Die Problematik ist bekannt, und sie wurde hier ja auch schon angesprochen: Direktwahlkreise, Listen usw. Wir als FDP haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir mehr Frauen in die Partei bekommen. Dabei haben wir die ebenso ange
Wir sind der felsenfesten Überzeugung, dass es Aufgabe des Wählers ist, zu entscheiden, ob er unsere Partei nicht wählen möchte, weil er findet, dass wir keine paritätische Besetzung bzw. zu wenig Frauen auf der Liste haben. Unsere Aufgabe als Partei ist es, sich Instrumente zu überlegen, wie man damit umgeht und mehr Frauen in die Politik bekommt. Ich finde, bei dem, was man da machen kann, ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Das gilt auch für die anderen Parteien. Deswegen bin ich dagegen, jetzt über eine Parité-Gesetzgebung zu sprechen.
Wir können uns ja mal ansehen, woher das in Frankreich kommt. Im Jahr 2000 lag der Frauenanteil in der französischen Nationalversammlung bei nur 11 %, bei der Wahl davor bei 5 %. Aber Parité führt nicht automatisch zu einer paritätischen Besetzung. Inzwischen liegt der Frauenanteil dort zwar bei 38,6 %, aber das liegt im Prinzip nur daran, das Macrons Partei mit einem Frauenanteil von 47 % eingezogen ist. Es gibt auch die Möglichkeit eines „Ablasshandels“, d. h. wenn man tatsächlich nicht genug Frauen findet, kann man Geld bezahlen.
Ich finde nicht, dass eine gesetzliche Regelung von oben die Lösung für die paritätische Besetzung der Parlamente ist. Wir alle haben noch Hausaufgaben zu erledigen. Es gibt noch eine Menge, was wir auch als Parteien tun können, um dafür zu sorgen, dass mehr Frauen in die Politik gehen.
Persönliches Beispiel: Ich habe mein Kind gekriegt und bin vier Wochen später in den Rat der Stadt Hannover gewählt worden. Ich durfte mein Kind mit in den Ratssaal nehmen. Ich kann mich aber durchaus an Diskussionen im Jahr 2009 erinnern, als Judith Skudelny für die FDP in den Bundestag eingezogen ist und genau das gleiche Problem hatte. Was gab es für Diskussionen, ob sie das Kind mit in den Bundestag nehmen darf! Darüber muss man sich auch einmal Gedanken machen. Was wurden da für Kämpfe gefochten, damit es möglich war, dass sie ihr Baby mitnehmen konnte! Daran müssen wir doch alle arbeiten und auch an diesen ständigen Abendsitzungen innerhalb der Parteien. Das sind alles Aufgaben, die wir vor Ort erledigen können. Dafür brauchen wir keine Weisung von oben oder eine andere Gesetzgebung.
ten. Wir Freien Demokraten tun das auch. Es gibt bei uns kontroverse Debatten über das Thema. Es gibt sogar den kontroversen Vorschlag, dass wir eine Anschubquote brauchen. Das zeigt, das Thema läuft, wir beschäftigen uns damit.
Machen wir doch bitte erst einmal unsere Hausaufgaben vor Ort, bevor wir wieder danach rufen, dass der Staat von oben etwas regeln soll!
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort hat nun Frau Kollegin Byl für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
- Frau Kollegin, wir werden erst dann beginnen, wenn Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. Das betrifft übrigens alle Fraktionen. Wir haben Zeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! So sehr ich die Frauen in der FDP auch schätze: Ich muss sagen, wenn ich in Ihre Reihen gucke, haben Sie beim Thema Gleichstellung noch sehr viele Hausaugaben zu erledigen.
Herr Ministerpräsident Weil, Frau Modder und die SPD, Sie sprechen sich jetzt für ein Parité-Gesetz aus und wollen dafür kämpfen. Dazu kann ich eigentlich nur sagen: Besser spät als nie!
Auch bei der SPD hat sich mit dem neuen Jahr anscheinend die Erkenntnis durchgesetzt, dass man gegen all die Männerseilschaften, die wir gerade in der Politik haben, offenbar nicht mit Freiwilligkeit ankommt.
Die erschreckende Unterrepräsentanz von Frauen ist in der Tat ein demokratischer Missstand, der nicht weiter ignoriert werden darf.
(Beifall bei den GRÜNEN - Uwe Sant- jer [SPD]: Haben Sie mal in die Ge- schichte geschaut! - Dr. Christos Pantazis [SPD]: Hochmut kommt vor dem Fall! - Johanne Modder [SPD]: Sie kennen offenbar die Geschichte der SPD nicht! - Weitere Zurufe)
Einen Moment, bitte! - Ich finde, die Rednerin hat genauso Ihre Aufmerksamkeit verdient wie andere, die hier vorn sprechen. Jetzt werden wir Frau Byl weiter zuhören. - Danke.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich kenne ich die Geschichte der SPD sehr gut, und ich bin sehr dankbar, dass ich als Frau heute hier stehen kann, auch wegen dem, was Kolleginnen der SPD vor 100 Jahren für uns Frauen getan haben.
Nichtsdestotrotz finde ich es etwas schade, dass es für diese Erkenntnis der SPD in Bezug auf ein Parité-Gesetz offensichtlich erst des Jubiläums „100 Jahre Frauenwahlrecht“ bedurfte.
Denn dass der Anteil an Frauen am männlich geprägten politischen System viel zu gering ist, dürfte Ihnen allen auch schon vorher aufgefallen sein, auch der FDP und der CDU.
Spätestens bei der letzten Bundestagswahl bzw. der letzten Landtagswahl hätten alle aufwachen müssen; denn dort ist der Frauenanteil deutlich zurückgegangen. Nach dieser Erkenntnis hätten Sie Ende 2017 direkt nach der Wahl die Segel auf Verhandlungen für ein Paritätsgesetz setzen können.
Das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein wirklicher Fortschritt gewesen; denn für eine Wahlrechtsänderung braucht es eine Zweidrittelmehrheit - und die hat die Große Koalition, wie der Name schon sagt. Doch so rudert die SPD bei ihren eigenen Parité-Ankündigen direkt wieder zurück: Ein Parité-Gesetz stehe nicht im Koalitionsvertrag,
und zu den nächsten Wahlen sei das absolut nicht realistisch. - Das ist tatsächlich etwas schade, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ankündigungen müssen Taten folgen, und das erwarte ich auch von Ihnen. Dass das leider offensichtlich nicht selbstverständlich ist, haben wir bereits bei der Kabinettsbildung erlebt. Vor der Wahl gab es große Töne für 50 % Frauen im Kabinett, übrigens nicht nur von der SPD, sondern endlich auch einmal von der CDU.
Am Ende koalierten beide Parteien, die das identische Versprechen gemacht hatten. Und was kam am Ende dabei heraus? - Versprechen gebrochen!
Doch, sehr geehrte Damen und Herren, frauenpolitische Ziele dürfen nicht nur einfach Wahlkampfmittel sein, derer man sich schnellstmöglich wieder entledigt. Wir alle haben die große Verantwortung, die Gleichstellung von Mann und Frau zu verwirklichen und demokratische Teilhabe für alle sicherzustellen.
Die Erhöhung des Frauenanteils in den Parlamenten ist kein Selbstzweck. Mehr Frauen in den Parlamenten sind definitiv nötig; denn sie haben spezifische Bedürfnisse, oft andere Perspektiven und Erfahrungen gemacht. Deswegen brauchen wir Frauen, die sich für all die Frauen in Niedersachsen in den Parlamenten einbringen und sie repräsentieren.
Auch in dieser Wahlperiode haben wir bereits Themen beraten, die fast ausschließlich Frauen betreffen, z. B. die Debatte um die Frauenhäuser. Ich bin erst seit dieser Legislatur in diesem Haus, aber ich mir sicher, dass es nicht das erste Mal war, dass Sie darüber gesprochen haben. Und ich bin mir sicher: Hätten wir ein paritätisch besetztes Parlament, dann müssten die Frauenhäuser nicht seit Jahrzehnten gegen ihre desolate finanzielle Lage kämpfen.
Aber auch der § 219 a ist ein Beispiel dafür. An manchen Stellen fiel schon das Wort „absurde Debatte“. Ich bin mir sicher: Den § 219 a gäbe es schon längst nicht mehr, wenn hier nicht vorrangig Männer sitzen würden.
Für viele Frauen ist es ziemlich bitter, dass genau diese Entscheidungen mehrheitlich immer noch von Männern getroffen werden, obwohl diese Themen vorrangig Frauen angehen.
Damit es mit dem Thema Parité hier in Niedersachsen vorangeht, werden wir auf jeden Fall die parlamentarische Unterstützung liefern und eine entsprechende Initiative ins Februar-Plenum einbringen.
Denn eine Wahlrechtsreform und eine gleichberechtigte Teilhabe am demokratischen Prozess sind längst - nicht erst 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts - überfällig.