdige Konstruktionen, Photovoltaik - auf welchen Flächen wollen Sie so etwas eigentlich aufstellen? Woher sollen solche Versorgungen kommen?

Sie werden die konventionellen Kraftwerke schon deshalb nicht abschalten können, weil bis heute die Leitungen nicht gelegt sind. Sie wollen 2025 mit den Leitungen fertig werden und 2022 die Kernkraftwerke abschalten. Wie soll das gehen? Sitzen wir dann drei Jahre im Dunkeln? Bei so einem Wetter wie jetzt wird das unangenehm.

(Beifall bei der AfD - Zurufe von Gu- drun Pieper [CDU] und Imke Byl [GRÜNE])

Ich hoffe, das beantwortet Ihre Frage.

Der Antrag, den Sie gestellt haben, ist Ihnen in allen wesentlichen Punkten vom Energiesammel

gesetz vorweggenommen worden. Er ist überflüssig. Sie brauchen ihn eigentlich gar nicht mehr zu stellen. Deshalb werden wir ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. - Die nächste Wortmeldung liegt mir von der SPD vor. Der Kollege Senftleben hat das Wort. Bitte schön!

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der SPD: Guter Mann!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Auf der ganzen Welt blicken viele Menschen mit großer Bewunderung auf unser Land. Die Menschen bewundern die Leistungsfähigkeit der hiesigen Industrie, die Menschen bewundern aber auch die guten Arbeitsbedingungen hierzulande. Die Menschen bewundern zudem die nachhaltige Qualität, die sich unter dem Siegel „Made in Germany“ verbirgt.

Nachhaltigkeit und Lebensqualität werden ebenso durch das hiesige Bestreben, eine erfolgreiche Energiewende zu gestalten - also weg von Kohleverstromung und weg von Atomenergie -, verdeutlicht. Die erneuerbaren Energien und gerade die Windenergie sind dabei unabdingbar für Niedersachsen, aber auch für die ganze Bundesrepublik.

Wer aber Windenergie aufbauen will, braucht auch die Produktion von Windenergieanlagen. Niedersachsen ist in Deutschland nicht nur bei der Produktion von Windenergie die Nummer eins, sondern auch beim Bau der erforderlichen Anlagen. Die Arbeitsplätze in Aurich, Emden, Cuxhaven und in ganz Niedersachsen, bei Enercon und unzähligen Zulieferunternehmen, müssen daher erhalten bleiben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Die Menschen vertrauen nicht nur auf die Idee einer erfolgreichen Energiewende, nein, sie vertrauen auch auf ein Funktionieren und Unterstützen dieses Wirtschaftsbereichs. Darum ist es nur richtig, dass wir heute hier mit einer beeindruckenden Mehrheit und in einer Koalition aus Verantwortung und Sachlichkeit diesem Entschließungsantrag von SPD und CDU zustimmen werden.

Wir begrüßen es sehr, dass sich die Landesregierung bereits deutlich für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Enercon und bei diesem gesamten Wirtschaftszweig eingesetzt hat und gegenüber der Bundesregierung klare Kante für erforderliche Verbesserungen der Rahmenbedingungen der Windenergiebranche gezeigt hat. Daher ist es auch absolut wichtig, dass wir unserer Landesregierung ein starkes Mandat erteilen, um auf Bundesebene die erforderlichen Nachbesserungen einzufordern.

So müssen schnellstens die Hemmnisse beseitigt werden, die den gleichberechtigten Marktzugang oder die erfolgreiche Sektorenkopplung für erneuerbare Energie erschweren. Wir müssen aber auch in Reallaboren endlich neue Wege der Energieproduktion zur Alltagstauglichkeit bringen, und wir müssen bestehende Infrastrukturen wie beispielsweise die Gasnetze in den Prozess der Energiewende gezielt einbinden und lokale Versorgungsmodelle auch für die Industrie entwickeln. Die Rahmenbedingungen für die Modernisierung von Altanlagen müssen genauso optimiert werden, damit wir die bereits installierte Leistung umweltverträglich erhalten können. Allem voran muss der Zubau von Windenergieanlagen gesteigert und beschleunigt werden.

Kurzum: Dieser Entschließungsantrag enthält eine Fülle von wichtigen und erforderlichen Maßnahmen, mit denen sich eine erfolgreiche Energiewende gestalten lässt. Somit gewährleistet genau dieser Entschließungsantrag auch eine nachhaltige Zukunft.

Darüber hinaus steht er in besonderem Maße für den Erhalt von rund 56 000 Arbeitsplätzen und damit für eine gute Lebensgrundlage für die Menschen in Niedersachsen. Über 1 000 Arbeitsplätze sind bereits verloren gegangen und im Ausland angesiedelt worden. Diese Entwicklung müssen wir stoppen. Darum ist dieser Entschließungsantrag auch ein klares Zeichen nach Berlin: Wir wollen auch künftig Weltmarktführer in dieser Branche bleiben, und wir wollen, dass auch die noch nicht umgesetzten Teile auf Bundesebene jetzt endlich nachgezogen werden.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, abschließend darf ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Oppositionsfraktionen der Grünen und der FDP, ganz besonders in Person der Kollegin Byl und des Kollegen Kortlang, bedanken, die durch

weg mit einer guten und sachlichen Beratung aufgewartet haben.

Zum Wohle der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie deren Familien freue ich mich nun darauf, diesen Entschließungsantrag gemeinsam mit Ihnen hier heute zu bestätigen und darf mich an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei der CDU und bei den GRÜ- NEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Senftleben. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Kollegin Byl. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Tat - ich freue mich, das hier sagen zu können - gehen wir mit diesem Antrag der Großen Koalition d´accord und finden ihn inhaltlich gut.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)