Deshalb ist die Empfehlung der Landesregierung, meine Empfehlung: Bei der Geschwindigkeit auf Autobahnen setzen wir auf eine flexible Regelung mittels automatischer Verkehrsbeeinflussungsanlagen, die sich der jeweiligen Autobahn und dem jeweiligen Verkehrsaufkommen anpassen. Wenn abends die Autobahn frei ist, darf durchaus auch ohne Geschwindigkeitsbeschränkung auf dieser Autobahn gefahren werden. Und wenn das Verkehrsaufkommen etwa bei Baustellen hoch ist, passen wir das Ganze flexibel an. Das macht Sinn und nützt auch dem Klimaschutz und der Sicherheit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, wie bewerten Sie denn den Vorschlag, den ich vorhin gemacht habe, den Emissionshandel auch auf den Verkehrssektor auszuweiten und über die dadurch entstehende CO2-Bepreisung eine lenkende Funktion herbeizuführen und auf alle weiteren Detailregelungen z. B. über Tempolimits und andere Fragen zu verzichten und dies stattdessen einem marktwirtschaftlich ausgerichteten Rahmen zu überlassen?
Es gibt zahlreiche Vorschläge. Der Emissionshandel auf europäischer Ebene richtet sich insgesamt auf die tatsächlichen Verursacher des CO2-Ausstoßes, nämlich die Industrie. Wir reden ja sehr häufig über den Individualverkehr, der tatsächlich nur etwa 16 % beiträgt. Wir reden viel zu wenig über die 330 Großcontainerschiffe, die wir auf den Weltmeeren haben. 15 davon - so sagt ein Verkehrsexperte -, haben einen CO2-Ausstoß, der dem von 750 Millionen Pkw entspricht.
Insofern müssen wir irgendwo Maß und Mitte finden. Wir werden solche Vorschläge sicherlich im Rahmen der nächsten Diskussion auf Bundesebene im Rahmen der Arbeitsgruppe debattieren. Ich will aber den Ergebnissen der Bundesregierung nicht vorgreifen. Dafür ist nämlich diese MobilitätsArbeitsgruppe im September 2018 eingerichtet worden.
Zu guter Letzt, meine Damen und Herren, zur Quote für Elektro- und Hybridautos: Die Ökobilanz eines Elektroautos ist - zumindest nach gegenwärtiger Herstellung mittels Kohleverstromung - nicht gut. Sinnvoll ist Elektromobilität dem Grunde nach erst dann, wenn wir die Elektro-Batteriezellen über regenerative Energien herstellen.
Es ist das Ziel zahlreicher Automobilhersteller - auch derjenigen, die in Niedersachsen produzieren -, in den nächsten Jahren die Feststoffbatteriezelle so zu produzieren, dass sie tatsächlich mittels regenerativer Energien herstellungsfähig ist. Die Energiepreise spielen dabei u. a. auch eine Rolle.
Ich sage aber unmissverständlich, auch für die Landesregierung: Aus meiner Sicht ist es völlig einseitig, in den nächsten Jahren nur auf Elektromobilität zu setzen, alleine schon mit Blick auf die Lithium- und Kobaltvorkommen der Welt, die begrenzt sind. Lithium und Kobalt müssen in anderen Ländern aufwendig und teuer geschürft werden. Ich will im Hinblick auf Kobalt gar nicht über den Kongo und die dortigen Produktionsbedingungen sprechen. Auch das gehört zur Elektromobilitätsdebatte.
Diejenigen, die uns in den letzten Jahren immer eingeredet haben, dass Elektro die Lösung ist, liegen nämlich falsch. Ich rate einfach dazu, dass wir - - -
- Ich rate doch nur. Ich bin doch gar nicht gegen alles, was Sie sagen. Ich rate Ihnen doch nur - - -
Ich empfehle doch nur, dass wir in den nächsten Jahren stärker einen Antriebsmix aus Elektromobilität, aus Gasantrieben, aus der Brennstoffzelle und der Wasserstofftechnologie in den Blick nehmen. Wir als Windenergieland Nummer eins in Deutschland sind der prädestinierte Standort Deutschlands für die neue Form der Mobilität. Diese Chancen gilt es zu nutzen und sie nicht sofort in Debatten über Tempolimits und Quoten über Elektromobilitätsautos oder Hybridautos im Keim zu ersticken. Das wäre der falsche Weg.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Aktuellen Stunde liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass wir die Aktuelle Stunde innerhalb dieses Tagungsabschnittes beenden können.
Auch wenn es schon x-mal gesagt wurde, sage ich es noch einmal: Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Bestimmungen der Ge
schäftsordnung setze ich als allgemein bekannt voraus. Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.
Um uns im Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich Sie, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten. Sie kennen das Verfahren, aber gerade was einleitende Bemerkungen anbelangt, bitte ich Sie um äußerste Disziplin.
a) Schlachthof verhindert gesundheitliche Aufklärung über Tuberkulose - Stehen Minister Althusmann und Ministerin Reimann hinter der
Arbeit der vom Land geförderten Beratungsstelle für mobile Beschäftigte? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/2618
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Schlachthof verhindert gesundheitliche Aufklärung über Tuberkulose - Stehen Minister Althusmann und Ministerin Reimann hinter der Arbeit der vom Land geförderten Beratungsstelle für mobile Beschäftigte?“
Nach Bericht der NWZ vom 17. Januar 2019 hat das Schlachtunternehmen Vion eine Beraterin der vom Land geförderten und unter Rot-Grün eingerichteten Beratungsstelle für mobile Beschäftigte in der Fleischindustrie am Informieren der Beschäftigten über die Gefahren von Tuberkulose gehindert.
Die Beratungsstellen waren in der vorherigen Legislaturperiode vom damaligen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr eingerichtet worden, nachdem es vermehrt zu Fällen von Ausbeutung, Lohndrückerei und schlechten Wohn- und Arbeitsbedingungen in der Schlachtindustrie gekommen war. Ein Schlachthofmitarbeiter in Emstek war Mitte Dezember an Tuberkulose erkrankt und gestorben, weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren an offener TBC erkrankt. Es hatte im Kreis Cloppenburg insgesamt 60 TBC-Verdachtsfälle gegeben.
Die Mitarbeiterin der Beratungsstelle war beim Verteilen der Flugblätter am 27. Dezember 2018 des Betriebsgeländes des Unternehmens verwiesen worden.
In der Nordwest-Zeitung vom 29. Dezember letzten Jahres heißt es zur Begründung der Informationsaktion:
„‚Wir haben das Gefühl, dass die meisten rumänischen Werkvertragsarbeiter Tuberkulose unterschätzen. Doch die Krankheit ist nicht ungefährlich. Wenn sie zu spät erkannt wird, kann man daran auch sterben‘, sagte Reim.“
„Ihrer Ansicht nach lieferten die zum Teil schlechten hygienischen Wohnverhältnisse der Schlachthelfer, die Enge in den Unterkünften, Kälte und Feuchtigkeit am Arbeits
platz, Arbeitsstress und die Sorge um den Arbeitsplatz den Nährboden für den Ausbruch von Tuberkulose bzw. ein erhöhtes Risiko. Die rumänischen Werkvertragsarbeiter hätten sie nach Bekanntwerden der Fälle vermehrt mit Fragen zur Tuberkulose kontaktiert, berichtete Reim, woraufhin die Flugblatt-Aktion ins Leben gerufen worden sei.“
„Die Polizei Cloppenburg bestätigt, dass noch am selben Tag eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs einging. Als die Anzeige die Beraterin am 7. Januar erreichte, sei sie ‚ziemlich überrascht‘ gewesen. Es sei ja nicht das erste Mal gewesen, dass sie Flugblätter verteilte. ‚Die Anzeige betrachte ich als skandalös und lächerlich‘, sagt Reim. Die Flugblätter, die sie auf dem Parkplatz verteilt habe, sollten über den Schutz vor der Lungenkrankheit aufklären. ‚Natürlich werde ich weiter Flyer verteilen‘, sagt die Beraterin. Sie gehe auch zu den Arbeitern, in die Unterkünfte: ‚Da können sie mich nicht wegschicken. So schnell werden sie mich nicht los.‘ Aus Sicherheitsgründen habe Vion sie aufgefordert, das Betriebsgelände zu verlassen. Reim habe sich geweigert, daraufhin folgte die Anzeige.“
1. Mit welchen Mitteln und Maßnahmen unterstützt die Landesregierung weiterhin die Arbeit der Beratungsstellen für mobile Beschäftigte gegen die Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in niedersächsischen Schlachthöfen (bit- te aufzählen)?
2. Hält das Land die von den Unternehmen und örtlichen Gesundheitsämtern gegebenen mündlichen Informationen zu Tuberkulose für ausreichend, und konnten damit alle Werksvertragsarbeitsnehmerinnen und -arbeitnehmer erreicht werden?
3. Werden sich die Landesregierung und insbesondere die zuständige Ministerin Frau Dr. Reimann und der zuständige Minister Herr Dr. Althusmann hinter die Flugblattaktion der Beratungsstelle für mobile Beschäftige stellen und dafür sorgen, dass die Mitarbeiterin freien Zugang für ihre Beratungstätigkeit auf dem Firmengelände erhält?
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Viehoff. - Für die Landesregierung nimmt der Wirtschaftsminister das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verschiedene Medienberichte haben in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass vor allem ausländische mobile Beschäftigte in der Schlacht- und Zerlegeindustrie durch Ausbeutung ihrer Arbeitskraft, durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse und insbesondere durch die Zahlung von Niedriglöhnen - bis hin zur Lohnunterschlagung - tatsächlich besonders gefährdet sind. Nicht nur, dass diese Menschen zu äußerst geringen Entgelten arbeiten, um noch schlechteren Arbeitsbedingungen oder gar Arbeitslosigkeit in ihrer Heimat zu entgehen, sondern sie akzeptieren auch - nicht zuletzt aufgrund fehlender Sprachkenntnisse - Wohn- und Unterbringungsbedingungen, die deutschen Standards nicht genügen. Aus der Angst heraus, ihre Arbeit zu verlieren, vertrauen sie sich in der Regel niemandem an.
Das Land Niedersachsen wollte und will sich mit solchen Lebens- und Arbeitsbedingungen, die den Anforderungen eines sozialen Rechtsstaats widersprechen, nicht abfinden.