Protokoll der Sitzung vom 01.03.2019

Zum einen: Das mit der Verordnung ist für mich nagelneu. Ich habe noch nicht gehört, dass Sie an einer Verordnung arbeiten. Wenn unser Vorschlag für eine Verordnung Ihnen in irgendeinem Punkt nicht passt, sind wir natürlich gern bereit, sie - wie auch immer - zu verändern.

Die Frage, Herr Kollege!

Die Frage ist, ob wir eine solche Wolfsverordnung brauchen. Da stimmen Sie uns ja voll und ganz zu. Sie haben den Kollegen Albrecht aus SchleswigHolstein genannt. Ist es richtig, was der NDR berichtet hat, nämlich dass in Schleswig-Holstein vier Wölfe nachgewiesen sind und einem jetzt zur Last gelegt wird, er hätte Zäune übersprungen, der jetzt deswegen entnommen werden soll?

Die Frage wäre jetzt beendet, Herr Kollege, es sei denn, Sie haben noch eine dritte Frage.

In Niedersachsen gibt es 200 Wölfe. Können Sie uns vielleicht aus dem Stegreif sagen, wie viele Wölfe in Niedersachsen schon das gleiche Vergehen begangenen haben? In Niedersachsen hätten doch sicherlich schon zig Wölfe entnommen wer

den müssen, wenn man den gleichen Maßstab wie in Schleswig-Holstein anlegen würde.

(Beifall bei der FDP)

Danke für Ihre dritte Frage, Herr Kollege Grupe. - Ich nehme an, dass der Minister sie alle drei gern beantworten wird. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Grupe, ich fange einmal mit der letzten Frage an, weil sie sozusagen exemplarisch für die Frage ist, wie eine Wolfsverordnung aussehen sollte. Die muss nämlich genau diese Frage klären.

In Schleswig-Holstein ist 1,08 m übersprungen worden. Wir definieren im Moment 1,20 m. Die Diskussion in Schleswig-Holstein ist: Ist das bei einem stromführenden Zaun von 1,08 m überhaupt denkbar? - Das heißt, wenn wir die Situation hätten, dass nachgewiesen ein Wolf zweimal den zumutbaren Herdenschutz bei Schafen - im Moment noch Elektrozäune von 1,20 m - übersprungen hätte, dann wäre das - und das sagen wir auch - für uns die gleiche Grundlage. Wir liegen da im Kern nicht auseinander. Aber man merkt doch: allein die Debatte über 1,08 m oder 1,20 m muss aufgeklärt werden. Es muss da doch eine rechtssichere Position geben. Es ist für mich ohne Frage, dass das geklärt werden muss. Und das ist ja gar nicht Teil Ihres Antrages.

Damit komme ich zu Ihrer ersten Frage. Natürlich haben wir immer gesagt: Wir machen eine Verordnung. Aber in ihrem Vorschlag für eine Verordnung heißt es sozusagen allgemein, man kann nach § 45 Abs. 7 eine Ausnahme machen. Aber Sie müssten doch mitbekommen haben, wie in dieser rechtlichen Frage, die gerade geklärt worden ist, nämlich ob eine Rinderherde mit erwachsenen Tieren ausreichend geschützt ist, wie ein Schutz eigentlich aussehen muss und wie, wenn der Schutz mehrfach überwunden wurde, es also Rinderrisse gegeben hat, dies zur Entnahme führen kann.

Wo ist das denn bei Ihnen geklärt? - Nirgends. Deswegen tun Sie mir bitte einen Gefallen; denn wir sind auf einem guten Weg: Sagen Sie, wir brauchen eine Verordnung, wir unterstützen das. Lassen Sie uns Ihren Verordnungsentwurf beiseitelegen! Lassen Sie uns mit den Ergebnissen, die

wir haben - dem was wir haben, der brandenburgischen Verordnung, die es bereits gibt, die Anhörung zur sächsischen Verordnung und den Gesprächen -, eine vernünftige Verordnung auf den Weg bringen!

Aber lassen Sie uns nicht damit aufhalten, dass man „Kormoran“ durch „Wolf“ und „Teich“ durch „Wald“ ersetzt! Ich finde, das wird den Anforderungen, die wir haben, nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die FDP hat noch eine Redezeit von 2:48 Minuten. Die möchte Herr Dr. Birkner gern in Anspruch nehmen. Bitte schön, Herr Dr. Birkner!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, wir nehmen doch schon einigermaßen überrascht zur Kenntnis, wie klar Sie sich jetzt für eine Wolfsverordnung aussprechen. Wir freuen uns darüber, weil unser Antrag offensichtlich dazu führt, diese Debatte zu beschleunigen.

Ich möchte Ihnen aber in einem wichtigen Punkt widersprechen. Sie haben den Eindruck erweckt, diese parlamentarische Debatte, die wir wegen unserer Initiative und unseres Vorschlags führen, würde nur Zeit kosten und das Ganze irgendwie erschweren.

Einerseits ist das ein bisschen problematisch, weil es parlamentarische Verfahren nun einmal gibt und sie dazu da sind, parlamentarische Initiativen zu ergreifen, und zum anderen ist Ihr Verhalten und das, was Sie in den letzten Jahren in Sachen Wolf auf die Beine gestellt haben, nicht gerade ein Anzeichen dafür, dass es besonders schnell und konsequent geht, sondern das war eher durch Langwierigkeit und Verzögern geprägt.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass jetzt diese Initiative aus dem parlamentarischen Raum kommt, auch um den Druck auf Sie und diese Landesregierung aufrechtzuerhalten, den Worten, die Sie jetzt hier gesagt haben, tatsächlich Taten folgen zu lassen. Dabei wollen wir Sie gern unterstützen.

(Beifall bei der FDP)

Weil Sie sehr konkret gesagt haben, Niedersachsen wird als weiteres Bundesland eine Wolfsverordnung auf den Weg bringen, freue ich mich jetzt wirklich auf die Beratungen im Landtag. Ich erwarte, dass sich die Landesregierung über die regierungstragenden Fraktionen auch entsprechend einbringt und wir sehr schnell zu einem gemeinsam getragenen Entwurf kommen. Wir halten da nicht an unseren Worten fest. Da sind wir flexibel. Uns geht es um die Sache. Wenn es da Dinge gibt, die zu berücksichtigen sind und die wir vielleicht übersehen haben, dann wollen wir die natürlich gern mitaufnehmen. Das ist überhaupt gar keine Frage.

Wir haben jetzt durch unseren Antrag den Rahmen dafür, eine Wolfsverordnung für Niedersachsen auf den Weg zu bringen. Wenn es dann noch über die Kontakte von SPD und CDU nach Berlin und in die anderen Bundesländer gelingt, den bundespolitischen Rahmen tatsächlich so zu setzen, dass man hier zügig vorankommt, wäre das wirklich etwas.

Denn, meine Damen und Herren, es ist doch den Menschen im Lande überhaupt nicht mehr zu erklären: Hier haben wir eine Große Koalition, in Berlin haben wir eine Große Koalition, und dennoch kommt man in all diesen Fragen irgendwie nicht voran. Hier wird permanent auf Berlin verwiesen. Was sollen die Bürgerinnen und Bürger denn eigentlich noch von Politik halten, wenn CDU und SPD in Hannover sagen: „Das sind die Berliner“, in Berlin aber die gleichen Farben regieren, und dort eben nicht das Entscheidende passiert? Das muss aus einem Guss sein.

Wir haben jetzt eine gute Gelegenheit, diese Wolfsverordnung als Landtag gemeinsam zu diskutieren und auf den Weg zu bringen und dort sehr schnell zu Ergebnissen zu kommen, die sich nicht an der bisherigen Geschwindigkeit der Landesregierung orientieren sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Birkner. - Weitere Wortmeldungen liegen uns dazu nicht vor.

Deswegen beenden wir die Beratung und kommen zur Ausschussüberweisung.

Zuständig soll der Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz sein. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen! - Ge

genprobe! - Enthaltungen gibt es nicht. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

Wir kommen zu dem für heute letzten Tagesordnungspunkt, zum

Tagesordnungspunkt 39: Erste Beratung: Bestandsgarantie für Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/2906

Zur Einbringung hat sich für die AfD-Fraktion der Kollege Harm Rykena gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass Inklusion ganz allgemein in der Kritik steht, und zwar ziemlich schwer, haben wir bei dem Antrag der FDP zur Aktuellen Stunde am gestrigen Plenartag besprochen.

Unseren heutigen Antrag hatten wir schon vorher eingereicht. Er beleuchtet einen ganz speziellen Teil des Themengebietes Inklusion, nämlich die Förderschulen mit dem Schwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung.

Der Landesvorsitzende des VNL/VDR, Torsten Neumann, schrieb in der vergangenen Woche zur Inklusionsdiskussion:

„Durch das in einigen Regionen unseres Landes komplett abgeschaffte Förderschulsystem fehlen Schulplätze für Problemfälle, die inklusives Unterrichten zusätzlich erschweren. So, wie Inklusion zurzeit läuft, ist sie für alle Betroffenen, Schülerinnen, Schüler wie Lehrkräfte nur belastend und unbefriedigend.“

Übersetzt heißt dies: Ohne die Existenz von gesonderten Schulen für Kinder mit Förderbedarf E und S wird das Unterrichten an Schulen, insbesondere an inklusiven Schulen, nochmals deutlich schwieriger.

Was ist mit diesem Förderschwerpunkt gemeint? - Professor Dr. Ahrbeck von der IPU Berlin, ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet, erklärt den Förderschwerpunkt:

„Dieser Förderschwerpunkt konzentriert sich auf eine (Nach-)Erziehung von Kindern und Jugendlichen, die in der Regel psychosozial

schwer beeinträchtigt sind und erhebliche Verhaltensprobleme aufweisen. Sie bedürfen in einem besonderen Maße einer persönlichen Zuwendung und der intensiven Auseinandersetzung mit ihrer inneren Problematik. Häufig ist eine Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen wie der Jugendhilfe notwendig.“

Es handelt sich also um Personen im schulpflichtigen Alter, die in der Regel psychosozial schwer beeinträchtigt sind und erhebliche Verhaltensprobleme aufweisen. Diese Personen werden jeden Unterricht sprengen, auch wenn sie oftmals selbst sehr intelligent sind.

Die Regelschule ist deshalb der falsche Ort für diese Kinder und Jugendlichen. Sie brauchen vielmehr eine spezielle Förderung. Davon profitieren sowohl sie selbst als auch die Schüler der Regelschule.

Interessanterweise werden über 80 % der Förderschulen für E und S in Niedersachsen von privaten Trägern betrieben. Das hat historische Gründe.

Mit Erschrecken mussten wir nun den Bericht des Landesrechnungshofes zur Kenntnis nehmen, der unverblümt vorschlägt, diese Schulen abzuschaffen,

(Björn Försterling [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

und von einer kostenintensiven Parallelstruktur oder Doppelstruktur spricht. Die Förderschulen sind aber keine Parallelstruktur, sondern ein integrativer Bestandteil des mehrgliedrigen Schulsystems. Diese Darstellung des Rechnungshofes weisen wir entschieden als falsch zurück. Besonders irritierend ist, dass dieser Angriff von einer staatlichen Institution ausging, die unter der Führung der Christdemokratin Frau von Klaeden steht.

Bei der Analyse setzt der Landesrechnungshof noch einen drauf, als er die Gleichwertigkeit der Qualifikation der Lehrkräfte an Förderschulen für Emotionale Entwicklung in freier Trägerschaft gegenüber dem öffentlichen Schulsystem hinterfragt.

Der Philologenverband reagierte auf diesen Affront in einer Pressemitteilung mit scharfen Worten, indem er den Bericht als „irreführend und fahrlässig verkürzend“ sowie „in seinen Schlussfolgerungen realitätsfremd und unseriös“ bezeichnete. Die rein ökonomische Betrachtung von Inklusion und Bildung sei pädagogischer Unsinn, der die ent

scheidende Frage des Kindeswohls sträflich ignoriere.