Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

Herr Präsident, gestatten Sie mir einen letzten Satz!

Werte Kollegen, wir haben die Fakten auf den Tisch gelegt. Jetzt sind Sie am Drücker. Sie stehen mit in der Verantwortung, dass wir hier die richtigen Maßnahmen erreichen, und ich bitte Sie um Unterstützung bei diesem wichtigen Thema.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Abgeordneter Bothe. - Es folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Abgeordnete Meta Janssen-Kucz. Zur Aufklärung, wie angekündigt. Bitte sehr!

Zur Aufklärung!

(Stephan Bothe [AfD]: Ich bin ge- spannt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe einmal ein bisschen zurück. Gesundheitsministerkonferenz 2015: Dort wurde das Bundesgesundheitsministerium gebeten, im Infektionsschutzgesetz eine bundeseinheitliche Rechtsgrundlage für die Meldung von Skabies-Erkrankungen in § 36 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes - da sind Einrichtungen genannt wie Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Obdachlosenunterkünfte, Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung usw. - zu schaffen, so wie sie bereits in § 35 des Infektionsschutzgesetzes besteht. Das war 2015.

Im Juni 2017 hat die Bundesregierung mit dem damaligen Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz umgesetzt. Es sind mehrere Punkte umgesetzt worden.

Die wichtige Rolle des Robert Koch-Institutes im Bereich des internationalen Gesundheitsschutzes wurde gesetzlich verankert, ebenso die Zusammenarbeit mit Partnerländern der Weltgesundheitsorganisation, um grenzüberschreitenden Ausbrüchen übertragbarer Krankheiten vorzubeugen, Gefahren frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreitung einzuleiten. Das wurde beschlossen. Ebenso gab es eine Meldepflicht bei Häufungen von Krankenhausinfektionen. Seitdem ist wirklich viel passiert.

Im Hinblick auf Ihren Antrag: Im Juni 2017 - man höre und staune! - wurde u. a. auch die gesetzliche Regelung aufgenommen, bei Auftreten von Krätze in Pflegeheimen und weiteren Gemeinschaftsunterkünften die zuständigen Gesundheitsämter zu informieren, um Ausbrüche frühzeitig bekämpfen zu können.

(Stephan Bothe [AfD]: Und das Lan- desgesundheitsamt weiß gar nichts!)

- Das Land weiß gar nichts? - Dafür ist der Öffentliche Gesundheitsdienst vor Ort zuständig. Das haben Sie in Ihrem Beitrag doch deutlich gemacht, als Sie immer wieder Lüneburg zitiert haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Die frühzeitige Information und die anschließenden präventiven Maßnahmen sind das A und O, um die Bürger und Bürgerinnen zu schützen. Unsere Kindergärten, Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäuser, Pflegeinrichtungen sind wirklich sehr, sehr gut informiert. Alle arbeiten ganz eng und kooperativ mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zusammen. Dafür braucht man auch keinen Erlass, wie von Ihnen gefordert. Wir brauchen auch keine Bundesratsinitiative, um Skabies wieder meldepflichtig zu machen. Er reicht die Information vor Ort. Da haben wir die kurzen Wege, da haben wir die Fachleute.

Ich will einmal etwas deutlich machen, weil Sie hier die Kirche wirklich nicht im Dorf gelassen haben. Krätze ist außer, dass sie ziemlich unangenehm ist, was die Begleiterscheinungen angeht, relativ harmlos und hat auch nicht unbedingt etwas mit mangelnder Hygiene zu tun. Es ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Wir haben die größten Häufungen in großen Einrichtungen, gerade auch in Pflegeeinrichtungen. Und Krätze kann man heute gut behandeln.

Oftmals wird in gewissen Kreisen - Ihren auch - behauptet, Migranten würden die Krankheit nach Deutschland bringen. Ich habe dazu eine ziemlich klare Ansage des Robert Koch-Instituts neueren Datums gelesen.

„An der Behauptung, dass Geflüchtete die Milben eingeschleppt hätten, ist nichts dran. Skabies hat es in Deutschland immer gegeben.“

Da muss man sich einmal mit Geschichte beschäftigen, und dann wird man das auch feststellen. Also nicht bei jedem Zeitungsartikel die Pferde

scheu machen, die Bürgerinnen verunsichern und Vorurteile schüren. Nein, es gibt Zyklen, die immer wieder auftauchen. Darauf muss vor Ort reagiert werden.

An dieser Stelle ein Dankeschön an das Landesgesundheitsamt! Denn es gibt umfassende Merkblätter zwecks Information bei Krätze für Altenpflegeeinrichtungen mit Fragen und Antworten sowie Arbeitshilfen. Die gebe ich Ihnen gleich gern. Und wenn Sie dann einmal umfassend recherchieren, könnten Sie vielleicht auch in der Lage sein, Ihren Antrag zurückzuziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP sowie Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Auf Ihren Redebeitrag gibt es eine Kurzintervention vom Kollegen Bothe. Herr Bothe, ich erteile Ihnen das Wort für 90 Sekunden.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Kollegin Janssen-Kucz, ich bin Ihnen ja sehr dankbar, dass Sie sich anscheinend wirklich intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und daher einen kleinen Fachvortrag gehalten haben. Aber da fehlt etwas ganz Entscheidendes: Und zwar richtet sich die Meldepflicht nach den §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes. Da ist bisher noch nichts passiert. Und genau das fordern wir noch als zusätzliche Maßnahme.

Es ist ja nun einmal leider so, dass die Krätzemilbe nicht Halt an einer Landkreisgrenze macht. Durch die Gesetzeslage, die wir jetzt haben, ist eine flächendeckende Zusammenarbeit der Kreisgesundheitsämter überhaupt nicht möglich. Sie passiert auch nicht. Genau da setzt unser Antrag an. Daher hätte ich doch mehr auf Ihre Unterstützung gehofft, damit wir dort bessere und klügere Lösungen bekommen.

Warum gibt es denn Informationskampagnen der Landesregierung? Weil sie flächendeckender, tiefergehend und besser finanziert sind als eine eines völlig unterfinanzierten Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Wir haben uns das letzte halbe Jahr darüber unterhalten, dass der aufgrund des Personalmangels kaum arbeitsfähig ist. Das haben Sie sogar noch hier im Landtag gesagt. Und jetzt

soll der Öffentliche Gesundheitsdienst das alles regeln!

(Beifall bei der AfD)

Das alles sind Ausreden.

Das, was Sie da vom Robert Koch-Institut gelesen haben, würde ich auch gern einmal zu Gesicht bekommen. Denn ich habe da andere Informationen.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Das gebe ich Ihnen gern!)

Vielen Dank.

Danke schön. - Frau Kollegin Janssen-Kucz möchte erwidern. Bitte sehr, Sie haben ebenfalls 90 Sekunden.

Vielen Dank. - Ich habe versucht, Ihnen deutlich zu machen - das ist scheinbar nicht angekommen -, dass wir eine Meldepflicht, wie Sie sie fordern, gemäß §§ 6 und 7 in dieser Form nicht brauchen. Wir haben die Informationsverpflichtung, gerade was Einrichtungen von Altenpflegeheimen bis zu Kindergärten angeht, um wirklich vor Ort Maßnahmen in die Wege leiten zu können. Ich bin immer noch fest davon überzeugt - auch weil ich die Arbeit der Gesundheitsämter in diesem präventiven Bereich kenne -, dass das die bessere, klügere Lösung ist.

Unterstellen Sie bitte unseren Gesundheitsämtern vor Ort nicht, dass sie nicht untereinander und miteinander kommunizieren würden! Zumindest bei mir in Ostfriesland funktioniert das hervorragend. Ich könnte Ihnen unterschiedliche Beispiele nennen, wo es wirklich hervorragend funktioniert.

Sie haben noch einmal meine Kritik am Öffentlichen Gesundheitsdienst aufgegriffen und die personelle Ausstattung angesprochen. Genauso haben wir es diskutiert. Wir haben es aber vor dem Hintergrund diskutiert, dass wir Ärzte für den Öffentlichen Gesundheitsdienst brauchen. Weil Ärzte im sogenannten öffentlichen Dienst ganz anders bezahlt werden als Ärzte in Krankenhäusern, müssen wir über Anreize nachdenken, weil wir ansonsten bei diesem Quantensprung - der eine verdient 50 000 Euro oder vielleicht 80 000 Euro und der andere 200 000 Euro - schlecht Nachwuchs in den Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bekommen.

Also sehr genau zuhören! Ich bin da schon sehr präzise.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Jetzt folgt für die FDP die Abgeordnete Sylvia Bruns. Bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist hier schon angeklungen: Krätze ist eine - entschuldigen Sie die Wortwahl - ziemlich widerliche Hautkrankheit, die von Milben ausgelöst wird. Sie ist aber, wie Frau Janssen-Kucz auch richtig gesagt hat, relativ harmlos und medikamentös gut zu behandeln.

Sie fordern in Ihrem Antrag eine allgemeine Meldepflicht. Richtig ist, sie gibt es zurzeit nicht. Es gibt aber, wie auch meine Vorredner gesagt haben, eine Meldepflicht. Bei Bekanntwerden des Auftretens von Krätze oder entsprechendem Verdacht müssen die Betroffenen oder Sorgerechtsinhaber dies unverzüglich der Leitung der Gemeinschaftseinrichtung mitteilen. Letztere benachrichtigt wiederum unter Abgabe personenbezogener Daten unverzüglich die Leitung der Gemeinschaftseinrichtung und diese wiederum auch unter Abgabe personenbezogener Daten unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt.

Jeder, der noch Kinder in der Kita hat, weiß, dass es beim Auftreten von Läusen ganz genauso abläuft.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Ge- nau! Da läuft es auch so!)

Weiterhin legen Gemeinschaftseinrichtungen, ambulante und stationäre medizinische Versorgungs- und Pflegeeinrichtungen sowie Massenunterkünfte und Justizvollzugsanstalten einen Hygieneplan - das ist auch Teil der Gesetzesänderung, die im Bund stattgefunden hat - zur innerbetrieblichen Vorgehensweise bei der Infektionshygiene zum Schutz vor Krätze vor. Das überwacht wiederum das Gesundheitsamt.

Wir sehen keine anderen Notwendigkeiten und keinen Handlungsbedarf, werden aber bestimmt im Ausschuss vom Landesgesundheitsamt eine Einschätzung dazu bekommen.

Im Punkt 2 fordern Sie, die Kreisgesundheitsämter sollten verpflichtet werden, einen Ausbruch dem Landesgesundheitsamt zu melden. Das impliziert für mich, dass wir Probleme hätten, wenn die Kreisgesundheitsämter alleine darüber entscheiden würden. Solche Probleme sehen wir aber nicht, wenn es so ist, dass die Kreisgesundheitsämter zuständig sind. Wie Frau Janssen-Kucz schon gesagt hat, reden sie tatsächlich miteinander. Aber auch das können wir gern im Ausschuss noch einmal nachfragen.

Außerdem fordern Sie eine Informationsbroschüre. Hätten Sie einmal gegoogelt und nachgeschaut, hätten Sie gesehen, dass es bereits Merkblätter und Informationsbroschüren gibt. Das alles liegt vor. Das Landesgesundheitsamt wird es bestimmt auch in den Ausschuss mitbringen. Dann werden Sie ja auch daran teilhaben können. Wir werden aber sicherlich noch einmal darüber sprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)