Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

Die einzige Antwort auf diese Fragen ist ein EinSatz-Entschließungsantrag der AfD.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Zu mehr ist sie nicht in der Lage!)

Mehr zur beruflichen Bildung in Niedersachsen zu sagen, sind Sie nicht in der Lage, außer das, was der Wirtschaftsminister in einem Zeitungsinterview gesagt hat - dass er sich vorstellen könne, die berufsbildenden Schulen ins Wirtschaftsministerium zu verlagern -, in Ihren Entschließungsantrag zu übernehmen! Mehr haben Sie zu beruflicher Bildung in Niedersachsen nicht zu sagen. Das ist ehrlicherweise eine Armutserklärung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Ich will nur am Rande darauf hinweisen, dass in Ihrem Antrag von den „Berufsschulen“ gesprochen wird. Es macht nun überhaupt keinen Sinn, aus den berufsbildenden Schulen die Berufsschulen herauszunehmen, sie ins Wirtschaftsministerium zu packen und alle vollzeitschulischen Schulformen in den berufsbildenden Schulen in Zuständigkeit des Kultusministeriums zu lassen. Ganz ehrlich: Wenn Sie sich wirklich die Mühe machen, einen aus einem Satz bestehenden Entschließungsantrag zu schreiben, dann sollte der Satz wenigstens richtig sein.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den Grünen)

Wir haben - um zu den anderen Anträgen zu kommen - vor 14 Monaten eine intensive Diskussion um die Zukunft der berufsbildenden Schulen in Niedersachsen begonnen. Anlass war die Ankündigung, dass Budgetreste nicht mehr - wie in der Vergangenheit - übertragen werden können. Das sorgte tatsächlich für Unruhe bei den berufsbildenden Schulen. Das führte dazu, dass Verträge nicht verlängert und Angebote gekürzt worden sind. Ein Beispiel, das wir aus diesem Hause hier kennen, ist die Berichterstattung über die Landtagssitzungen durch die BBS Multimedia. Sie findet nun nicht mehr statt - auch das sozusagen ein kleines Opfer dieser damaligen Kürzungen.

Jetzt hat die Große Koalition im Haushalt 2019 nachgelegt, und auch im Haushalt 2020 haben die Regierungsfraktionen die Budgetmittel noch einmal entsprechend erhöht. Das ist schon mal ein erster wichtiger Schritt.

Die Landesregierung hat darüber hinaus 2019 nach ihren Angaben eine erste erfolgreiche Woche der beruflichen Bildung durchgeführt und hat jetzt - just passend zur heutigen Beratung - angekündigt, auch 2020 eine Woche der beruflichen Bildung durchführen zu wollen. Uns liegt die berufliche Bildung das ganze Jahr über am Herzen, nicht nur in einer Woche des Jahres, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Deswegen lassen Sie mich kurz skizzieren, was berufsbildende Schulen in Niedersachsen brauchen:

Berufsbildende Schulen in Niedersachsen brauchen endlich Budget und Stellen für 100 % Unterrichtsversorgung. Die Mangelverwaltung muss dort ein Ende haben!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir brauchen einen Ausbau der Studienkapazitäten für die Lehrämter an berufsbildenden Schulen. Es kann doch nicht sein, dass man in Niedersachsen das Lehramt für Fahrzeugtechnik und das Lehramt für Agrartechnik nicht studieren kann! Das sind die Hauptsäulen unserer Wirtschaft in Niedersachsen - aber man kann in Niedersachsen nicht entsprechender Berufsschullehrer werden, weil die Hochschulen in Niedersachsen das nicht anbieten! Dieser Fehler muss behoben werden.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Wir brauchen eine Attraktivitätssteigerung auch für das Berufsschullehramt. Wir müssen uns darum kümmern, möglicherweise auch Studienabbrecher für das Lehramt an berufsbildenden Schulen zu gewinnen.

Sie müssen endlich eine Lösung für die IT-Administratoren an den berufsbildenden Schulen finden. Das brennt ihnen wirklich auf den Nägeln. Dafür müssen Sie eine Lösung finden.

Am Ende wird berufliche Bildung dann erfolgreich sein, wenn die berufsbildenden Schulen in Niedersachsen wieder mehr Eigenständigkeit bekommen, so, wie wir das vor Jahren als Landtag mit dem ProReKo- und ReKo-Prozess auf den Weg gebracht haben.

Die berufsbildenden Schulen vor Ort sind der starke Partner der Wirtschaft. Sie wissen, was gut für die Wirtschaft und für die Auszubildenden ist.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Julia Willie Hamburg [GRÜNE])

Danke sehr, Kollege Försterling. - Jetzt erhält der Abgeordnete Christoph Bratmann für die SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Januar, das ist immer die Zeit der Neujahrsempfänge, und ich war - ich glaube, wie viele andere Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus auch - auf einigen Neujahrsempfängen, insbesondere bei den Wirtschaftsverbänden, den Kammern, bei der Handwerkskammer, bei der Industrie- und Handelskammer z. B. Da trifft man viele Akteure aus der beruflichen Bildung, Schulleitungen, mit denen man gut ins Gespräch kommen kann. Ich schätze das immer sehr und nutze das gerne, um Handlungsaufträge mitzunehmen und auch die Politik, die wir hier in Niedersachsen machen, zu erörtern.

Bei den Neujahrsempfängen 2019 wurde uns vieles ins Stammbuch geschrieben und gesagt: Wir haben Sorge, wir haben Bedenken hinsichtlich der Budgetproblematik. Wir haben Sorge hinsichtlich der Unterrichtsverpflichtungen, und wir haben insbesondere Sorge hinsichtlich der Flexibilität, was die Einstellung von Vertretungslehrkräften angeht - alles vor dem Hintergrund der Einsparverpflichtungen im Bereich der Budgets.

Bei den Neujahrsempfängen 2020 habe ich von den Akteuren der beruflichen Bildung - und es waren einige, die ich getroffen habe - viel Zuspruch erhalten. Sie haben gesagt: Mit dem BBS-Paket, das mit dem Haushalt im Dezember beschlossen wurde, sind mehrere Schritte in die richtige Richtung gegangen worden. Viele waren über die 15 Millionen Euro erleichtert, mit denen wir die Budgets abgesichert haben.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Weil sie vorher vor der Insolvenz standen!)

Sie wussten auch zu schätzen, dass die Stellen aus SPRINT im Haushalt verstetigt werden und sie damit viel mehr Möglichkeiten haben, die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Das erfuhr viel Wertschätzung, und es war klar, dass das nicht

ausreicht, sondern dass wir weitere Schritte gehen müssen. Aber es waren Schritte in die richtige Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Um darüber hinaus langfristig zu einer besseren Unterrichtsversorgung zu kommen, müssen wir genau das machen, was Kollege Försterling eben auch angesprochen hat und was durchaus auch zu den Entschließungsanträgen der FDP und der GRÜNEN identisch war.

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Eben nicht!)

Wir haben ja gehört, die FDP versteht sich nun als Serviceopposition, und von daher bin ich immer für Stichworte dankbar, die dazu beitragen, dass wir gemeinsam zu guten Lösungen kommen. Zwei Punkte sind da wichtig:

Erstens. Wir brauchen mehr grundständig ausgebildete Lehrkräfte im System der beruflichen Bildung. Darüber kann kein Dissens bestehen, und es gibt eine entsprechende Arbeitsgruppe zwischen dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Kultusministerium, die genau das erarbeiten soll. Das geht nur nicht von heute auf morgen. Wir sind aber auf dem Weg.

Zweitens. Wir müssen auch den Seiten- und Quereinstieg erleichtern und entbürokratisieren. Auch das war hier schon mehrfach Thema. Auch da sind wir auf dem Weg, und ich würde mir wünschen, dass da einiges noch schneller geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Das alles wurde auch in der Anhörung weitgehend begrüßt, die wir zum Thema berufliche Bildung durchgeführt haben. Es gab in der Anhörung allerdings auch interessante Kontroversen, und ich will dazu ein ganz wichtiges Thema herausgreifen, die wohnortnahe Beschulung. Im Koalitionsvertrag steht, dass wir sehr auf die wohnortnahe Beschulung setzen und die wohnortnahe Beschulung wichtig ist.

(Zustimmung von Sabine Tippelt [SPD])

In der Anhörung allerdings hat die Industrie- und Handelskammer durchaus eine andere Sichtweise deutlich gemacht als die Handwerkskammer. Die Handwerkskammer hat gesagt, die wohnortnahe Beschulung wie eine Monstranz vor sich herzutragen und nur auf sie zu setzen, werde der Sache und vor allen Dingen der Qualität der Ausbildung

nicht immer gerecht. Das zeigt, dass das Thema komplex ist und wir einen Mittelweg zum Thema wohnortnahe Beschulung finden müssen. Der Weg, der aus unserer Sicht der richtige ist, ist der Weg der regional abgestimmten Bildungslandschaften. Die Kompetenz dazu liegt bei den Schulträgern vor Ort, die liegt bei den Regionen, und wir können das Ganze landesseitig nur unterstützen und moderieren. Hier ist der Weg „ermöglichen statt verordnen“ der richtige, und ich hoffe, dass es da deutlich vorangeht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Alles in allem ist in dem Entschließungsantrag von SPD und CDU vieles enthalten, was Daueraufgaben im Bereich der beruflichen Bildung betrifft. Die Sicherung der Unterrichtsversorgung ist eine Daueraufgabe, bei der wir noch weiter liefern müssen. Die Stärkung unserer berufsbildenden Schulen im Allgemeinen ist eine Daueraufgabe. Auch die Kooperation mit der Wirtschaft ist eine Daueraufgabe. Da sind wir auf einem guten Weg. Da haben wir schon wichtige Schritte getan. Aber diese Aufgabe muss uns weiter umtreiben, solange diese Koalition besteht - und natürlich auch darüber hinaus.

Damit komme ich zum Antrag der AfD. Herr Rykena, Sie fordern, die Zuständigkeit für die berufsbildenden Schulen in das Wirtschaftsministerium zu verlagern. Das Thema ist nicht neu. In der Tat kommt es in der beruflichen Bildung auf eine gelingende Kooperation zwischen Wirtschaft und Schulen an. Berufliche Bildung bleibt aber im Kern Bildung.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Meyer [GRÜNE]: Der Wirtschaftsminister ist ja nicht da! Der hört das nicht!)

Ich verweise hier auf die wichtige Aufgabe, die den berufsbildenden Schulen zukommt und die ich an dieser Stelle mehrfach genannt habe.

Es zeugt von dem Bild, das Sie, Herr Rykena, von berufsbildenden Schulen haben, wenn Sie von einem unterfinanzierten Reparaturbetrieb der Allgemeinbildung reden. Sagen Sie das mal Berufsschullehrkräften, die in den Schulformen Berufliches Gymnasium, Fachoberschule und Berufsfachschule unterrichten, die das gern und voller Stolz tun, weil diese Schulformen wichtig für unser Land und für unser Bildungssystem sind! Sagen Sie denen das mal! Sie werden die entsprechen

den Antworten kriegen. Da bin ich mir ziemlich sicher.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Diese Schulformen und die berufsbildenden Schulen im Allgemeinen sind ganz wichtige Bausteine unseres Bildungssystems. Denn sie sorgen dafür, dass auch Schülerinnen und Schüler, die im Bereich der allgemeinbildenden Schulen nicht den geraden Weg gegangen sind, zu höherwertigen Abschlüssen kommen und daneben auch noch wichtige berufspraktische Erfahrungen sammeln können. Sie helfen dabei, sich beruflich zu orientieren und den wichtigen Weg auf den Arbeitsmarkt zu finden. Das ist unglaublich wichtig. Daran werden wir weiter festhalten. Deshalb ist Ihr Antrag abzulehnen.

Zum Vorwurf der stiefmütterlichen Behandlung kann ich abschließend nur sagen: Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und CDU und vor allem unser Kultusminister Grant Hendrik Tonne stehen für die Gleichwertigkeit von akademischer, allgemeiner und beruflicher Bildung. Das werden wir auch weiter so handhaben.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke sehr, Kollege Bratmann. - Für Bündnis 90/Die Grünen enthält nun Kollegin Julia Willie Hamburg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben 2019 viel über die berufsbildenden Schulen gesprochen. Warum? - Weil sie in einer Krise waren, weil nämlich Budgetrestmittel nicht übertragen wurden und berufsbildende Schulen die Insolvenz vor Augen hatten, Fortbildungen absagen mussten, Verträge kündigen mussten, Lehrkräfte entlassen mussten.