Das effektivste Mittel, die Menschen zu schützen, wäre zweifellos das Verbot der Einreise für die Doppelstaatler durch die Aberkennung der deutschen Staatsbürgerschaft. Dies hätte mit allen Mitteln erreicht werden müssen. In Dänemark und in England geht das. Warum also nicht in Deutschland? Für eine solche Gesetzesänderung braucht man vielleicht Politiker mit Rückgrat.
Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion erhält nun Herr Fraktionsvorsitzender Dr. Birkner das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist klar und, soweit ich das wahrnehme, auch allen Sicherheitsbehörden völlig präsent, dass von den Rückkehrern aus den Kriegsgebieten und von den islamistischen Terroristen, die von dort zurückkommen, eine Gefährdung ausgeht. Insofern hatte ich gehofft, dass wir von SPD und CDU hier etwas Neues hören. Mehr als Allgemeinplätze, dass man da hingucken muss und dass man die allgemeinen Regeln anwenden muss, habe ich bisher leider nicht vernommen.
Es ist doch eine Selbstverständlichkeit, dass die Sicherheitsbehörden und die zuständigen Staatsanwaltschaften gegebenenfalls die Strafverfolgung aufnehmen, wenn sich Anhaltspunkte für Straftaten ergeben haben. Jedenfalls hoffe ich sehr, Herr Minister, dass das selbstverständlich ist. Ich nehme die Arbeit der Sicherheitsbehörden auch so wahr, dass Polizei und Verfassungsschutz sich sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene sehr intensiv mit diesen Personen befassen. Insofern sehe ich, dass die Sicherheitsbehörden im Moment sehr wohl alarmiert und in der Lage sind, sich mit dieser Herausforderung auseinanderzusetzen.
Dem hier immer wieder gegebenen Hinweis, man könne das Problem dadurch lösen, dass man die Staatsbürgerschaft entziehe, kann ich persönlich nicht folgen; denn ich habe ein anderes Verhältnis zur Staatsbürgerschaft.
Wenn sie verliehen ist, ist sie verliehen. Das ist ein gegenseitiges Rechte- und Pflichtenverhältnis des Staats zum Bürger und des Bürgers zum Staat. Darüber so leichtfertig hinwegzugehen, indem man einfach die Staatsbürgerschaft entzieht,
stellt doch sehr stark infrage, welche Relevanz die Staatsbürgerschaft tatsächlich hat. Was macht ein Volk denn dann aus, wenn man damit so beliebig umgehen kann? Das ist sehr verwunderlich.
Ich bin aber auch irritiert, muss ich sagen, über Äußerungen der CDU-Fraktion, die heute in den Zeitungen zu lesen sind. Es wird nämlich - ich vermute, auch im Kontext mit dieser Aktuellen Stunde - noch einmal sehr deutlich gesagt, man müsse an die Grenzen des Rechtsstaats gehen. Wir haben hier heute leider nichts gehört, was damit eigentlich gemeint ist. Das hätte mich nun wirklich interessiert. Denn es ist nicht Aufgabe von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten, an die Grenzen des Rechtsstaats zu gehen.
Vielmehr ist es ihre Aufgabe, den Rechtsstaat und die verfassungsmäßige Ordnung zu wahren und anzuwenden sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip zur Geltung zu bringen. Genau an dem Punkt werde ich etwas skeptisch, wenn gesagt wird: Wir gehen jetzt an die Grenzen des Rechtsstaats! - Denn dann wird der wesentliche Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit infrage gestellt. Das ist nicht hinnehmbar.
Das Entscheidende wird sein, dass wir Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte und Verfassungsschutz in die Lage versetzen, die bestehenden Regeln anzuwenden. Wenn jetzt eine große Anzahl von Gefährdern, Straftätern oder Beschuldigten nach Deutschland kommt und entsprechend verfolgt werden muss, dann müssen die Polizei und die anderen Sicherheitsbehörden sowie die Staatsanwaltschaften und Gerichte in der Lage sein, die nötigen Schritte umzusetzen.
Da finde ich es sehr bemerkenswert, Frau Ministerin Havliza - ich komme darauf zurück; wir hatten das im letzten Plenarsitzungsabschnitt in einem anderen Zusammenhang diskutiert -, dass Sie Ihre Zusagen gegenüber der Justiz bezüglich einer Verstärkung eben nicht einhalten. Die 50 Stellen, die jedes Jahr als Aufwuchs hinzukommen sollten, kommen eben nicht! Das ist doch genau der Schwachpunkt, den Sie offenbaren. Da brauchen wir nicht darüber zu sprechen, dass man an die Grenzen des Rechtsstaats gehen müsse, sondern wir müssen Justiz und Polizei in die Lage versetzen, bestehende Regeln anzuwenden. Da tun Sie nicht das, was Sie selbst für notwendig erachtet
nach unserer Wahrnehmung durchaus gut beschäftigt ist. Aber derartige Prozesse finden auch an anderen Gerichten statt, obwohl ein Bezug zu Niedersachsen besteht. Warum wird der Fall, der angesprochen worden ist, in München verhandelt, obwohl es einen ausdrücklich niedersächsischen Bezug gibt? Die Zuständigkeit des OLG München ist gegeben.
Aber Sie und wir wissen auch, dass die anklagende Bundesanwaltschaft hierbei natürlich auch über einen gewissen Steuerungsmechanismus verfügt. Mein Eindruck ist, dass Niedersachsen hierbei nicht ganz oben steht, weil man in Celle auch räumliche Probleme hat. Da vermisse ich auch - wenn man sagt, dass sich Niedersachsen diesen Problemen und Herausforderungen konsequent stellen will -, abgesehen von allgemeinen Bekundungen, dass die Situation im Staatsschutzsenat in Celle schwierig ist, konkrete Vorschläge, wann und wie tatsächlich ein neuer Staatsschutzgerichtssaal gebaut wird, damit wir das rechtsstaatliche Verfahren hier in Niedersachsen durchführen können. Auch dazu kommt von der Landesregierung leider zu wenig.
Insofern meine ich, dass die rechtlichen Instrumentarien - Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss - ausreichen. Sie müssen aber konsequent angewendet werden. Dafür müssen die personellen und sächlichen Voraussetzungen gegeben werden. Das ist der Punkt, an dem diese Landesregierung noch Hausaufgaben zu erledigen hat.
Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Abgeordnete Limburg das Wort. Bitte, Herr Kollege!
fasst sich ausdrücklich mit IS-Rückkehrern. Insofern ist es nachvollziehbar, Herr Ahrends, dass Sie nichts zu anderen Rückkehrern gesagt haben, die es ja auch gibt. Ansonsten hätte man hier auch über Ihren AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron sprechen können, der sich in Südafrika nach eigenen Angaben in einem paramilitärischen Camp rechtsextremer Gruppen an Waffen hat ausbilden lassen und dann nach Deutschland zurückgekehrt ist. Auch darin sehe ich ausdrücklich eine zumindest potenzielle Gefahr für den Frieden in unserem Land, lieber Herr Ahrends. Aber darüber können wir ja vielleicht noch einmal an anderer Stelle ausgiebig diskutieren.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin dem Kollegen Calderone durchaus dankbar, dass er die Stärke des Rechts und des Rechtsstaats hier so betont hat; denn in der Tat sehen wir, dass es gut ist, dass Deutschland das Völkerstrafgesetzbuch vor roundabout 20 Jahren erlassen und dann immer wieder angepasst und weiterentwickelt hat. Es ist gut, dass sich Menschen - in diesem Fall IS-Rückkehrer, aber auch in anderen Fälle, z. B. syrische Folterknechte, die jetzt in Deutschland aufgedeckt und vor Gericht gestellt werden -, die Straftaten in Syrien oder anderen Ländern begehen, nicht in Sicherheit wiegen können, wenn sie nach Deutschland kommen, sondern dass die deutsche Justiz eine Zuständigkeit hat, diese erkennt und auch wahrnimmt. Das ist ausdrücklich eine Stärke des Rechts und des Rechtsstaats.
Sie haben, Herr Kollege Calderone, mit dem letzten Satz auch noch die Jugendämter erwähnt. Das ist natürlich gut. Aber was in Ihrer Rede völlig gefehlt hat, ist der ganze Aspekt der Prävention und der Deradikalisierung. Wir können doch nicht Menschen, die aus unserer Mitte kommen und in dieser Gesellschaft aufgewachsen sind und dann möglicherweise - ich will das überhaupt nicht relativieren - schlimme Taten begangen haben, allein repressiv betrachten!
Wir müssen als sozialer und demokratischer Rechtsstaat immer auch den Anspruch haben, eine Resozialisierung zu versuchen. Wir müssen doch versuchen, im Vorfeld Prävention zu betreiben, damit sich Menschen möglichst nicht radikalisieren. In der vergangenen Legislaturperiode gab es unter Rot-Grün Maßnahmen, die auf den Weg
gebracht worden sind. Ich finde es wichtig, dass wir in der weiteren Debatte nicht immer nur die Justiz und nicht nur die Polizei und den Verfassungsschutz, sondern immer auch die sozialen Aspekte in die Debatte mit einbeziehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Dr. Birkner hat es bereits angesprochen, Herr Calderone. Wenn Sie sich erneut für das niedersächsische Polizeigesetz loben, dann gehört zur Wahrheit auch dazu, dass Sie mit diesem Gesetz zwar viele neue Befugnisse geschaffen haben, die aus unserer Sicht, Herr Birkner, ja nicht nur an die Grenzen des Rechtsstaats gehen, sondern über das rechtsstaatlich Zulässige hinaus,
aber mit Verabschiedung dieses Gesetzes keine einzige neue Stelle bei Gerichten oder Staatsanwaltschaften geschaffen haben.
Sie schaffen mit solchen Gesetzen, Herr Calderone, mehr Arbeit für die Gerichte in Niedersachsen, ohne dass Sie auch nur eine einzige zusätzliche Richterstelle dahinterstellen. Damit ist es, genau wie Herr Dr. Birkner sagt, im Ergebnis eine Schwächung des Rechtsstaats.
Dieselbe Entwicklung sehen wir auf der Bundesebene. Es wird schnell über Gesetzesverschärfungen diskutiert. Es wird darüber diskutiert, was man wo und wie noch härter strafverfolgen muss - was ich nicht in jedem Einzelfall kritisiere. Aber wenn man so etwas diskutiert, muss man immer auch mitdiskutieren, wie viele zusätzliche Stellen bei Staatsanwaltschaften, bei Gerichten und anderswo gebraucht werden, um diese neuen Gesetze in der Praxis anzuwenden; denn ansonsten enttäuscht man die Erwartungen der Menschen in der Tat.
Frau Ministerin Havliza, Sie werden ja gleich noch hier vortragen. Ich will zunächst mit einem ausdrücklichen Lob anfangen. Ich fand es sehr gut, dass Sie in der Debatte sehr frühzeitig sehr klar gemacht haben, dass es politisch überhaupt nicht zur Disposition steht, deutsche Staatsangehörige wieder im Land aufzunehmen. Zum Teil war es wirklich skurril, was öffentlich zu lesen war. Insofern war ich Ihnen für diese Klarheit sehr dankbar:
Deutsche Staatsangehörige haben selbstverständlich einen Anspruch darauf, in dieses Land zurückzukommen. Ob sie dann hier vor Gericht oder ins Gefängnis kommen, ist eine andere Frage. Aber erst einmal müssen sie natürlich in das Land kommen können. Man kann nicht sozusagen mit politischen Mehrheiten entscheiden: Den lassen wir rein, den lassen wir nicht rein. - Diese Klarheit war wichtig.
Aber - auch da muss ich mich Herrn Dr. Birkner anschließen - die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts im Bundestag durch CDU/CSU und SPD halte ich in der Tat für einen schwerwiegenden Fehler. Sie haben damals auch in der Debatte darauf rekurriert, dass es eine solche Regelung - eine doppelstaatsangehörige Person hat in einem anderen Staat den Wehrdienst abgeleistet; ihr kann die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden - bereits gibt. Das war das Vorbild. Da haben sie gesagt: Naja, der IS ist zwar kein richtiger Staat, aber doch irgendwie so ähnlich. Das setzen wir dem rechtlich mal gleich.
Im Grunde genommen haben CDU/CSU und SPD - ohne es zu wollen; das ist mir schon klar; das war nicht ihre Motivation - de facto dem IS damit einen großen Gefallen getan, weil seine bewaffneten Kräfte quasi auf eine Ebene mit regulären staatlichen Armeen gestellt wurden. Das ist doch das verheerende Signal dieser Gesetzesänderung.
Außerdem hat Herr Dr. Birkner gesagt: Zu einem demokratischen Rechtsstaat gehört auch, dass die Staatsangehörigkeit nicht beliebig disponibel ist. Dazu gehört, dass Menschen, die deutsche Staatsangehörige sind, natürlich einen Anspruch haben, hier einzureisen. - Sie müssen dann selbstverständlich gegebenenfalls hier vor Gericht gestellt werden.
Aber wir dürfen nicht versuchen, unsere Schwierigkeiten und Sicherheitsprobleme zu exportieren - nach dem Motto: „Staatsangehörigkeit weg, dann sollen sie irgendwo anders Unfrieden stiften, Hauptsache: Nicht bei uns!“ - Das kann in einer globalisierten Welt keine Maßnahme eines