Protokoll der Sitzung vom 20.06.2019

Sie wissen doch, wie das geht.

Herr Minister, das, was Sie gesagt haben, war bisher ganz interessant. Allerdings sind Sie noch nicht zum Kern gekommen. Deswegen würde ich gerne die Frage stellen, Herr Minister, ob Sie weiterhin der Auffassung sind, dass eine Notsituation mit einer Zweidrittelmehrheit dieses Hauses festgestellt werden sollte.

Herr Grascha, zu dieser Frage wäre ich nun unmittelbar gekommen.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Insofern bedanke ich mich, dass Sie bestätigen, dass Sie soweit zugehört haben, dass meine Rede offensichtlich so stringent ist, dass Sie dahin überleiten können.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, in der Anhörung ist deutlich geworden, dass Diskussionsbedarf zwischen den Regierungsfraktionen und den Oppositionsfraktionen besteht. In der Politik ist es gut, diese wichtige Frage - erst recht, wenn es um Verfassungsfragen geht - sorgfältig zu diskutieren.

In der konstruktiven Debatte sind zwei Punkte herausgearbeitet worden. Der eine Punkt betraf die Frage, ob es in der Verfassung zusätzlich zu den vorgesehenen Regelungen eine Verpflichtung zur Tilgung von Altschulden geben sollte. Das ist ein Thema, über das man reden kann. Übrigens war diese Frage in dem Entwurf der FDP-Fraktion in der letzten Wahlperiode auch nicht enthalten.

Der zweite Punkt betrifft die Frage, wie man an bestimmten Stellen mit dieser Zweidrittelmehrheit umgehen will, ob man sie weiter anwenden will oder nicht. Wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass sie gut ist, hätten wir als Landregierung sie nicht in den Entwurf aufgenommen.

Ich glaube schon, dass wir in der Lage sind, in der Diskussion eine gute Lösung herauszuarbeiten, die sicherstellt, dass es immer eine hohe Hürde geben muss, wenn man zusätzliche Schulden aufnimmt. Es darf nie der einfachere und bequemere Weg sein, wieder neue Schulden aufzunehmen, statt eine Politik der Prioritätensetzung und

der Konsolidierung in Zeiten rückläufiger Steuereinnahmen oder steigender Ausgaben zu machen.

(Christian Grascha [FDP]: Dann muss man eine Zweidrittelmehrheit einfüh- ren!)

Deswegen ist die Erörterung noch nicht abgeschlossen. Es ist das gute Recht des Parlaments und der demokratischen Kultur, hier diese Erörterung vorzunehmen. Ich bin mir sicher, dass sie zügig abgeschlossen werden wird. Ich bin mir sehr, sehr sicher - weil ich die konsequenten Debatten verfolgt habe -, dass diese Landesregierung und die die Landesregierung tragenden Fraktionen in diesem Land in dieser Wahlperiode ein ganz wichtiges Zeichen gegen eine sich ausweitende Neuverschuldung, für einen Stopp der Neuverschuldung, für eine nachhaltige, konsequent greifende Schuldenbremse und für eine Zukunftssicherung unseres Landes setzen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Das war für die Geschichtsbücher!)

Vielen Dank, Herr Minister Hilbers. - Meine Damen und Herren, zum Tagesordnungspunkt 32 b - Aktuelle Stunde zur Schuldenbremse - liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kann ich aufrufen

c) Die Autoländer Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen gehen voran! - Auch das Auto der Zukunft muss in Deutschland vom Band rollen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 18/3976

Zum Antrag möchte zunächst die Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion, Frau Kollegin Modder, sprechen. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, unser Thema zur heutigen Aktuellen Stunde lautet: „Die Autoländer Baden-Württemberg, Bayern und Niedersachsen gehen voran! - Auch das Auto der Zukunft muss in Deutschland vom Band rollen!“

(Beifall bei der SPD)

Meine Fraktion begrüßt ausdrücklich die wohl erstmalige Initiative der drei Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, Markus Söder und Stephan Weil, gemeinsam über Parteigrenzen hinweg zu einem gemeinsamen Positionspapier zur Zukunft der Automobilwirtschaft in unserem Land zu kommen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Mit oder ohne Pkw?)

Ich halte die deutliche Positionierung der drei Autoländer und die klare Absicht zu einer intensiven Zusammenarbeit und engeren Kooperation in dieser Zeit des wirklich radikalen Umbruchs in der Automobilindustrie für richtungsweisend und im Übrigen, meine Damen und Herren, auch für sehr wohltuend. Wohltuend deshalb, weil sowohl die Herausforderungen als auch die sich daraus ergebenden Chancen und Potenziale konkret beschrieben werden und deutlich gemacht wird, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren haben. Diese klare Positionierung und dieses klare Bekenntnis zur Automobilwirtschaft und zum Klimaschutz geben Orientierung und Sicherheit.

Es herrscht Unsicherheit im Land, wie die Transformation gelingen kann - Unsicherheit bei den Autofahrern, bei den Stadt- und Verkehrsplanern und, meine Damen und Herren, natürlich auch bei den vielen Beschäftigten in der Automobilwirtschaft und damit auch bei uns in Niedersachsen. Hören Sie sich einmal bei den Kolleginnen und Kollegen an den VW-Standorten um!

Wie hat es die IG Metall so trefflich beschrieben: Autos, Jobs und Umwelt, das gehört zusammen. Wir sind bereit, den Wandel zu gestalten. Das fordern wir jetzt auch von Unternehmen und Regierung. - Die bundesweite Großkundgebung, die für den nächsten Samstag, 29. Juni, in Berlin angesagt ist, wird das, glaube ich, noch einmal sehr deutlich machen.

Allein in Niedersachsen sind ca. 250 000 Arbeitsplätze von der Automobilbranche abhängig. Zusammen mit den beiden anderen Bundesländern sprechen wir hier über 1 Million Arbeitsplätze in diesem wichtigen Industriezweig Deutschlands.

Meine Damen und Herren, für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es unabdingbar, dass Klima- und Umweltschutz und gute Arbeit zwei Seiten einer Medaille und nur im Einklang miteinander zu sehen sind. Nur so kann eine Mobilitätsstrategie zum Erfolg führen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Innovation und Fortschritt dürfen auch bei der Entwicklung von neuen Antriebsformen nicht durch Denkbarrieren blockiert werden, damit technologieoffen geforscht werden kann. Dabei sind dogmatische Verteufelungen des Autos der falsche Weg. Unser Ziel muss es sein, dass wir als modernste Autoindustrie der Welt eine emissionsfreie und klimafreundliche Mobilität entwickeln und somit die Autos der Zukunft bauen.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen sollten die Vor- und Nachteile von Antriebstechnologien wie Batterie, Hybrid, Wasserstoff oder auch synthetische Kraftstoffe gut abgewogen und zielgenau eingesetzt werden. Und natürlich müssen die Autoländer in der vom Bund vorgesehenen „Konzentrierten Aktion Mobilität“ einbezogen werden. Nur so können ein Flickenteppich von verschiedenen Aktionen verhindert und Synergieeffekte zwischen den Projekten erzielt werden.

Meine Damen und Herren, aufgrund der knappen Zeit will ich nur einige wenige Punkte nennen, die wir konkret auch hier in Niedersachsen schnell umsetzen können: den niedersächsischen Strategiedialog Automobilwirtschaft intensivieren und hier zukunftsfähige Projekte von politischer Seite vorantreiben und mit den beiden anderen Automobilländern enger verzahnen. Als Land sollten wir als Vorbild vorangehen, die Landesbauordnung anpassen und flächendeckend die Ladeinfrastruktur ausbauen. Darauf warten die Autofahrerinnen und Autofahrer.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Die Mittel sind ja gestrichen worden!)

Ich glaube, auch die sukzessive Umstellung des Fuhrparks auf umweltfreundliche Antriebsformen ist an der Zeit.

Sie sehen, meine Damen und Herren: Die Autoländer machen Druck, und das ist auch gut so. Abwarten ist nämlich keine Option mehr. Wir wollen miteinander in die neue Zeit. Klima- und Umweltschutz und gute Arbeit müssen zusammen gedacht werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Modder. - Jetzt spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unser Kol

lege Detlev Schulz-Hendel. Ich erteile Ihnen das Wort, bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Umbau der Autoindustrie und die Forderung nach alternativen Antrieben sind in diesem Haus ja keine neuen Themen. Das Problem ist allerdings: Die Forderungen aus den vergangenen Jahren sind immer noch aktuell.

Ich will mit zwei kurzen Zitaten aus früheren Entschließungsanträgen beginnen.

„Die Zukunft der Automobilität hängt von der Entwicklung alternativer Antriebstechnologien ohne klimaschädliche Emissionen ab.“

- Das ist aus einem Entschließungsantrag der Grünen aus dem Jahr 2009.

In einem Entschließungsantrag von CDU, SPD, FDP und Grünen aus dem Jahr 2012 heißt es:

„die Entwicklung von innovativen Antriebstechnologien bietet für den Standort Niedersachsen … zahlreiche Chancen und Potenziale“.

Diese Zitate könnten auch im druckfrischen Positionspapier der drei Ministerpräsidenten aus Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen stehen.

In Berlin auf der Bundespressekonferenz haben die drei vor ein paar Tagen öffentlich versprochen, sich künftig zusammen für alternative Antriebe und Mobilitätskonzepte in Deutschland einzusetzen. Was ist aber eigentlich zwischen den damaligen, durchaus richtigen Bekundungen hier im Landtag und dem gemeinsamen Papier der drei Ministerpräsidenten von heute passiert? - Was die Entwicklung neuer umweltfreundlicher Antriebe angeht: zu wenig, zu zögerlich und zu spät. Und was Mobilitätskonzepte angeht: weitgehend Fehlanzeige!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung der FDP)

Stattdessen, meine Damen und Herren, haben wir ein beispielloses Täuschungs- und Vertuschungsmanöver von Wirtschaft und Bundesregierung erlebt. Der Dieselbetrug und der Umgang damit stehen für einen beispiellosen Vertrauensbruch gegenüber den vielen Autofahrerinnen und Autofahrern, aber genauso für Innovationsignoranz und Stillstand, und das eindeutig zulasten der Gesundheit und des Klimas.

Das Ergebnis daraus ist im Übrigen bitter: Im Jahr 2020 sollten eigentlich 1 Million Elektrofahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Das war die Vorgabe der Bundesregierung vor neun Jahren. Tatsächlich fahren heute aber nur rund 150 000 E-Autos auf unseren Straßen, und damit sind wir im Vergleich zu anderen EU-Ländern - z. B. Norwegen, Schweden und den Niederlanden - deutlich abgeschlagen.