Allerdings hat sich die GroKo aus dieser Minimalposition weiterentwickelt, und das ist gut. Nach der Anhörung, die wir durchgeführt haben, in der viele der Fachexpertinnen und Fachexperten ganz explizit unsere grünen Forderungen wiederholt und aufgegriffen haben, haben die Regierungsfraktionen einige dieser wichtigen grünen Punkte aufgenommen. Das freut uns natürlich. Das gilt z. B. für den Arbeitsauftrag, gemeinsam mit den Kommunen Mehrwegsysteme für die Gastronomie und für öffentliche Veranstaltungen zu entwickeln. Auch das Thema Dolly Ropes - Sie kennen vielleicht diese orangenen Plastikschnüre, die man sieht, wenn man am Strand spazieren geht - ist dort aufgenommen worden.
Leider - das ist vielleicht gar nicht so überraschend, wenn man sich die letzten zwei Jahre anschaut - ist die GroKo auf halbem Weg stehen geblieben. Das Land darf nicht länger nur auf den Bund verweisen, sondern es muss selbst aktiv werden. Es gibt tatsächlich Punkte, bei denen das Land gut etwas bewirken kann. Diese haben wir in unserem Antrag herausgestellt.
Das Land muss die Finanzierung für die Strandreinigung absichern. Über einen Meeresmüllfonds müssen Industrie und Handel als Verursacher der langlebigen Plastikabfälle für die Folgekosten finanziell in Haftung genommen werden. Denn bislang müssen die Kommunen und die Nationalparkverwaltung für die Kosten der Strandreinigung und vor allen Dingen auch für die Entsorgung des anfallenden Plastikmülls aufkommen. Das, sehr geehrte Damen und Herren, ist doch, ehrlich gesagt, ein Zustand, den wir so nicht stehen lassen können. Das ist eine Sauerei; denn die Leidtragenden der Verschmutzung müssen auch noch selber dafür bezahlen, dass der Plastikmüll dort wegkommt. Sie sammeln ihn ein und müssen dann auch noch für die Entsorgung - u. a. über ihre Müllgebühr - bezahlen. Da muss das Land einspringen und den Küstenkommunen helfen.
Sie haben die Hotspots an der Küste und auf den Inseln auch in Ihrem Antrag aufgegriffen. Darüber, wer diese Strandreinigung übernehmen und wer vor allen Dingen auch die Entsorgung finanzieren soll, verlieren Sie leider kein Wort.
Eine wichtige Forderung haben Sie, ich sage mal: vergessen, obwohl in der Anhörung ganz klar herauskam: Es gibt noch gar keine Grenzwerte für Mikroplastik z. B. in Lebensmitteln, im Trinkwasser, in Abwässern, in Flüssen, in Seen. Dafür müssen wir in Niedersachsen auf Bundesebene kämpfen. Solange wir uns da nicht durchsetzen können, muss Niedersachsen eigene Standards setzen.
Der Antrag der Regierungsfraktionen - damit komme ich zum Schluss - bleibt uns an ganz vielen Stellen zu zahnlos. Genau deshalb werden wir ihn heute hier ablehnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Byl. - Ich darf darauf hinweisen - Sie werden mir sicherlich zustimmen -, dass der Begriff „Sauerei“ nicht unbedingt parlamentarisch ist. Sie meinten aber niemand anderen hier im Hause oder etwas, was derjenige tut, sondern den Vorgang draußen an sich. Von daher hege ich da gewisse Sympathien, und Sie bekommen keinen Ordnungsruf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die SPD-Fraktion hat sich der Kollege Pott zu Wort gemeldet. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! „Plastik ist das Material des 21. Jahrhunderts, aber es ist auch das Problem des 21. Jahrhunderts.“ So bringt es Benjamin Bongardt, Leiter der Ressourcenpolitik des NABU, wie ich finde, auf den Punkt.
Kunststoffe sind heute wichtige und wertvolle Werkstoffe. Sie werden in vielen Produkten und Produktionsprozessen eingesetzt und sind aufgrund ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und ihrer Materialeigenschaften aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Wurden in den 1950er-Jahren weltweit etwa 1,5 Millionen t Kunststoff im Jahr produziert, waren es im Jahr 2016 ca. 350 Millionen t. Das entspricht einer Steigerung um das 230-Fache.
Lange Zeit stand Kunststoff für eine preiswerte, aber auch nachlässige Verbrauchskultur, die viele bis dato für selbstverständlich gehalten haben, für so selbstverständlich, meine Damen und Herren, dass sich als Ergebnis unserer Wegwerfgesellschaft laut Schätzungen derzeit 150 Millionen t Plastikmüll in den Weltmeeren befinden. Bereits im Jahre 2050 könnte mehr Plastik als Fisch in unseren Meeren sein. Plastik findet sich nicht nur in unseren Meeren und in den Körpern vieler Meerestiere, sondern auch in unseren Flüssen und Böden und wird damit zu einer Gefahr für unser aller Gesundheit.
Meine Damen und Herren, die zunehmende Plastifizierung unseres Lebens und damit einhergehende Umwelt- und Gesundheitsprobleme stehen im Gegensatz zum industriellen Nutzen des Werkstoffes Kunststoff. Dieses komplexe Spannungsfeld müssen wir auflösen. Ein „Weiter so!“ darf und wird es mit der SPD-Landtagsfraktion nicht geben, meine Damen und Herren.
Aus diesem Grunde freue ich mich darüber, dass wir heute mit dem Antrag der Regierungskoalition einen wichtigen Schritt, Frau Byl, in die richtige Richtung gehen und das Plastikmüllproblem auch auf Landesebene anpacken.
Der vorliegende Antrag wird dabei dem Anspruch gerecht, die bestehenden Ziele und Maßnahmen auf Bundes- und Europaebene nicht nur wohlwollend, Frau Byl, zu begleiten, sondern aktiv zu fördern, voranzutreiben und auch starke eigene Akzente zu setzen. Das Lob, Frau Byl, das wir von Ihnen bekommen haben, nehmen wir gerne entgegen.
Meine Damen und Herren, die Menge an Verpackungsabfällen aus Kunststoff in Deutschland ist innerhalb von 20 Jahren um etwa 94 % gestiegen. Mit 226,5 kg pro Person wurde im Jahre 2017 ein neuer und trauriger Rekordwert erreicht. Frau Byl hat es gerade erwähnt. Darum fordern wir die Einführung von einheitlichen Lizenzentgelten für schlecht recycelbare Verpackungen, die Erarbeitung eines Wertstoffgesetzes und die Abschaffung von Pfandausnahmen bei Einweggetränkebehältern aus Kunststoff.
eine generelle und spürbare Reduzierung von Plastik. Daher müssen wir alle als verantwortungsbewusste und mündige Verbraucherinnen und Verbraucher beherzigen, dass sämtliche Verpackungen und Produkte aus Plastik, die ihren Weg in die Umwelt finden, dort möglicherweise über Jahrhunderte verbleiben und Ökosysteme und Lebewesen massiv beeinträchtigen.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir den Beschluss des Bundeskabinetts zum Verbot von leichten Kunststofftragetaschen als Schritt in die richtige Richtung. Aber, meine Damen und Herren, ich sage hier ganz deutlich: Das geht uns noch nicht weit genug.
Wir fordern daher die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für ein generelles Verbot von Plastiktüten einzusetzen und stattdessen Mehrwegsysteme zu etablieren. Ein solches Verbot hätte enorme Signalwirkung und würde dazu beitragen, im Handel und bei den Konsumentinnen und Konsumenten das bereits begonnene Umdenken zu beschleunigen.
Bei der Suche nach Alternativen und Substituten für Plastikprodukte im Allgemeinen und für die Plastiktüte im Speziellen sollte allerdings unbedingt die ganzheitliche Ökobilanz betrachtet werden.
Meine Damen und Herren, wenn Kunststoffe in die Umwelt gelangen, sind sie nicht nur sehr langlebig, sondern auch schwer abbaubar. Aus diesem Grund liegt ein weiterer Schwerpunkt unseres Antrages auf der Verringerung des Eintrags von primärem und sekundärem Mikroplastik. Welche Auswirkungen der Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt, auf unsere Nahrung und damit für unsere Gesundheit hat, lässt sich aktuell noch nicht abschätzen. Fakt ist: Auch unsere Körper nehmen Plastik auf. Laut einer WWF-Studie sind dies im globalen Durchschnitt sogar bis zu 5 g pro Woche, das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. Deswegen unterstützen wir notwendige Forschungsvorhaben, um wissenschaftlich belastbare Grenzwerte zum Mikroplastik zu erlangen - insofern d’accord mit Frau Byl.
Um dem großen Forschungsbedarf in diesem Bereich nachzukommen, wollen wir auch auf Landesebene einen Beitrag zur besseren Untersuchung von Mikroplastik leisten und planen daher, die vorhandene Forschungsinfrastruktur auszubauen, um z. B. die gesundheitliche Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher durch einen Eintrag von Mikroplastik in die Nahrungskette zu untersuchen.
Auf Bundesebene fordern wir die zeitnahe Umsetzung des Bundesratsbeschlusses zum Verzicht auf Mikroplastik in Kosmetika, mit dem wir uns auch die Möglichkeit für ein nationales Verbot offenhalten.
Meine Damen und Herren, Plastik ist heute fester Bestandteil unseres Alltages: in unserer Kleidung, im Auto, in Spielzeugen, in Lebensmittelverpackungen. Man könnte diese Liste noch lange weiterführen. Plastik erscheint uns heute als Segen und Fluch zugleich - oder, um auf das Ausgangszitat zurückzukommen: Plastik ist das Material des 21. Jahrhunderts. Plastik ist aber auch das Problem des 21. Jahrhunderts.
Vielen Dank, Herr Kollege Pott. - Für die FDPFraktion erhält nun das Wort Herr Kollege Horst Kortlang.
Verehrtes Präsidium! Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! In der ausführlichen Anhörung im Ausschuss wurde deutlich: Das gute Plastikprodukt, was die Abbaubarkeit angeht, gibt es eigentlich nicht. Es geht um den Umgang mit den Plastikprodukten. Da hilft auch keine Erhöhung der Sammelquote, wie es ja in dem Antrag anklang, und bei Einweggetränkeflaschen; denn wenn deren Anteil von 20 % auf 70 % steigt, landen dennoch mehr Einwegflaschen in der Umwelt und letztendlich - wie es ja auch dargestellt wird - im Meer.
Wir müssen uns die Frage stellen, warum das Produkt, das es auch aus Pflanzen gibt, auch weiterhin noch als Plastikvariante zu haben ist. Weil - diese Frage kann man sich selbst beantworten - der Rohstoff, aus dem diese Kunststoffe hergestellt werden, das außerordentlich preiswerte Öl ist. Folglich werden diese Produkte spottbillig hergestellt. Allein in Deutschland - das wurde eben auch schon gesagt - werden fast 6 Millionen t Leichtverpackungen und Kunststoffe umgesetzt. Ihr Vorteil der außerordentlich langen Haltbarkeit ist der entscheidende Nachteil für unsere Umwelt und damit für die Meere und die in ihnen lebenden Tiere.
Aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellte Kunststoffe und die daraus produzierten Produkte weisen leider dieselben Umweltgefahren auf und sind damit normalerweise keine Alternative. Das ist aber entweder bei Ihnen nicht verinnerlicht worden, oder Sie wollten es nicht so richtig wahrhaben; denn daraus hätten Sie die Konsequenz formulieren und im Antrag eigentlich fordern müssen. Ein Zwölftel der in Deutschland verbrauchten Primärenergie geht in den sogenannten nichtenergetischen Verbrauch, gut drei Viertel als Rohstoff für Kunststoff. Das waren 2017 fast 20 Millionen t.
Die Natur war da wohl deutlich klüger und hat ganz bewusst die Haltbarkeit begrenzt und darauf geachtet, dass alles abbaubar ist. Das nennt man Kreislaufwirtschaft, aus Gottes Hand geschaffen. Daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen und daran arbeiten.
Konsequenterweise hätte daher die simple Forderung in Ihren Antrag aufgenommen werden müssen, das Inverkehrbringen von Kunststoffprodukten einzuschränken, die durch ihren Gebrauch als Ganzes oder in Teilen leicht in die Umwelt gelangen. Aber das haben Sie nicht getan.
Mir ist bewusst, dass es damit einen Aufschrei bei den Verbrauchern, im Handel und in der Industrie geben würde, aber das hätte man aushalten müssen. Wir erleben gerade den Aufschrei einer ganzen Branche, weil wir für die Landwirtschaft in Analogie eine solche Forderung aufgestellt haben. In diesem Fall fühlen sich die Verfasser aber im Recht.
Wir haben nicht nur ein Energieproblem, sondern ein ganzes Bündel von Problemen, die sich nun manifestieren, gerade weil Energie über zwei Jahrhunderte sehr billig und leicht zur Verfügung stand. Somit konnte man das alles umsetzen. Aber es darf nicht sein, dass unsere Abfälle nun, weil die Chinesen ein Importverbot verhängt haben, nach Indien oder nach Afrika entsorgt werden. Wir haben die Verantwortung. Wir sollten ein Zeichen setzen. Fischernetze - das klang auch schon an - und Taue bei deutschen Fangflotten und Fischern sollten aus Hanf oder Sisal und Auftriebskörper aus Kork gefertigt werden, weil die Netze oft auf Meereswegen verlorengehen.
Wir müssen auch weg von den Einmalverpackungen hin zu den Mehrwegverpackungen gehen - auch aus Glas und noch besser aus Edelstahl. Zusätzlich sollten die Wege minimiert werden. Weißblech, wenn es sein muss, für Einweg wäre die deutlich bessere Konsequenz gewesen.
Meine Fraktion wird den Antrag ablehnen. Ich habe es schon im Ausschuss gesagt: Ich hätte auch dafür gestanden, dass wir das Institut CUTEC beauftragen, die thermochemische Vergasung anzugehen. Dann hätten wir wesentlich mehr gemacht und hätten das abarbeiten können.
Vielen Dank, Kollege Kortlang. - Für die AfDFraktion hat sich der Abgeordnete Stefan Wirtz zu Wort gemeldet.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu vorgerückter Stunde ist zu diesem Thema schon fast alles gesagt worden. Eines ist, glaube ich, die einhellige Meinung aller hier im Saal: Plastik gehört nicht in die Umwelt, nicht in die Natur und schon gar nicht ins Meer. Uns ist klar, dass der meiste Abfall, der im Meer als Plastikmüll kreist, von den großen Flüssen eingetragen wird. Uns ist aber auch klar, dass diese großen Flüsse fast alle in Asien - und einer in Afrika - liegen und dass dort die entscheidenden großen Massen an Plastik in die Umwelt und ins Meer geraten.
Wir können natürlich trotzdem etwas tun. Wir haben aber auch selbst festgestellt: Die Plastikmüllreste, die sich in der Nordsee befinden, werden auch durch Flüsse eingetragen. Da ist es natürlich an uns, ebenfalls Vorkehrungen zu treffen, sodass der Mülleintrag reduziert oder möglichst auf null gebracht wird.
Die konsequente Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/0172 ist im Grunde der Kern des Antrags von SPD und CDU. Das Vorsorgeprinzip muss gelten. An allererster Stelle gilt als Wichtigstes die Müllvermeidung. Vorsorge in Form von abbaubaren Plastikprodukten oder von leichter recycelbaren Plastikprodukten ist erst der zweite Schritt. Das Wichtigste ist tatsächlich die Reduzierung des eingesetzten Verpackungsanfalls. Das befürworten wir sehr. Deshalb haben wir diesem Antrag in der geänderten Form zugestimmt.