Protokoll der Sitzung vom 12.09.2019

Vielen Dank, Herr Minister. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die CDU-Fraktion hat jetzt der Kollege Lasse Weritz das Wort. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD - Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Er wird das mit dem Zusatzbedarf jetzt erklären!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Unterrichtsversorgung ist ja traditionell ein Thema, das uns in der ersten Sitzung nach der Sommerpause mehr beschäftigt; denn dann man kann darüber ganz ausgiebig re

den, weil genau dann ja auch deutlich wird, was gerade vor Ort nicht passt. Wir müssen ganz klar festhalten: Ja, wir haben in diesem Land Probleme, was die Unterrichtsversorgung angeht. Aber wir haben auch einen Minister, der das in keinster Weise leugnet, sondern aktiv daran arbeitet, die Situation zu verbessern.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Er macht überhaupt nichts!)

Wenn wir uns die Situation anschauen, erkennen wir, dass wir ein Problem haben, vor allen Dingen im Land. Ich komme aus einem ländlichen Wahlkreis. Dort gibt es Hauptschulen, Realschulen, Oberschulen, die teilweise eine Versorgung von unter 90 % aufweisen; bei der ein oder anderen soll sogar eine Sieben davorstehen. Das sind Zustände, die wir nicht gut finden können; das sind Zustände, die wir so für unser Land nicht wollen. Deswegen ist es richtig, dass der Minister Anreize für Lehrkräfte schaffen möchte, in die ländlichen Regionen unseres Landes zu kommen. Das, finden wir, ist ein richtiger Schritt und ein guter Ansatz.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich habe gestern vom Kollegen Försterling gehört, der Minister stelle nicht bedarfsgerecht ein. Herr Kollege, genau das Gegenteil ist der Fall. Natürlich stellt er bedarfsgerecht ein. Damit wir überhaupt erkennen können, wo wir denn Lehrkräfte brauchen, gucken wir: Wo haben wir Lücken? - Da werden Stellen ausgeschrieben.

Nun kann in Niedersachsen leider Gottes nicht jede Stelle besetzt werden. Es gibt Schulen in Niedersachsen, wo Stellen am Ende unbesetzt bleiben, weil sich Lehrkräfte für eine andere Schule entscheiden.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Wie löst man das Problem? Das müssen Sie beantworten!)

Meine Damen und Herren, hier müssen wir einen Anreiz schaffen, um das zu beheben.

Frau Hamburg, ich sage Ihnen ganz deutlich - ich bin ja selber Lehrer von Beruf -: In den letzten Jahren ist eine - das haben wir ja auch in der Studie zur Arbeitszeitverordnung festgestellt - erhöhte Belastung von Lehrkräften festzustellen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja!)

Da ist ein Sozialindex, wie Sie ihn fordern, wo einfach nur noch mal Daten zusammengetragen wer

den, der falsche Weg. Wer soll die denn zusammentragen? Das sind am Ende die Lehrkräfte.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Die Daten gibt es schon! Das ist unseri- ös!)

Wir müssen die Lehrkräfte an unseren Schulen entlasten, damit sie ihre Arbeit vernünftig machen und die Kinder vernünftig unterrichten können.

(Beifall bei der CDU)

Dafür hat der Minister im Übrigen am 30. Januar dieses Jahres elf Maßnahmen auf den Weg gebracht. Und nicht nur das! Er sagt, weitere werden folgen. Das ist der richtige Weg. Wir müssen es schaffen, dass den Lehrerinnen und Lehrern ihr Beruf wieder Freude und Spaß macht, indem wir dafür sorgen, dass sie vernünftig unterrichten und sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Dafür müssen wir sie von Zusatzaufgaben befreien, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Kollege Weritz, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Hamburg?

Ja, wie könnte ich da widersprechen?

Bitte schön!

Ich bin sehr gespannt.

Herr Präsident! Herr Weritz, vielen Dank für das Zulassen der Frage; es geht auch ganz schnell. Ich frage Sie: Finden Sie, dass die derzeit angedachten und vom Minister auf den Weg gebrachten Maßnahmen angesichts der in der Beantwortung unserer Großen Anfrage zutage getretenen Zahlen ausreichen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bitte schön, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Hamburg, das habe ich eben deutlich zu machen versucht: Diese Maßnahmen

sind der erste Schritt. Natürlich ist das nicht abgeschlossen, und natürlich müssen wir mehr machen,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ja, was denn?)

und daran arbeiten wir. Deswegen setzen wir uns mit Fachleuten zusammen und schauen mit den Gewerkschaften in den Projekten, wie wir weitere Entlastungen vornehmen können.

Wenn man aber auf der einen Seite kein Personal hat, das man einstellen könnte, und auf der anderen Seite auch noch Unterrichtsverpflichtungen heruntersetzt, sodass noch weniger unterrichtet werden kann, dann steht man vor der Quadratur des Kreises; das wird nicht funktionieren. Deswegen ist es besonders zu begrüßen - da möchte ich dem Wissenschaftsminister, Björn Thümler, einen besonderen Dank aussprechen -, dass jetzt erstmals eine genaue Bedarfsplanung auf den Weg gebracht wird,

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Ohne dass die Kennzahlen transparent sind!)

um zu schauen, wie wir die nächsten Jahre vernünftig einstellen können, damit diese Lücken, die im Moment zwischen den Zahlen der Absolventen und derjenigen, die wir einstellen können, am Ende nicht mehr bestehen.

Meine Damen und Herren, es bleibt das Ziel der CDU-Fraktion - das haben wir im Übrigen in unseren Wahlprogrammen und auch im Koalitionsvertrag festgelegt -, eine Unterrichtsversorgung von 100 % an unseren Schulen zu generieren. Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner werden wir Schritt für Schritt gehen, um dieses Ziel zu erreichen. Das ist ein langer Weg, den wir noch nicht abgeschlossen haben. Aber wir werden diesen Weg so weitergehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Weritz. - Für die Fraktion der AfD hat sich nun der Kollege Harm Rykena gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Und täglich grüßt das Murmeltier,

möchte man bei dieser Großen Anfrage zur Unterrichtsversorgung sagen.

Wenn wir über die Unterrichtsversorgung an niedersächsischen Schulen sprechen, dann gehen alle von der These aus, dass es zu wenig Lehrer gebe und wir mehr Lehrer ausbilden müssten. Deshalb bräuchten wir eine bessere Bezahlung für Grundschullehrer, um die Attraktivität des Lehrerberufs zu steigern. - So etwa können wir die Diskussion in den Medien und hier im Parlament umreißen.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Sehr verkürzt!)

- Sehr verkürzt, selbstverständlich.

(Jörg Bode [FDP]: Wenigstens ehrlich! - Heiterkeit bei der FDP)

Ist dies aber tatsächlich so? Haben wir wirklich zu wenig Lehrer? Ein kritischer Blick in den Haushaltsplanentwurf ist da sehr hilfreich. Zwischen 2005 und 2018 hat sich die Schüler-LehrerRelation von 16,8 auf 12,65 verbessert. Das liegt vor allem daran, dass die Schülerzahl um ca. 160 000 gesunken ist.

Weiterhin hat sich die Anzahl der wöchentlich erteilten Unterrichtsstunden um ungefähr 20 000 erhöht. Trotzdem ist die Unterrichtsversorgung zwischen 2005 und 2018 identisch geblieben und liegt bei etwa 99,4 %. Die demografische Entwicklung hat sich also höchst positiv auf die SchülerLehrer-Relation ausgewirkt. Das hat aber anscheinend keinen Einfluss auf die Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Woran liegt das? Die Landesregierung hat es eben schon gesagt, die anderen Redner ebenfalls: Der Hauptgrund für die mangelnde Unterrichtsversorgung ist das rasante Anwachsen der Zusatzbedarfe, die eben nicht der Abdeckung des Fachunterrichts dienen. So schreibt die Landesregierung in ihrer Vorbemerkung:

„Aufgrund der bildungspolitischen Weichenstellungen zum Ausbau der Ganztagsschule und der Umsetzung der Inklusiven Schule kann festgestellt werden, dass der Lehrkräftebedarf für die Abdeckung der entsprechenden Zusatzbedarfe deutlich gestiegen ist.“

Wir müssen hinzufügen: Das mit steigender Tendenz.

Insgesamt beträgt der Anteil der Zusatzbedarfe mittlerweile fast 20 % der Lehrersollstunden. Das

bedeutet, dass ein Fünftel der Lehrerstunden gar nicht für Regelunterricht eingesetzt wird. Von diesem Fünftel entfallen mehr als 43 % auf die Inklusion und ca. 35 % auf den Ganztag.

An Hauptschulen, Oberschulen und integrierten Gesamtschulen werden Durchschnittswerte von bis zu 30 % der Lehrersollstunden zur Deckung der Zusatzbedarfe erreicht. An Gymnasien und Realschulen sehen wir dagegen deutlich geringere Anteile von weniger als 10 %.