Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Herr Minister Althusmann!

Ich will den Fokus auf das richten, was wir im Koalitionsvertrag festgelegt haben, wofür wir diese 2 Millionen Euro jährlich ausgeben wollen und an wen sich das Gründerstipendium richtet.

Die Vergabe dieser Stipendien hat den Fokus „digital- und technologieorientierte Gründungen“. Sie sind also nicht allgemein für alles. Es geht um gründungsbereite Personen in der Pre-Seed-Phase, also in der Phase vor der Gründung des Unternehmens. Diese Personen stehen in aller Regel vor der großen Herausforderung, in dieser Zeit keinen abhängigen Beschäftigungen oder selbständigen Tätigkeiten in Vollzeit nachgehen zu können. Im Vergleich zur Gründung beispielsweise im klassischen Handwerk oder Handel werden dort kurz nach der Gründung in der Regel keine Einnahmen generiert. Diese Lücke soll das geplante Gründungsstipendium schließen.

Neben dieser rein monetären Förderung wird aber auch eine Verknüpfung der Zuwendungen mit Coaching, Betreuung, Hochschule, Start-up-Zentrum angestrebt, um dort eine enge Begleitung zu ermöglichen.

Ich hoffe, ich habe damit Ihre Frage beantwortet.

(Zuruf von Christian Grascha [FDP])

- Sie können gerne noch eine Frage stellen.

Herr Grascha, Sie sind mit Ihrer Fraktion ohnehin gleich noch einmal dran. - Jetzt aber hat zunächst Frau Eva Viehoff für Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Vor dem Hintergrund, dass es eine übliche unternehmerische Maßnahme von Großbetrieben wie z. B. Volkswagen ist, genau solche innovativen Ideen auszulagern, um arbeitsrechtliche Regelungen, die im Großbetrieb vorhanden sind, zu umgehen, frage ich die Landesregierung, wie Sie es vermeiden wollen, dass in diesem Falle Fördermittel widerrechtlich gezahlt werden.

Herr Dr. Althusmann antwortet.

Das ist eine sehr schwierige Frage. Wir haben grundsätzlich nicht vor, widerrechtliche Start-upUnternehmen zu fördern.

Ihre Unterstellung, dass VW dann, wenn es etwas auslagert, quasi versucht, dem Recht entgegenstehende Arbeitsumgebungen zu schaffen, kann ich zunächst einmal nicht bestätigen. Insofern wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir den Fall, den Sie offensichtlich vor Augen haben, schriftlich einreichen. Dann gehen wir der Sache gern nach. Aber auch für diese Start-up-Unternehmen gilt, dass wir sie nach spätestens zwei Jahren evaluieren werden. Es gibt für Unternehmen, die sich in Deutschland gründen, einen rechtlichen Rahmen - arbeitszeitgesetzliche Bestimmungen, Mindestlohnvoraussetzungen usw.; Sie kennen das alles -, und an diesen Rahmen haben sie sich zu halten.

Noch einmal: Darauf, dass VW solche Ausgründungen vornimmt, um in Deutschland das Arbeitsrecht und sonstige Voraussetzungen zu umgehen, habe ich bisher keinen Hinweis. Möglicherweise wissen Sie aber mehr. Geben Sie mir das, und dann gehen wir der Sache nach!

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Abschließend hat sich Herr Kollege Jörg Bode von der FDP-Fraktion gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Althusmann, vor dem Hintergrund, dass Sie auf meine Frage nach konkreten Maßnahmen zum Bürokratieabbau bei Start-ups unter anderem geantwortet haben, dass Sie die Mehrfacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen als abschaffungswürdig ansehen und dort tätig werden wollten, frage ich Sie, ob das eine abgestimmte Position innerhalb der Landesregierung ist und Sie damit auch den Antrag der FDP-Fraktion mit dem Ziel, eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung der doppelten Erhebung der Sozialversicherungsbeiträge zu ergreifen, unterstützen werden.

(Zustimmung bei der FDP)

Herr Minister Althusmann möchte antworten.

Möglicherweise gibt es hier zwischen Sender und Empfänger eine unterschiedliche Wahrnehmung.

(Jörg Bode [FDP]: Deshalb frage ich ja!)

Ich meine, mich daran zu erinnern - aber ich kann das im Protokoll gern noch einmal nachlesen; vielleicht war es auch ein Missverständnis -, dass ich zu den Meldepflichten die Sozialversicherungsbeiträge gesagt habe, dass wir uns genau anschauen werden, ob es da Probleme für den Mittelstand gibt. Aber darüber hinausgehende Sachen, dass dort irgendetwas abgeschafft werden soll, habe ich meiner Erinnerung nach nicht gesagt.

(Jörg Bode [FDP]: Doppelerhebungen der Sozialversicherungsbeiträge!)

- Ich glaube, dazu habe ich nichts gesagt. Ich habe zu den Meldepflichten gesprochen. Ich habe nichts zu den Doppelerhebungen gesagt, sondern ich habe nur etwas zu den Meldepflichten gesagt.

(Jörg Bode [FDP]: Gut, dass wir das geklärt haben!)

- Wir haben das jetzt schon geklärt. Passt doch!

Danke.

(Jörg Bode [FDP]: Dann müssen wir Sie weiter antreiben! Das nützt ja nichts!)

Herr Kollege Bode, vielleicht können Sie das draußen bei einem Kaffee besprechen!

Wir sind jetzt am Ende der Fragestunde angelangt. Die Antworten der Landesregierung auf die Fragen, die jetzt nicht behandelt worden sind, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben und stehen Ihnen in Kürze im Intranet und im Internet als unkorrigierte Fassung zur Verfügung.1

Eigentlich kämen wir jetzt zu Tagesordnungspunkt 19. Zunächst aber hat sich der Kollege Limburg zur Geschäftsordnung gemeldet. Herr Limburg, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landtagsverwaltung hat an Sie in einer Drucksache soeben einen gemeinsamen Resolutionsentwurf von SPD, CDU, Grünen und FDP zum Einmarsch der Türkei in Syrien verteilt. Ich beantrage hiermit, die Tagesordnung für die heutige Sitzung um diesen Punkt zu erweitern.

Zur Begründung möchte ich Folgendes ausführen:

Die Türkei - unser NATO-Partnerland, ein Land, dem Deutschland und natürlich auch Niedersachsen in ganz besonderer Weise verbunden ist: durch viele persönliche freundschaftliche Kontakte, durch wirtschaftliche Beziehungen, Studienbeziehungen und anderes mehr - hat sich unter dem zunehmend despotisch agierenden Präsidenten Erdogan entschlossen, in das Nachbarland Syrien einzumarschieren. Das aber nicht etwa, um den dortigen Diktator Assad oder den sogenannten Islamischen Staat, die Terrormiliz, zu bekämpfen - nein, die türkische Armee kämpft dort gegen diejenigen, die sich den Mördertruppen des sogenannten IS am entschiedensten entgegengestellt haben, nämlich gegen die YPG. Diese Eskalation ist dramatisch. Die Bundesregierung und die gesamte NATO sind aufgefordert, alles zu tun, um die Türkei von ihrem Vorgehen abzubringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kurdinnen und Kurden wurden von den USA im Kampf gegen

1 Die Antworten zu den Anfragen 2 bis 5 und 7 bis 40, die nicht in der 7. Sitzung des Landtages am 25. Januar 2018 behandelt und daher zu Protokoll gegeben wurden, sind in der Drucksache 18/230 abgedruckt.

den sogenannten IS unterstützt. Die Europäische Union, die NATO, wir alle waren doch in Wahrheit froh und dankbar dafür, dass sich die YPG den Mordbanden so entschieden entgegengestellt und sie zurückgedrängt hat. Jetzt aber, wo die islamistischen Terroristen so gut wie besiegt und weit zurückgedrängt worden sind, müssen wir mit ansehen, wie nun die kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer ihrerseits Opfer der Gewalt durch die türkische Armee werden. Das, was wir vor allem in der Region Afrin erleben, ist ein schreckliches Szenario.

Aber: Angesichts dieser Eskalation herrschen bei der Bundesregierung Leisetreterei und betretenes Schweigen. Das ist nicht hinnehmbar. Die deutsche Politik muss sich hier laut und vernehmlich zu Wort melden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Wir als Land Niedersachsen sind von dieser Situation besonders betroffen. Wir alle wissen, dass Rheinmetall in Unterlüß einen Großteil der Leopard-2-Panzer baut,

(Jörg Hillmer [CDU]: Das stimmt nicht! Die werden da gar nicht gebaut! So ein Quatsch!)

und es sind genau diese Panzer, die gegen die Kurdinnen und Kurden in Nordsyrien eingesetzt werden.

Meine Damen und Herren, im Laufe des heutigen Tages hat die Bundesregierung bekanntgegeben, dass sie weitere Nachrüstungen der türkischen Panzer zunächst einmal aussetzt. Das ist ein guter Beschluss, und in unserem Resolutionstext würdigen wir diesen Beschluss auch. Klar muss aber auch sein, dass es dabei nicht bleiben kann, sondern dass künftig der Grundsatz gelten muss, dass in Krisengebiete - und de facto sind die Türkei und Nordsyrien ein Krisengebiet - keine deutschen Waffen mehr geliefert werden dürfen. Das muss die neue Große Koalition endlich in die Tat umsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir äußern uns in dieser Resolution aber auch zu der Situation in der Türkei. Es ist ja nicht so, dass in der Türkei eine große Kriegsbegeisterung herrscht und die meisten Menschen diesen Einmarsch unterstützen. Nein, es gibt Proteste in der Türkei, es gibt Facebook-Kommentare, es gibt Debatten, die sich gegen den Einsatz der türki

schen Armee richten. Aber diejenigen, die dort aufstehen und protestieren, werden von Erdogan und seinen Leuten gewaltsam und brutal unterdrückt. Auch das ist nicht hinnehmbar. Auch dem stellen wir uns als Landtag mit diesem Resolutionsentwurf entgegen.

Schließlich ist auch klar, dass der Diskurs, der darüber hier bei uns in Niedersachsen geführt wird, demokratisch und friedlich durchgeführt werden muss. Auch das bekräftigen wir noch einmal.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir im Interesse der Menschen in der Region Afrin, im Interesse der Betroffenen, im Interesse der Menschen, die schon einmal fliehen mussten und jetzt wieder fliehen müssen und nicht mehr wissen, wohin sie fliehen können, unsere Solidarität bekunden und diese Resolution auf die Tagesordnung setzen, mit dem Ziel, die Bundesregierung gemeinsam aufzufordern, alles zu tun, um die Türkei von ihrem Vorgehen abzubringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP sowie Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Limburg. - Ebenfalls zur Geschäftsordnung hat sich Herr Wichmann von der AfD-Fraktion gemeldet.

Herr Kollege Limburg, Sie haben in ganz, ganz vielem, was Sie gesagt haben, recht. Diese Resolution ist eine sehr gute Resolution. Wir würden gern mit draufstehen. Das haben wir angeboten; das wurde aber abgelehnt.