Protokoll der Sitzung vom 30.01.2020

grundsätzlich zahlreiche Fördermöglichkeiten zur Verfügung. MW wird prüfen, ob darüber hinaus Förderungen seitens des Landes notwendig und möglich sind.“

- Da haben Sie doch schon Ihre Zusage, Herr Schulz-Hendel! -

„Die Anzahl der Förderungen durch Arbeitsagenturen und Jobcentern wurde in 2019 gegenüber den Vorjahren bereits deutlich ausgeweitet. Aktuell befinden sich in Niedersachsen ca. 200 Personen in einer durch die Arbeitsverwaltung geförderten Qualifizierung zur Triebfahrzeugführerin

bzw. zum Triebfahrzeugführer.“

Ferner heißt es darin:

„Eine Verengung der Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen auf Flüchtlinge halten weder das MW noch die Arbeitsverwaltung für zielführend.“

Liebe Grüne, ich übersetze Ihnen das einmal ganz kurz: Auch sogenannte Flüchtlinge sind nur ganz normale Arbeitslose mit den gleichen Rechten und Pflichten wie alle anderen.

Was ist übrigens aus dem gleichlautenden Projekt des grün geführten Verkehrsministeriums in Baden-Württemberg geworden, das Ihren Antrag hier in Niedersachsen - so glaube ich zumindest - stark inspiriert hat? - Dort sollten viele Flüchtlinge, begleitet von neun Integrationstrainern und unterstützt durch jede Menge Steuergeld, aus einem extra dafür geschaffenen Topf zum Lokführer ausgebildet werden. - Das hätten Sie hier in Niedersachsen auch gerne. - Am 17. Januar gab es hierzu einen kleinen Bericht in der Welt. Bisher nehmen ganze 15 Personen an diesem hochgelobten Projekt teil. Dies ist, bezogen auf die eingesetzten Mittel, ein klarer Fehlschlag.

Für uns steht der Gleichbehandlungsgrundsatz für alle Arbeitslosen klar im Vordergrund. Ihren Antrag, der Flüchtlinge gruppenbezogen bevorzugen soll, können wir nur ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Herr Kollege Henze. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Kollege Jörg Bode das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin überrascht, dass sich die Vertreter der GroKo bei dem Antrag anscheinend gar nicht zu Wort gemeldet haben.

Es ist so, dass wir dem Änderungsantrag der Grünen zustimmen können und auch werden und dass wir ihn für einen guten Ansatz halten, sinnvolle Projekte der Arbeitsmarktförderung zu installieren und durchzuführen.

Kollege Henze, es kommt gar nicht darauf an, ob wir jetzt 15, 10, 20, 30 oder 40 in einem solchen Projekt haben. Wir haben Bedarf an einer ganz begrenzten Anzahl von Lokführern. Es gibt aber eine Vielzahl von Menschen, die Schwierigkeiten haben, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. In der Vergangenheit war es durchaus üblich, gemeinsam mit der Bundesagentur, mit den anderen Zuständigen, mit den Kompetenzen, die das Land in eigener Zuständigkeit hat, Projekte zusammenzuführen und durchaus auch kleine Gruppen durch eine intensivere Betreuung in den Arbeitsmarkt zu führen.

Der Anstoß, dafür einmal Flüchtlinge zu nehmen, ist ergänzt worden durch unseren Hinweis, auch Langzeitarbeitslose mit einzubeziehen, die zunächst andere Probleme lösen und Kompetenzen erwerben müssen als jemand, der gerade mal zwei Jahre aus dem Berufsalltag heraus ist. Dieser Ansatz, Langzeitarbeitslose besonders zu fördern, ist in diesem Bereich ein ganz interessanter. Denn wenn wir den schienengebundenen Personennahverkehr weiter ausbauen wollen, ihn für wichtig halten, dann muss es doch auch unser Interesse sein, dass bei den begrenzten Streckenkapazitäten die Züge, die dort eigentlich fahren sollten, tatsächlich fahren.

(Zustimmung von Detlev Schulz-Hen- del [GRÜNE] und Dragos Pancescu [GRÜNE] - Dragos Pancescu [GRÜ- NE]: Die FDP hat es verstanden!)

Wenn ein erheblicher Anteil der Züge nicht fahren kann, weil kein Lokführer da ist, muss man sich doch dieses Problems annehmen. Arbeitsmarktförderung und Integration in den Arbeitsmarkt sind eine gemeinsame Aufgabe in den jeweiligen Fachbereichen zwischen Bund, Land und Arbeitsagentur bzw. Kommunen. Daher spricht gar nichts dagegen, solche Modellprojekte durchzuführen, auch wenn sie nur klein und fein sind. Damit werden wir weder die Probleme der Arbeitsmarktsituation im Hinblick auf Flüchtlinge noch im Hinblick auf Langzeitarbeitslose in Gänze lösen. Wir werden damit auch nicht den Lokführerbedarf für ganz Deutschland abdecken können. Aber mit solchen kleinen, feinen Projekten einfach auch mal Anreize zu geben und Best-Practice-Beispiele zu machen, ist, finde ich, ein sehr lobenswerter und bedenkenswerter Ansatz. Ich finde es schade, dass Sie das nicht machen.

Kollege Henning, ich weiß ja, was jetzt wieder kommt. Ich gehe davon aus, dass die Arbeitsmarkttitel im Haushalt des MW, die Sie eingestellt und auch noch einmal erhöht haben, für Sie einfach nur ein Feigenblatt sind. Wenn Sie solche Projekte schon nicht machen wollen, dann werden Sie die Mittel wohl nur für die globale Minderausgabe nehmen. Dann hätte man sie ehrlicherweise auch gleich streichen können. Das wäre nach Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit ehrlicher gewesen. Das hatten wir ja schon vorgesehen, weil wir geahnt haben, dass Sie die Mittel einfach nur verfallen lassen wollen. Wenn Sie etwas mit dem Geld machen wollen, dann nutzen Sie es für diesen Antrag der Grünen! Wir werben dafür.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke, Herr Kollege Bode. - Für die SPD-Fraktion hat sich nun der Kollege Frank Henning gemeldet. Bitte sehr!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Präsident! Ich wundere mich doch immer, wie es möglich ist, dass die AfD einen solchen, vom Grundsatz her durchaus vernünftigen Antrag, sage ich mal, zum Anlass nimmt, gegen Flüchtlinge zu agieren und sie zu diskreditieren.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP])

Ich kann nicht erkennen, dass diese 15 Flüchtlinge in Baden-Württemberg bevorteilt werden, lieber Herr Henze.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP - Dragos Pancescu [GRÜNE]: Das ist aber nichts Neues!)

Ich frage mich wirklich, warum man nicht mal einfach ganz sachlich über Sinn oder Unsinn dieses Antrags reden kann, ohne gleich wieder irgendwelche Bevorteilungen von Flüchtlingen, die ich da nun wirklich nicht sehe, ins Feld zu führen. Aber irgendwie scheint das so in Ihrer DNA zu sein.

Meine Damen und Herren, ich möchte mich mit dem Antrag der Grünen beschäftigen:

Erstens. Ja, wir sind gemeinsam der Auffassung, 42 % der Zugausfälle sind auf Fachkräftemangel im Bereich der Eisenbahnunternehmen zurückzuführen. Das geht auf Dauer nicht so weiter. Wir alle wollen die Verkehrswende, wir wollen den ökologischen ÖPNV fördern, wir wollen, dass der Schienenverkehr ausgebaut wird. Dann braucht man eben auch diese Fachkräfte. Wir sind uns also im Ziel einig. Die Frage ist nur: Wie kommen wir dahin? - Wir sind uns mal wieder nicht über den Weg einig.

Ich glaube auch, dass die Zahlen, die uns das Wirtschaftsministerium geliefert hat, diesen Fachkräftemangel sehr deutlich machen. Wir haben in Niedersachsen 31 arbeitslose Lokführer. Denen stehen 101 freie Stellen gegenüber. Es ist ein Indiz für einen ausgeprägten Fachkräftemangel, wenn man 30 Arbeitslose, aber 100 freie Stellen hat. Da passt etwas nicht. Da muss tatsächlich etwas passieren. Die Frage ist nur: Was und durch wen?

Wir sind in der Tat in erster Linie der Auffassung, dass die Eisenbahnverkehrsunternehmen in der Pflicht sind, für ihren eigenen Nachwuchs zu sorgen und das Fachkräfteproblem anzugehen. Ich bin übrigens auch der Auffassung, dass es eine Sache der Tarifpartner ist. Wir müssen Lokführer auch besser bezahlen. Nur wenn wir Lokführer besser bezahlen, können wir die Fachkräfte bekommen. Das ist ein entscheidender Punkt. Das ist aber nicht Sache der Landesregierung; das ist Sache der Tarifpartner. Da bin ich ganz Ordnungspolitiker, Herr Bode. Im Ausschuss haben Sie mich auch schon einmal so tituliert. Aber der Begriff passt in diesem Zusammenhang. Dann bin ich da eben Ordnungspolitiker.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Schulz-Hendel hat ausgeführt, die Landesregierung sei hier auch in der Pflicht. - Ja, die Landesregierung hat aber auch schon einiges gemacht.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Was denn?)

Ich verweise auf die Nr. 1 Ihres Entschließungsantrages, die aus meiner Sicht erledigt ist. Unter der Nr. 1 fordern Sie, dass die bisherigen Erkenntnisse aus dem MW über den eingesetzten Arbeitskreis dem Ausschuss vorgestellt werden. - Wir haben eine schriftliche Unterrichtung über zehn Seiten bekommen. Darauf möchte ich verweisen. Alleine dadurch ist die Nr. 1 erledigt.

Ich habe einen umfassenden Abschlussbericht aus dem MW mitgebracht.

(Der Redner zeigt Unterlagen)

Das Wirtschaftsministerium hatte sich mit den Verkehrsunternehmen, dem VDV, mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen, GVN, zusammengesetzt. Ich erspare es Ihnen jetzt, die acht Seiten inhaltlich im Einzelnen vorzutragen. Ich möchte nur darauf verweisen, dass das sozusagen der Rechenschaftsbericht der Landesregierung ist. Sie hat gehandelt. Sie hat sich Gedanken über die Fachkräftesituation in der Verkehrs- und Logistikbranche gemacht. Damit ist die Nr. 1 auch Ihres Änderungsantrags aus meiner Sicht erledigt.

Die Nrn. 2 und 4 gehören meines Erachtens zusammen. Unter der Nr. 2 fordern Sie eine Ausbildungsoffensive. Dafür solle das Land im Grunde genommen tätig werden, und zwar mit eigenem Landesgeld. Sie haben ja dankenswerterweise Ihren Ursprungsantrag selbst korrigiert. Wir haben von Anfang an gesagt, dass die Nr. 4 mit der Forderung, das aus Regionalisierungsmitteln zu finanzieren, schlicht rechtswidrig ist. Das geht nicht. Das haben Sie mittlerweile eingesehen. Das finde ich gut. Sie wollen aber jetzt Landesmittel aus dem Einzelplan 08 dafür einsetzen. Ich sage mal: Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg. Gucken Sie sich mal die Situation auf Bundesebene an! Auch hierzu habe ich ein schönes Schaubild mitgebracht.

(Der Redner zeigt ein Schaubild)

Gucken Sie sich mal das Qualifizierungschancengesetz an! Danach können Weiterbildungsmaßnahmen in Kleinstunternehmen bis zu 100 % gefördert werden: für Weiterbildungsmaßnahmen, für

Coaching-Programme für Menschen, die sich dann auch umschulen lassen können. Wir haben des Weiteren das Teilhabechancengesetz von Hubertus Heil. Da sind 4 Milliarden Euro auf Bundesebene im Pott.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Und was bekommt Niedersachsen?)

Danach können bis zu 75 % Lohnkostenzuschüsse, in bestimmten Fällen sogar bis zu 100 % Lohnkostenzuschüsse gezahlt werden. Dabei geht es im Wesentlichen um Langzeitarbeitslose, die man dann auch zu Lokführern qualifizieren könnte.

Es ist also genügend Geld im Pott. Wenn Sie sich mit den Arbeitsagenturen und den Jobcentern unterhalten, dann wissen Sie, dass wir diese Landesmittel nicht brauchen. Wir sind der Meinung, dass man die Landesmittel an anderer Stelle besser einsetzen kann. Sie können sich gerne mal von unserem Wirtschaftsminister erklären lassen - im Einzelplan 08 stehen 6,2 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen zur Verfügung -, was wir alles damit machen. Das können Sie sich gerne vom MW erklären lassen.

Wir sind der Auffassung, dass eine Offensive zur Ausbildung von Lokführern aus den vorhandenen Instrumenten des Bundes - ich habe auf das Qualifizierungschancengesetz und Teilhabechancengesetz verwiesen - ausreichend ist und mit ausreichend Kohle - Entschuldigung: Geld - versehen ist. Von daher, glaube ich, brauchen wir hier kein eigenes Landesgeld einzusetzen.

Ich möchte noch auf eines verweisen: In der schriftlichen Unterrichtung ist noch einmal deutlich geworden, dass aktuell in Niedersachsen 200 Personen in durch die Arbeitsverwaltung geförderten Qualifizierungsmaßnahmen stecken oder zu Trieb- und Fahrzeugführerinnen und -führern bzw. Lokführern umgeschult werden. Wenn wir 101 offene Stellen haben, sehe ich hier schon Licht am Ende des Tunnels, weil hier 200 Personen ausgebildet bzw. fortgebildet werden und dann diese Lücken möglicherweise geschlossen werden können. Insofern ist das Problem vielleicht nicht ganz so dramatisch, wie es hier dargestellt wird.

Vor diesem Hintergrund werden wir Ihren Antrag ablehnen. Wir haben genügend Geld auf der Bundesebene im Topf. Der Bericht liegt vor. Die Landesregierung hat gezeigt, was sie in diesem Bereich macht.

Ich sehe gerade, ich habe eine Punktlandung bei meiner Redezeit hingelegt. Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Henning. - Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zuerst kommt Herr Kollege Schulz-Hendel, und dann kommt der Kollege Bode. Bitte sehr!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter und geschätzter Kollege Henning, ich hätte ja erwartet, dass Sie sich zwischen der Ausschussberatung und der heutigen Diskussion hier im Plenum zumindest noch einmal etwas intensiver mit dem Antrag beschäftigt hätten. Das haben Sie aber nicht getan; sonst wäre Ihr Wortbeitrag möglicherweise anders ausgefallen.