Protokoll der Sitzung vom 15.05.2019

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir begrüßen die erfolgte Verdoppelung der Finanzmittel für die Sanierung der Radwege entlang von Landstraßen. Das ist ein erster und aus unserer Sicht richtiger Schritt. Denn gerade in Gebieten, in denen das Radwegenetz entlang der Landstraßen fehlt oder - was viel häufiger der Fall

ist - in einem schlechten Zustand ist, sind Radfahrer besonders gefährdet.

Tritt dann noch eine Unterversorgung der Gebiete im ÖPNV auf - das ist häufig der Fall -, potenziert sich die Zahl der Radfahrer, die dann versuchen, mit dem Rad die nächsten Anschlusspunkte zu erreichen. Dafür werden dann auch Landstraßen genommen. Das potenziert, damit einhergehend, leider die Anzahl der Verkehrstoten. Wir haben den Anstieg schon vernommen: 25 %. Das ist beachtlich, aber nicht schön und nicht gut. Hier Bürokratie und Vorschriften beim Bau von Radwegen zu hinterfragen, ist sicherlich auf keinen Fall verkehrt.

Da die Vorgängerregierung in 2014 entschieden hatte, die Mittel zugunsten des ÖPNV und des Rad- und Schienenverkehrs von damals 45 % auf 60 % zulasten des Straßenverkehrs umzuschichten,

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Gut, nicht?)

aber trotzdem immer noch 44 % unserer Landstraßen keinen Radweg haben, stellt sich mir die Frage - Herr Schulz-Hendel kann sie mir nicht beantworten; er war damals noch nicht dabei -: Warum ist das immer noch nicht besser? - Hier gilt es also, einiges besser zu machen.

Wir freuen uns auf die Beratung im Ausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Herr Kollege Henze. - Jetzt folgt Herr Detlev Schulz-Hendel, Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Antrag der GroKo in Niedersachsen zum Radverkehr hat sicherlich Seltenheitswert hier im Parlament. Man könnte den Eindruck gewinnen, die GroKo ist endlich aus ihrem langen verkehrspolitischen Winterschlaf erwacht.

(Vizepräsident Frank Oesterhelweg übernimmt den Vorsitz)

Aber ein genauer kritischer Blick lässt leider nur einen Schluss zu: SPD und CDU gelingt der nahtlose Übergang vom Winterschlaf direkt in eine bleierne Frühjahrsmüdigkeit; denn die Radpolitik

von SPD und CDU geht weiterhin nur in Tippelschritten voran.

(Heiterkeit)

In Ihrem Entschließungstext beschreiben Sie durchaus die richtigen Probleme und die Rückstände Ihrer eigenen Radinfrastrukturpolitik. Sie erkennen auch die Handlungsnotwendigkeiten. Trotz alledem zeigen Sie einmal mehr keinen Gestaltungswillen und wollen munter weiter immer neue Konzepte entwickeln lassen und neue Prüfaufträge vergeben. Dabei haben wir doch längst ein Radverkehrsmobilitätskonzept, das Expertinnen über Monate erarbeitet haben und das die Grundlage für zukunftsgewandte Radverkehrspolitik bildet.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Jörg Bode [FDP])

Jetzt ist nicht mehr Theorie gefragt, sondern Praxis. Wir haben keinen Mangel an Erkenntnis, sondern einen Mangel an Umsetzung.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Ihr Antrag heute ist ein Feigenblatt. Sollte dieser Antrag darüber hinwegtäuschen, dass Sie und insbesondere die CDU, Frau Hövel, gar kein Interesse haben, sich für eine zukunftstaugliche Radpolitik einzusetzen,

(Gerda Hövel [CDU]: Das ist ja Unfug!)

würde das im Übrigen auch erklären, warum der Kollege Heineking bei der Podiumsdiskussion der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen lapidar erklärt hat, dass die Kommunen die Radpolitik selbst machen und allein zukunftsfähige Konzepte entwickeln sollen. Es ist unverantwortlich, wie Sie sich aus der Verantwortung für eine gute Radpolitik stehlen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gebetsmühlenartig loben Sie sich selbst dafür, dass Sie die Mittel für die Sanierung von Radwegen an Landesstraßen einmalig um 5 Millionen Euro erhöht haben. Das ist zum einen noch lange nicht ausreichend, und zum anderen ist es auch fraglich, ob Sie diese zusätzlichen Mittel in 2019 auch tatsächlich für Radwege ausgeben werden. Die 5 Millionen Euro können nämlich beliebig verschoben werden und damit auch in dem Bau von Landesstraßen enden. Dazu, wo das Geld wirklich geblieben ist, werden Sie dem Landtag noch Rede und Antwort stehen müssen.

Ähnlich verhält es sich mit Ihrem Verweis auf die Erhöhung der Mittel nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Richtig ist, dass Sie die jährlichen Mittel erst auf unseren Antrag und unseren Druck hin von ehemals 123 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro erhöht haben. Aber auch hier ist fraglich, ob auch nur ein Euro davon zusätzlich in den Bau neuer Radwege fließen wird.

Wir hatten beantragt, dass aus diesen kommunalen Mitteln 15 Millionen Euro zweckgebunden allein für Radwege eingesetzt werden. Das aber haben Sie abgelehnt, damit Sie weiter so tun können, als ob Sie Radverkehrspolitik betreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Fahrradmobilitätskonzept, welches unter Beteiligung von Fachleuten entstanden ist und seit Langem vorliegt, enthält eine Reihe von Maßnahmen, die kurzfristig umzusetzen wären. Alleine der Wille fehlt Ihnen hier. Die Verbände wie der ADFC fordern zu Recht, dass für jedes Jahr jetzt konkret Vorhaben aus dem Mobilitätskonzept festgeschrieben und mit ausreichend Mitteln im Landeshaushalt hinterlegt werden. Aber das wollen Sie ja vermutlich gar nicht. Sie wollen weiter untätig bleiben. Sie verstecken sich hinter der Forderung nach immer neuen Konzepten und Untersuchungen und hoffen so, die praktische Radverkehrspolitik auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben zu können. Ich kann Ihnen hier und heute fest versprechen: Mit uns nicht!

Ihre Verkehrsleidenschaft gehört ökologisch und ökonomisch unsinnigen Autobahnneubauten, denen Sie immer mehr Planungsmittel zukommen lassen. Ihnen fehlt einfach der Gestaltungswille für eine gute Radpolitik; denn an den Finanzmitteln mangelt es bekanntlich nicht.

Es ist für uns besonders erschreckend, wie schnell sich insbesondere die SPD, liebe Frau Tippelt, dem Koalitionspartner CDU in Sachen Radverkehr untergeordnet hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Nicht nur da!)

- Nicht nur da!

War die SPD noch unter Rot-Grün mit uns gemeinsam proaktiv, die Radverkehrspolitik in Niedersachsen voranzubringen, haben Sie sich nun leider sehr schnell aus der konstruktiven Fahrradpolitik verabschiedet. Da muss man sich schon die Frage stellen, wer in dieser Koalition der Koch und wer der Kellner ist. Der Radverkehr braucht mehr

Platz, mehr Geld und mehr Sicherheit. Radverkehrspolitik braucht mehr als diese Shownummer hier heute.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz-Hendel. - Zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Tippelt gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schulz-Hendel, ich hatte nicht gedacht, dass ich Ihnen erklären muss, dass die 200 Seiten, die uns vorgelegt worden sind, kein Konzept, sondern nur ein Skript sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Aus diesem Skript werden wir ein Konzept entwickeln.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Wie- so steht dann „Konzept“ darauf?)

- Es kommt auf den Inhalt an! Ich dachte, dass Sie als Grüner es gelesen haben. Aber anscheinend nicht.

(Zustimmung bei der CDU)

Des Weiteren haben wir uns klar darauf verständigt, wie wir weiter damit verfahren wollen. Wir wollen es an dem Runden Tisch beraten, den wir extra eingerichtet haben. Wir haben uns verständigt, das im Herbst zu machen, um daraus dann das Mobilitätskonzept zu entwickeln. Jedenfalls werden wir das als Regierungsfraktionen so machen.

Zu dem Antrag: Wenn Sie ihn richtig gelesen hätten - vielleicht kommen Sie dazu, wenn wir uns im Ausschuss dazu austauschen -, hätten Sie festgestellt, dass darin mehrere Forderungen aufgeführt sind, die wir auch umsetzen werden, nämlich mehr Geld - - -

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE] spricht mit Jörg Bode [FDP])

- Hören Sie zu, Herr Schulz-Hendel, sonst wissen Sie wieder nicht, worauf Sie antworten sollen!

(Zustimmung bei der SPD und Wider- spruch bei den GRÜNEN)

Es steht mehr Geld zur Verfügung. Wir fordern Bürgerradwege, und wir sind für die Mitnahme von Fahrrädern im Bahnverkehr. Das sind nur einige Punkte, die in dem Antrag aufgeführt sind.

Wenn Sie dazu reden, lesen Sie bitte erst einmal die Anträge richtig durch und äußern Sie sich dann zu dem Inhalt!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)