Kollege Försterling hat die Aktuelle Stunde zur Generalabrechnung mit der Landesregierung genutzt, mit den immer gleichen Textbausteinen. Er ist da geübt nach fast sieben Jahren Opposition.
Kollegin Hamburg entwickelt sich in die gleiche Richtung. Sie ist erst zwei Jahre in der Opposition und stellt dem Kultusministerium in vorwurfsvollem Ton viele Fragen,
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das können Sie ihr doch nicht vorwerfen! - Zurufe von Julia Willie Hamburg [GRÜNE] und Anja Piel [GRÜNE])
Und bei Herrn Rykena, der schon in seinem zweiten Beitrag wieder deutlich gemacht hat, dass er sich die Bildungspolitik von vor 100 Jahren zurückwünscht - - -
Einen Moment, bitte, Herr Kollege Bratmann! - Etwas mehr Ruhe bitte im Plenarsaal, bevor wir fortfahren!
- Herr Försterling, diese Ruhe sollte nicht hergestellt werden, damit alle Sie gut verstehen können. Das bezog sich auf den Redner.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es wäre schon viel erreicht, wenn alle mich hören könnten. Ob mich alle verstehen, weiß ich nicht.
Da sind wir beim Kollegen Rykena, der in seinen ersten beiden Redebeiträgen heute Morgen schon deutlich gemacht hat, dass er sich eigentlich die bildungspolitischen Verhältnisse von vor 100 Jahren, vielleicht auch von vor 80 Jahren zurückwünscht.
Im bildungspolitischen Hier und Jetzt sind Sie jedenfalls nicht angekommen, Herr Rykena. Das machen Sie immer wieder deutlich.
Zum Thema: Ich fühle mich an einem Spruch erinnert, den mir mal ein Lehrer in der 7, Klasse ins Poesiealbum geschrieben hat und den vielleicht manche kennen:
„Algebra, Physik, Chemie - mancher denkt, er lernt es nie. Aber mancher, der das dachte, später doch Karriere machte.“
Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse in Naturwissenschaften und Mathematik immer wieder Thema in diesem Saal. Drei ehemalige Kultusminister und ein aktueller Kultusminister könn
(Heiterkeit - Helge Limburg [GRÜNE]: Er hat nach der Verfassung unbe- grenzte Redezeit, Herr Kollege!)
Der IQB-Bildungstrend wurde zum zweiten Mal erhoben. Die Leistungen niedersächsischer Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I - in der Klasse 9 - in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik wurden überprüft. Rund 45 000 Schülerinnen und Schüler an rund 1 500 Schulen bundesweit waren daran beteiligt. Die Ergebnisse regen sicherlich zum Nachdenken an, und sie müssen uns auch zum Handeln anregen.
Es geht z. B. um die folgende Kompetenzen im Bereich Mathematik: mathematisch argumentieren, Probleme mathematisch lösen, mathematisch
kommunizieren. - Das zeigt schon: Bildung nach diesem Verständnis erreicht man nicht durch Eintrichtern, nicht durch immer neue Standards und nicht dadurch, dass man den Schülerinnen und Schülern immer mehr Leistungen abverlangt. Denn es geht um Zugänge. Das Eintrichtern funktioniert nicht mehr. Wer das erkennt, ist schon auf dem richtigen bildungspolitischen Weg.
Der Grundstein dafür, dass Kinder Zugänge zu Naturwissenschaften und zur Mathematik haben, wird schon früh gelegt - auch das wurde erkannt -, nämlich in der Kita. Wir haben heute viele Programme und Modelle in der Kita - von den Wissensforschern bis hin zu naturwissenschaftlichen Projekten, teilweise sogar schon im Krippenalter von 0null bis drei Jahren -, die Kinder anregen, Antworten auf die Fragen zu suchen, die sie natürlich haben, ihrer natürlichen Neugier entsprechend: Wie entsteht Feuer? Woher kommt der Regen? Was sind Ebbe und Flut? Warum schwimmen manche Gegenstände und andere nicht? - Sogar das adventliche Backen von Keksen, das demnächst wieder stattfinden wird, ist ein Zusammenspiel von Physik, Chemie und auch ein bisschen Mathematik.
Kinder haben von Natur aus durchaus Lust darauf und Interesse daran, sich naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Dieses Interesse wird mitunter durch Projekte in der Kita wie die, die ich genannt habe, geweckt. Es muss in der Grundschule weitergetragen werden, bis in die weiterführenden Schulen hinein. Und da stirbt das manchmal ab.
Das hat natürlich auch mit den von mir beschriebenen Zugängen zu tun. Es kommt darauf an, dass die Fachdidaktik die Schülerinnen und Schüler anregt und unterstützt, dass sie ihnen mitunter auch ihre Angst vor Mathematik nimmt. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, für manche Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen wie auch bundesweit beginnt mit dem Gong zur Mathestunde mitunter die schlimmste Zeit des Tages, und in Physik und Chemie sieht das nicht anders aus.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir in Niedersachsen viele Projekte haben - alle aufzuzählen, würde den Rahmen meiner Redezeit sprengen -, die sich damit beschäftigen, Schülerinnen und Schülern MINT-Fächer näherzubringen, ihnen die Angst zu nehmen und vor allen Dingen ihre Lust darauf zu wecken. Das ist das Entscheidende: Auf Mathematik, Biologie, Physik und Chemie kann man Lust haben. Das muss gefördert und das muss unterstützt werden.
Das ist vor allen Dingen eine Frage der Fachdidaktik. Da passiert viel auf der Ebene von Lehrerfortbildung. Da passiert viel auf der Ebene einer anderen Didaktik, die nicht darauf ausgelegt ist, Schülerinnen und Schülern nur Wissen einzutrichtern. Denn das würde heutzutage zu kurz greifen.
Auf diesem Weg sind wir, und den müssen wir entschieden weitergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
- letzte Erkenntnis, liebe Frau Präsidentin -, die mich manchmal auch ein bisschen an die Politik hier erinnert: Die Mädchen holen die Jungen bei den Ergebnissen ein oder überholen sie sogar; sie sind aber wesentlich zurückhaltender und schätzen sich wesentlich schlechter ein. Jungen schätzen sich besser ein, können aber weniger.
Es ist ein bisschen wie in der Politik: Männer haben keine Ahnung, das aber im Brustton der Überzeugung, -
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schülerinnen und Schüler brauchen beste Bildung. - Herr Försterling, bis zu diesem Punkt stimmen wir in der Einschätzung überein. Danach fallen unsere Einschätzungen teilweise dramatisch auseinander.