Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Onay, das, was ich kritisiert habe, ist die Aufregung, die Sie hier machen, bevor überhaupt fest
steht, welche Vorschläge die Landesregierung am Ende des Tages auf den Tisch legen wird. Sie erwecken den Eindruck, als würde die Landesregierung menschenrechtswidrig handeln. Das habe ich kritisiert.
Warten Sie ab, was vorgelegt wird! Warten Sie ab, was das Innenministerium vorschlägt, wie es diese staatliche Aufgabe organisieren will!
(Belit Onay [GRÜNE]: Wir legen nicht in die Hände in den Schoß! - Anja Piel [GRÜNE]: Was ist das denn für eine Vorstellung von Oppositionsarbeit?)
Herr Onay, es geht doch letztlich um die Frage - wie in vielen anderen Politik- und Verwaltungsbereichen auch -, wie wir diese Aufgabe organisieren. Um nichts anderes geht es. Es geht nicht darum, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen,
(Zustimmung bei der CDU - Anja Piel [GRÜNE]: Herr Schünemann freut sich! - Gegenruf von der SPD: Der Kollege kann sich doch einmal freuen!)
Meine Damen und Herren, wir warten noch etwas, bis wieder Ruhe einkehrt. - Jetzt kommt der Kollege Uwe Schünemann aus der CDU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU - Belit Onay [GRÜNE]: Die Landesregierung spricht doch zum Schluss, oder nicht?)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion unterstützt das Ziel des Innenministers, die Verwaltungsverfahren für die Rückführung schrittweise zu zentralisieren, mit Nachdruck.
Herr Kollege Onay, Sie haben in Ihrem Antrag mit einem Satz recht - das ist gleich der erste -: „Der Landtag stellt fest, dass bei Abschiebungen immer die individuellen Umstände zu betrachten sind.“ Das ist eine Selbstverständlichkeit. Das Asylrecht ist ein Individualrecht. Auch bei der Rückführung muss man natürlich die individuellen Umstände immer wieder bewerten.
Das ist eindeutig der Fall. Nur: Die Schlussfolgerung in Ihrem Antrag, dass das fast ausschließlich durch dezentrale Verwaltungsstrukturen gewährleistet werden kann, ist schlicht falsch. Ein Blick nach Baden-Württemberg würde da durchaus etwas anderes beweisen; denn in Baden-Württemberg werden zentral für das gesamte Land durch das Regierungspräsidium in Karlsruhe die Rückführung, aber auch die Rückkehrhilfen organisiert.
Herr Onay, Sie wollen doch nun wirklich nicht „Ihrem“ Ministerpräsidenten Kretschmann, nein, den Grünen vorwerfen, dass man die individuellen Umstände bei der Rückführung nicht prüft. Das ist doch absurd. Deshalb sollten Sie so etwas hier nun wirklich nicht behaupten.
Ganz im Gegenteil: Gerade die Qualitätsstandards bei den Verwaltungsverfahren können zentral sogar verbessert und einheitlich gestaltet werden, übrigens bei der Passbeschaffung genauso wie bei der Unterstützung und Betreuung sowie bei den Hilfen zur Rückführung.
Ich bin geprägt - das haben Sie gestern ja mitbekommen - durch meine Erfahrungen im Landkreis Holzminden. Wenn Sie sich anschauen, dass gerade in den letzten Jahren insbesondere im Ausländerrecht viele Nachschulungen notwendig gewesen sind, u. a. durch das Innenministerium, dann ist klar, worauf es ankommt, nämlich dass es gelingt, Fachkräfte für diese Aufgabe zu gewinnen.
Das ist genau der Punkt, worüber wir uns hier in diesem Hause insgesamt unterhalten müssen. Wenn wir eine schrittweise Zentralisierung vornehmen, müssen wir ausreichend Personal, aber auch qualifiziertes Personal haben. Deshalb werden wir als CDU-Fraktion in der nächsten Woche zu diesem Thema eine Anhörung durchführen, um zu sehen, welche Wertigkeit solche Stellen haben müssen, weil dieser Landtag den Innenminister bei seinem Ziel unterstützen will. Das ist genau unser Ziel.
Aber wir müssen noch etwas bedenken - deshalb bin ich froh, dass es zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Arbeitsgruppe gibt -: Bei der Umsetzung darf es jetzt nicht zu Parallelstrukturen kommen. Es darf natürlich nicht sein, dass die Verfahren vielleicht verzögert oder sogar noch verlängert werden. Deshalb ist eine klare Definition der Aufgaben notwendig.
Meine Damen und Herren, das eine gilt für diejenigen, die schon auf die Kommunen verteilt worden sind. Wir haben in Zukunft ja die Möglichkeit, in den Aufnahmeeinrichtungen oder in den Ankunftszentren zu sehen: Ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man ein Asylrecht bekommt, oder ist das nicht der Fall?
Wenn das nicht der Fall ist, dann macht es Sinn, dass man die Asylverfahren dort zentral führt und dass die erste Instanz des Gerichtes vor Ort dies umsetzt. Denn wir haben die Möglichkeit, parallel dazu auch Rückkehrhilfen anzubieten. Das ist zentral sehr viel besser. Wenn ich mir vorstelle, dass das in einer kleinen Gemeinde im Landkreis Holzminden durchgeführt werden soll, dann muss
ich sagen, dass das überhaupt nicht realistisch ist. Deshalb ist der zentrale Ansatz aus meiner Sicht genau der richtige. Wir müssen sehen, dass wir das in diesem Zusammenhang zusammen organisieren können.
Fazit: Eine Zentralisierung kann, wenn sie richtig gemacht wird und wenn ausreichend Personal zur Verfügung steht, dazu beitragen, dass wir auf jeden Fall die Qualitätsstandards bei den Verwaltungsverfahren, aber auch bei den Rückkehrhilfen verbessern und vereinheitlichen. Das ist genau der richtige Punkt.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, wenn Sie mit Ihrem Antrag allerdings vorhaben, dass das Durchsetzen von Recht behindert oder sogar verhindert wird, dann ist das sicherlich der völlig falsche Ansatz und mit uns, mit den Regierungsfraktionen, sicherlich nicht zu machen.
Vielen Dank. - Auf den Wortbeitrag des Abgeordneten Schünemann gibt es eine Kurzintervention. Herr Kollege Onay, bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Kollege Schünemann, ich freue mich, dass Sie sich offensichtlich von grünen Ideen inspirieren lassen. Dazu brauchen Sie allerdings nicht nach Baden-Württemberg zu gucken. Hier sitzen zwölf Kolleginnen und Kollegen, die Ihnen gern mit guten Ideen und viel Inspiration zur Seite stehen.
(Beifall bei den GRÜNEN - Sebastian Zinke [SPD]: Haben Sie etwas gegen Ihren grünen Ministerpräsidenten?)
Aber zum Thema Baden-Württemberg: Der Vergleich hinkt etwas. Die Strukturen in BadenWürttemberg sind doch etwas anders. Die Mittelbehörde in Karlsruhe, die dort dafür zuständig ist, ist vergleichbar mit den ehemaligen Bezirksregierungen.
Da klingelt es sicherlich bei Ihnen; das merke ich am Lächeln. Insofern ist es etwas schwierig, das mit deren Problematik zu vergleichen.
Das andere, das Entscheidende ist doch - um dies an den Sachfragen herunterzudeklinieren -: Sie haben von der Passbeschaffung gesprochen. Das Problem bei der Passbeschaffung ist doch nicht nur, dass die Ausländerbehörden oder sonstige hiesige inländische Strukturen scheitern, sondern dass vor allem die Herkunftsländer kein Interesse haben, beispielsweise Kriminelle oder andere Personen für die Abschiebung, für die Rückführung mit Pässen auszustatten. Daran scheitert es doch schon. Das wissen Sie doch genauso gut wie ich, Herr Kollege Schünemann.
Sie werden sich - andersherum - an dieselbe Debatte erinnern, als es darum ging, IS-Kämpfer mit deutschem Pass nach Deutschland zurückzuholen, wie schwierig die Diskussionen auch in Ihrer Fraktion und Ihrer Partei waren.
Noch ein letzter Punkt, weil von Ihnen immer wieder die Frage kommt, die Verfahren zu beschleunigen usw. Die Justizministerin ist gerade nicht da, hat aber im Bundesrat eine Initiative aus Hamburg, Berlin und anderen Bundesländern zur Vereinfachung der verwaltungsrechtlichen Verfahren,