Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

(Beifall bei der SPD)

Das zeigt, dass die Große Koalition in der Lage ist, auch komplexe Themen wie dieses zu bearbeiten und entscheidungsreife Anträge vorzulegen.

Wir bedanken uns auch bei allen Beteiligten am Stakeholder-Dialog, die uns Maßnahmen vorschlagen haben und weiter vorschlagen werden, um die Akzeptanz der Erdgas- und Erdölförderung zu steigern, aber auch Mensch und Umwelt zu schützen. Dieser Antrag ist ein großer, aber auch ein sehr guter Schritt hin zu mehr Akzeptanz und Umweltschutz. Wir nehmen darin die gesellschaftlichen Entwicklungen auf und kommen Beschlüssen auf der kommunalen Ebene nach. Ich erinnere hier an die Resolutionen der Kreistage von Osterholz und Verden sowie von Städten und Gemeinden in den beiden Landkreisen und weiteren Kommunalparlamenten im Land. Hier möchte ich die Landkreise Heidekreis und Rotenburg (Wüm- me) nennen.

Worum geht es konkret? - Es geht darum, die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen, es geht darum, dem Trinkwasserschutz einen Vorrang zu geben, und es geht darum, dass das Eigentum der Menschen vor Beschädigungen infolge von Erdbeben geschützt wird.

Wir wollen, dass der Trinkwasser- und Gesundheitsschutz Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen bekommt, dass es eine verpflichtende Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Erteilung von Erlaubnissen zur Aufsuchung von Erdgas und Erdöl gibt, dass es für alle Bohrungen - auch für Aufsuchungen - eine generelle Umweltverträglichkeitsprüfung, unabhängig von der Fördermenge, gibt und dass die Sicherheit der entsprechenden Förderstellen erhöht wird sowie alle Messwerte öffentlich zugänglich sind.

Wir wollen des Weiteren, dass die jetzige Abstandsregelung von 100 m bzw. von 200 m - das muss man sich einmal vorstellen - vor dem Hintergrund der Krebsfälle und der Auswirkungen auf die

Gesundheit der Menschen hinterfragt wird und dass wir alle in Zukunft vor Erdbeben infolge der Erdgasförderung geschützt werden.

Wir sind bei den Fragen, die das Bundesberggesetz betreffen, auf die Unterstützung durch den Bundestag angewiesen. Wir werden dem Bund dabei helfen, indem wir einen Gesetzentwurf formulieren und diesen in den Bundesrat einbringen. Bekanntlich haben wir bei diesen Punkten keine Handhabe, selbst tätig zu werden. Wir würden gern, aber wir dürfen nicht. Es geht hier um Rechtssicherheit. Das ist uns sehr wichtig.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Es kann nicht sein, dass wir hier Dinge beschließen, die nachher einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, und uns das Ganze dann, Frau Byl, auf die Füße fällt. Das wären Vorschläge, die die Opposition eingebracht hätte, wenn sie hier mitregierte. Sie haben eigentlich zu Zeiten Ihrer Regierungsbeteiligung in dieser Richtung gar nichts gemacht.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein! Das stimmt überhaupt nicht! - Weitere Zu- rufe von den GRÜNEN)

- Ja, dann würden wir doch heute hier nicht stehen, wenn alles fertig wäre.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Wo sind Sie denn gewesen?)

Also von daher: Sie haben nichts gemacht. Wir arbeiten hier konstruktiv zusammen. Wir legen etwas Vernünftiges vor.

In diesem Sinne - ich bekomme schon die rote Karte zur Beendigung meiner Rede - vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Miesner. - Zu Wort gemeldet hat sich nun für Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Imke Byl. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz ehrlich: Ich dachte gerade, ich befinde mich im falschen Film, als uns der Kollege Miesner praktisch erklärt hat, dass mit dem vorliegenden Antrag der Koalitionsvertrag abgehandelt sei. Das ist ja wirklich alles andere als richtig, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wiard Sie- bels [SPD]: Was ist denn das für eine Wortmeldung?)

- Na ja, lesen kann ich schon noch.

Das, was hier heute passiert, hat der BUND Niedersachsen ganz treffend zusammengefasst. Der spricht davon - ich zitiere -: „GroKo gefährdet Trinkwasserversorgung in Niedersachen.“

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Was?)

Das ist leider wahr.

SPD und CDU nennen ihren Antrag ein bisschen anders - wenn der andere Titel auch noch so treffend gewesen wäre - und formulieren: „Den Vorrang des Gesundheits- und Trinkwasserschutzes vor wirtschaftlichen Interessen durchsetzen“.

Das klingt ja erst einmal total schön, aber - ehrlich gesagt - wird damit gar nichts direkt durchgesetzt, sondern in allen wichtigen Punkten wird nur auf den Bund verwiesen, oder diese werden gleich ganz ignoriert. Das ist definitiv nicht ausreichend.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, für Lebensmittel gelten ganz klare Regeln: Was draufsteht, das muss auch drin sein. Alles andere ist Täuschung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Das sollte hier doch endlich einmal auch für Beschlüsse der GroKo gelten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was SPD und CDU hier auf den Tisch legen, ist auf jeden Fall keine adäquate Antwort auf die großen Risiken der Erdöl- und Erdgasförderung. Die Förderung in Wasserschutzgebieten muss endlich ganz klar ausgeschlossen werden, und wir brauchen verpflichtend eine Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Vorhaben und nicht nur in Wasserschutzgebieten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Diese beiden Forderungen haben wir also. Und was macht die Große Koalition? - Die Große Koalition läuft fast zwei Jahre an, springt und kommt nur 20 cm weit. Sie macht eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Bohrungen in Wasserschutzgebieten. Dort wird dann eben mit Umweltverträglichkeitsprüfung fröhlich weitergefördert. Das heißt: Wahlkampfversprechen gebrochen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben auch hier heute wieder erklärt, dass Sie rechtliche Bedenken gegen ein Verbot der Förderung in Wasserschutzgebieten auf Landesebene hätten. Der Bund müsste das regeln, der müsste das klären.

(Zuruf von der SPD)

Ja, nur ganz merkwürdig ist, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU im Bundestag genau denselben Antrag der Grünen dort erst im Oktober abgelehnt haben. Es ist doch wirklich unredlich, sich dann hier so hinzustellen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch bei verpflichtenden Umweltverträglichkeitsprüfungen für eben alle Vorhaben reden Sie sich heraus. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags hat ganz klar gesagt, dass eine solche Pflicht mit sofortiger Wirkung umsetzbar wäre. Statt unseren Antrag abzulehnen, sollten Sie hier wirklich einmal ganz dringend unsere Möglichkeit nutzen.

Aber - das hat sich ja heute wieder gezeigt - politisch ist das von CDU und SPD offensichtlich nicht gewollt. Sie bleiben lieber weiter auf Kuschelkurs mit der Öl- und Gasindustrie.

(Glocke des Präsidenten)

Mit Ihrer Politik, sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie nicht nur die Anwohnerinnen und Anwohner, die Umwelt und das Klima hängen - ich komme zum Schluss -, sondern auch den Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund, den Verband kommunaler Unternehmen und den Wasserverbandstag, die sich alle für strengen Wasserschutz positioniert haben. Sie sollten sich wirklich überlegen, für wen Sie hier im Landtag überhaupt Politik machen.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Byl. - Für die FDPFraktion hat nun der Kollege Horst Kortlang das Wort. Bitte sehr!

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Vor einem Jahr haben wir uns hier in diesem Hause mit dem Bergrecht beschäftigt. Dem damaligen Wunsch,

den Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz mitberaten zu lassen, wurde nicht entsprochen. Die Landesregierung brachte daraufhin den Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein, der direkt an die Ausschüsse überwiesen wurde. Die mündliche Anhörung und die Änderungsvorschläge des GBD ließen in den nachfolgenden Beratungen im Ausschuss die Idee entstehen, mit dem Niedersächsischen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Gesetz in die Hand zu bekommen, um es auch beim Bergrecht anwenden zu können.

In diesem Sinne ist der Änderungsantrag der Grünen verfasst. Allerdings zeigten die Stellungnahmen vonseiten der Landesregierung und des GBD, dass so nicht vorgegangen werden konnte.

Im November-Plenum wurde u. a. das Bergrecht angeführt, weshalb ein Verbot für die Bohrvorhaben vor Borkum nicht möglich gewesen wäre. Das Bergrecht sollte nicht weiter Artikeln des Grundgesetzes entgegenstehen. So kam Ende November der Antrag der Regierungsfraktionen, den Vorrang des Gesundheits- und Trinkwasserschutzes vor wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Der Antrag zielte genau darauf ab, das sehr alte Bergrecht so zu novellieren, dass der Schutz des Grundwassers in Trinkwasserschutzgebieten und in Vorranggebieten gewährleistet ist; Frau Dr. Liebetruth hat das hier ausgeführt.

(Imke Byl [GRÜNE]: Absichtserklä- rungen! Mehr nicht!)

Regeln, die für die Oberfläche gelten, müssen auch beim Untergrund eingehalten werden, meine Damen und Herren. Wassergefährdende Stoffe dürfen nur sehr eingeschränkt transportiert werden. Mit dem NUVPG können wir leider nur die Vorgaben der Bundes- und der EU-Ebene umsetzen, aber keine Auflösung dieses Widerspruchs bewirken.

Dies ist nun die Intention des von CDU und SPD neu eingebrachten Antrags, den wir von der FDP nach intensiver Abwägung mittragen können.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)