Protokoll der Sitzung vom 18.12.2019

Zur selben Petition! Natürlich!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Petition ist die erste Petition, die es vermocht hat, über 5 000 Mitzeichnungen zu erreichen. Ich darf an dieser Stelle gestehen, dass ich von dem ehrenamtlichen Engagement begeistert bin, das die Initiatoren an den Tag gelegt haben.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

An dieser Stelle ist zweifelsohne Dank auszusprechen aus dem Grund, weil - da stimme ich sogar mit der Grünen-Fraktion überein - ein Stück gelebte Demokratie noch verbessert und sozusagen ins Praktische umgesetzt wurde.

Das Römerlager Wilkenburg ist zweifelsfrei ein ganz besonderes Boden- und Kulturdenkmal. Diese Auffassung wird auch von der Denkmalpflege der Region Hannover umfänglich so geteilt. Nach intensiver Befassung u. a. im Rahmen einer öffentlichen Anhörung ist deutlich geworden, dass das Römerlager eine forschungsgeschichtliche Neuheit ist, insbesondere, weil es sich um das erste in Niedersachsen nachgewiesene Marschlager aus augusteischer Zeit handelt.

Entscheidungsträgerin - da stimme ich meiner Kollegin Frau Westmann umfänglich zu - in dem laufenden Genehmigungsverfahren ist die Region Hannover. Ihr obliegt die Abwägung zwischen wirtschaftlichen Interessen, den Belangen des Denkmal- sowie des Natur- und Wasserschutzes. Dieses Verfahren ist bis heute nicht abgeschlossen.

Bei aller Sympathie für dieses Verfahren müssen wir allerdings auch sehen, dass in diesem Rechtsstaat jeder Antragsteller einen Anspruch auf ein objektives Genehmigungsverfahren hat. Selbstverständlich muss dieses objektive Verfahren auch eine fach- und sachgerechte Abwägung von kulturhistorischen und denkmalschutzrechtlichen Aspekten gegenüber wirtschaftlichen Interessen gewährleisten. Sicher wäre eine mögliche Genehmi

gung, wenn überhaupt, nur mit Auflagen zur Sicherung des Kulturdenkmals denkbar.

Ich wiederhole an dieser Stelle aber noch einmal: Bisher hat die Region das erforderliche Verfahren leider noch nicht abgeschlossen. Der Landtag muss davon ausgehen, dass das Verfahren ordnungsgemäß und rechtlich einwandfrei von der Region Hannover durchgeführt und abgeschlossen wird. Selbstverständlich steht dabei für alle Beteiligten auch der ordentliche Rechtsweg offen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der GrünenFraktion, es ist schlicht und ergreifend nicht redlich, im Rahmen dieser Petition zu suggerieren, dass ein bereits laufendes Verfahren durch eine nachträgliche Veränderung des Rechtsrahmens beeinflusst werden kann.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Und wenn die Genehmigung nicht erteilt ist?)

Der vorliegende Antrag, Herr Meyer, muss natürlich auf dem aktuell gültigen Landes-Raumordnungsprogramm entschieden werden.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ja!)

Ich finde es an dieser Stelle insbesondere dann, wenn schon im Vorfeld zur Diskussion Fototermine hier vor dem Hause stattfinden, beachtlich, wenn Sie - das hat Frau Viehoff vorhin auch noch einmal betont - den Kulturschutz vor die wirtschaftlichen Interessen stellen wollen. Dann frage ich mich allen Ernstes aber auch, warum 2015 nach Bekanntwerden dieses historischen Fundes und der entsprechenden wissenschaftlichen Grabung, die im Herbst 2015 stattgefunden hat, nicht schon damals das seinerzeit grün besetzte Ministerium das Verfahren eingeleitet hat, um den Unterschied herauszuarbeiten.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Habe ich doch! - Zuruf von der CDU: Herr Mey- er war damals Minister!)

Das Landes-Raumordnungsprogramm ist im September 2017 verabschiedet worden, und da waren Sie, Herr Meyer, der entsprechend zuständige Minister.

(Zurufe von der AfD: Oh! - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie daher an dieser Stelle, der Beschlussempfehlung des Ausschusses mit einem sehr differenzierten und erläuternden Votum zuzustimmen, und danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Senftleben. - Jetzt folgt die AfD mit Herrn Abgeordneten Klaus Wichmann. Bitte sehr! Zur selben Petition!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Eingabe bittet darum, letztendlich dafür zu sorgen, an der Fundstelle des Römerlagers Wilkenburg bei Hannover keinen Kiesabbau zu erlauben. Ein Kiesabbau an dieser Stelle würde den Fund, über den wir jetzt schon ausführlich gesprochen haben, unwiederbringlich zerstören. - Ist das schlimm?

Meine Damen und Herren, wir alle sind mit einer Schulbildung aufgewachsen, die sagte: Die Römer kamen bis zum Rhein, und weiter ging es nicht. - Früher gab es auch schon mindestens eine schriftliche Quelle, nämlich Velleius Paterculus, der nicht nur von der Varusschlacht berichtete, sondern auch von einem immensum bellum, also einem gewaltigen Krieg, in Germanien zu Zeiten des Augustus sprach. Und wie so oft, wenn man nur eine schriftliche Quelle und keinen weiteren Beleg hatte, dann wird eine solche Quelle abgetan: unglaubwürdig, unbestätigt. Die Römer kamen eben nur bis zum Rhein.

Und nun stehen wir vor dem Römerlager Wilkenburg, ein Marschlager, kein festes Lager, aber ein klarer Hinweis für einen großen Feldzug, ein Lager viele Tagesmärsche vom Limes entfernt. Eine römische Legion hat am Tag etwa 20 km zurückgelegt. Ein Ort zu groß für nur eine Legion, die damals etwa 5 000 Mann umfasste, die Auxiliari, also die Hilfstruppen, nicht mitgerechnet, die oft dieselbe Mannstärke erreichten. Ein Ort, der erst durch seine umfassende und gesamte Auswertung seine gesamte Geschichte preisgeben wird. Ein Ort, der für uns einmalig ist, denn es gibt nur wenige Marschlager aus römischer Zeit, die überhaupt gefunden wurden. Dieses ist mit Abstand das nordöstlichste.

Wenn dieses Lager archäologisch ausgewertet werden kann, dann werden wir die Geschichte Germaniens um Christi Geburt vielleicht sogar

anders erzählen müssen. Es ist eine einmalige Chance, in die Vergangenheit zu schauen, eine Vergangenheit, die auch unsere Vergangenheit ist. All das wird weiter im Dunkeln bleiben, wenn wir dort Kies schürfen lassen - anstelle von archäologischen Erkenntnissen. Wir sollten uns auch bewusst machen: Es gibt in Niedersachsen über 100 weitere Stellen, die für den Kiesabbau geeignet sind.

Und warum stimmen wir als AfD-Fraktion jetzt doch gleich für „Sach- und Rechtslage“ und nicht etwa für „Berücksichtigung“?

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Weil es kein germanisches Lager war! - Hei- terkeit bei den GRÜNEN)

- Da gibt es germanische Siedlungsspuren. Da gibt es germanische Auxiliari - falls Sie sich eben den Begriff gemerkt haben. Im Übrigen würde es mir schon reichen, wenn die Römer hier waren. Das ist doch ein sehr interessanter Teil der Geschichte.

Die Grünen aber haben, ohne diese Frage sonst zu thematisieren, im Ausschuss „Berücksichtigung“ gefordert. Die Fraktion, die gern mit dem Finger in alle Richtungen zeigt und stets vor Populismus warnt, weiß ganz genau, dass diese Entscheidung von der Region Hannover getroffen wird. Der Landtag und die Landesregierung haben hier gar nichts zu entscheiden. Auf Deutsch: Sie fordern etwas ein, das Aktivität vortäuscht und von dem Sie wissen, dass es nichts bringt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Wer be- schließt denn das Raumordnungspro- gramm?)

Wenn der Wikipedia-Artikel für Populismus noch eines anschaulichen Beispiels bedürfte, könnten wir diesen Antrag dort reinsetzen.

(Anja Piel [GRÜNE]: In der Landes- raumordnung kennen Sie sich nicht so aus, Herr Wichmann!)

Frau Westmann hat Sie im Ausschuss dazu sogar noch befragt, bei welcher Maßnahme der Landesregierung diese das denn berücksichtigen soll. Da kam keine Antwort. Da kam zurück: Ich muss meine Anträge hier nicht begründen.

(Lachen bei der AfD)

Das stimmt! Sie müssen Ihre Anträge nicht begründen. Sie haben völlig recht. Aber Sie müssen dann damit leben, dass Ihr Versuch, sich an ein

populäres Thema anzuhängen, egal was sachlich und rechtlich geboten ist, hier auffliegt.

Das Votum des Ausschusses weicht von der reinen Mitteilung über die Sach- und Rechtslage ab. Es betont darüber hinaus die große kulturgeschichtliche Bedeutung der Fundstätte und mahnt die Region eindringlich, diese Bedeutung bei ihrer Entscheidung richtig zu gewichten. Das ist der maximale Druck, den der Landtag hier aufbauen kann.

Stimmen Sie bitte für die Ausschussempfehlung!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wichmann.

Zur allgemeinen Aussprache dieser Petition liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor, aber es gibt den Wunsch nach einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung seitens des Abgeordneten Dragos Pancescu.

Herr Pancescu, ich erteile Ihnen das Wort. Sie werden uns jetzt mitteilen, wo Sie angegriffen wurden und wie Sie das sehen.

Sehr geehrter Herr Präsident Busemann! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss auf das erwidern, was Frau Westmann hier behauptet hat, auch auf etwas, was an der Teilamnesie des Kollegen von der AfD - - - Denn er hat gesagt, dass ich nicht gesagt habe, was tatsächlich möglich ist.

Selbstverständlich sind die Protokolle über die Sitzungen dieses Ausschusses nicht öffentlich. Aber wenn Sie in die Protokolle schauen, liebe Kolleginnen und Kollegen Parlamentarier, werden Sie feststellen - das kann ich Ihnen versichern -, dass ich gesagt habe, dass ich das zwar nicht begründen muss, es aber trotzdem mache. Ich habe auch gesagt: Selbstverständlich ist es politisch möglich, das zu machen und das zurückzuholen - auch im Rahmen des LROP bzw. des RROP. Das habe ich gesagt.

Ich glaube, dass Sie vor etwas anderem Angst haben, und zwar davor, dass die Geschichte Hannovers oder Deutschlands jetzt neu geschrieben wird.

(Lachen bei der CDU und bei der AfD - Sebastian Zinke [SPD]: Das ist ha- nebüchen! War wieder Weihnachts- markt?)

Daher - es tut mir leid -: Bitte stimmen Sie für „Berücksichtigung“!

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)