Frau Kollegin, ich glaube, wir beide wissen, dass das hier nicht zulässig ist und nicht den Gepflogenheiten des Hauses entspricht. Ich hätte gar nicht schlecht Lust, Ihnen einen Ordnungsruf zu erteilen - aber es ist ja bald Weihnachten.
Danke für die Einbringung der Dringlichen Anfrage. Die Antwort kommt von Herrn Minister Dr. Althusmann. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Viehoff, zunächst einmal eine, wie ich finde, wichtige Botschaft: Die Gilde-Brauerei hat bereits am 12. Juli 2019 bestätigt, dass der Standort Hannover nicht gefährdet ist und mit Blick auf die dort bis 2018 getätigten Investitionen in Höhe von rund 11,75 Millionen - aktuelle Zahlen für 2019 liegen nicht - gehalten werden soll.
Die Geschäftsleitung hat mir in einem persönlichen Gespräch noch einmal sehr deutlich gemacht, dass der Standort zu keinem Zeitpunkt zur Disposition stand. Das ist keineswegs selbstverständlich; denn beim Biermarkt handelt es sich tatsächlich um einen umkämpften Markt. Marktanalysen haben für das erste Halbjahr 2019 ermittelt, dass jeder Bundesbürger rund 36 l Bier und Biermixgetränke gekauft hat. Das sind zwei Drittel weniger als 2018.
Das Handelsblatt berichtet sogar darüber, dass das erste Halbjahr 2019 für die deutschen Brauereien insgesamt verlustreich war. Das Bekenntnis der Unternehmensleitung sowohl zur Produktion in Hannover als auch zu den dort Beschäftigten werte ich aber derzeit als positiv.
Worum geht es bei dem öffentlich ausgetragenen Streit bei der Gilde-Brauerei, auf den auch die Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Bezug nimmt? - Nach meiner Wahrnehmung geht es im Kern um zwei Komplexe: Zum einen geht es um die Lohnungleichheit zwischen Beschäftigtengruppen und um den von der Gewerkschaft geforderten Abschluss eines Haustarifvertrags für alle Beschäftigten. Dafür ist bekanntlich gestreikt worden. Zum anderen sind die Be
Bei der Gilde-Brauerei mangelt es offenbar an der vom Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vorgegebenen vertrauensvollen Zusammenarbeit
zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat. Im Fokus steht damit die Sozialpartnerschaft. Nach allem, was bisher bekannt ist, fehlt es in beiden Bereichen an einer sozialpartnerschaftlich erarbeiteten und dann von allen Seiten akzeptierten Lösung. Da die Aufspaltung der Brauerei in vier Unternehmen mittlerweile vollzogen ist, sind jetzt die Folgen für die Belegschaft in den Blick zu nehmen.
Die Landesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten - ich betone: im Rahmen ihrer Möglichkeiten - für beides ein: für die Sozialpartnerschaft im Unternehmen und im Betrieb ebenso wie für den Abschluss von Tarifverträgen.
In dem vorliegenden Fall hat sich das Wirtschaftsministerium schon in mehreren guten Gesprächen von den Akteuren auf beiden Seiten über ihre jeweilige Position informieren lassen. Dabei möchte ich kurz an die mir bekannte Entwicklung des Konflikts erinnern.
Dass bei der Gilde-Brauerei ein Konflikt besteht, ist dem Wirtschaftsministerium erstmals Ende September dieses Jahres bekannt geworden, nachdem in einer großen hannoverschen Zeitung am 26. September 2019 über eine am selben Tag stattfindende Betriebsversammlung bei der GildeBrauerei berichtet wurde. Danach sollte der Belegschaft in der Betriebsversammlung auch die Aufgliederung der Gilde in vier selbstständige Gesellschaften vorgestellt werden.
Laut dem HAZ-Artikel hat die Geschäftsführung bereits damals erklärt, dass mit dieser strukturellen Änderung kein Arbeitsplatzabbau verbunden sein wird. Vor diesem Hintergrund gab es für das Wirtschaftsministerium keine Veranlassung, sich in diesen innerbetrieblichen Konflikt der Sozialpartner einzumischen.
Als der Konflikt Ende November, zwischen dem 21. und dem 29. November, eskalierte, hat das Wirtschaftsministerium zunächst auf Arbeitsebene Kontakt zu der Geschäftsleitung und der Gewerkschaft aufgenommen. In der 49. Kalenderwoche habe ich dann auch persönlich mit der GildeGeschäftsführung, der Geschäftsführerin der NGGRegion Hannover sowie dem Vorsitzenden des Gilde-Betriebsrats Kontakt aufgenommen, um
Aktuell stellt sich die Situation wie folgt dar: Vor dem Arbeitsgericht Hannover haben sich der Betriebsrat und die Geschäftsführung offenbar am Montag der letzten Woche auf einen Vergleich verständigt. Damit wurden die Verfahren zu insgesamt fünf Streitfragen beendet. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass im Zuge eines Einigungsverfahrens über einen Interessenausgleich im Hinblick auf die neue Unternehmensstruktur verhandelt wird.
Ich bin sehr froh darüber, dass jetzt wieder miteinander gesprochen wird. Auch hege ich die Hoffnung, dass für die Konfliktparteien im Sinne des Standorts Hannover und der Beschäftigten eine Lösung gefunden wird, die alle mittragen. Das wäre dann wirklich gelebte Sozialpartnerschaft.
Wir werden am Ball bleiben und beiden Seiten, wenn es denn gewünscht wird, auch außerhalb des Einigungsverfahrens ein gemeinsames, vom Wirtschaftsministerium koordiniertes Gespräch
anbieten. Wir müssen aber - das wissen wir alle; auch Sie wissen es - im Übrigen das geltende Recht beachten. Dieses verpflichtet uns als Staat bei Auseinandersetzungen von Sozialpartnern zu strikter Neutralität. Demgemäß hat sich die Landesregierung auch zu der Frage eines hier eventuell vorliegenden Verstoßes gegen Rechtsvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes zurückzuhalten und entsprechende Bewertungen zu unterlassen. Denn Arbeitsrechtsfragen zu beantworten und streitige Sachverhalte zu beurteilen, ist Aufgabe der dazu berufenen und vorliegend ja auch schon eingeschalteten Arbeitsgerichtsbarkeit.
Ich denke, dass wir deshalb gemeinsam abwarten sollten, wie die Betriebsparteien mit dem Ergebnis der rechtlichen Auseinandersetzung jetzt umgehen. Beide Seiten müssen unabhängig davon natürlich auch bereit sein, aufeinander zuzugehen; denn das Ziel, zu dem es meines Erachtens keine wirklich gute Alternative gibt, ist vorgegeben: Die Betriebsparteien müssen wieder sachlich und vertrauensvoll zum Wohle des Unternehmens und seiner Beschäftigten zusammenarbeiten. Sie müssen miteinander sprechen.
Das Wirtschaftsministerium wird dies auf jeden Fall nach Kräften unterstützen. Wir haben das Angebot schon unterbreitet und halten es natürlich auch aufrecht. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Streit überwunden werden kann.
Auf einen Punkt möchte ich aber besonders hinweisen: So sehr man auf der einen Seite Verständnis für die Wünsche der Gewerkschaftsseite haben kann, muss man bei der Lösung des Konflikts auch immer den Fortbestand eines wirtschaftlich gesunden, wettbewerbsfähigen Unternehmens im Blick haben. Nur ein wettbewerbsfähiges Unternehmen sichert am Ende auch Arbeitsplätze.
Erstens. Wie wirkt die Landesregierung darauf hin, den Abbau von Tariftreue und Verstöße gegen das Betriebsverfassungsgesetz zu unterbinden?
Bei den Regelungen zur Tariftreue und dem Betriebsverfassungsrecht handelt es sich um Bundesrecht und dem Privatrecht zuzuordnendes kollektives Arbeitsrecht. Die Länder haben hier neben ihrem Recht, über den Bundesrat an der Gesetzgebung des Bundes in diesen Rechtsgebieten mitzuwirken, keinerlei weitergehende rechtliche Kompetenzen. Sie haben aber die Möglichkeit, für den Abschluss und die Einhaltung von Tarifverträgen sowie für Sozialpartnerschaft zu werben und in diesem Zusammenhang z. B. Betriebsräte über ihre schon jetzt bestehenden Möglichkeiten der Einflussnahme im Betrieb aufzuklären. Die Niedersächsische Landesregierung nutzt diese Möglichkeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit.
Zweitens. Was hat die Landesregierung veranlasst, und was plant sie, damit die Möglichkeit geschaffen wird, die Tarifverhandlungen wieder aufzunehmen?
Die Landesregierung kann wegen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts, Koalitionen und damit auch Tarifverträgen fernzubleiben - der sogenannten negativen Koalitionsfreiheit -, weder den Abschluss von Tarifverträgen noch dem Abschluss vorausgehende Verhandlungen der Sozialpartner erzwingen. Die Landesregierung kann immer nur wieder darauf hinwirken, die Sozialpartner im vorliegenden Fall, aber auch allgemein von den Vorteilen zu überzeugen, die nach Auffassung der Landesregierung mit Tarifbindung und betrieblicher Mitbestimmung für Unternehmen und Betriebe verbunden sind. Sie wird dies, soweit ihr die Betriebsparteien der Gilde-Brauerei dazu in einem gemeinsamen Gespräch die Möglichkeit einräumen, weiterhin tun.
Drittens. Wie will die Landesregierung ihr im Koalitionsvertrag festgehaltenes Bekenntnis zur Sozialpartnerschaft weiterverfolgen?
In dem vorliegenden Fall hat die Landesregierung, wie bereits dargelegt, intensive Gespräche mit beiden Betriebsparteien der Gilde-Brauerei geführt und versucht, auf eine Einigung hinzuwirken. Die Landesregierung ist nicht untätig geblieben. Sie hat die Sozialpartner der Gilde-Brauerei in gemeinsamer Verantwortung für das Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze unterstützt. Dies entspricht im Übrigen der allgemeinen Ausrichtung der Politik der Landesregierung in diesem Bereich.
Ich wünsche mir, dass es den streitenden Betriebsparteien gelingt, auf den Weg gemeinsamer Lösungen zurückzufinden und ihrer gemeinsamen Verantwortung für die Gilde-Brauerei und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerecht zu werden.
Meine Damen und Herren, bevor wir zu den Zusatzfragen kommen, möchte ich darauf hinweisen, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer verständigt haben, die Punkte 43 und 44 - angesetzt ist ca. eine halbe Stunde - noch vor der Mittagspause zu behandeln.
Wir kommen zu der Dringlichen Anfrage zurück. Zu der ersten Zusatzfrage hat sich gemeldet die Kollegin Eva Viehoff, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Althusmann, Sie haben ausgeführt, dass Sie davon ausgehen, dass der Standort Hannover gesichert ist. Wie bewertet die Landesregierung die Aussage, dass die Aufspaltung eines Betriebs mehr Arbeitsplätze sichert als die Einheit eines Betriebs?
Frau Abgeordnete Viehoff, sogenannte Betriebsänderungen erleben wir in allen Teilen des Landes immer wieder. Die Richterin, die bei der Gilde das Einvernehmen hergestellt hat, hat ausdrücklich gesagt: Eine organisatorische Betriebsänderung ist unter Einbindung des Betriebsrats vorzunehmen. - Aber sie ist keineswegs rechtswidrig.
Zahlreiche Unternehmen in Deutschland versuchen, mit einer Betriebsaufspaltung einen besseren Überblick über ihre Kostenstruktur zu erhalten. Dieses Argument wird u. a. auch von der Geschäftsleitung angeführt.
Im Übrigen - ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern -: Die Herrenhäuser Brauerei hat im Jahr 2010 auch eine solche Betriebsaufspaltung vorgenommen. Sie befand sich allerdings in einer wirtschaftlich deutlich schwierigeren Situation. Als die GildeBrauerei 2015 von der TCB übernommen wurde, hatte sie, wenn ich es richtig erinnere, gerade mal noch 150 000 Hektoliter in der Produktion und etwa 70 Mitarbeiter. Heute hat sie 136 Mitarbeiter.
Durch die Betriebsaufspaltung möchte die GildeBrauerei ihre Produktion deutlich erhöhen. Dafür ist eine solche organisatorische Maßnahme nach den Investitionen, die getätigt wurden, auch durchaus geeignet. Ich habe die Investitionen genannt: rund 11 Millionen Euro; allein die Flaschenabfüllanlage kostet 2 Millionen Euro. Daraus kann man schon erkennen, dass die Produktion weitergehen und der Standort Hannover gehalten werden soll. Die Aufspaltung in die einzelnen Teile soll die Kostenstrukturen optimieren, ohne dass Mitarbeiter entlassen werden sollen.
Ich vertraue auf das, was mir auch in persönlichen Gesprächen gesagt wurde. Ich hoffe sehr, dass sich das am Ende bewahrheitet und es zu einer Stärkung und nicht zu einer Destabilisierung der Gilde-Brauerei kommt.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt der Kollege Klein. Bitte sehr!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Vor dem Hintergrund, dass Sie selbst dankenswerterweise mit allen Beteiligten gesprochen haben, frage ich die Landesregierung: Welche Vorschläge oder Ideen hat die Landesre
gierung in den Gesprächen mit der NGG, dem Betriebsrat und der Geschäftsführung unterbreitet, damit dieser Konflikt im Sinne der Gilde-Brauerei und im Sinne der Beschäftigten gelöst werden kann?