Protokoll der Sitzung vom 21.11.2019

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Lies.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen nun zur Ausschussüberweisung.

Zuständig soll sein der Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Wer möchte dem so folgen? - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 40: Erste Beratung: Wiedereinführung der Meisterpflicht - starkes Signal für Niedersachsen, Deutschland und Europa - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/5076

(Unruhe)

- Wir nehmen die Beratung auf, wenn sich die Gesprächsrunden aufgelöst haben. - „Auflösung der Gesprächsrunde“ bezieht sich nicht darauf, ob man dabei steht oder sitzt, sondern dass man das Gespräch beendet.

Zur Einbringung hat sich für die CDU-Fraktion der Kollege Karl-Heinz Bley gemeldet. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die duale Berufsausbildung in Deutschland ist ein Aushängeschild für Qualität, Sicherheit und Ausbildungsleistung. Wir werden in der ganzen Welt für unsere duale Berufsausbildung gelobt, die uns

große Anerkennung einbringt und auch Nachahmer findet.

Zur dualen Ausbildung gehört aber auch die Meisterprüfung. Sie ist die Voraussetzung für die Ausübung von gefahrengeneigten Berufen. Der Meisterbrief bedeutet keine Wettbewerbsverhinderung, sondern steht für Qualität, Wettbewerbsfähigkeit, Verbraucherschutz und hohe Ausbildungsqualität. Er bedeutet auch keine Marktzugangsverhinderung, sondern das Handwerk mit seinen 127 verschiedenen Ausbildungsberufen in Deutschland macht die Vielfalt in der Wirtschaft aus.

Ich habe genau vor 42 Jahren und zehn Tagen meine Meisterprüfung im Kfz-Handwerk abgelegt. Der große Befähigungsnachweis erlaubte mir, im Kfz-Handwerk mein Gewerbe auszuüben und Lehrlinge auszubilden.

In den Jahren 2003/2004, gerade als ich meine Landtagsarbeit aufgenommen habe, wurde die Handwerksordnung in der Politik novelliert. Die Abschaffung der Meisterpflicht bei 53 der 94 Handwerksberufe der Anlage A wurde im Deutschen Bundestag umgesetzt. Das war ein Fehler, wie sich herausgestellt und sich in den Folgejahren immer wieder gezeigt hat.

Ich durfte damals zu diesem Thema meine Jungfernrede hier im Niedersächsischen Landtag halten. Ich erinnere mich noch sehr genau und sehr gut an die politische Fehlentscheidung von damals. Unser damaliger Ministerpräsident Christian Wulff und Wirtschaftsminister Walter Hirche konnten Schlimmeres verhindern. Ursprünglich hatte man geplant, noch weitere Berufe aus der Meisterpflicht herauszunehmen.

Meine Damen und Herren, zehn Jahre war ich im niedersächsischen Handwerk Präsident - zehn Jahre, in denen ich immer wieder gefordert habe, die Handwerksordnung erneut zu novellieren. Es zeichnete sich immer deutlicher ab, dass die Weitergabe von Wissen und die qualifizierte Ausbildung in den zulassungsfreien Handwerksberufen gefährdet waren. Wenn keine Auszubildenden nachkommen, fehlen dem Handwerk künftig Fachkräfte.

Jetzt, im Jahr 2019, ist man in Berlin endlich bereit, die Meisterpflicht zumindest in zwölf Berufen wieder einzuführen. Hier die zwölf Berufe: Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Betonstein- und Terrazzohersteller, Estrichleger, Behälter- und Apparatebauer, Parkettleger, Rollladen- und Sonnenschutztechniker, Drechsler und Holzspielzeugmacher,

Böttcher, Glasveredeler, Schilder- und Lichtreklamehersteller, Raumausstatter, Orgel- und Harmoniumbauer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kabinettsbeschluss vom 9. Oktober 2019 hat den Weg freigemacht. Die Brüsseler Kommission hat sich mit der Meisterpflicht beschäftigt und ist zu dem Entschluss gekommen, dass der Meisterbrief in Deutschland keine Wettbewerbsverhinderung ist. Das ist eine gute Feststellung.

Meine Damen und Herren, wir bitten die Landesregierung, die Berliner Pläne zu unterstützen, die Meisterpflicht bei den genannten Berufen wieder einzuführen.

Ferner bitten wir die Landesregierung, weitere Chancen zu nutzen, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung anzuerkennen und voranzutreiben.

Die Landesregierung möge sich dafür einsetzen, dass die nunmehr verbleibenden zulassungsfreien Handwerke die gleichen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung haben wie Handwerke mit Meisterpflicht. Dazu gehören die verstärkte Förderung von Aus- und Weiterbildung sowie die Option, spätestens mit der vorgesehenen Evaluierung in fünf Jahren gegebenenfalls auch die Einstufung als zulassungspflichtiges Handwerk zu erfahren.

Gott schütze das ehrbare Handwerk! In diesem Sinne darf ich Sie bitten, dem Entschließungsantrag zuzustimmen. Ich hatte eigentlich geplant, hier die sofortige Abstimmung zu beantragen. Aber eine Fraktion, nämlich die Grünen, ist nicht bereit, das mitzugehen. Wir hätten jetzt, im November, ein starkes Signal - das steht in der Überschrift - an Berlin senden können. Das geht jetzt leider nicht. Insofern werden wir im Ausschuss noch darüber beraten müssen, damit wir es dann aufbereiten.

Ich danke fürs Zuhören.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bley. - Nächster Redner ist für die SPD-Fraktion der Kollege Kauroff. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wiedereinführung der Meisterpflicht im deutschen Handwerk - so steht es in der Überschrift unseres Entschließungsantrags. Dort steht aber auch:

„starkes Signal für Niedersachsen, Deutschland und Europa.“ Lassen Sie mich ausdrücklich darauf hinweisen: Das ist natürlich auch ein starkes Zeichen für das Handwerk hier in unserem Land.

Nach der Einführung der Meisterprämie im Jahr 2017 und 2018 und der jüngst beschlossenen Gründungsprämie im Handwerk folgt nun ein nächstes gutes, richtiges und deutliches Zeichen an das Handwerk in Niedersachsen mit seinen ca. 83 000 Betrieben und seinen knapp 44 000 Auszubildenden.

Bei der Wiedereinführung der Meisterpflicht, von der wir sprechen, handelt es sich rechtlich gesehen eigentlich um die Wiedereinführung der Zulassungspflicht im Handwerk, damit wir in den zwölf Gewerken den Meisterbrief wiedereinführen können. Der Meisterbrief ist zusammen mit der Ausübungsberechtigung der Nachweis, ein Handwerk auszuüben und junge Menschen im Handwerk ausbilden zu können. Ausgebildete Meister haben gerade für die Ausbildung junger Menschen eine entsprechende arbeits- und berufspädagogische Grundlagenqualifikation erhalten.

In vielen Gesprächen in den letzten zwei Jahren mit dem Präsidenten der Handwerkskammer Hannover, Herrn Steinmann, und mit dem Hauptgeschäftsführer, Herrn Karst, ist immer wieder die Forderung nach der Wiedereinführung der Meisterpflicht auch von der Handwerkskammer in Hannover an mich herangetragen worden.

Nun hat es auch Berlin gehört; der Kollege Bley hat es gesagt. Im Sommer fand eine Anhörung im Deutschen Bundestag zu diesem Thema statt. Ich habe mich auf den Weg nach Berlin gemacht, um an dieser Anhörung teilzunehmen. Ich konnte den Ausführungen der geladenen Verbände folgen. Zu hören war von fast allen Verbänden, dass es in den Gewerken negative Folgen in Form erheblicher Qualitätseinbußen bei der Ausführung der Gewerke, einer erheblichen Abnahme von qualifizierten Fachkräften und starker Rückgänge bei der Zahl der Auszubildenden gegeben hat.

Die Qualitätseinbußen bei der Ausführung der Gewerke haben in nicht unerheblichem Maße auch dazu geführt, dass sich die betroffenen Auftraggeber an die zuständigen Handwerkskammern gewandt haben. Die Kammern konnten die Anzahl dieser Beschwerden teilweise kaum bewältigen.

Auch der Rückgang der Fachkräfte und die sinkenden Zahlen bei den Auszubildenden in den Handwerksbetrieben ohne Meisterbrief haben ge

rade im Hinblick auf den Fachkräftemangel ein Handeln des Bundes notwendig gemacht.

Die Bundesregierung hat folgerichtig am 9. Oktober 2019 die Wiedereinführung der Zulassungspflicht - also die Einführung des Meisterbriefes - für die von Herrn Bley genannten Gewerke beschlossen.

Wir begrüßen diesen Schritt ausdrücklich und freuen uns, damit ein Signal für die Qualität und die Qualifikation im ausführenden zulassungspflichtigen Handwerk zu setzen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Wir verbinden damit ausdrücklich den Wunsch, dass die noch ausstehenden Entscheidungen von Bundestag und Bundesrat zur Einführung dieser Meisterpflicht so schnell wie möglich getroffen werden, sodass diese Regelungen möglichst schnell - wenn es geht, zum 1. Januar 2020 - in Kraft treten könnten.

Ich möchte auf die Aufzählung unserer Bitten an die Landesregierung verzichten, weil sie der Kollege Bley schon vorgetragen hat. Wir haben diesen Entschließungsantrag gemeinsam eingebracht.

Deswegen verzichte ich darauf und freue mich, mit Ihnen gemeinsam dieses Thema in den Ausschüssen besprechen zu können.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Kauroff. - Für die AfDFraktion erhält nun der Kollege Henze das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Erstaunlich, dass ausgerechnet die SPD-Fraktion diesen in der Sache richtigen Galerieantrag mit in unser Haus trägt und dann auch noch gesteht - ich zitiere aus der Antragsbegründung -:

„Die Abschaffung der Meisterpflicht für 53 der 94 Handwerksberufe durch die HwO-Novelle im Jahr 2004 hat negative Folgen in diesen Gewerken hinterlassen: weniger Fachkräfte, weniger Ausbildung und nicht selten Klagen über Qualitätseinbußen bei den Handwerksleistungen.“

Ich habe mir das Wühlen in den Protokollen des Landtags für heute erspart. Ich gehe aber davon

aus, dass Sie im Vorfeld der SPD-Entscheidung des Bundes im Jahr 2004 oder kurz danach die natürlich schon damals absehbaren negativen Folgen des SPD- und grün-dominierten Bundesgesetzgebers hier im Landtag gutgeheißen haben - in Niedersachsen sicherlich nicht zuletzt, weil es sich um ein von Gerhard Schröder getragenes Gesetz im Rahmen der Hartz-IV-Aktivitäten handelte. Der Arbeitsmarkt sollte durch Gründungen belebt werden. Übrigens waren das nur Ein-MannGesellschaften, die mehr oder weniger mit Förderungen unterstützt wurden. Nicht wenige von ihnen sind wieder vom Markt verschwunden.

Mit dieser politischen Entscheidung sind auch Damen und Herren in die Selbständigkeit getrieben worden, die fachlich oder persönlich dazu gar nicht geeignet waren. Lediglich 15 Jahre später erkennen Sie zusammen mit der CDU: Das war falsch - und auf gut Niedersächsisch: 2004 unter der SPD rein in die Kartoffeln, 2019 unter der SPD wieder raus aus den Kartoffeln.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, wenn Sie alle paar Jahre eigene Regierungsentscheidungen revidieren, deren negative Folgen schon beim Treffen dieser absehbar waren, dann kommt das beim Wähler nicht gut an. Es zeugt von Unsicherheit, kurzfristigem Erfolgsdenken auf Kosten des Landes und der vielen damit verbundenen Einzelschicksale gerade in den Handwerksbereichen.