Protokoll der Sitzung vom 13.12.2017

(Beifall bei der AfD)

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch noch auf den außergewöhnlich guten und sinnvollen Vorschlag der AfD hinweisen, Flüchtlingszentren eben nicht hier in Deutschland vorzuhalten, sondern sie in die Fluchtstaaten auszulagern, damit diese gefährliche Flucht - dass sie gefährlich ist, ist ja unbestritten - überhaupt nicht zur Debatte steht.

(Johanne Modder [SPD]: Und dann? - Zuruf von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Eine Regierung hat die Flüchtlinge erst dazu gebracht, diese gefährliche Route auf sich zu nehmen. Jetzt zu sagen: „Steuerzahler, tragt die Kosten!“, das ist frivol von Ihnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Fraktionsvorsitzende Frau Piel das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den Zeiten, die man durchlebt, überlegt man sich manchmal, was man von dem, das man gerade erlebt, irgendwann seinen Enkeln erzählen wird. Und nicht alles, was heute ein Aufreger ist, wird in ein paar Jahren noch eine Rolle spielen. In manchen Zeiten und bei Ereignissen, die man erlebt, ist einem aber klar: Über diese Dinge wird man auch später noch mit Sicherheit reden; sie werden bleiben und Geschichte werden.

2015 war so ein Jahr in Niedersachsen - nicht einfach nur wegen der großen Zahl an Menschen, die aus großer Not zu uns geflüchtet sind. Das eigentlich Geschichtliche in diesem Jahr war die unglaubliche Hilfsbereitschaft, die die Menschen in Niedersachsen an den Tag gelegt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Politik und Verwaltung allein hätten niemals all diesen Ankommenden zur Seite stehen können. Es waren die Bürgerinnen und Bürger, die sich in dieser Zeit aus Mitmenschlichkeit für andere eingesetzt haben, freiwillig, engagiert und mit dem Gefühl, Verantwortung zu übernehmen, und zwar im wahrsten Sinne ehrenamtlich. Dafür sind wir ihnen immer noch dankbar.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Einige dieser Ehrenamtlichen haben tatsächlich mit Bürgschaften Verantwortung für andere übernommen. Sie haben damit versucht, Not zu lindern, die von den Menschen, die zu uns gekommen sind, nicht verschuldet worden ist - das möchte ich an dieser Stelle deutlich sagen -,

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

aber für die auch die Helferinnen und Helfer von damals nicht verantwortlich waren. Sie haben einfach geholfen, aus Mitgefühl und aus dem Wunsch heraus, Not zu lindern. Und: Sie sind davon ausgegangen, dass diejenigen, die politische Verantwortung tragen, diesen Einsatz wertschätzen und irgendwann das finanzielle Risiko übernehmen. So haben sie es verstanden, und so war es ihnen zugesichert worden.

Meine Damen und Herren, weit gefehlt! Statt eines warmen Dankesschreibens für ihren Einsatz erhielten diese engagierten Menschen Rechnungen. Und sie unterlagen - Frau Schröder-Köpf hat es schon erklärt; ich bin ihr für ihre Ausführungen außerordentlich dankbar - mit ihrem Einspruch dagegen vor Gericht.

Wie soll man das Urteil von Münster verstehen? - Sie, Herr William E., haben geholfen, eine syrische Familie aus dem Kriegsgebiet in Sicherheit zu bringen. - Aus dem Kriegsgebiet! Diese Menschen haben diese Situation nicht verschuldet, sondern sie waren Flüchtlinge.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Das ist zwar sehr nett von Ihnen, aber sehen Sie jetzt mal zu, wie Sie die Kosten dafür tragen. - Das mag Rechtslage sein, aber diese Rechtslage ist aberwitzig. Sie sagt aus, dass, wer aus purem und lauterem Herzen hilft, am Ende der Dumme ist. Sie bestätigt diejenigen, die auf „naive Gutmenschen“ herabgucken, anstatt sie für ihren Anstand, ihren geraden Rücken und ihren Einsatz für die Menschlichkeit wertzuschätzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Und anders, als es eben erwähnt worden ist, sind wir hier der Meinung - und ich glaube, da spreche ich für den überwiegenden Teil dieses Hauses -, dass sie dafür die Verantwortung irgendwann auch wieder abgeben können sollten und dass es die Verantwortung der Politik ist, diesen erbärmlichen Zustand zu ändern.

Meine Damen und Herren, die geschäftsführende Bundesregierung hat sich offensichtlich nicht verantwortlich gefühlt, oder sie hatte Wichtigeres zu tun, wie z. B. Glyphosat zu genehmigen. Gut - dann muss es die Landesregierung machen. Der Titel dieser Aktuellen Stunde macht aber sehr

schnell deutlich: Die Landesregierung vertagt den Prozess weiter nach hinten. Sie verweist auf die Bundesregierung. Aus unserem alten „Niedersachsen packt an!“ wird „Niedersachsen steigt aus.“ Bravo!

Das Ganze wird noch skurriler, wenn man bedenkt, dass die Große Koalition hier quasi im Selbstgespräch mit der Großen Koalition im Bund ist.

(Johanne Modder [SPD]: Bundesweite Regelungen, liebe Kollegin!)

Die in Niedersachsen zeigt auf die GroKo im Bund und sagt, liebe Frau Modder: Da muss das geregelt werden. - Und die GroKo im Bund stellt sich erst mal tot und sagt: Wir haben Zeit.

(Glocke der Präsidentin)

In Großen Koalitionen kann man natürlich immer auf den Koalitionspartner zeigen. In diesem Fall aber, finde ich, geht das nicht. Der Innenminister hier heißt schließlich Boris Pistorius und gehört der SPD an. Er ist seit dem Wochenende außerdem im Vorstand der SPD, wozu wir ihm herzlich gratulieren. Und die zuständige geschäftsführende Bundesministerin der SPD heißt Katarina Barley. Sie kommen also so nicht raus aus der Verantwortung.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Den Betroffenen, die damals schnell geholfen haben, ist es, glaube ich, völlig egal, woher das Geld kommt. Ich glaube, die möchten nur nicht, dass ihnen Rechnungen für Hilfsbereitschaft geschickt werden. Die Bürgen haben es verdient, dass man sich schnell zusammensetzt und das Problem löst. Sie haben damals nämlich keine Zeit verloren, sondern sind gleich eingesprungen. Aber hier wird das auf die lange Bank geschoben. Die warmen Worte von Doris Schröder-Köpf vor Weihnachten sind ja wunderbar, aber das zieht sich schon über Monate, Frau Schröder-Köpf! Das hätte längst geregelt werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jan-Christoph Oetjen [FDP])

Wir wissen, dass die Jobcenter einen Teil der Forderungen erlassen können.

(Glocke der Präsidentin)

Bei atypischen Gegebenheiten - manche Leute sind nicht richtig beraten worden - hätte man die Forderungen schon lange fallen lassen können. Aber der Landesregierung wäre es auch unbenommen gewesen, mit einem Hilfsfonds erst mal in

Vorleistung zu gehen. Hier sitzt ein Finanzminister, der überall Geld gefunden hat und überall Geld finden wird. Auch für diese Leute muss Geld gefunden werden, und das nicht erst nach langen Beratungen in Berlin, sondern schnell und noch vor Weihnachten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die allermeisten von uns haben sich in den letzten viereinhalb Jahren unzählige Male bei diesen Leuten vor Ort sehen lassen und sich mit warmen Worten bedankt.

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen. Ihr letzter Satz, bitte!

Das ist der letzte Satz, Frau Präsidentin.

Das muss jetzt weitergehen und sich in politischem Handeln niederschlagen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der FDP hat nun Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es schon sehr spannend, dass der Antrag zu dieser Aktuellen Stunde von der SPD gestellt wurde - und zwar mal wieder, ohne einen konkreten Lösungsansatz für das bestehende Problem zu bieten, verehrte Frau Kollegin Schröder-Köpf.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Eines ist ja klar: Auch die SPD und das Innenministerium waren in der vergangenen Legislaturperiode in dieser Frage mit in der Verantwortung. Denn bei dem Start des Aufnahmeprogramms im Mai 2014 gab es falsche Rechtshinweise an die Ausländerbehörden. Den Ausländerbehörden ist gesagt worden: „Wir gehen davon aus, dass die Bürgschaft mit Anerkennung des Flüchtlingsstatus endet.“ Es gab in Ihrem Erlass für die Ausländerbehörden im Mai 2014 keine Hinweise darauf, dass es darüber auch andere Rechtsauffassungen geben könnte, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sodass wir heute davon ausgehen müssen, dass

die Ausländerbehörden die Bürgen falsch beraten haben - zumindest ab Mai 2014.

(Beifall bei der FDP)

Im September gab es dann einen klarstellenden Erlass. Das war vier Monate später. Wir müssen aber davon ausgehen, dass viele der Anträge für das Aufnahmeprogramm gleich zu Beginn gestellt wurden.

Im September gab es also einen klarstellenden Erlass. Aber die Frage ist: Was ist danach passiert? Haben die Ausländerbehörden ihre Beratungspraxis vor Ort tatsächlich geändert, oder haben sie weiter so beraten, wie es ab Mai der Fall gewesen ist? Denn der Hinweis war: Wir haben eine Rechtsauffassung, aber möglicherweise gibt es auch andere Rechtsauffassungen. - Ist daraus zu schließen, dass Ausländerbehörden ihre Beratungspraxis vor Ort tatsächlich ändern? Ich weiß nicht, ob das tatsächlich geschehen ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Eine weitere Frage ist: Wurden die Verpflichtungserklärungen, die abgegeben wurden, auch tatsächlich ordentlich geprüft? Ist, wenn z. B. eine Verpflichtungserklärung für zehn Familienangehörige abgegeben worden ist, von der Ausländerbehörde geprüft worden, ob diese Verpflichtungserklärung tatsächlich eingelöst werden kann für den Fall, dass Zahlungen notwendig werden? Ist das tatsächlich geprüft worden? - Auch hier bleibt die Landesregierung bisher Antworten schuldig.

(Beifall bei der FDP und bei der AfD)