So zahlt Deutschland 16 Milliarden Euro Entwicklungshilfe - Stand: 2015 -, u. a. an ein Entwicklungsland wie China, das z. B. 2017 noch 630 Millionen Euro erhalten hat. China, eine Wirtschaftsmacht, bekommt Entwicklungshilfe von Deutschland.
Wir zahlen 15 Milliarden Euro netto an die EU, 55 Milliarden Euro pro Jahr für die Kosten der Migrationskrise - so errechnete das Kieler Institut für Weltwirtschaft -, nicht zu vergessen die unzähligen Milliarden für die sogenannte Energiewende.
Ein Land, das so viel Geld außerhalb der eigenen Bedarfe ausgeben kann, muss reich sein - wären da nicht mehr als 1,9 Billionen Euro Staatsverschuldung. Rechnerisch sind das 23 000 Euro pro Kopf.
Nein, Deutschland ist kein reiches Land. Warnungen, dass es zum finanziellen Kollaps kommt, wenn die Steuereinnahmen aufgrund einer schwächeren Konjunktur einbrechen, werden allseits laut.
Ein Land, welches für sich in Anspruch nimmt, ein reiches Land zu sein, sollte in der Lage sein, seine Infrastruktur zu erhalten und zu erweitern, seinen Menschen bezahlbaren Wohnraum, gute medizinische Versorgung, Pflege und Bildung zu bieten, Kindern und Familien Sicherheit, den Eltern verlässliche Arbeitsplätze, mit denen ein vernünftiges Einkommen zu erzielen ist, und Senioren eine
Deswegen erwarte ich von jedem Politiker, der die Aussage „Deutschland ist ein reiches Land“ trifft, Lösungen für diese Probleme. Am Geld kann es ja nicht liegen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Volle Kassen, arme Menschen? Zunächst zu den Fakten!
Haben wir volle Kassen? - Ja, das stimmt. Wie immer nach längeren CDU-Regierungszeiten sind die Kassen bei den Bürgern relativ gut gefüllt.
Über 45 Millionen Menschen in unserem Land sind in einem Arbeitsverhältnis. Im Vergleich zu 2005 haben heute 5,5 Millionen Menschen mehr einen Job. Im Vergleich zu 2005 sind heute 2,6 Millionen Menschen weniger arbeitslos. Die Jugendarbeitslosigkeit wurde seit 2005 mehr als halbiert, von über 12 % auf aktuell 4,7 %.
Unser Land, meine Damen und Herren, ist höchst erfolgreich. Die Bürgerinnen und Bürger verdienen Geld, und auch die Kassen des Staates sind entsprechend gut gefüllt, jedenfalls so weit, dass wir den eigentlichen Normalzustand erreicht haben, unsere laufenden Ausgaben mit den laufenden Einnahmen ohne Schuldenaufnahme zu bestreiten.
Gibt es arme Menschen? - Ja, die Einkommensungleichheit, d. h. die unterschiedliche Verteilung der Einkommen in Deutschland, ist zwar bis 2005 gestiegen, seitdem aber nicht mehr. Sie ist übrigens auch vor 1999 nicht gestiegen.
Deutschland gibt jedes Jahr rund 1 Billion Euro für Sozialleistungen aus. Natürlich, meine Damen und Herren, ist nichts so gut, dass man es nicht noch verbessern kann. Aber wir leben in einem Sozialstaat, der weltweit als Vorbild angesehen wird, und wir organisieren eine soziale Umverteilung, die in unserer Geschichte beispiellos ist.
Die Armutsgefährdungsquote, die häufig angeführt wird, ist kein Indikator für Armut, sondern drückt nur die unterschiedliche Einkommensverteilung aus. Nach dieser Logik würde Armut nur dann verschwinden, wenn jeder nahezu das gleiche Einkommen hätte. Die Letzten, die das geschafft haben, waren aber die Nationalsozialisten: 1945 waren alle gleich - gleich arm.
Viel interessanter ist aber der Strategiewechsel der AfD, der in dieser Aktuellen Stunde und im Grunde - möchte ich sagen - in Ihrem Verhalten in dieser Woche insgesamt deutlich wird.
Ich persönlich reagiere immer sehr allergisch, wenn z. B. die Sozialisten das Nationale entdecken oder wenn die Nationalen das Soziale entdecken. Und genau Letzteres ist in dieser Woche eingeläutet worden.
Frau Guth hat eben ihre Rede gehalten. Aber viel bezeichnender fand ich ihre Rede von gestern, die wir bereits beinahe wortgleich von Herrn Dr. Sohn von der Linkspartei - in der vorletzten Wahlperiode - kannten.
Herr Lilienthal hat vorgestern sehr deutlich benannt: Die AfD ist „die neue patriotisch-soziale Kraft“. - Sie sind allerdings nicht patriotisch und ganz gewiss keine Verfassungspatrioten.
Seit anderthalb Jahren hat die AfD-Fraktion - vornehmlich Herr Wichmann ist mir da aufgefallen - uns vormachen wollen, Sie seien eine ganz normale Partei. Diese Maske ist in dieser Woche gefallen.
Ihr schwaches Europawahlergebnis in Niedersachsen und gleichzeitig die erheblichen Stimmengewinne Ihrer Partei in Ostdeutschland haben Ihren Strategiewechsel ausgelöst. Die AfD hat im Osten sehr gezielt und sehr erfolgreich den Neid und das Zurücksetzungsgefühl angesprochen und insbesondere der Linkspartei Wähler abgenommen.
Wir dürfen uns darauf einstellen, in Zukunft neben dem bekannten rechten Populismus vermehrt auch linken Populismus von der AfD zu hören. Ich bin sehr sicher, dass die Niedersachsen klug genug sind, darauf nicht hereinzufallen.
Ich begrüße, dass Sie sich ehrlich gemacht haben und den Schafspelz abgelegt haben. Dazu hat Sie niemand gezwungen. Niemand hat Ihnen unrecht getan. Sie sind kein Opfer. Das war Ihre eigene Entscheidung.
Die CDU-Fraktion jedenfalls fühlt sich darin bestätigt, sich von Anfang an klar von der AfD abgegrenzt zu haben.
Vielen Dank, Herr Kollege Hillmer. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Lottke. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es für Heuchelei einen Orden gäbe, meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion, dann hätten Sie diesen im Abo.
Seitdem Sie auf dem Markt sind, versuchen Sie, das Märchen zu erzählen, Ihnen liege am sozialen Zusammenhalt. Als sei es Ihnen wichtig, Menschen in unserer Gesellschaft den Aufstieg zu verschaffen! Als hätten Sie Rezepte, als seien von Ihnen Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit zu erwarten! Aber Sie sind eine einzige Luftnummer. Auch Ihr heutiger Beitrag war wieder nur heiße Luft.
Nein, Sie wollen nicht sozial sein. Sie sind nicht die Partei, die unser Land zusammenhält. Sie sind diejenigen, die den Spaltkeil immer in der Innentasche Ihres Anzugs haben, bereit, ihn dort anzusetzen, wo Sie hoffen oder glauben, die Menschen gegeneinander aufbringen zu können.
„Volle Kassen - arme Menschen“, haben Sie Ihren Antrag zur Aktuellen Stunde überschrieben. Sie bleiben bei Ihrer Strategie, plakative Überschriften zu liefern und einfache Antworten zu geben.
Man muss es deutlich sagen: Sozial schwache Menschen haben von Ihnen nichts zu erwarten - jedenfalls nichts Gutes. Die Beweise liefern Sie selbst. Man braucht nur in Ihr Bundestagswahlprogramm von 2017 zu schauen. Das ist Neoliberalismus pur. Da lassen Sie als Wolf Ihren Schafspelz fallen. Das kann man alles nachlesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Land ist reich, und trotzdem gibt es immer noch zu viele Menschen, die von Armut betroffen oder gefährdet sind. Das ist die bedrückende Kehrseite der Medaille. Jeder Mensch, der in Armut lebt, ist einer zu viel.
Wir als SPD stellen uns diesen Herausforderungen. In der Großen Koalition auf Bundesebene und auch hier bei uns in der SPD-geführten Koalition in Niedersachsen haben wir mit verschiedenen Maßnahmen entscheidende Fortschritte bei der Armutsbekämpfung gemacht und werden diese auch künftig vorantreiben.
Ein paar Beispiele! Auf Initiative von Bauminister Olaf Lies wird die SPD-geführte Landesregierung 40 000 neue Sozialwohnungen bis 2030 schaffen. Damit leisten wir einen wirksamen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und stabilisieren unser lebenswertes Miteinander.
Sozialministerin Carola Reimann hat einen starken Aufschlag zur Kindergrundsicherung gemacht, weil wir wissen, dass Kinder in unserem Land insbesondere für Alleinerziehende leider immer noch ein hohes Armutsrisiko sind, und weil wir glauben, dass sich das ganz schnell ändern muss.
Die SPD-geführte Landesregierung hat die Abschaffung der Gebühren für die Kitas beschlossen. Das ist ein ganz wichtiger Baustein zur Entlastung der Menschen und zur Unterstützung junger Familien. Auch das wichtige Gute-Kita-Gesetz von Bundesfamilienministerin Giffey knüpft hier unmittelbar an.