Protokoll der Sitzung vom 13.09.2019

Vor dem Hintergrund des Klimawandels hat sich inzwischen eine 16-köpfige Gruppe mit Experten der Niedersächsischen Landesforsten und der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt zusammengefunden, um die Grundlagen zur Baumartenwahl komplett zu überarbeiten. Heraus kam ein Konzept, das die veränderten Wasserhaushalte, die Standortwasserbilanz und die Klimaveränderung mit ihrer Wirkung auf die Wälder einbezieht. Es ist eine tolle Sache, dass hier schon gearbeitet und nicht nur abgewartet wird. Hier wird schon etwas getan! Denn ohne weiteres Konzept aufzuforsten, ist, glaube ich, auch nicht der richtige Weg.

2018 und 2019 wurden auch von den Landesforsten nur geschädigte Bäume aus den Wäldern entnommen. Es wurden also keine gesunden Bäume geschlagen. 130 000 Festmeter Holz wurden in Nass- und Trockenlager eingelagert. Ich möchte mich an der Stelle ganz herzlich bedanken. Wer die Nachrichten in den Waldzeitungen liest, wird feststellen, dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Landesforsten sehr intensiv daran arbeiten und sich Gedanken darüber machen. Das finde ich toll. Auch ich habe mir die Trockenlager im Harz angesehen

(Glocke der Präsidentin)

und muss sagen: Das ist eine ganz tolle Geschichte!

(Zustimmung bei der SPD)

Die Landesforsten haben im Jahr 2018 fast 5 Millionen kleine Bäume in unseren Wäldern neu gepflanzt.

Sie müssen zum Schluss kommen, Herr Kollege!

Ich bin gleich fertig. Letzter Satz.

Weil die entsprechende Forderung aufgestellt worden ist: Diese Pflanzungen setzten sich zu zwei Dritteln aus Laubbäumen und zu einem Drittel aus Nadelbäumen zusammen.

Ich möchte zum Schluss kommen, weil die Redezeit abgelaufen ist. Auch ich möchte allen Beteiligten ganz herzlich für ihren großen Einsatz danken und hoffe natürlich auch, dass wir in Zukunft - wir werden uns ja auch unter den nächsten beiden Tagesordnungspunkten mit dem Thema Wald befassen - zusammenkommen. Grundsätzlich, auch wenn man Ihre Anträge liest, sind wir nicht weit auseinander.

Wirklich Ihr letzter Satz, Herr Hausmann!

Nur bei dem Weg ist ein Unterschied zu sehen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank. - Nun hat Herr Kollege Grupe das Wort für die FDP-Fraktion.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es in unseren Wäldern mit einer extremen Situation zu tun, an die sich auch altgediente Forstleute in diesem Ausmaß nicht erinnern können. Durch ein Zusammentreffen von Witterungsextremen und einer explosionsartigen Insektenvermehrung - der Borkenkäfer - wurden unsere Wälder in einem leider überhaupt noch nicht absehbaren Umfang geschädigt. Da sind wir alle uns sicherlich einig. Deswegen sollten wir uns auch einig sein, dass das in der Tat eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und wir aufgerufen sind, hier zusammenzurücken und mit den Experten draußen die bestmöglichen Wege zu finden.

Meine Damen und Herren, der Kollege DammannTamke hat völlig zu Recht von Hunderten von Millionen gesprochen, was die Schäden in unseren niedersächsischen Wäldern angeht. Deswegen können die von Ihnen hier genannten Zahlen, Frau Ministerin, ja nur die allerersten Anfänge darstellen.

Wir haben in den Privatwäldern die Situation, dass sich die Menschen der Problematik hilflos gegenübersehen. Die Konten sind geplündert. Die privaten Waldbesitzer und Genossenschaften sehen sich nicht einmal mehr in der Lage, Schadensbegrenzung zu betreiben - was wirklich tragisch ist -, also das Holz herauszuholen und entsprechend zu behandeln, um die Kalamität überhaupt erst einmal einzudämmen.

Meine Damen und Herren, man muss sich vor Augen führen: Die Nässe 2017 - ich habe extra noch einmal nachgefragt, als Herr Birkner und ich im Harz waren, wo wir in der Landwirtschaft wie im Forst im Sumpf standen - hat bereits zur nachhaltigen Schädigung der Wurzeln geführt. Die extreme Dürre hinterher in den schon geschädigten Wäldern hat dann dem Borkenkäfer - so habe ich es verstanden - das Werk leicht gemacht. Ein Zusammentreffen von Extremen hat also zu dieser extremen Situation geführt.

Deswegen habe ich Sie, Frau Ministerin, auch nicht zufällig nach den Kalkungsmaßnahmen gefragt. Denn das ist ein ganz entscheidender Bestandteil der Vorsorge - wie uns die Experten immer wieder sagen -, um die Böden in Ordnung zu bekommen. Sie haben mir daraufhin auf Nachfrage geantwortet, dass das in den Landesforsten aus Eigenmitteln bestritten wird, also keine Extragelder ausgewiesen sind.

Wir hatten Sie im April 2019 gefragt: Wann und in welchem Umfang wurden seit 2009 in den Niedersächsischen Landesforsten Kalkungen vorgenommen? - Ich kann Ihnen zusammengefasst sagen: Von 2009 bis 2013 - da war mein Parteifreund, der viel zu früh verstorbene Hans-Heinrich Sander Umweltminister - wurden 18 500 ha in den Niedersächsischen Landesforsten gekalkt. Die weiteren Zahlen sind: 2014 null, 2015 null, 2016 null, 2017 null, 2018 null. Das sind die Gesundungskalkungen, die die Landesforsten vornehmen. Damit müssen wir uns dringend auseinandersetzen. Das muss dringend grundsätzlich geändert werden. Hier ist sicherlich nicht ordnungsgemäß gewirtschaftet worden. Hier sind sicherlich Versäumnisse, die als Erstes aufgearbeitet werden müssen,

um zukünftigen Kalamitäten zu begegnen. Wiederaufforstungen auf Böden, die versauert sind - welche Baumarten auch immer gepflanzt werden; wir werden gleich dazu kommen -, machen keinen Sinn. Wir müssen erst einmal sehen, dass wir auch hier unsere Hausaufgaben machen, damit dann die Maßnahmen, die sehr, sehr teuer werden, die in die Hunderte von Millionen gehen werden, überhaupt Erfolg haben können.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Grupe, darf ich Sie bitten, kurz dazubleiben? Herr Kollege Dammann-Tamke hat darum gebeten, eine Frage stellen zu dürfen. Ich wollte Sie nicht unterbrechen.

Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe.

Sie haben mit der Erwähnung des ehemaligen Umweltministers Hans-Heinrich Sander den Eindruck erweckt, dass es einen unmittelbaren politischen Einfluss auf die Anstalt öffentlichen Rechts der Niedersächsischen Landesforsten dahin gehend gäbe, dass ihnen vorgeschrieben werde, wie viele Kalkungen sie zu vollziehen hätten. Geben Sie mir dahin gehend recht, dass es mit der Selbstständigkeit der Niedersächsischen Landesforsten als Anstalt des öffentlichen Rechts in die unternehmerische Freiheit der Anstalten gelegt ist, zu entscheiden, wie viel Kalk sie einsetzen und ob sie überhaupt kalken wollen?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Aber es gibt schon so etwas wie eine Fachauf- sicht!)

Vielen Dank. - Bitte, Herr Grupe!

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. Da es sich damals um eine schwarz-gelbe Regierung handelte, sehe ich den rein sachlichen Hintergrund Ihrer Frage.

(Heiterkeit bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich denke, dass eine Landesregierung schon einen Rahmen dafür setzt, wie sich auch eine solche Anstalt bewegen kann. Es ist dann schon eine Frage, ob diese Anstalten zusätzlich Geld zugewiesen bekommen, weil man die genannte Maßnahme für wichtig hält, oder ob diese Anstalten etwa Geld an das Land abzuführen haben. Insofern werden Sie den Zusammenhang sicherlich genauso erkennen wie ich.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Grupe. - Nun hat für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Wirtz das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit dem Sommer 2018 bis jetzt sind bundesweit 110 000 ha Waldfläche verloren gegangen durch die unmittelbaren Folgen der Dürre, des Insektenbefalls, des Windbruchs, der Sturmschäden und durch ähnliche Folgeschäden, die aus der Trockenheit resultieren - wie wir hören, mit steigender Tendenz.

Ein großer Interessenverband hat bereits - die Zahl wurde ja schon verwendet - von mehreren Hundert Millionen Euro gesprochen, die allein für die Räumung und Wiederaufforstung dieser Schadflächen notwendig wären. Es gibt sogar Angaben von bis zu 2 Milliarden Euro, die notwendig wären.

Wir hier in Niedersachsen - das haben wir auch gehört - haben insgesamt 20 000 ha verloren - zu gleichen Teilen in den Staats- und Genossenschaftsforsten. In den Privatforsten waren es 10 000 ha. Die Privaten halten etwas mehr als die Hälfte der Waldfläche. Deshalb ist diese Relation hier leider auch plausibel.

Wir sollten aber im Auge behalten: Es gibt in Niedersachen - Niedersachsen ist mit 25 % Waldfläche sogar eher unterdurchschnittlich bewaldet - 1,2 Millionen ha Wald. Verloren gegangen sind uns in 18 Monaten 1,6 %. Wir können es uns natürlich nicht alle 18 Monate, also alle anderthalb Jahre leisten, 1,5 % unseres Waldes zu verlieren. Das wäre ein Prozess, den wir aufhalten müssen. Wir müssen an dieser Stelle sehr wachsam sein, soll

ten aber nicht in Hysterie, Alarmismus oder sogar Populismus verfallen.

(Lachen bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Der große Waldverband, von dem ich gesprochen habe, sieht die Wiederaufforstung von 110 000 ha in mehreren Schritten vor. Der erste Schritt muss sein, 11 000 ha wiederzugewinnen. Das ist gerade etwas mehr als die Hälfte dessen, was wir in Niedersachsen verloren haben. Er rechnet dafür mit Kosten in Höhe von etwa 65 Millionen Euro. In der Relation sind die 1,5 Millionen, die hier schon öfter im Gespräch waren, natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, den wir bis jetzt leisten. Aber wer muss leisten?

Wir sind jetzt schon wieder bei Begriffen wie Waldsterben und Kalkungen. Das alles haben wir schon einmal gehört. Die älteren Semester werden sich erinnern: Waldsterben und dagegen kalken, das hatten wir schon vor 30 Jahren. Die Wirkung dieser Kalkungen war damals umstritten. Wir hatten gerade einen schwarz-gelben Fachdialog, wonach doch bitte diejenigen, die das fachgerecht beurteilen können, auch über Kalkungen entscheiden sollten. Wir haben gehört: Gekalkt wird gar nicht so viel, zumindest nicht in den letzten Jahren. Also ist da zumindest der fachliche Blick schon auf dieses Thema gefallen. Wir sollten auch da keine Vorgaben machen, die wir hier gar nicht durchsetzen können.

Der Wald ist wichtig für uns: Er ist ein Luftverbesserer. Er ist ein Arbeitgeber. Es wird schon fleißig - und das fast unbemerkt von der Öffentlichkeit - viel Arbeit geleistet, um die Schäden auszugleichen, die seit 2018 aufgetreten sind. Der Wald ist für uns alle ein wichtiges Naherholungsgebiet. Er ist wichtig für die Artenvielfalt. Und was die Landesforsten angeht, werden - das muss ich auch dazu sagen - die berüchtigten Monokulturen schon lange nicht mehr begünstigt. Seit den 90er-Jahren werden Mischwälder auf Landesforstflächen gefördert. Es wurde schon längst vorweggenommen - ein Redner hat es schon erwähnt -: Die Förster haben die Nachhaltigkeit erfunden. Dieser Begriff ist schon sehr viel älter als das, was jetzt gerade politisch opportun und in Mode ist.

Ökonomische Fehlentscheidungen kommen auch im Wald immer wieder vor. Deshalb sind Verluste nicht immer vermeidbar. Es gibt auch Richtlinien, die gegen überraschende, gegen katastrophale Schäden und Verluste ausgerichtet sind. Wir müssen sagen: Wer den Wald bewirtschaftet, ist auch

ökonomisch verantwortlich. Das gilt auch für die Privaten. Dennoch sind diese Förderprogramme so ausgelegt, dass sie bis zu 80 % der Kosten übernehmen - jedenfalls derjenigen, die überhaupt anerkennbar sind. Ich glaube, das ist schon sehr viel, was Niedersachsen da leistet und auch weiter leisten wird. Ich denke, wir sind da nicht ganz so schlecht aufgestellt, wie es jetzt hier auch aus - sagen wir mal - publikumswirksamen Gründen gern dargestellt wird. Die FDP hat sich hier auf den Zug gesetzt: Irgendetwas mit Wald zieht immer. - Wir werden das in den nächsten Anträgen ja auch noch erleben.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde für diesen Tagesordnungsabschnitt beendet.