Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Grupe, wissen Sie, ich bin selbst vom Wolf betroffen. Trotzdem möchte ich etwas mehr Ruhe einkehren lassen.
Ich freue mich aber, dass die FDP die Aktuelle Stunde nutzt, um uns auf dem von uns bereits beschrittenen Weg zur Einführung des aktiven
Besonders freue ich mich darüber, da ich zu Hause das unrühmliche Reallabor „Wolf in der Kulturlandschaft“ ständig vor Augen habe. Meine Damen und Herren, unser Rodewalder Wolfsrudel besteht aktuell aus zwölf Tieren: zwei Elterntieren - darunter der glorreiche Rüde, der abgeschossen werden soll -, drei Jährlinge aus dem Jahre 2018 und sieben fast ausgewachsene Welpen aus dem Jahre 2019. Jeder kann sich ausrechnen, dass die immer wieder aufgeführte Vermehrungsrate von 30 % im Lichtenmoor deutlich überschritten wird.
Fehlendes Wolfsmanagement - da gebe ich Ihnen recht - hat dazu geführt, dass dieses auffällige Rudel sich so stark vermehren konnte. Die immer wieder verlängerte Abschussgenehmigung für die Leitrüden ist - auch da gebe ich Ihnen recht - gut gemeint, hat sich aber als wirkungslos erwiesen.
Die nachgewachsenen Jungtiere sind nun schwer vom Leitrüden zu unterscheiden und haben bereits dessen Handwerk gelernt.
Die Unterstützer einer ungeregelten Vermehrung der Wölfe, die wir vor Ort haben, weisen gerne darauf hin, dass im Lichtenmoor die Nutztierrisse 2019 im Vergleich zu 2018 zurückgegangen sind, und werten dies als Hinweis darauf, dass sich alles auf natürliche Weise einpendeln werde.
Meine Damen und Herren, das mag auf den ersten Blick sogar als richtig erscheinen. Aber es ist ein großer Trugschluss. Zahlreiche Nutztierhalter haben nämlich aufgegeben. Sie haben die Weidetiere aufgestallt oder ortsnah untergebracht, oder sie melden die Risse aus Angst vor weiterer Schikane einfach nicht mehr. Die verbliebenen, noch aktiven Weidetierhalter sind von den arroganten Parolen einiger Wolfsbefürworter frustriert, die gebetsmühlenartig „zäunen oder weichen“ fordern.
Wenn wir im Landkreis Nienburg für das gesamte Beuteschema dieses Wolfsrudels - also für Schafe, Ziegen, Rinder, Pferde, Alpakas - auch nur ein Drittel der Grünlandflächen einzäunen wollten, müssten wir mindestens 1 000 km Zaun ziehen. Um Ihnen einmal ein Bild zu geben: Die innerdeutsche Grenze war 1 400 km lang. Für einen allumfassenden Grundschutz Wolf hätten wir dann eine solche Kulturlandschaftsbarrikade allein im Landkreis Nienburg aufzustellen.
Meine Damen und Herren, welche Dimensionen haben solche Zäune? - Vor zwei Jahren noch dachte man, die Grundschutzhöhe von 80 cm reicht aus. Inzwischen fordern sogar unsere selbsternannten Wolfsversteher vor Ort wolfsabweisende Zäune von 140 cm Höhe, am besten noch mit einem Flatterband oben drüber, weil der Wolf 120 cm überspringt. Das kann wirklich keiner wollen, dem unsere Kulturlandschaft am Herzen liegt.
Das Aufstellen und Erhalten solcher Zäune - das haben wir vorgestern auf der Demo gehört - ist den Weidetierhaltern auch bei 100-prozentiger Förderung der einmaligen Einrichtung nicht zuzumuten.
Die Betroffenen fordern zu Recht, die Wölfe durch Schutzjagd in Problemregionen so zu konditionieren, dass diese lernen, Menschen und Nutztiere zu meiden. Nur wenn das damit erhoffte geregelte Nebeneinander von Wölfen, Menschen und Weidetierhaltung gewährleistet ist, wird die notwendige Akzeptanz für den Wolf in unserer Kulturlandschaft nachhaltig sichergestellt.
Sehr geehrter Kollege, können Sie mir sagen, wie viele Kilometer Zaun bei Ihnen in den Wäldern in den letzten Jahrzehnten zum Schutz von Schonungen, von Neuanpflanzungen, von Bäumen gegen Rehverbiss gebaut wurden?
Ich habe immer wieder die Frage gestellt: Wie pflege ich einen wolfsabweisenden Zaun? Es wächst Gras hinein. - Da sagen die Wolfsbefürworter: Jagt da doch 10 000 V durch! - Die haben wir in den Schonungszäunen nicht. Das ist der große Unterschied. Sie können sich vorstellen, wie Lurche oder kleine Kaninchen 10 000 V wahrnehmen.
Meine Damen und Herren, die Bundesratsinitiative der Niedersächsischen Landesregierung zur Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes, die eine Grundlage für eine geregelte Entnahme von Wölfen bieten soll, ist auf einem guten Weg.
Der Zeitplan für die sogenannte Lex Wolf ist ehrgeizig. Die Landesregierung geht trotzdem davon aus, dass nach der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes bis Frühjahr 2020, also pünktlich zum Weideaustrieb, ein aktives Wolfsmanagement in die Wege geleitet werden kann.
Zeitgleich arbeitet das Ministerium an einer niedersächsischen Wolfsmanagementverordnung. Herr Grupe, auch über diese kann eine gezielte Entnahme auffälliger Wölfe sichergestellt werden.
Um den Einsatz von Jägern rechtlich abzusichern, wird aktuell an einer unbedingt notwendigen Allgemeinverfügung gearbeitet.
Der Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht - auch das gebe ich jetzt zu Protokoll - sollte somit nichts mehr im Wege stehen.
Liebe Kollegen von der FDP, die Landesregierung ist also auf einem guten Weg zu einem aktiven Wolfsmanagement schon weit vorangekommen. Es ist schön, dass Sie uns auf unserem Weg folgen. Ich hoffe, dass Sie auf unserem gemeinsamen Pfad nicht den Anschluss verlieren.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Nun hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Meyer das Wort. Bitte!