Vielen Dank, Herr Kollege Dorendorf. - Für die Fraktion der FDP hat sich nun der Kollege Horst Kortlang gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Sehr geehrte Regierungsfraktionen, heute bringen Sie den Antrag „Schutz der Wildbienen verstärken“ ein. Ihr Antrag von vor einem Jahr bezog sich noch auf alle Insekten. Sie haben offensichtlich festgestellt, dass die Wildbienen nun etwas stärker dran sind.
Der Zeitpunkt ist auch sehr gut gewählt, muss ich sagen; denn gerade in der letzten Woche wurde der UN-Bericht über den weltweiten Artenrückgang veröffentlicht. 1 Million Arten - wir haben es schon gehört - könnten in der Zukunft die Welt nicht mehr bevölkern. Hauptsächlich sind dies Insekten, Spinnen und Kriechtiere. Diese Insektenarten werden fehlen, und sie werden auch nicht wiederkommen. Da kann man nur sagen: Das ist erschreckend.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie sagen, dass Sie nicht nur die Landwirtschaft anprangern wollen, haben Sie in Ihrem Antrag die Landwirte sehr wohl als Mitverursacher
herausgestellt. Aber Sie haben auch noch eine andere Gruppe ausgemacht, und zwar die Eigentümer von Häusern in Neubausiedlungen, die in den letzten Jahren entstanden sind. In diesen Siedlungen soll es kaum noch Gärten, sondern fast ausschließlich Schotterflächen geben.
Aber wie kommen Sie eigentlich darauf, dass diese Pflegeerleichterung, die Sie in den Neubaugebieten in den Blick genommen haben, nur in Neubaugebieten anzutreffen ist? Waren Sie in der letzten Zeit einmal in alten Siedlungen oder auf einem Friedhof? Auch dort ist dieses Phänomen vorzufinden. Auch dort gibt es nicht mehr so viele Blumen und Blumenbeete, sondern auch dort sind Schotterflächen angelegt.
Ich gebe zu, dass 80 m² Schotterfläche in einem Neubaugebiet deutlicher auffallen als die Flächen auf einem Friedhofsgelände. Dazu muss man aber auch sagen: Das Anlegen von Schotterflächen führt nicht automatisch dazu, dass dort keine Vegetation mehr entsteht, dass dort keine Pflanzen wachsen und keine Tierwelt vorhanden ist. Wenn man es in lockerer Art und Weise macht, kann das auch anders sein.
Meine Damen und Herren, Hermann Grupe hat es heute Morgen schon ausgesprochen: Der TopRasen, der womöglich vom Mähroboter „Paul“ - wenn er denn einen Namen hat - permanent kurz gehalten wird, kommt eher einer Betonfläche nahe. Dort ist nicht eine Blume, nicht ein Löwenzahn und nicht ein Gänseblümchen mehr zu sehen, worauf sich eine Biene vielleicht zurückziehen könnte.
Was mir als Landbewohner aber auffällt, ist der ungeheure Zubau in den Städten - eine Verdichtung, mit der auch die letzten Grünflächen massiv zurückgedrängt werden. Aber auch der permanente Neubau von Verkaufsflächen mit dem sich anschließenden Leerstand der alten Flächen zeugt von Fehlentwicklungen in diesem Bereich. Auch dort müssen wir ansetzen; denn auch das bedeutet eine zusätzliche und zunehmende Versiegelung und Ressourcenverschwendung. Derartige Neubauten werden ja häufig aus Abschreibungsgründen errichtet. Da sollte man vielleicht auch einmal etwas regeln.
Sie machen die intensive Landwirtschaft als Ursache aus. Aber ich sehe - das haben wir von anderen hier schon gehört - auch eine Mitschuld in der deutschen Gründlichkeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ein Landwirt GAP-Mittel beantragt, bekommt er nur für die Flächen Gelder, auf denen auch Kulturpflanzen derselben Art wachsen. Das
heißt, Randstreifen und Senken, meist Feuchtgebiete, werden herausgerechnet. Hier müssen wir ansetzen, sodass dies anders wird und sodass dort auch weiter bezahlt wird. Für diese Maßnahmen wäre eine wirkliche Erleichterung anzustreben.
Ich möchte mich zu diesem Thema jetzt nicht weiter auslassen. Wir haben im Ausschuss noch genügend Gelegenheit, darüber zu beraten. Und glauben Sie mir: Ich habe noch einige Punkte anzumerken.
Vielen Dank, Herr Kollege Kortlang. - Für die AfDFraktion hat sich nun der Kollege Stefan Wirtz gemeldet. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bienen sind ein Sympathieträger - das haben wir schon gehört -, auch Wildbienen. Womit könnte man schöner Wahlkampf machen als mit den Bienen?
Wenn man in einer Großen Koalition zusammen regieren muss, ist es natürlich schwierig, sich voreinander und auch noch gegenüber anderen Parteien zu profilieren. So kommt es, dass wir einen Antrag mit sechs Punkten haben. Drei Punkte sind Prüfaufträge: Die Landesregierung möge bitte irgendetwas prüfen. Drei andere Punkte enden damit, irgendetwas eindämmen zu wollen oder sich für oder gegen etwas einzusetzen.
Entschlossenheit sieht anders aus. Ich kann nur sagen: Sie sind die Regierung. Trauen Sie sich was, zeigen Sie Mut zu Niedersachsen! Das ist übersichtlicher für Sie. Machen Sie es einfach! Das, was Sie hier machen, sind wieder Appelle. Und ich muss sagen: Die Erklärung zu Ihrem Antrag ist ausführlicher und inhaltstiefer als das, was Sie eigentlich beantragen. Das kommt schon einmal vor, es ist aber ermüdend zu sehen.
Wir wissen ja eigentlich alle, dass die Ursachen für den Insektenschwund schon seit Jahrzehnten bekannt sind. Ein Verantwortlicher wird immer benannt. Jetzt haben Sie noch jemanden anderes entdeckt, nämlich die Hausbesitzer. In Nr. 3 soll
der Einsatz von chemisch-synthetischen Spritzmitteln eingeschränkt werden. Sie wollen sich dafür einsetzen, bzw. die Landesregierung soll das tun. Nun ist da allerdings schon vieles längst verboten. Aber das reicht natürlich nicht.
Die berüchtigten Schottergärten kommen auf. Die geraten in Ihr Visier. Herr Kortlang hat es richtig gesagt: Es geht nicht nur um Neubauten. Es geht nicht nur um Neubaugebiete, in denen das gemacht wird. Wer schon einmal ein Haus gebaut hat, der weiß es: Man hat eine Menge Auflagen, und die sollte man tunlichst alle kennen. Spätestens, wenn der Architekt etwas übersieht, wird es sehr schwierig, später irgendwelche Bauvorhaben, die man durchgeführt hat, zurückzunehmen, und das kann auch teuer werden.
Aber es betrifft natürlich auch Altbauten. Diejenigen, die seit Jahrzehnten in ihrem Haus wohnen, haben vielleicht vergessen, was sie für Auflagen haben, was vor ihrer Tür grünen muss. Wenn man dann im Baumarkt sieht, dass man ja auch schottern kann, dann denkt man vielleicht nicht gleich daran. Schön finde ich es nicht, und es ist nicht ein Kostenfaktor, aber ich verstehe auch jeden, der seinen Vorgarten vielleicht doch schottert. Denn ein Garten bedeutet auch Mühe, viel Arbeit, einen hohen Arbeitsaufwand. Dass es sich manche Leute einfacher machen wollen, vielleicht weil sie älter werden oder krank sind, kann ich verstehen. Das passiert.
Sie sind aber die Landesregierung, das habe schon erwähnt: Vielleicht haben Sie die Regeln, die schon längst in der Bauordnung stehen, nicht klar genug gemacht oder nicht bekannt genug gemacht. Deshalb kann es eigentlich nicht sein, dass Sie jetzt etwas beantragen, das schon längst verboten ist und sich so ein bisschen durchmogeln und durchlavieren. Das ist schade.
Auch einiges andere ist schade: Sie wollen prüfen lassen - - - Vielleicht sollten Sie einmal schauen, wie viel Blühstreifen für die Bienen überhaupt bringen. Nur so ein Insektenhotel aufzuhängen, reicht vielleicht auch nicht. Das Evaluieren der Maßnahmen, die bisher gemacht wurden, wäre vielleicht auch dringend. Und wenn ich dann noch in Nr. 6 lese, Sie wollen Konkurrenzdruck von anderen Insekten vermeiden - Gott, die armen anderen Insekten! Ich dachte, wir wollen alle Arten schützen und nicht nur gezielt die Wildbienen.
Vielen Dank, Herr Kollege Wirtz. - Für die Landesregierung hat sich nun Herr Minister Lies zu Wort gemeldet. Bitte sehr!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich auch an dieser Stelle bedanken. Wir hatten schon heute Morgen bei der Aktuellen Stunde zum Thema Artensterben die Gelegenheit, intensiv über Wildbienen zu diskutieren. Und hier liegt ein Antrag zum Thema Schutz der Wildbienen vor. Ich denke, das ist der richtige Weg. Nachdem wir schon im letzten Jahr eine sehr intensive Debatte über dieses Thema hatten, war ein bisschen meine Sorge, dass sich das vielleicht nicht fortsetzt, weil andere Themen zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Ich glaube, es ist das richtige Signal, dass sich der Landtag auf der Grundlage dieses Antrags intensiv mit der Frage beschäftigt, was wir für den Erhalt der Artenvielfalt tun können, was wir dagegen unternehmen können, dass immer mehr Arten verschwinden, und auf welche diesbezüglichen Maßnahmen wir uns konzentrieren sollten. Deswegen ist es auch richtig, das Thema der Wildbienen in den Mittelpunkt zu stellen. Denn hier können wir alle gemeinsam viel tun.
Dabei haben wir in den letzten Jahren den Fokus gar nicht auf die Wildbiene gerichtet, sondern wenn wir den Fokus auf die Biene gerichtet haben, dann auf die klassische Honigbiene. Es war gut, was wir in diesem Zusammenhang getan haben. Aber das, was wir für die Honigbiene tun, ist nicht automatisch auch mit Blick auf die Wildbiene ausreichend. Insofern bin ich sehr froh über diesen Antrag. In den Beratungen im Ausschuss werden die einzelnen Punkte, die in dem Antrag aufgeführt sind, sicherlich noch diskutiert, und vielleicht wird die Beschlussempfehlung sogar von einer breiten Mehrheit getragen. Das wäre ein Signal an alle Beteiligten.
Wir haben heute Morgen schon viel über dieses Thema diskutiert, und ich will natürlich nicht alles wiederholen, was ich schon heute Morgen zur
Bedeutung der Wildbiene und der Insekten insgesamt gesagt habe. Ich glaube, es ist klargeworden - das müssen wir sehen -, dass die Wildbiene von ganz besonderer Bedeutung ist, weil sie auf bestimmte Dinge angewiesen ist. Deswegen ist es auch völlig richtig, nicht nur einzelne Maßnahmen, sondern ein Gesamtkonzept zu betrachten. Allein einen Blühwiese anzulegen, die die Wildbiene zwar für kurze Zeit ernähren kann, aber ihr keine Chance eröffnet, den Winter zu überstehen, hilft nicht. Wir müssen das vielmehr ganzheitlich betrachten. Das muss Teil der Diskussion sein. Gerade die Abhängigkeit der Wildbiene von spezifischen Pflanzenarten als Nahrungsquelle zeigt, dass es nicht ganz so einfach ist, eine Lösung zu finden. Auch das wird sicherlich eine große Rolle spielen.
Wir haben heute Morgen ebenfalls schon sehr intensiv über die Ursachen des Bestandsrückgangs gesprochen. Das hat viel mit einer veränderten Landschaft zu tun. Ich bin sehr froh, dass es gelungen ist, in dem Antrag alle möglichen Ursachen zu benennen; denn sie sind vielfältig. Es gibt dafür nicht nur eine Ursache. Alle genannten Punkte können dazu beitragen.
Ein typisches Beispiel sind die Wegraine. Die Wegraine werden heute so gemäht und gemulcht, dass an der Stelle gar nichts mehr entstehen kann. Wenn dagegen alles stehen gelassen bzw. nicht gemäht und abgeräumt würde, wie es sonst gemacht wurde, könnten Lebensräume entstehen. Das heißt, es ist niemand anders gefragt als wir. Es liegt auch in kommunaler Verantwortung, dass diese Wegraine nicht gemulcht, sondern anders bewirtschaftet werden - vielleicht sogar, um Geld zu sparen. Denn nicht jede Maßnahme, die wir ergreifen, kostet mehr Geld. Ich denke, da müssen wir umdenken und von dem Weg, den wir bisher gewählt haben, der irgendwie einfach zu sein schien, wieder wegkommen. Wir müssen überlegen, welcher Weg zielführend ist.
Die Wegraine stellen übrigens eine enorme Form von Vernetzung dar. Das sind enorme Strecken entlang der Straßen. Da können wir schon eine ganze Reihe von Lebensräumen schaffen und entwickeln.
Der erste ist tatsächlich der Blick in die Städte. Dieser Blick ist - zu Recht - auf die Frage fokussiert worden, wie es in den Gärten und Vorgärten aussieht. Ich habe heute Morgen schon gesagt,
dass ich hoffe, dass man nicht nur über das Instrument der Kontrolle diskutiert, sondern vor allen Dingen darüber, Akzeptanz zu schaffen und für den richtigen Weg zu sensibilisieren.
Ich will aber auch sagen: Wir müssen gerade in den Städten eine Menge tun. Im Rahmen des Klimawandels wird es auch zu Veränderungen in den Städten kommen. Das bedeutet Temperaturerhöhungen; das Gefühl des Sich-Wohlfühlens wird sich verändern. Wir brauchen mehr blaue und grüne Städte. Da müssen wir also etwas machen.
Bund und Länder haben zusätzlich zu den bisherigen Programmen der Städtebauförderung das neue Programm „Zukunft Stadtgrün“ ins Leben gerufen, an dem sich das Umweltministerium beteiligt. Denn natürlich ist es wichtig, etwas auf dem Land zu tun, aber es ist auch wichtig, Maßnahmen in den Städten zu ergreifen.
Der zweite Punkt betrifft die Frage, welchen Beitrag die Landwirtschaft leisten kann. Ich werde nicht müde, es immer wieder zu betonen: Die Landwirtschaft ist dabei ein ganz wesentlicher Partner.
Heute Morgen ist auch mehrfach gesagt worden: Wir müssen dafür sorgen, dass die Leistungen, die die Landwirtschaft erbringt, die einen Mehrwert für Umwelt-, Natur- und Artenschutz haben, auch honoriert werden. Wir dürfen nicht den aktuellen Weg weitergehen, sozusagen entgangene Einnahmen auszugleichen, sondern wir müssen dafür sorgen, dass diese Dienstleistung einen entscheidenden Beitrag zur Existenzsicherung der Landwirtschaft leistet. Dann, glaube ich, schaffen wir auch mehr Akzeptanz, und davon würden alle Seiten profitieren - wir als Gesellschaft übrigens auch. Denn wir würden das Geld gut investieren und mehr für Artenvielfalt machen können.
Ich bin froh, dass dieser Antrag ins Parlament eingebracht wurde. Ich denke, das wird auch eine sehr interessante Diskussion im Ausschuss, an der sich unser Haus natürlich intensiv beteiligen wird.
Ich freue mich, wenn wir durch diese Diskussion dafür sorgen, dass die Sensibilität für das Thema in der Bevölkerung weiter gestärkt wird. Mir wäre es lieber - bevor wir darüber diskutieren, Gärten zu kontrollieren -, wenn jemand selbst auf die Idee kommt, dass bunte Natur und Wildkraut nicht beseitigt und durch gemulchten Rasen oder Schotter ersetzt werden müssen. Das wäre ein Signal, wenn die Leute das freiwillig machen.