Wir treten in die Beratung ein. Für die antragstellende Seite hat sich die Fraktionsvorsitzende Frau Kollegin Piel gemeldet. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kollegin Modder, im Januar haben Sie ein flammendes Plädoyer für ein Parité-Gesetz gehalten. Sie haben gesagt, dass Sie nicht länger vertröstet werden wollen und dass es Zeit ist für Veränderungen, dass wir Frauen uns solidarisieren und Widerstände überwinden müssen.
Sie haben berühmte Sozialdemokratinnen zitiert, die vor 100 Jahren das Wahlrecht erkämpft und vor 70 Jahren für Artikel 3 des Grundgesetzes gestritten haben. Ich frage Sie, Frau Modder: Was würden Elisabeth Selbert, Clara Zetkin und Marie Juchacz wohl sagen, wenn sie diese Debatte heute verfolgen könnten? - Über die letzte Debatte hätten sie sich wahrscheinlich sehr gewundert.
„Wir müssen mit Bedauern, aber nüchtern feststellen, dass es ohne entsprechende Vorgaben nicht gelingt, dass Männer und Frauen in gleichem Maße in den Parlamenten vertreten sind.“
- Er verlässt den Saal, um die Quote herzustellen, weil er nämlich an der Stelle einfach nichts getan hat, um mit unserem Antrag zu versuchen, eine Basis für die Debatte zu schaffen.
„Die Sozialdemokratie ist nach wie vor die treibende Kraft für die Gleichberechtigung von Mann und Frau.“
Wenn ich in Ihre Reihen schaue, scheint mir das mit der „treibenden Kraft“ eine sehr gewagte These zu sein. Sie schaffen es ja noch nicht einmal parteiintern, Ihre Mandate und Funktionen zur Hälfte an Frauen zu vergeben.
(Johanne Modder [SPD]: Und Sie ha- ben es nicht geschafft, bei der Ober- bürgermeisterwahl eine Frau aufzu- stellen! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜNE])
Es ist also höchste Zeit, endlich etwas zu bewegen, und der richtige Ort dafür - das hätten die Verfechterinnen, die ich eben zitiert habe, sicherlich auch so gesehen - ist das Parlament. Denn Parität ist ein Thema, das alle Parteien betrifft, und deshalb sollen auch alle mitreden.
Wir haben Ihnen dafür ein Angebot gemacht, wir haben die Hand ausgestreckt, wir haben eine Enquetekommission vorgeschlagen. Und nein: Wir wollten damit keinen Keil in die Koalition treiben. Das haben wir eben schon gesagt. Und das wäre auch völlig unnötig, weil Sie die Keile schon alle selbst hineingetrieben haben.
Was wir wollen, ist, die Hälfte der Macht den Frauen zu geben, weil sie ihnen schon viel zu lange verwehrt ist. Wenn Sie diesen Weg heute tatsächlich nicht mitgehen wollen und unsere ausgestreckte Hand an dieser Stelle ausschlagen, kann ich Ihnen, Frau Modder, und Herrn Weil, der sicherlich Wichtigeres zu tun hat, nur Danke sagen. Danke für nichts!
Vielen Dank, Frau Kollegin Piel. - Es hat sich jetzt die Kollegin Dana Guth für die Fraktion der AfD gemeldet. Bitte sehr!
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bedanken, dass das beratende Gremium zu dem Ergebnis gekommen ist, den vorliegenden Antrag zur Ablehnung zu empfehlen.
Die Verhinderung eines weiteren kostenträchtigen Projektes, welches nur das Ziel haben kann, einen Weg zu finden, um bestehende Wahlgesetze so zu verbiegen, dass man dem hehren Ziel, endlich einen Anteil von 50 % Frauen im Parlament zu haben, näher kommt.
Was genau treibt Sie an? - Sind Sie wirklich der Ansicht, dass es eine bessere Politik gibt, wenn Sie die Parlamentssitze nach Geschlechtern verteilen?
Was genau finden Sie an Ihren männlichen Kollegen so frauenfeindlich, dass Sie sich ständig benachteiligt fühlen?
(Johanne Modder [SPD]: Sie haben eine Sichtweise, die ist unterirdisch! - Wiard Siebels [SPD]: Was ist denn das für eine Parteitagsrede! - Gegen- ruf von Klaus Wichmann [AfD] - Wei- tere Zurufe)
Welche Anträge zu Frauenthemen können Sie denn als weibliche Abgeordnete nicht stellen? Welche Anträge wurden abgelehnt, weil die männliche Übermacht sich damit nicht befassen wollte?
Es ist der ewige Kampf seit es die Emanzipationsbewegung gibt. Sie wollen gleiche Rechte? - Die haben wir, und das ist gut so. - Sie wollen die gleichen Möglichkeiten? - Die haben wir ebenfalls.
Trotzdem setzen sich die Parlamente nach wie vor nahezu prozentual deckungsgleich zu den Mitgliedern in politischen Parteien zusammen. Nun wäre der Weg ziemlich einfach: Sie motivieren Frauen, in Parteien einzutreten, sich politisch zu engagieren und nach politischen Ämtern und Mandaten zu streben. Sie unterstützen sie auf diesem Weg, vernetzen sich und aktivieren Wählerstimmen. Ich verspreche Ihnen, binnen kürzester Zeit würde sich die Zusammensetzung der Parlamente verändern.
Aber das ist der schwierigere Weg. Er ist langwierig, und es ist gar nicht so einfach, genug Frauen zu finden, die sich in diesem Bereich einbringen wollen. Natürlich werden wir gleich wieder hören: die Doppelbelastung, die Zeiten, immer abends. Wenn diese Argumente stimmten, müssten sich zumindest Massen von älteren Frauen mit erwachsenen Kindern engagieren. Das tun sie aber auch nicht.
Also, was nun? - Was nicht passt, wird passend gemacht, bar jedes Arguments. Es sind im Schnitt nur ca. 30 % weibliche Mitglieder in den Parteien, aber Sie fordern per Gesetz 50 % der Mandate. Dann sind alle Probleme in diesem Land gelöst.
Dass dieser Weg im Sinne freier Wahlen nicht nur höchst bedenklich ist, sondern diese durch Ihr Herzensprojekt Genderideologie ad absurdum geführt werden, spielt dabei keine Rolle. Sie bemühen sich nach Kräften, Geschlechterrollen aufzuweichen, Geschlecht als gesellschaftliches Konstrukt und anerzogen darzustellen. Hannover, als großer Vorreiter, vermeidet Anreden wie „Herr“ und „Frau“, macht aus Lehrern Lehrende, aus Wählern Wählende und schreckt auch nicht vor toten Gegenständen wie dem Rednerpult zurück und macht daraus ein Redepult.
Wenn wir also alle Geschlechtermerkmale weitestgehend auslöschen wollen, ist es bigott, diese bei politischen Mandaten als Grundlage für Kandidaturen festzulegen.
Unser Land ist groß geworden aufgrund fabelhafter Leistungen von Frauen und Männern. Wir haben eine Gleichberechtigung, die grundgesetzlich geschützt ist, und wir haben freie und geheime Wahlen. Dabei sollten wir es belassen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Guth. - Jetzt ist für die Fraktion der CDU die Kollegin Dr. Esther NiewerthBaumann an der Reihe. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Kollegin.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe acht Nichten und sieben Neffen. Am letzten Samstag haben wir den 82. Geburtstag meines Vaters gefeiert, und alle kamen zusammen. Dabei konnte ich ein Gespräch zwischen meiner kleinen Nichte und meinem kleinen Neffen mitbekommen. Beide unterhielten sich darüber, was sie einmal werden möchten, und es kam die Frage auf, ob denn mein Neffe auch die Möglichkeit hätte, Bundeskanzler zu werden oder Bundesvorsitzender. Meine Nichte erklärte ihm gleich, dass das nicht ginge, das wäre ein Job, den nur Frauen ausüben könnten, es gebe nur eine - weibliche - Bundeskanzlerin und eine - weibliche - Bundesvorsitzende. Nein, er könne nicht Bundeskanzler werden und diesen Beruf nicht ausüben. Mein Neffe entschied sich dann sogleich, stattdessen Lokomotivführer zu werden.