Protokoll der Sitzung vom 31.01.2020

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Stefan Wenzel das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, vielleicht muss man noch einmal an den Anlass für dieses Gesetz erinnern, das Bundesfinanzminister

Schäuble vor etwa drei Jahren in den Bundestag eingebracht hat. Dann wurde es vor etwa zweieinhalb Jahren beschlossen. Viele Akteure hatten zweieinhalb Jahre Zeit, sich auf diese Situation einzurichten. Anlass war u. a., dass in Teilen der Wirtschaft massive Steuerhinterziehung betrieben wird. Die Schätzungen gehen von Steuerausfällen von 10 Milliarden Euro aus. Es gibt auch Schätzungen, die deutlich darüber liegen.

Aktuell hatten wir zwei Prozesse. In Osnabrück und in Göttingen wurden Täter zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie auf ihren Kassen zwei Kassen hatten: eine richtige und eine schwarze. Mit einem Fingerwischen hat man zwischen der schwarzen Kasse und der richtigen Kasse gewechselt.

Das konnte bislang nicht ordentlich kontrolliert werden. Deswegen hat Bundesfinanzminister

Schäuble hier eine Regelung getroffen, die auch die Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates gefunden hat.

Diese Regelung sah aber auch Ausnahmen vor. Beispielsweise kann durch Verordnung geregelt werden, dass man in bestimmten Fällen - ich kann mir vorstellen, dass das bei Studentenwerken der Fall ist - oder bei bestimmten Größenordnungen - was weiß ich; Geschäfte unter 5 Euro oder unter 10 Euro - Ausnahmen vorsieht und sagt, dort muss

das nicht geschehen, bei größeren Summen aber schon.

Neulich war einem interessanten Artikel - ich glaube, im Handelsblatt - zu entnehmen, dass sich mittlerweile auch eine ganze Reihe von innovativen kleinen Firmen mit dieser Frage beschäftigt und Lösungen entwickelt hat, die es z. B. zulassen, dass man einen Ausdruck in einen Scanner vornimmt. Das heißt, Sie können dann mit Ihrem Handy den QR-Code abfotografieren. Wenn Sie eine Quittung brauchen oder wollen, haben Sie sie dann. Sie haben auch kein Datenschutzproblem. Der Händler hat den Ausdruck elektronisch vorgenommen. Das Ganze ist auch kontrollierbar. Dabei erhalten Sie keinen Bon.

Diese Möglichkeit besteht schon heute, auf die Händler sich einstellen können und in deren Rahmen sie keinen Bon an die Kundin oder den Kunden ausgeben müssen. Apple macht das im Übrigen schon länger. Wenn Sie kurz vor dem Bahnhof in den Apple Store gehen, bekommen Sie dort schon heute keinen Bon mehr, sondern eine Quittung aufs Handy geschickt. Da besteht aber noch ein Datenschutzproblem. Das ist nicht mehr der Fall, wenn Sie die Lösung mit dem QR-Code nutzen.

Hier ist also auch eine ganze Menge Innovation möglich, wenn man es vernünftig angeht. Der Finanzminister muss dafür sorgen, dass Ausnahmen möglich sind, und die Händler müssen dafür sorgen, dass sie die neuesten technischen Anwendungen dann auch wirklich zur Geltung bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch ein Satz zum Thermopapier: Völlig unabhängig von dieser Gesetzgebung ist der Einsatz von Thermopapier mit Chemikalien, die nicht umweltfreundlich und nicht gesund sind, wenn man damit in Kontakt kommt, ohnehin seit dem 1. Januar 2020 verboten. Händler, die noch Thermopapier ausgeben, haben es versäumt, rechtzeitig dafür zu sorgen, dass es nicht mehr zum Einsatz kommt.

Dies als sachlicher Hintergrund zu manchem, was in den letzten Tagen auch sehr emotional diskutiert wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Für die CDUFraktion hat der Kollege Jörn Schepelmann das Wort. Bitte sehr!

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bode, wenn ich auf der Straße 100 Menschen frage, was sie von der Bonpflicht halten, spiele ich nicht „Familien-Duell“ mit Werner Schulze-Erdel, sondern erhalte 100-mal die Antwort: „Unsinn!“ Und wer will dem schon widersprechen?

(Christian Meyer [GRÜNE]: Der Finanz- minister!)

Die Bonpflicht ist ein Ärgernis sowohl für Unternehmen als auch für Kunden. Hinsichtlich des Ziels des Entschließungsantrags sind wir daher einer Meinung: Selbstverständlich müssen wir die überflüssigen Bons schnellstmöglich beseitigen. Dafür ist Ihr Antrag aber weder nötig noch hilfreich.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Was?)

Warum gibt es denn die Belegausgabepflicht? - Nach über 20 Jahren Befassung mit dem Thema hat der Bundesrat im Dezember 2016 das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen verabschiedet. Dieses Gesetz hat die Finanzverwaltung in die Lage versetzt, elektronische Kassen auszulesen, und es hat Unternehmer verpflichtet, elektronische Kassen bis Ende 2019 mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung auszurüsten. Die dreijährige Übergangsfrist ist jetzt noch einmal bis zum Herbst dieses Jahres verlängert worden.

Mit diesem Gesetz hat der Bundestag auf die Erkenntnis reagiert, dass ein Ausspruch von Benjamin Franklin im Bargeldbereich wohl nur zur Hälfte gilt: „Nur zwei Sachen“, soll Franklin gesagt haben, „sind sicher: Der Tod und die Steuer.“

Damit eines ganz klar ist: Ich gehe davon aus, dass die allermeisten Händler, Frisöre, Taxifahrer und natürlich auch die meisten Bäcker, die zuletzt so oft bemüht worden sind, steuerehrlich sind. Aber eines ist auch klar: Deutschland ist Bargeldland. Es ist mitnichten so, dass das Wegdrücken von Bargeldeinnahmen nur in geringen Dosen stattfindet. Wenn man sich, wie wir es getan haben, mit Finanzämtern und vor allem Betriebsprüfern unterhält, dann weiß man, dass die Gelegen

heiten, die Bargeldgeschäfte bieten, nur allzu oft genutzt werden.

Selbst bei größeren Beträgen ist sicher der eine oder andere hier im Raum schon einmal gefragt worden, ob es nicht auch ohne Quittung ginge, oder?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Nein! - Christian Grascha [FDP]: Noch nie beim Brötcheneinkauf!)

Bei Geschäften über die Ladentheke war bisher nicht einmal diese Frage nötig, um zu entscheiden, ob man als Unternehmer einen Umsatz versteuern will oder nicht. Und die Betrüger werden auch immer besser. Die Zeiten, in denen der Würstchenbudenbetreiber aufgeflogen ist, weil er 100 Würstchen und drei Zentner Senf verkauft haben will, sind längst vorbei. Heute werden z. B. Tagesendsummen nach Bedarf und passend zum Wochentag nach unten korrigiert, oder es werden mittels Software Getränke und Speisen passend zueinander aus den Aufzeichnungen weggelöscht.

(Christian Grascha [FDP]: Das macht doch keiner!)

Denjenigen, die dieses Problem leugnen oder es nicht wahrhaben wollen, sei gesagt: Das Landgericht Osnabrück hat im November letzten Jahres zwei knapp 60-jährige Brüder zu Strafen von siebeneinhalb und dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Und weil die beiden verurteilt wurden, muss jetzt für alle die Bonpflicht gelten?)

Die beiden hatten über Jahre Restaurants mit Kassensystemen beliefert, deren Aufzeichnungen im laufenden Betrieb, aber auch nachträglich noch manipuliert werden konnten. Allein der steuerliche Schaden aus diesen Geschäften wird auf über 1 Milliarde Euro geschätzt.

Damit sollte hoffentlich auch dem Letzten klar sein: Wir brauchen endlich Kassensysteme, die manipulationssicher sind und Umsätze vollständig aufzeichnen.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Genau das schlagen wir vor!)

Wir brauchen sie im Interesse aller, wir brauchen sie vor allen Dingen im Interesse der vielen, vielen ehrlichen Unternehmer in diesem Land.

Was wir in Deutschland aber auch brauchen, meine Damen und Herren, liebe Kollegen der FDP, ist ein Mentalitätswechsel hin zum bargeldlosen Bezahlen.

(Zustimmung von Sebastian Lechner [CDU])

Denn während man in London selbst auf jedem Wochenmarkt per Karte bezahlt und den Bon im Nachgang als E-Mail erhält, hinken wir in Deutschland hier sehr weit zurück.

(Christian Grascha [FDP]: Das sollte jeder selbst entscheiden!)

- Das sollen sie auch! Das Bargeld soll auch niemand abschaffen. Ich denke aber, in dem Bereich können und sollten wir dringend aufholen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was mich an Ihrem Antrag aber am allermeisten ärgert, ist, dass Sie es tatsächlich hinbekommen, selbst bei diesem Thema mit dem Aspekt Umweltschutz zu argumentieren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Ich weiß gar nicht, warum das Wort „Klimahysterie“ zum Unwort des Jahres erklärt worden ist.

(Christian Grascha [FDP]: Was hat das mit Klima zu tun?)

Kein Thema, keine Diskussion und keine Auseinandersetzung in diesem Landtag ohne Klimaschutz! Und sei es noch so absurd - es kommt garantiert.

Dabei warnte selbst Ihr Fraktionsvorsitzender Herr Dr. Birkner - wie ich finde, zu Recht - vor Kurzem hier im Landtag vor einem zunehmenden Klimaabsolutismus. Und jetzt sorgt sich die FDP also um die Papiermüllberge, die entstehen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Natürlich!)

Aber sind die Bons hier wirklich das größte Problem? - Wenn ich in mein Abgeordnetenfach schaue und die vielen mehr oder weniger notwendigen Drucksachen sehe, die ich bekomme, dann wüsste ich ganz schnell, wo wir sehr viel Papier einsparen könnten.

Im Übrigen, Herr Bode: Auch Sie hängen doch regelmäßig Wahlplakate auf. Das sollen Sie gerne tun, aber auch da könnten Sie direkt einen wunderbaren Beitrag leisten, um viel Papier zu sparen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Na, dann können Sie damit ja mal anfangen! - Christian Grascha [FDP]: Wir haben Recyclingmaterial! - Heiterkeit)