Wenn wir Vertrauen in diesem wichtigen Bereich der Kultuspolitik gemeinsam aufbauen und verstetigen wollen, dann geht das eben nicht, indem ich sage: „Eigentlich könnte man alles auf einmal!“ - genau das kriegen wir nicht hin -, sondern nur im Laufe dieser Wahlperiode Schritt für Schritt und Jahr für Jahr. Dafür werbe ich. Deswegen wird dieser Gesetzentwurf richtigerweise abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Minister Tonne. - Nun möchte sich die FDP noch einmal zu Wort melden und nimmt § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung in Anspruch. Die Landesregierung hat auch ein kleines bisschen überzogen. Ich erteile Ihnen zwei Minuten Redezeit, Herr Kollege Försterling.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Namens der FDP-Fraktion beantrage ich die Rücküberweisung der beiden Beratungsgegenstände in den Kultusausschuss, sodass sie mit dem Entwurf des Schulgesetzes der die Landesregierung tragenden Fraktionen beraten werden können.
Meine Damen und Herren, hier ist der Antrag auf Rücküberweisung gestellt worden. Wer ist für diesen Antrag? - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Mit großer Mehrheit ist der Antrag abgelehnt worden.
(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das ist nicht zu fassen! Und ihr wollt mit uns über Minderheitenrechte reden!)
Im Übrigen darf ich feststellen, dass die Beratungen zu diesem Tagesordnungspunkt abgeschlossen sind, Herr Kollege Dr. Birkner.
Zunächst komme ich zur Abstimmung zu Nr. 1 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/37 ablehnen will, den bitte ich
- ohne Heiterkeit - um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wurde der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich komme zur Abstimmung zu Nr. 2 der Beschlussempfehlung. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der FDP in der Drucksache 18/32 ablehnen will, den bitte ich auch jetzt um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit wurde mit großer Mehrheit auch dieser Antrag abgelehnt.
Tagesordnungspunkt 4: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/168
Zur Einbringung dieses Gesetzentwurfs hat sich Frau Wulf von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD und CDU haben einen Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes vorgelegt. Hiermit wird eine der wichtigen Weichenstellungen für das kommende Schuljahr angegangen.
Worum geht es in diesem Gesetzentwurf? - Er betrifft im Wesentlichen drei Punkte. Hierunter befindet sich einer der zentralen Bereiche der Bildungspolitik: die Inklusion. Sie stellt ganz neue Herausforderungen. Deutschland hat sich zu diesen grundlegenden Veränderungen im Bildungsbereich verpflichtet. Für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention - das wissen wir alle - sind weitere Schritte notwendig. Ziel ist die ge
Wir sind uns einig, dass das individuelle Kindeswohl im Mittelpunkt stehen muss. Daher gilt für uns: Das Anliegen der Inklusion ist zu wichtig, um sie nicht zum Erfolg zu führen. Gleichzeitig dürfen wir Eltern, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler mit den Herausforderungen der Inklusion eben nicht überfordern.
Dazu gehört für die CDU das Angebot der Förderschule Lernen als wichtige Ergänzung unseres breit gefächerten Schulsystems. Die Förderschule Lernen erhält in diesem Gesetzentwurf Bestandsschutz bis zum Schuljahr 2027/2028, und die Einschulung in die Sek I machen wir zum nächsten Schuljahr wieder möglich. Das war auch eines unserer Kernanliegen.
(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Ein Moratorium war das! Es ist nicht viel herausgekommen bei dem Moratorium!)
Die Fortsetzung der Förderschule Lernen ist daher an Bedingungen geknüpft: zum einen an den Bedarf, der vor Ort bestehen muss, und zum anderen an ein regionales Inklusionskonzept. Das Inklusionskonzept hält fest, wie es nach dem Auslaufen der Förderschule Lernen weitergeht.
Sie werden sagen: Das ist ein Kompromiss! - Das haben wir auch heute schon mehrfach diskutiert. Aber es ist - es ist mir wichtig, das noch einmal zu sagen - ein Kompromiss, der Lösungen schafft. Es ist ein Kompromiss, der das Ziel der Weiterentwicklung der Inklusion nicht gefährdet. Genau darauf kommt es uns an.
Die wichtige Veränderung ist: Wir gewinnen eine der wichtigsten Ressourcen im Bereich der Inklusion. Wir gewinnen nämlich Zeit. Wir gewinnen Zeit, um Lehrkräfte durch Fort- und Weiterbildung zu qualifizieren. Wir gewinnen Zeit, um zusätzliche pädagogische Fachkräfte einzustellen, und wir gewinnen Zeit, um die Sorgen und Nöte der Eltern zu adressieren und dafür Lösungen zu entwickeln. Ja, wir treiben Inklusion voran, aber mit Augenmaß.
Darüber hinaus entstehen durch den Gesetzentwurf neue Handlungsspielräume für die Schulträger. Für diese ist das bekanntlich sehr wichtig, um die regionalen Bedarfe zu erfassen und ihnen gerecht zu werden. Die Schulträger können zukünftig entscheiden, ob sie eine Förderschule Lernen fortführen oder ob sie an der allgemeinbildenden Schule Lerngruppen einrichten.
Auch dies wird an vielen Schulen Entlastung bringen. Glauben Sie mir: Entlastung - das weiß ich aus vielen persönlichen Gesprächen - ist genau das, was sich Pädagoginnen und Pädagogen wünschen, um die Inklusion zum Erfolg zu führen.
Spricht man in diesen Tagen über die Bundespolitik, so bemerkt man, dass die Menschen in Niedersachsen nachdenklicher geworden sind. Sie erwarten als Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und als Schülerschaft Stabilität - ich finde, auch zu Recht.
CDU und SPD in Niedersachsen haben mit diesem Entwurf beides gezeigt: Wir sind handlungsfähig, und wir bieten den Menschen in diesem Land Lösungen an, auch - ich finde, das ist ein Erfolg - und gerade im Bereich der umstrittenen Bildungspolitik. Daher gehe ich auch davon aus, dass dieser Gesetzentwurf sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene von allen Akteuren beider Parteien mitgetragen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass auf beiden Seiten hart um diese Lösung gerungen wurde. Es war auch nicht immer einfach. Das ist auch gut so; denn es steht ja schließlich viel auf dem Spiel.
SPD und CDU haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Fokus auf das Kindeswohl richtet, der die Inklusion voranbringen wird und - das ist uns besonders wichtig - die Wahlfreiheit für die Eltern noch einmal untermauert. Die inklusive Gesellschaft lässt sich nämlich nicht einfach per Gesetz verordnen. Sie braucht Zeit, um Haltungen zu prägen. Die Unterrichtsqualität darf natürlich nicht leiden. Bildungsziele müssen auch weiterhin erreicht werden. Am Ende geht es immer um das Kindeswohl aller Kinder - der Kinder mit Behinderungen und der Kinder ohne Behinderungen - und nicht um die einseitige Umsetzung eines Gesellschaftsideals. Dennoch muss ich sagen: Der inklusive Gedanke bleibt ein richtiger, ein wichtiger und ein guter.
Neben dem Megathema Inklusion haben wir weitere Veränderungen verankert: Da ist zum einen das bereits angesprochene Einschulungsalter. Das ist eine lang bestehende Forderung der Eltern in Niedersachsen. Das Einschulungsalter wird flexibilisiert. Der Stichtag 30. September wird aufgehoben. Damit wird der Entwicklungsstand des einzelnen Kindes berücksichtigt. Wir setzen den Einschulungskorridor vom 1. Juli bis zum 30. September an. Die Eltern können zukünftig entscheiden, ob ihr Kind schon kurz vor oder kurz nach der Vollendung des 6. Lebensjahres in die Schule kommt oder alternativ noch ein Jahr im Kindergarten verbringt.
Der dritte Punkt betrifft die frühkindliche Sprachförderung. Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir hier mit einer Kann-Regelung eine Möglichkeit schaffen. Der Einsatz von Lehrkräften für die Sprachförderung ist nicht mehr zwingend nötig. Es geht darum, Handlungsspielräume zu eröffnen. Die Sprachförderung für alle Kinder bleibt allerdings oberstes Ziel; das ist selbstverständlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren - Frau Hamburg hat es netterweise schon angesprochen -, wir kommen zur Zeitschiene. Die angestrebte Umsetzung der Wiedereinschulung in die Förderschule Lernen zum neuen Schuljahr ist nicht leicht. Die Zeitpläne für die Beratungen sind für alle Beteiligten eine Herausforderung. Wir haben uns diese Entscheidung in der Tat nicht leicht gemacht und wissen, mit welchen Problemen sie verbunden ist. Wir hätten auch eine andere Lösung vorgezogen, allerdings war am Ende die Perspektive, wie sich das Thema aus der Sicht der Betroffenen darstellt und wie es den Kommunen damit ergeht, ausschlaggebend. Wir wollten ihnen zur Umsetzung und zur Wiedereinschulung in die Sekundarstufe 1 in der Förderschule Lernen so viel Zeit wie möglich geben - der Zeitraum ist ohnehin schon sehr, sehr knapp. Deshalb haben wir diesen Zeitraum so gewählt, wie er gewählt wurde. Ansonsten wäre das Projekt vermutlich so nicht auf den Weg gebracht worden und wäre die Einschulung in die Klasse 5 nicht möglich.
Zusammenfassend: Wir machen die Einschulung in die Förderschule Lernen zum nächsten Schuljahr wieder möglich. Wir kommen dem langjährig bestehenden Wunsch der Eltern nach, das Einschulungsalter zu flexibilisieren, und wir schaffen in
der Sprachförderung die Möglichkeit, Erzieherinnen und Erzieher einzubinden, was im Übrigen auch von vielen Erzieherinnen und Erziehern gewünscht ist.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. Lebhafte Diskussion ist bei Bildungsthemen hier immer gewährleistet. - Es spricht jetzt für die FDP Herr Kollege Försterling. Bitte sehr!