Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Beamtengesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion der FDP - Drs. 18/5066 - Beschlussempfehlung des Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 18/5806
Wir treten in die Beratung ein. Die erste Wortmeldung kommt aus der FDP. Herr Dr. Marco Genthe, Sie haben das Wort - aber nur, wenn hier Ruhe herrscht.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf einleitend kurz erläutern, worum es hier geht.
Mit dem von der FDP-Fraktion eingebrachten Gesetzentwurf haben wir Ihnen eine Änderung des § 69 des Niedersächsischen Beamtengesetzes vorgeschlagen. Hier geht es insbesondere um den Absatz 3. Dieser regelt, dass ein Beamter, der in die Volksvertretung eines anderen Landes gewählt worden ist, Anspruch auf einen Sonderurlaub hat. Dieser Anspruch sollte zumindest für Wahlbeamte mit einem entsprechenden Zusatz in Absatz 4 des entsprechenden Paragrafen nach unseren Vorstellungen nunmehr gestrichen werden.
Dieser Vorschlag hat folgenden Anlass: Der ehemalige Bürgermeister von der SPD in meiner Heimatgemeinde Weyhe hat sich vor Ablauf seiner Amtszeit für ein Mandat in der Bremer Bürgerschaft beworben. Er wurde bekanntermaßen auch gewählt und ist nun Bremer Bürgermeister.
Um dieses Amt antreten zu können, musste er irgendwie das Amt des Weyher Bürgermeisters loswerden. Ein einfacher Rücktritt kam für den Sozialdemokraten nicht infrage, da er nachteilige Auswirkungen auf seine persönlichen Pensionsansprüche befürchtete. Aus diesem Grund beantragte er den besagten Sonderurlaub für zweieinhalb Jahre.
Damit, meine Damen und Herren, setzte er die Gemeinde erheblich unter Druck. Während dieser zweieinhalb Jahre wäre es nicht möglich gewesen, einen anderen Bürgermeister zu wählen. Außerdem hätte die Arbeit im Weyher Rathaus durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen
werden müssen, die eben nicht in einem demokratischen Verfahren von den Weyher Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden sind.
Eine so betroffene Gemeinde oder Landkreis wäre daher völlig blockiert. Das, meine Damen und Herren, kann nicht Ziel dieses Gesetzes sein. Daher sollte dieser Anspruch für Wahlbeamte gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, ich sehe ja durchaus die politische Brisanz insbesondere für die SPDFraktion. Schließlich handelt es sich um ein prominentes Mitglied der Sozialdemokratie, es handelt sich um den Bremer Bürgermeister. Das, meine Damen und Herren, kann aber kein Grund sein, dieses Thema abzuwürgen. Das Mindeste, das man an dieser Stelle hätte tun müssen, wäre eine Anhörung des Bundes der Steuerzahler und eine Anhörung der kommunalen Spitzenverbände gewesen.
Ich war immer dafür offen, einen anderen Lösungsweg für dieses Problem zu finden. Uns geht es um das Problem. Man hätte diskutieren können, es möglicherweise auf einem anderen Weg zu lösen. Die SPD und auch die CDU haben aber sowohl im Innenausschuss als auch im Rechtsausschuss eine Anhörung abgelehnt. Nur zu behaupten, das sei ein Einzelfall, reicht an dieser Stelle nicht. Denn, meine Damen und Herren, ein solcher Fall kann sich jederzeit wiederholen.
Was bleibt am Ende dieser Diskussion? - Es bleibt der Eindruck der Bürger, dass Politiker ihren Job einfach hinwerfen, wenn sie woanders mehr Geld verdienen bzw. bessere Karrierechancen haben, und dass es ihnen egal ist, welche Situation sie hinterlassen. Und das Parlament bzw. die Parlamentsmehrheit findet das auch noch in Ordnung. Meine Damen und Herren, dafür gibt es ein Sprichwort: Die eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Genthe. - Es folgt jetzt für die SPD-Fraktion der Abgeordnete Bernd Lynack. Herr Lynack, bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Genthe, eines vorweg: Derartige Vergleiche hier zu ziehen, halte ich - insbesondere in den heutigen Zeiten und vor dem Hintergrund dessen, was Ihr Fraktionsvorsitzender heute Morgen in der Aktuellen Stunde gesagt hat - für äußerst gefährlich.
Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, identifiziert konkret eine Lücke in unserem Rechtssystem. Das, Herr Dr. Genthe, haben Sie richtig benannt, und das ist im Vordergrund auch erst mal absolut solide Oppositionsarbeit.
Aber, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, seit Bestehen unseres Landes ist dies der einzige Fall, der jemals in dieser Art und Weise vorgekommen ist. Und wer möchte widersprechen, wenn ich sage, dass hier nicht alle Beteiligten einen guten und gangbaren Weg gefunden haben?
Wäre es um die Wahl in den Niedersächsischen Landtag gegangen, hätten unsere landesrechtlichen Unvereinbarkeitsregelungen gegriffen. Ab Annahme des Mandats wäre das Bürgermeisteramt beamtenrechtlich automatisch sogenannt ruhend gestellt gewesen. Nach unserer Kommunalverfassung hätte dies wiederum ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt nach sich gezogen, und Neuwahlen wären die Konsequenz gewesen. Weil Andreas Bovenschulte aber nun einmal in die Bremer Bürgerschaft gewählt wurde, sind nicht unsere niedersächsischen Unvereinbarkeitsregelungen zum Zuge gekommen. Denn es gelten grundsätzlich die Unvereinbarkeitsregelungen des Bundeslandes, in dem das Mandat errungen wird.
Schauen wir also nach Bremen! Dort ist lediglich geregelt, dass Bremer Beamtinnen und Beamte, die in die Bürgerschaft gewählt werden, aus ihren Ämtern ausscheiden und alle ihre Rechte und Pflichten künftig ruhen. Amtsinhaber aus anderen Bundesländern werden davon ausdrücklich nicht erfasst.
Hier besteht also die Regelungslücke auf der Bremer Seite, eine Regelungslücke, die es im Übrigen bei vergleichbaren Konstellationen mit keinem anderen Bundesland gibt. Überall gilt bei der Wahl in ein Parlament: Inkompatibilität, Ausscheiden aus dem vorherigen Wahlamt und Wahl einer neuen Bürgermeisterin oder eines neuen Bürgermeisters. Wir haben es also mit einem absoluten Einzelfall zu tun, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Unser Beamtenrecht regelt ganz allgemein, dass zur Ausübung eines Mandats in einem anderen Bundesland Urlaub ohne Bezüge gewährt wird. Die Darstellung des Bundes der Steuerzahler, die Sie sich in Ihrem Antrag als Begründung zu eigen machen, zielt darauf ab, dass Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten ein Mandatsurlaub ohne Bezüge verwehrt werden soll. Ich verstehe, dass dahinter der Gedanke steckt, dass in den betroffenen Kommunen - insbesondere für eine möglicherweise länger anhaltende Vakanz an der Spitze der Kommune - Vorsorge getroffen werden soll.
Dazu aber noch einmal zum Mitschreiben: Die besondere Situation in Weyhe ist der bundesweit einzigartigen Rechtslage im Zusammenspiel mit dem Bundesland Bremen geschuldet. Vor Ort - das haben Sie nicht gesagt - ist ganz schnell eine Lösung getroffen worden, und zwar schon innerhalb von drei Monaten. Ich denke, das ist eine Zeit, die auch nach unserer Kommunalverfassung durchaus angemessen und üblich ist.
Viel schwieriger finde ich allerdings Ihre Begründung im Hinblick auf die Einschränkung des passiven Wahlrechtes von Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten. Ich denke nicht, dass es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar wäre, unseren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Landrätinnen und Landräten zu verwehren, ein Mandat in einem anderen Bundesland anzunehmen, weil es dort keine Unvereinbarkeitsregelungen gibt.
Übrigens würde das sicherlich auch noch einmal den Kreis der möglichen Kandidatinnen und Kandidaten für die Spitzen in unseren Kreis- und Rathäusern verkleinern. Und mit Verlaub: Sie sind doch diejenigen - das sehen wir gleich bei dem nächsten Tagesordnungspunkt -, die eigentlich mehr Anreize dafür schaffen wollen, dass es noch mehr Bewerberinnen und Bewerber für diese Spitzenfunktionen in den Kommunen vor Ort gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte fest: In Niedersachsen haben wir klare Unvereinbarkeitsregelungen für den Fall, dass Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamte in den Landtag gewählt werden.
Ich bin Ihren Ausführungen gefolgt und möchte Sie einfach einmal fragen: Warum haben Sie es nicht zugelassen, dass wir diejenigen, über die wir hier sprechen, nämlich unsere Kommunalos, in unserem Ausschuss anhören? Was spricht dagegen?
Herr Dr. Genthe, genauso wie Sie stehen auch wir regelmäßig mit unseren Kommunalos im Austausch. Wir haben alle gemeinsam auf Ihren Wunsch hin eine Unterrichtung aus dem Innenministerium zu der Frage bekommen. Diese Unterrichtung hat einwandfrei ergeben, dass es keine Probleme gegeben hat, dass wir hier einen Einzelfall haben und dass die Punkte betroffen sind, die ich hier gerade versucht habe zu referieren.