Herzlichen Dank, Herr Kollege Limburg. Ein paar Sekunden drüber, aber das machen wir heute so. - Sie wurde eben schon genannt: Das Wort hat nun Frau Ministerin Havliza. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eigentlich habe ich gedacht, dass meine erste Rede hier so eine Art Angrillen wird.
Aber nach dem, was ich hier heute gehört habe, liegen wir in den Zielen eigentlich sehr eng beieinander. Auch wenn Herr Limburg noch viele andere wichtige Justizthemen angesprochen hat - die habe ich auch alle gespeichert bzw. auf dem Film -, so ist die Sicherheit in Gerichten gleichwohl das erste Thema, zu dem ich hier zu reden habe. Und das tue ich auch gern.
Meine Damen und Herren, Sie können sich sicherlich vorstellen, dass mir die Sicherheit an Gerichten, in Gerichten und von Gerichten aufgrund meiner Vorgeschichte ein besonderes Anliegen ist. Seit vielen Jahren nehme ich mit großer Sorge wahr, dass sich das gesellschaftliche Klima in Deutschland in den letzten Jahren insgesamt deutlich verschärft hat und dass diese Verschärfungen auch vor der Justiz keinen Halt gemacht haben. Leider müssen wir beobachten, dass den Justizangehörigen längst nicht immer der nötige Respekt entgegengebracht wird. Drohungen und persönliche Anfeindungen durch alle Sparten des Justiz
Wie Sie wissen, war ich bis vor Kurzem Vorsitzende eines Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht Düsseldorf. Auch in dieser Funktion habe ich persönlich erfahren, wie es ist, Bedrohungen oder Anfeindungen ausgesetzt zu sein, und wie wichtig es dann ist, dass sowohl der objektiven Sicherheitslage als auch dem subjektiven Sicherheitsgefühl in der eigenen Arbeitsumgebung gebührend Rechnung getragen wird.
Deshalb unterstützt die Niedersächsische Landesregierung den gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen der Regierungsparteien ganz nachdrücklich.
Bereits in der Koalitionsvereinbarung von CDU und SPD für die laufende Wahlperiode ist nachzulesen - das ist ja vorhin auch schon mehr oder weniger positiv, also auch mit einem etwas negativem Touch angemerkt worden -, dass die Sicherheit an den Gerichten und Staatsanwaltschaften kontinuierlich verbessert werden soll. Aber was heißt das eigentlich im Detail - danach haben ja schon einige gefragt -, worum geht es dabei?
Ganz pauschal geht es zunächst einmal darum: Sowohl Bürgerinnen und Bürger - die Verfahren sind ja grundsätzlich öffentlich - als auch alle Justizangehörigen, als auch die, die in den Gerichten mehr oder weniger freiwillig zu erscheinen haben, weil sie, in welcher Funktion auch immer, geladen sind, haben einen Anspruch auf einen sicheren Aufenthalt in den Gebäuden bzw. auf eine sichere Arbeitsumgebung. Wir sind daher verpflichtet, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und auszuschöpfen, die diese Sicherheit gewährleisten.
Nach dem bislang gültigen Sicherheitskonzept werden anlassunabhängige Einlasskontrollen lediglich flexibel - im Moment je nach Weisung der Behördenleitung vor Ort - durchgeführt. Sie stellen eine Ergänzung zu den verpflichtend durchzuführenden anlassabhängigen Einlasskontrollen dar und dienen der Prävention und Abschreckung. Anlassabhängige Einlasskontrollen werden natürlich immer dann angeordnet, wenn besonders gefährdete Prozesse geführt werden.
Unser Ziel ist es, so schnell wie möglich durchgängig anlassunabhängige Sicherheitskontrollen an den Gerichten und auch an den Staatsanwaltschaften durchzuführen. Hierfür wollen wir sowohl die sächlichen als auch die personellen Mittel - hier
ist von allen und zu Recht angeführt worden, dass es auch im Wachtmeisterdienst erheblicher personeller Verstärkungen bedarf - im Laufe der nächsten Jahre zur Verfügung stellen, die bereits begonnenen Schulungsmaßnahmen fortführen und die Aufmerksamkeit und Wehrhaftigkeit der Wachtmeister insoweit verstärken.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir, hier aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen der letzten Jahre noch etwas anzumerken. In Nordrhein-Westfalen, aber auch in anderen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein werden fast durchgängig Einlasskontrollen an allen Eingängen zu Gerichten durchgeführt. Das erhöht ganz nachhaltig die Sicherheit aller Justizangehörigen und der übrigen Prozessbeteiligten und nicht zuletzt auch der rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger sowie der vielgepriesenen Öffentlichkeit. Aber nicht nur das. Auch mein subjektives Sicherheitsgefühl - auch das meiner ehemaligen Kollegen und Kolleginnen - war stets so, dass wir zu keiner Zeit befürchten mussten, z. B. durch den Einsatz einer in das Gebäude mitgebrachten Waffe oder durch Sprengstoff oder durch andere gefährliche Gegenstände verletzt zu werden.
Das gilt im Übrigen nicht nur für Strafrichter. Darauf lege ich ganz großen Wert. Gerade an den Amtsgerichten - auch an den kleinen Amtsgerichten - sind insbesondere die Familien- und Betreuungsrichter häufig emotional hoch belasteten Situationen ausgesetzt, was dazu führen kann - und in der Vergangenheit auch schon dazu geführt hat -, dass es bei den hoch belasteten, nicht kontrollierten Beteiligten zu höchst gefährlichen Ausbrüchen kommen kann - mit dann unübersehbaren Folgen für die im Raum befindlichen Menschen.
Die Landesregierung wird daher das Sicherheitskonzept u. a. dahin gehend fortentwickeln, dass durchgängige Sicherheitskontrollen an Gerichten und, soweit erforderlich, auch an Staatsanwaltschaften durchgeführt werden können.
Mir ist durchaus bewusst - um auf meinen Vorredner, Herrn Limburg, einzugehen -, dass das für die niedersächsische Justiz in einigen Bereichen einen Paradigmenwechsel bedeutet, zudem um einen Wechsel - auch das ist mir bewusst -, der sich nicht in kürzester Zeit und auch nicht - das tut mir leid - kostenneutral umsetzen lassen wird. Aber: Die Sicherheit in Justizgebäuden ist von den äußeren Rahmenbedingungen und dabei ganz maß
geblich von baulichen Gegebenheiten abhängig. Eine unzulängliche Eingangssituation erschwert eine Zugangskontrolle ganz erheblich, ja kann sie fast unmöglich machen. Daher werden wir ein besonderes Augenmerk darauf zu richten haben, solche unzulänglichen Eingangsbereiche nach und nach zu verändern. Sie müssen sowohl Sicherheitsansprüchen als auch den sonstigen Anforderungen an zeitgemäße Strukturen - behindertengerecht usw. - genügen, zugleich aber auch einen bürgerfreundlichen und nicht abschreckenden Zugang in die Gebäude ermöglichen.
Der eigentlich schöne Umstand, dass es sich bei einigen unserer Gebäude um historische Liegenschaften handelt, bei denen der Denkmalschutz eine Hürde darstellen wird, macht es nicht unbedingt einfacher. Gleiches gilt für die Barrierefreiheit. Das ist mir und der Landesregierung durchaus bewusst. Ich möchte und werde aber auch diese Probleme nicht aus dem Auge verlieren. Das kann ich Ihnen versichern. Aber die Sicherheit der Beschäftigten sowie der Besucherinnen und Besucher darf dem Denkmalschutz nicht zum Opfer fallen.
Als Weiteres werden wir gut geschultes Personal benötigen. Außerdem wird einige Überzeugungsarbeit - auch das ist mir klar - bei Gerichten und Staatsanwaltschaften zu leisten sein. Dort wird man Geschäftsabläufe und die Personalsteuerung im Justizwachtmeisterdienst überprüfen und wahrscheinlich organisatorische Veränderungen vornehmen müssen.
Danke, Herr Präsident. - Zunächst einmal Entschuldigung dafür, dass ich schon am Mikrofon gestanden habe. Das werde ich beim nächsten Mal besser machen.
haben. Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen dafür, dass es im Justizwesen, auch in den Gerichten, immer gefährlicher wird? Woher, glauben Sie, kommt das? Was hat sich in den letzten zehn Jahren oder seit 2015 geändert?
Ich wäre dankbar, wenn ich Ihre Zwischenfrage am Ende beantworten dürfte. Dazu könnte ich viel sagen. Aber vom Denkmalschutz zu Gefährdungsursachen überzugehen, ist ein großer Sprung. Ich komme aber darauf zurück, versprochen!
Bei Gerichten und Staatsanwaltschaften wird Überzeugungsarbeit zu leisten sein. Geschäftsabläufe und Personalsteuerung im Justizwachtmeisterdienst müssen überprüft werden, und wahrscheinlich muss auch die eine oder andere organisatorische Veränderung vorgenommen werden.
All das müssen wir gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gerichte, den Staatsanwaltschaften und den Behördenleitungen abstimmen und auf Praxistauglichkeit hin prüfen. Dieser Entschließungsantrag und die darin enthaltenen Forderungen können und werden daher nur der Einstieg in die kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitsstandards für Gerichte und Staatsanwaltschaften sein.
Die Landesregierung wird sich für das Anliegen einsetzen, um das eingangs genannte Ziel zu erreichen, das da lautet, alles zu tun, um den Rechtsuchenden und den Justizangehörigen sowie der Öffentlichkeit einen sicheren Aufenthalt in Justizgebäuden zu gewährleisten.
Lassen Sie mich daher zum Schluss noch einmal ganz ausdrücklich betonen: Sicherheit bedeutet in diesem Zusammenhang nach meiner tiefen Überzeugung immer den Schutz des Lebens und der Gesundheit. Das kann - das habe ich auch in den Vorreden schon gehört - eigentlich nur unser aller Anliegen sein.
auch einem jeden klar. Aber das ist bei Ampelbauten genauso: Die fangen wir auch nicht erst an zu bauen, wenn das erste Kind überfahren worden ist, sondern: Wenn wir die Gefahr erkennen, müssen wir anfangen, sie zu bannen.
Bevor ich mich, wie hier auch notiert, für die Aufmerksamkeit bedanke, komme ich auf die Frage zurück. Sie haben nach den nach meinem Dafürhalten ganz spontan zu beantwortenden möglichen Ursachen für die Verschärfung gefragt. - Das Jahr 2015 stimmt übrigens nicht. Das ist bestimmt schon eine Entwicklung der letzten zehn Jahre.
- Ja, genau. Deswegen sage ich es ja. Ich kann Suggestivfragen durchaus von anderen Fragen unterscheiden, glauben Sie es mir. Aber manchmal ist es viel einfacher, eine Frage zu beantworten, als sich der Frage nicht zu stellen.
Die Akzeptanz gegenüber öffentlichen Einrichtungen und Behörden hat allgemein abgenommen. Das ist keine kulturelle Frage im Sinne von irgendwelchen migrantischen Hintergründen der Menschen, die zu uns kommen. Die Erfahrung habe ich tatsächlich gemacht. Es ist, glaube ich, schlichtweg eine Frage der in dieser Beziehung nachlassenden Erziehungskultur und des zunehmenden Aggressionspotenzials, und zwar von rechts, von links, von allen Seiten. Das ist einfach so. Dass die Gewaltbereitschaft, die Verrohungstendenz insbesondere bei jüngeren Menschen in allen Gesellschaftsschichten, völlig unabhängig von der Herkunft und von sonst irgendetwas, zugenommen hat, das wissen wir, glaube ich, alle.
Ich habe es in den letzten 30 Jahren, in der Zeit, in der ich Richterin bin, genau so erlebt. Das hat sich gesteigert. Ich kann Ihnen sagen: Die Gefährdung in den Gerichtsgebäuden ist nicht ohne. Von Anspucken will ich gar nicht reden. Aber wenn plötzlich Leute mit einem Stock vor Ihnen stehen und Ihnen den über den Schädel schlagen wollen, nur weil Sie ihnen etwas gesagt haben, was ihnen nicht passt, dann ist das nicht lustig.