Bernd Lynack

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Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die jüngste Zeit hat uns wieder einmal ganz deutlich gemacht, dass Demokratie kein Selbstläufer ist, sondern stetig erneuert und auch verteidigt werden muss. Das gilt nicht nur für die Legitimation von Corona-Maßnahmen oder für die Wahl des US-Präsidenten. Auch abseits davon müssen wir unsere Demokratie stetig weiterentwickeln.
Ich muss nicht extra betonen, dass in meiner Partei der Ausspruch Willy Brandts „mehr Demokratie wagen“ eine sehr große Bedeutung hat. In diesem Sinne haben wir bereits in der Regierungsverantwortung in der letzten Legislaturperiode zusammen mit Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, dafür gesorgt, dass sich dies auch in den Räten und Kreistagen unserer Kommunen widerspiegelt.
Neben den Verbesserungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden haben wir u. a. auch mit der Wiedereinführung der Stichwahlen dafür gesorgt, dass die Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten eine breitere Legitimation bekommen.
Entsprechend treten wir auch dafür ein, dass Menschen ab dem 16. Lebensjahr ihr Landesparlament wählen dürfen, so wie es bei den Kommunalvertretungen bereits der Fall ist. Aber das ist ein ganz anderes Thema.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesem Kontext stehen auch die Möglichkeiten der direkten Demokratie in den Kommunen. Die Bevölkerung muss auch zwischen den Wahlgängen die Möglichkeit haben, Themen anzustoßen und unter Umständen selbst demokratische Entscheidungen zu treffen.
Dabei gilt aber festzuhalten - das haben die Vorrednerinnen und Vorredner zum Teil auch schon deutlich gemacht -: Bürgerbegehren und -entscheide sollen in einer repräsentativen Demokratie, wie wir sie haben, immer nur eine wichtige Ergänzung sein.
Genau aus diesem Grund haben wir uns in der rotgrünen Koalition damit beschäftigt, wie wir Bürgerbeteiligung nachhaltig stärken können. Nach einer breiten Diskussion seinerzeit - ich erinnere mich noch gut daran - haben wir die nötigen Quoren erheblich gesenkt und es auch deutlich vereinfacht, direkte Bürgerbeteiligung anzustoßen. Das fand übrigens seinerzeit auch die Zustimmung Ihres damaligen innenpolitischen Sprechers und heutigen Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover, Belit Onay.
Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, würde ich gern aus seiner Rede am 26. Oktober 2016 hier im Niedersächsischen Landtag zitieren: Dabei leisten die kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger ehrenamtlich einen immensen Beitrag für unsere Gesellschaft. Insofern wollen wir das bewährte System der repräsentativen Demokratie nicht ersetzen, aber wir wollen es um sinnvolle Elemente direkter Demokratie ergänzen.
Warum Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, den gemeinsamen Erfolg von 2016 in der Begründung dieses Gesetzentwurfs jetzt kleinreden wollen, erschließt sich mir leider nicht so ganz.
Sie führen an, dass in Niedersachsen ein vergleichsweise hoher Anteil an Bürgerbegehren unzulässig sei. Die Schlussfolgerung, dass die Vorgaben zu hoch sind, ergibt sich daraus aber nicht. Es ist logisch, dass dort, wo die Anforderungen niedriger sind, mehr Begehren diese Hürde nehmen.
Ihre Begründung entspricht der Logik, dass es möglichst viele erfolgreiche Bürgerbegehren geben sollte. Das kann aber nicht das Ziel sein, und es ist sicherlich auch nicht demokratisch. Dass es dort Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt, hat der Kollege Hiebing, wie ich finde, sehr eindrucksvoll deutlich gemacht.
Wir haben Kommunalvertretungen, die gewählt sind, um zu entscheiden. Diese Vertretungen bilden eine Vielzahl von Meinungen und Ansichten ab. Hier wird gerungen, diskutiert und unter der Findung von Kompromissen mehrheitlich entschieden.
Daher ist es richtig und wichtig, dass Quoren erfüllt werden müssen, wenn eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern ein Anliegen einbringen möchte. Diese Quoren haben wir mit der letzten Reform bereits deutlich gesenkt. Sie jetzt pauschal noch einmal zu senken, damit noch mehr Bürgerbegehren und -entscheide diese Hürde nehmen können, führt den Sinn eines Quorums in unserer repräsentativen Demokratie ad absurdum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Menschen in den Räten und Kreistagen sind auf fünf Jahre gewählt. Sie sind auch bereit, in diesen fünf Jahren Verantwortung für ihre jeweilige Kommune zu übernehmen. Wenn wir unseren Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern jetzt immer wieder sagen: „Ihr müsst auf die Reservebank gehen“, dürfen wir auch nicht anschließend darüber klagen, dass immer weniger Menschen bereit sind, kommunale Verantwortung in den Räten und Kreistagen zu übernehmen.
Noch eine Bemerkung zu Ihrem Ansinnen, den Kostendeckungsvorschlag gleich komplett zu streichen: Ganz ehrlich, das finde ich wenig seriös. Wenn die Bevölkerung der Vertretung eine Entscheidung abnehmen möchte, dann muss sie auch in der Lage sein, für die unmittelbaren Auswirkungen eine Idee zu präsentieren. Sie entscheiden doch auch nicht, ob Sie eine Wohnung kaufen oder mieten wollen, bevor Sie nicht wissen, was das überhaupt kostet.
Niemand verlangt dabei von den Bürgerinnen und Bürgern, die Arbeit von Haushaltspolitikern zu machen. Deshalb müssen auch nicht die Initiatoren eines solchen Antrags den Kostendeckungsvorschlag machen. Das machen die Gemeinde bzw. Kreise dann schon selbst. Wichtig ist, dass die finanziellen Risiken und Nebenwirkungen bekannt sind, so wie es letztlich auch in den Räten und Kreistagen der Fall ist, wenn über eine Entscheidung diskutiert und abgestimmt wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich über jede und jeden, die oder der sich im Rahmen eines Bürgerbegehrens für unsere
Demokratie einbringt. Von der Notwendigkeit, Unterstützung für das eigene Anliegen zu organisieren, kann man sie aber nicht befreien. Für seine Meinung zu streiten und andere davon zu überzeugen, ist letztendlich der Kern unserer Demokratie. Liebe Freundinnen und Freunde von den Grünen, ich denke, dass uns gemeinsam viel an dieser Demokratie und natürlich auch an bürgerschaftlichem Engagement liegt.
Eine Novelle zum NKomVG, die sicherlich auch die Bürgerbeteiligung berührt, hat uns die Landesregierung bereits angekündigt. Ich bin gespannt, was darin steht. Ich denke, diesen Zeitpunkt sollten wir auch abwarten.
Darüber hinaus arbeiten wir auch in der Enquetekommission zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements daran, wie wir die Kommunalpolitik für noch mehr Menschen attraktiv machen können. Vielleicht wäre diese Stelle sogar noch ein Stückchen besser geeignet, die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in den Kommunen zu beleuchten. Am besten lässt sich doch unsere Demokratie in einem breiten gesellschaftlichen Konsens verbessern.
Ich freue mich auf die Ausschussberatungen und danke Ihnen herzlich fürs Zuhören.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Anschläge und Morde der Terrorgruppe NSU waren für unser Land, aber auch für unsere Sicherheitsbehörden eine Zäsur. Dass in Deutschland über einen so langen Zeitraum rechte Terroristen Verbrechen verüben konnten, macht nachdenklich und, ich finde, wütend zugleich - nachdenklich vor allem deshalb, weil die grausamen Morde der Terrorgruppe bis heute im Zusammenhang auch mit Fehleinschätzungen von Sicherheitsbehörden stehen, und insbesondere auch deshalb, weil die Ermittlungen teils von rassistischen Vorurteilen geprägt gewesen sind.
In die Kette von Ereignissen reiht sich auch nach Vorlage der Abschlussberichte von Untersuchungsausschüssen der Umstand ein, dass das Fehlverhalten einiger Sicherheitsbehörden nur unzureichend aufgearbeitet werden kann.
Fest steht: Die barbarische Terrorserie des NSU ist für Demokratinnen und Demokraten ein schwer erträgliches, trauriges Kapitel in der Geschichte unseres Landes, das sich niemals wiederholen darf, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Die Mordserie zeigt, wie wichtig es ist, dass wir alle rechter Gewalt und Hetze entschieden gegenübertreten müssen und werden.
So sehr wir es uns auch alle wünschen, wir können das Geschehene nicht ungeschehen machen. Es ist allerdings unsere Pflicht, die richtigen Lehren daraus zu ziehen, um zu verhindern, dass sich so etwas jemals wiederholen kann. Das sind wir vor allen denjenigen schuldig, die durch den NSU Leid erfahren haben oder auch noch bis heute darunter leiden müssen.
Was bedeutet diese Pflicht für uns in Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen? - Das Terrornetzwerk und das Trio selbst haben aus banalen, fast schon alltäglichen Gründen wenig Kontakt nach Niedersachsen gehabt und sich hier nur wenig aufgehalten. Das haben die Untersuchungen, die es hier, aber auch in anderen Ländern und im Bund gegeben hat, eindeutig gezeigt, Herr Limburg. Alle Daten und Akten, die für eine Untersu
chung im Zusammenhang mit dem NSU in Betracht kommen, wurden untersucht. Es gibt trotz dieser umfangreichen Untersuchung von verschiedenen Parlamenten und Behörden gar keine Anhaltspunkte dafür, dass weitere relevante Daten beim niedersächsischen Verfassungsschutz vorhanden sind.
Ein weiteres Aufschieben der üblichen Speicher- und Aufbewahrungsfristen wäre deshalb nicht zu rechtfertigen. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Übrigens, Herr Limburg, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass noch weitere Unterlagen dem Generalbundesanwalt zur Verfügung gestellt werden könnten. Dem Generalbundesanwalt sind durch unseren Verfassungsschutz sämtliche Unterlagen in diesem Zusammenhang zur Verfügung gestellt worden.
Das bedeutet keineswegs, dass es nicht viele Konsequenzen gibt - das haben auch Sie angedeutet -, die wir für uns aus dem NSU-Terror ziehen müssen. Auch hier bei uns hat es in diesem Zusammenhang Fehler gegeben. An dieser Stelle erinnere auch ich - Sie haben es eben auch getan - an die Observation des Holger G. im Jahre 1999. Auch im Allgemeinen hat es in der Aufarbeitung von Bund und Ländern viele Lehren nicht zuletzt in der bundesweiten Zusammenarbeit für unsere Sicherheitsbehörden und eben für unser Landesamt für Verfassungsschutz gegeben. Gemeinsam, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, haben wir in der letzten Legislaturperiode eine große Reform des Verfassungsschutzgesetzes auf den Weg gebracht und auch beschlossen. Es gab viele Anstrengungen in puncto Transparenz und Stärkung des Opferschutzes, gepaart mit einer parlamentarischen engmaschigen Kontrolle. Alles in allem sind das Merkmale für einen demokratischen, modernen und leistungsfähigen Verfassungsschutz. Genau das ist der niedersächsische Verfassungsschutz heute: eine wesentlich breiter aufgestellte, leistungsfähige demokratische Sicherheitsbehörde, verehrte Kolleginnen und
Kollegen.
Wir haben unsere Aufgaben nach dem NSU-Terror nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Es wurmt auch mich, dass die Aufarbeitung an anderer Stelle weniger erfolgreich sein wird. Das gilt sowohl für die Aufarbeitung der Taten selbst als
auch für die Arbeit einiger anderer Verfassungsschutzbehörden. Diese Aufarbeitung wird wohl leider nie vollständig möglich sein. Das wird aber nicht an den bekannten Akten des niedersächsischen Verfassungsschutzes liegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was uns bleibt, ist die große Aufgabe, stetig auf der Hut zu sein und dafür zu sorgen, dass sich ein solch menschenverachtender Terror nicht wiederholen darf. Das sind wir unserer Geschichte, unserer Demokratie und vor allen Dingen den Todesopfern und ihren Angehörigen schuldig.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gerade in den vergangenen Wochen spürbar gewesen und uns immer wieder vor Augen geführt worden, wie wichtig ziviles Engagement für unsere gesamte Gesellschaft ist. Viele Menschen haben sich in den letzten Wochen, in einer Zeit, die wirklich hart war, Gedanken darüber gemacht, wie sie für uns, für andere, für ihre Mitmenschen da sein können - und das, wohlgemerkt, in einer Zeit, in der ganze Staaten gerade zuallererst nur an sich selbst gedacht haben.
Unser normaler Alltag, so fern er uns heute auch erscheinen mag, wäre ohne die ehrenamtliche Arbeit vieler Menschen schlicht unvorstellbar. Unsere ganze Gesellschaft funktioniert an vielen Stellen vor allem bzw. nur deswegen, weil es Menschen gibt, die wichtige ehrenamtliche Arbeit für uns alle leisten.
Danke schön.
Diese ehrenamtliche Arbeit sieht so vielfältig aus, dass ich hier gar nicht erst den Versuch unternehmen möchte, alle Themen und Handlungsfelder einzeln aufzuführen - es würde mir doch nicht gelingen.
Klar ist aber: Wer sich für andere in seiner Freizeit engagiert, hat nicht nur Anerkennung und Dank von der Gesellschaft insgesamt verdient, sondern gerade auch von uns als Politikerinnen und Politikern. Deshalb sage ich ein ganz herzliches Dankeschön im Namen meiner Fraktion an alle ehrenamtlich Tätigen in unserem Land.
Ihre Arbeit ist unverzichtbar, und es ist auch an uns, ihnen gute Rahmenbedingungen für ihre ehrenamtliche Arbeit an die Hand zu geben. An sehr vielen Stellen ist es die ehrenamtliche Arbeit, die staatliches Handeln ergänzt, um nicht zu sagen: komplettiert.
Es gibt viele unterschiedliche gute Gründe, das Ehrenamt in Niedersachsen mit all seinen wichtigen und vielschichtigen Interessen verstärkt in den Blick zu nehmen. Das wollen wir jetzt mit der Enquetekommission tun und angehen. Hierbei sollen die Fraktionen des Landtags, die Landesregierung, die Wissenschaft und auch die Ehrenamtlichen selbst an einem Tisch zusammenkommen, um gemeinsam über das Ehrenamt und dessen Weiterentwicklung zu diskutieren und Vorschläge für die Zukunft zu erarbeiten.
Vier Handlungsfelder sind in unserem Antrag konkret benannt. Neben der Erarbeitung von einzelnen Empfehlungen und der Stärkung des Engagements gibt es zwei konkrete Punkte, die ich ganz besonders hervorheben möchte: zum einen die weitere Erhöhung des Anteils von Frauen und Jugendlichen und zum anderen die Frage, wie es uns gelingen kann, die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt am Beispiel des kommunalen Mandats deutlich zu verbessern.
Es ist mir wichtig, gerade diesen Punkt besonders hervorzuheben. In unseren kommunalen Vertretungen werden verbindliche Entscheidungen getroffen, die unser aller Zusammenleben betreffen. Entsprechend sollte sich die Gesellschaft auch in unseren Räten und Kreistagen widerspiegeln. Es geht nicht an, dass nur diejenigen Verantwortung übernehmen können, die beispielsweise gerade keine Kindererziehung oder Familienpflege vor der Brust haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen genau schauen, was wir verändern können, damit wirklich allen die Übernahme und Ausübung eines Ehrenamtes möglich ist. Wir können es uns einfach nicht leisten, ehrenamtliches Engagement - egal, von wem, und ganz gleich, wofür - einfach so liegen zu lassen. Es ist höchste Zeit, dass wir diese wichtige und notwendige Debatte heute anstoßen.
Ich freue mich auf eine interessante und vielseitige Diskussion mit hoffentlich ebenso vielen guten
Ergebnissen. Erfolg hat drei Buchstaben: tun. Packen wir es also gemeinsam an!
Herzlichen Dank.
Herzlichen Dank. - Liebe Kollegin Meta JanssenKucz, ich bin jetzt ein bisschen enttäuscht. Nach unserer Zusammenarbeit in den letzten Jahren wundert es mich, dass Sie von uns quasi verlangen, dass Frauen extra in jedem zweiten Satz genannt werden.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit -
- wenn Sie mich ausreden lassen, kriegen Sie auch die Antwort, die Sie eingefordert haben -, dass Frauen in kommunalen Mandaten gefördert werden müssen. Und wir haben diese Debatte in der Kommission mit der Kollegin Petra Tiemann angestoßen.
Es gehört für uns selbstverständlich auch dazu, dass wir das durchsetzen werden. Parité liegt quasi schon in den Genen der Sozialdemokratie.
Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von Tag zu Tag - das ist immer deutlicher geworden - wird auch uns immer deutlicher, welche Auswirkungen Corona tatsächlich auf uns alle hat und wie sehr betroffen davon gerade unsere Kommunen sind, die an vorderster Stelle mit ihrer Daseinsvorsorge für die Menschen vor Ort da sind, und welche Auswirkungen es hat, wenn deren Alltag lahmgelegt wird. ÖPNV, Schwimmbäder, kommunale Krankenhäuser oder auch Theater sind nur einige Beispiele, bei denen es zu massiven Einbußen kommen wird - ganz zu schweigen von den zu erwartenden massiven Einbrüchen bei der Gewerbesteuer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aber unmissverständlich klarstellen, dass wir unsere Städte, Gemeinden und Landkreise auch in der Corona-Krise nicht im Regen stehen lassen werden.
Beim Kampf gegen Corona und beim Umgang mit den vielfältigen Folgen müssen alle staatlichen Ebenen - angefangen mit der kleinsten Gemeinde bis hin zur Europäischen Union - an einem Strang ziehen. Wir als Land Niedersachsen werden hier
selbstverständlich auch unseren Beitrag leisten, insbesondere auch, was die finanzielle Unterstützung der Kommunen angehen wird.
Was beim Leitgedanken der schnellen, unbürokratischen Hilfe für alle - für Unternehmen und Selbstständige - galt, muss selbstverständlich jetzt auch für unsere Kommunen gelten. Nur lässt sich das nicht 1 : 1 so auf die Kommunen übertragen.
Der Vorschlag der Grünen ist sicherlich in der Stoßrichtung grundsätzlich richtig. In der „freien Wildbahn“ halte ich diesen Weg aber doch für wenig praktikabel. Es gibt auf staatlicher Ebene keinen drohenden Konkurs am Monatsende, der es nötig macht, das Geld jetzt besonders schnell und vor allem auch noch mit der Gießkanne auszuschütten. Viel wichtiger ist es doch, dass man sich in den Rat- und Kreishäusern darauf verlassen kann, dass wir eine funktionierende, pragmatische Kommunalaufsicht haben, die vor allem mit Augenmaß auf das reagiert, was vor Ort gerade passiert. Gerade da, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir alle uns doch froh und glücklich schätzen, dass wir mit zwei ehemaligen Oberbürgermeistern an der Spitze unserer Landesregierung zwei Menschen haben, die die Kommunen gut verstehen und wissen, wie das Leben vor Ort tatsächlich tickt.
Für eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip sind unsere Kommunen in ihrer Struktur, aber auch bei ihren Angeboten in der Daseinsvorsorge viel zu unterschiedlich. Deshalb müssen wir zusammen mit ihnen bzw. mit den kommunalen Spitzenverbänden gucken, wie wir passgenaue Lösungen vor Ort schnüren können. Was für Northeim passt, kann für Cuxhaven viel zu wenig sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, genauso, wie wir es in der Vergangenheit - z. B. während der Zeit der großen Flüchtlingsströme oder auch im Rahmen des Südniedersachsenplans - gemacht haben, werden wir auch jetzt ganz fest an der Seite unserer Kommunen stehen. In den zuständigen Ausschüssen werden wir darüber beraten, wie wir passgenaue Lösungen für jeden Einzelnen erreichen können. Wichtig ist - das möchte ich festhalten -: Keine unserer Kommunen werden wir im Regen stehen lassen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Dr. Genthe, eines vorweg: Derartige Vergleiche hier zu ziehen, halte ich - insbesondere in den heutigen Zeiten und vor dem Hintergrund dessen, was Ihr Fraktionsvorsitzender heute Morgen in der Aktuellen Stunde gesagt hat - für äußerst gefährlich.
Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, identifiziert konkret eine Lücke in unserem Rechtssystem. Das, Herr Dr. Genthe, haben Sie richtig benannt, und das ist im Vordergrund auch erst mal absolut solide Oppositionsarbeit.
Aber, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen, seit Bestehen unseres Landes ist dies der einzige Fall, der jemals in dieser Art und Weise vorgekommen ist. Und wer möchte widersprechen, wenn ich sage, dass hier nicht alle Beteiligten einen guten und gangbaren Weg gefunden haben?
Bei Tageslicht betrachtet, müssen wir letztlich erkennen, dass es gar keinen Skandal gibt.
Wäre es um die Wahl in den Niedersächsischen Landtag gegangen, hätten unsere landesrechtlichen Unvereinbarkeitsregelungen gegriffen. Ab Annahme des Mandats wäre das Bürgermeisteramt beamtenrechtlich automatisch sogenannt ruhend gestellt gewesen. Nach unserer Kommunalverfassung hätte dies wiederum ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Bürgermeisteramt nach sich gezogen, und Neuwahlen wären die Konsequenz gewesen. Weil Andreas Bovenschulte aber nun einmal in die Bremer Bürgerschaft gewählt wurde, sind nicht unsere niedersächsischen Unvereinbarkeitsregelungen zum Zuge gekommen. Denn es gelten grundsätzlich die Unvereinbarkeitsregelungen des Bundeslandes, in dem das Mandat errungen wird.
Schauen wir also nach Bremen! Dort ist lediglich geregelt, dass Bremer Beamtinnen und Beamte, die in die Bürgerschaft gewählt werden, aus ihren Ämtern ausscheiden und alle ihre Rechte und Pflichten künftig ruhen. Amtsinhaber aus anderen Bundesländern werden davon ausdrücklich nicht erfasst.
Hier besteht also die Regelungslücke auf der Bremer Seite, eine Regelungslücke, die es im Übrigen bei vergleichbaren Konstellationen mit keinem anderen Bundesland gibt. Überall gilt bei der Wahl in ein Parlament: Inkompatibilität, Ausscheiden aus dem vorherigen Wahlamt und Wahl einer neuen Bürgermeisterin oder eines neuen Bürgermeisters. Wir haben es also mit einem absoluten Einzelfall zu tun, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Unser Beamtenrecht regelt ganz allgemein, dass zur Ausübung eines Mandats in einem anderen Bundesland Urlaub ohne Bezüge gewährt wird. Die Darstellung des Bundes der Steuerzahler, die Sie sich in Ihrem Antrag als Begründung zu eigen machen, zielt darauf ab, dass Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten ein Mandatsurlaub ohne Bezüge verwehrt werden soll. Ich verstehe, dass dahinter der Gedanke steckt, dass in den betroffenen Kommunen - insbesondere für eine möglicherweise länger anhaltende Vakanz an der Spitze der Kommune - Vorsorge getroffen werden soll.
Dazu aber noch einmal zum Mitschreiben: Die besondere Situation in Weyhe ist der bundesweit einzigartigen Rechtslage im Zusammenspiel mit dem Bundesland Bremen geschuldet. Vor Ort - das haben Sie nicht gesagt - ist ganz schnell eine Lösung getroffen worden, und zwar schon innerhalb von drei Monaten. Ich denke, das ist eine Zeit, die auch nach unserer Kommunalverfassung durchaus angemessen und üblich ist.
Viel schwieriger finde ich allerdings Ihre Begründung im Hinblick auf die Einschränkung des passiven Wahlrechtes von Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten. Ich denke nicht, dass es mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar wäre, unseren Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Landrätinnen und Landräten zu verwehren, ein Mandat in einem anderen Bundesland anzunehmen, weil es dort keine Unvereinbarkeitsregelungen gibt.
Übrigens würde das sicherlich auch noch einmal den Kreis der möglichen Kandidatinnen und Kandidaten für die Spitzen in unseren Kreis- und Rathäusern verkleinern. Und mit Verlaub: Sie sind doch diejenigen - das sehen wir gleich bei dem nächsten Tagesordnungspunkt -, die eigentlich mehr Anreize dafür schaffen wollen, dass es noch mehr Bewerberinnen und Bewerber für diese Spitzenfunktionen in den Kommunen vor Ort gibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte fest: In Niedersachsen haben wir klare Unvereinbarkeitsregelungen für den Fall, dass Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamte in den Landtag gewählt werden.
Bitte!
Herr Dr. Genthe, genauso wie Sie stehen auch wir regelmäßig mit unseren Kommunalos im Austausch. Wir haben alle gemeinsam auf Ihren Wunsch hin eine Unterrichtung aus dem Innenministerium zu der Frage bekommen. Diese Unterrichtung hat einwandfrei ergeben, dass es keine Probleme gegeben hat, dass wir hier einen Einzelfall haben und dass die Punkte betroffen sind, die ich hier gerade versucht habe zu referieren.
Und noch mal: Wenn wir verschlanken wollen, eine schlankere Gesetzeslandschaft schaffen wollen, dann kann es nicht angehen, dass wir immer mehr Paragrafen hinzufügen und alles noch weiter aufblähen. Ich denke, es ist in Weyhe eine einvernehmliche und gute Regelung getroffen worden, und dabei soll es bleiben.
Andreas Bovenschulte ist übrigens der erste und einzige Bürgermeister aus Niedersachsen, der es in die Bremische Bürgerschaft und auch an die Spitze des Bundeslandes geschafft hat. Ich finde, das ist auch einmal einen herzlichen Glückwunsch von dieser Stelle aus wert.
Alle Beteiligten haben eine gute und vor allem schnelle und praktikable Lösung gefunden, und ich denke, Herr Dr. Genthe, der Stadt Weyhe ist kein Schaden entstanden. Wir wollen niemanden daran hindern, von hier aus für ein Parlament in einem anderen Bundesland zu kandidieren, und insbesondere auch nicht unsere Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamte. Und ganz wichtig: Die Angelegenheit taugt überhaupt nicht für einen politischen Skandal.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Genthe, ich glaube, die Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten sollten an ihren Taten, an dem, was sie erreicht haben, gemessen werden und nicht daran, wie lange ihre Amtszeit war. Man kann auch in weniger Jahren etwas schaffen.
Aber worum geht es? - Bereits im Landtagswahlkampf im Jahr 2013 ist es uns um zwei ganz unterschiedliche Wege in der Kommunalpolitik gegangen. Das tritt hier zutage. Unsere zentralen Forderungen sind zum einen die Wiedereinführung von Stichwahlen für die Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten und zum
anderen eben die Synchronisation der Wahlzeiten der Hauptverwaltungsbeamtinnen und -beamten mit denen der Vertretungen gewesen. Das haben wir auch so umgesetzt.
Für diese Entscheidungen gab es und gibt es gute Gründe, die wir hier schon in der letzten Wahlperiode hoch und runter diskutiert haben. Ziel ist es, u. a. die Kommunalpolitik ein Stück weit erlebbarer zu machen, Ziel ist die Stärkung der Mitbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger, eben ein Mehr an Demokratie und nicht weniger.
Fakt ist: Wir haben umgesetzt, was wir angekündigt haben. Was in der letzten Legislaturperiode galt, gilt auch in dieser Periode; denn weder die Argumente noch die Rahmenbedingungen haben sich seitdem grundlegend geändert. Ich finde, das ist transparente und nachvollziehbare Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Seit der Wiedereinführung der Stichwahl und der Einführung der fünfjährigen Amtszeit schreitet die Synchronisation in Niedersachsen langsam voran. Bis zum Jahr 2021 wird das in nahezu allen Kommunen erreicht sein. Schon bei der ersten Lesung dieses Antrags im November 2018 habe ich deutlich gemacht, dass ich keine neuen Argumente sehe, nichts, was wir nicht auch schon in der letzten Wahlperiode diskutiert haben, gerade angesichts dessen, dass die gemeinsame Wahl von Vertretungen und Verwaltungsspitzen erst im kommenden Jahr - mit wenigen Ausnahmen - erreicht sein wird.
Durchsichtig finde ich allerdings, Herr Dr. Genthe, das Anliegen der FDP, das hinter diesem Antrag steckt. Sie werden die Koalition in dieser Frage nämlich nicht auseinanderdividieren. Unser heutiger Koalitionspartner macht gar keinen Hehl daraus - das haben Sie eben und auch noch mal bei der Beratung im Innenausschuss gesagt -, dass ihm längere Amtszeiten für die Hauptverwaltungsbeamtinnen und Hauptverwaltungsbeamten lieber wären. Das hat der Kollege Hiebing auch schon bei der ersten Beratung dieses Antrags hier im Plenum erklärt. Er hat aber auch deutlich gemacht, dass es für eine Analyse zur Synchronisation der Amtszeiten jetzt noch viel zu früh wäre. Mithin: An dem Punkt besteht Einigkeit, meine Damen und Herren. Einen Versuch war es aber immerhin wert.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bleiben auch heute bei unseren guten Argumenten, die für gleiche Amtszeiten von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Landrätinnen und Landräten sprechen. Die Synchronisation der Kommunalwahlen
stärkt die kommunale Demokratie. Wählerinnen und Wähler können ihr kommunales Oberhaupt, wenn man so will, öfter wählen und damit auch legitimieren. Noch dazu werden die kommunalen Themen regelmäßig in gemeinsamen - wirklich gemeinsamen - Wahlkämpfen diskutiert, und wirkliche Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten können natürlich auch mehr Bürgerinnen und Bürger an die Wahlurnen bringen.
Die Ausdifferenzierung unseres Parteiensystems ist aktueller denn je. Gerade vor diesem Hintergrund weise ich an dieser Stelle auch gern noch einmal darauf hin, dass es richtig und wichtig war, die Stichwahlen wieder einzuführen; denn dadurch haben die Hauptverwaltungsbeamtinnen und
Hauptverwaltungsbeamten noch eine größere Zahl an Wählerinnen und Wählern als Legitimation hinter sich. Noch dazu fällt die Meinung der Wählerinnen und Wähler, deren Favorit es eben nicht in den zweiten Wahlgang geschafft hat, nicht unter den Tisch; denn es gibt eine zweite Chance für eine Stimmabgabe.
Last, but not least gibt es natürlich auch noch Synergien. Die Bürgerinnen und Bürger können mehrere Entscheidungen treffen und sparen sich damit Wege ins Wahllokal. Auch in den Kommunen wird durch gemeinsame Wahlen Zeit, Kraft und Geld gespart. Wie Sie sehen, haben wir natürlich auch die kommunalen Haushalte im Blick. Gerade an der Stelle machen Sie von der FDP sich ja immer gern die Argumente des Bundes der Steuerzahler zu eigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab und gibt viele gute Gründe für synchronisierte Amtszeiten. Sie stärken die Demokratie und die Entscheidungsgewalt der Bürgerinnen und Bürger. Abgesehen davon halte ich es für absolut unseriös, zu fordern, eine Reform schon wieder abzuschaffen, bevor sie bis zum Ende umgesetzt ist. Geben Sie eine Chance, das in Ruhe zu machen!
Herzlichen Dank fürs Zuhören. Wir werden den Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider leben wir in Zeiten, in denen der Schutz unserer Verfassung, unserer Demokratie und der Rechte von Minderheiten von allerhöchster Aktualität ist. Es sind Zeiten, in denen sich zeigen muss, ob wir als Gesellschaft aus der Geschichte gelernt haben und ob wir uns gegen die Feinde der Demokratie wehren können. Ich sage: Natürlich können wir das, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Gefahren und Feinde, die unsere Gesellschaft und unsere Demokratie bedrohen, sind vielfältig. Die Hisbollah gehört aus meiner Sicht und aus Sicht der SPD-Fraktion, Herr Ahrends, ganz sicher dazu. Es handelt sich um eine Organisation, die Terror und Gewalt als Mittel für die Durchsetzung ihrer Interessen nutzt und dabei Menschen, vor allem Jüdinnen und Juden - das ist eben schon mehrfach in den Reden meiner Vorrednerinnen und -redner angeklungen -, verletzt und tötet. Dafür darf es in Europa, Deutschland und in Niedersachsen keine falsche Toleranz geben.
Die Hisbollah kann man aus meiner persönlichen Sicht mit Fug und Recht als Terrororganisation bezeichnen. Dennoch steht es weder mir noch irgendjemandem im Parlament zu, darüber zu
entscheiden, ob die Hisbollah eine Terrororganisation ist und verboten werden darf - erst recht nicht Mitgliedern der AfD-Fraktion.
Schon während der ersten Beratung dieses Antrages habe ich auf den Kern hingewiesen. Es ist nämlich keine Aufgabe von uns Parlamentariern und Parlamentarierinnen, Frau Guth, Vereinsverbote auszusprechen.
Die Existenz einzelner Vereine darf nämlich nicht am Faden politischer Mehrheiten hängen. So etwas darf es in unserem Land nie wieder geben.
Wir beraten und verabschieden Gesetze. Sie umzusetzen oder anzuwenden ist nicht unsere Aufgabe. Das Verbot von Vereinen ist klare Aufgabe der Exekutive, in diesem Fall der Landesregierung und ihrer nachgeordneten Behörden - rechtssicher und nachprüfbar durch unsere unabhängigen Gerichte. Das ist das Grundprinzip der Gewaltenteilung und mithin eines der Grundprinzipien unserer Demokratie, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Noch etwas zur Zuständigkeit. Die Landesregierung hat zu diesem Antrag im Ausschuss ausführlich unterrichtet. Das hat Herr Dr. Genthe eben auch schon berichtet. Dabei hat sich nämlich noch einmal bestätigt, dass nicht unser Innenminister zuständig wäre, die Hisbollah zu verbieten bzw. das Betätigungsverbot auszusprechen, sondern nach den Bestimmungen des Vereinsgesetzes können die Länder nur Organisationen verbieten, deren Tätigkeit sich auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt. Hier sind mehrere Länder betroffen.
Herr Ahrends, Sie haben vorhin wunderbar dargestellt, dass der Bundesinnenminister dafür zuständig wäre. Auch ich hätte erwartet, dass Sie den Antrag spätestens nach dieser Unterrichtung zurückgezogen hätten.
Aber sei es drum! Sie wollen Theater spielen, und das Drehbuch für diese Inszenierung liegt schon lange irgendwo in der virtuellen Schublade. Die Posts für Twitter, Facebook und Instagram sind erstellt, und die Bots sind bestimmt auch schon bestellt.
Also weiter im Drehbuch der auseinandergerissenen Fakten. Die Regie für den letzten Vorhang sieht vor, dass die Blauen, sprich Sie, in Niedersachsen mal wieder die einzigen sein wollen, die dem Terror den Kampf ansagen, und alle anderen schauen weg, unternehmen nichts, ja lehnen gar stumpf diesen Antrag ab. Aber so einfach ist das nicht. Hier im Parlament sitzen nämlich keine Bots, die für aus dem Zusammenhang gerissene Anträge stimmen.
Wir haben alle einen Kopf auf den Schultern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich finde es bemerkenswert, sogar dreist, dass ein solcher Antrag aus Ihren Reihen kommt. Sie und die Hisbollah eint nämlich ein Zustand, und zwar dass der Verfassungsschutz berechtigte Zweifel an ihrer Verfassungstreue hat, an der Verfassungstreue beider Organisationen. Entsprechend passt auch dieser Antrag wieder sehr gut zu der Opferrolle, in der sich die AfD sehr gerne sieht. In der Inszenierung dieser Partei soll es nämlich der politische Druck sein, der dafür sorgt, dass bestimmte Parteien und Organisationen ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Dass dem nicht so ist, wissen gerade Sie als Parlamentarier genauso gut wie wir; denn Sie haben dieselben Zugänge zu Informationen, wie wir sie haben.
Noch etwas: Wie erklären Sie in diesem Zusammenhang eigentlich, dass es möglich sein kann, dass Ihr Parteifreund Björn Höcke, den ich übrigens als Faschisten bezeichnen darf, gerade am Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen bei uns in Niedersachsen sein rechtes Gedankengut verbreiten darf? Noch einmal: Dieser Umstand ist für mich wirklich schwer erträglich.
Für ein Verbot von Verfassungsfeinden braucht es aber glasklare Regeln und Beweise. Herr Bothe, Herr Lilienthal, die von Ihnen ausgesprochene Einladung ist für mich an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten.
Damit ist klar, dass auch Sie sich öffentlich mit den Leugnern des Holocausts in Ihrer Partei auf eine
Stufe stellen wollen. Sie treten die Würde der Opfer und ihrer Hinterbliebenen mit den Füßen.
Schlimm genug, dass Sie als Mitglieder dieses Hauses angeblich gar nicht gewusst haben wollen, welche Bedeutung der 15. April bei uns in Niedersachsen hat. Frau Guth, meine Herren von der AfD, hören Sie endlich auf, die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden infrage zu stellen!
Wenn Sie etwas gegen die Feinde unserer Verfassung tun wollen, fangen Sie bei sich selber an!
Das Verdrehen von Tatsachen, die Verharmlosung der Verbrechen des NS-Regimes, wie es Mitglieder Ihrer Partei immer und immer wieder versuchen, ist mit Abstand die allergrößte Gefahr für unsere Gesellschaft.
Das haben nicht zuletzt die Anschläge von Hanau, Kassel und Halle gezeigt.
Ich möchte mit einem Zitat von Sophie Scholl, die am vergangenen Samstag vor 77 Jahren von den Nazis hingerichtet worden ist, schließen:
„Was wir sagten und schrieben, denken ja so viele, nur wagen sie nicht, es auszusprechen.“
Wir und immer mehr Menschen werden nicht aufhören, unsere Verfassung und unsere Demokratie immer wieder zu verteidigen. Wir werden nicht wegsehen. Niemals. Verlassen Sie sich darauf!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was beim ersten Hingucken sperrig und zum Teil
auch ziemlich dröge klingt, ist beim zweiten Hinsehen in der Praxis ein durchaus sehr vielversprechendes Projekt. Der vorliegende Gesetzentwurf zu dem Staatsvertrag zwischen den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen ist nämlich ein hervorragendes Beispiel für gutes nachbarschaftliches Miteinander.
Zusammenarbeit ist immer sinnvoll. Und wenn dann auch noch Personal, Sachmittel und letztlich finanzielle Ressourcen eingespart werden können, kommt das direkt bei den Bürgerinnen und Bürgern an. Als Landesgesetzgeber sehe ich uns deshalb in der Verantwortung, unseren Kommunen eine gute gesetzliche Grundlage für ihre eigenständige und selbstbestimmte Politik an die Hand zu geben.
Die Zusammenarbeit über die Grenzen von einzelnen Kommunen hinweg eröffnet vielen Städten, Gemeinden und Landkreisen immer wieder die Möglichkeit, Aufgaben zu stemmen, zu denen sie einzeln und allein oftmals nicht in der Lage wären. Zweckverbände für verschiedene öffentliche kommunale Aufgaben, beispielsweise Müllzweckverbände - der Kollege Genthe hat es angesprochen -, sind ein gutes Bespiel kommunaler Zusammenarbeit. Genauso, wie es durchaus zweckmäßig ist, über die Grenzen der einzelnen Kommunen selbst hinweg zusammenzuarbeiten, so sollte es doch auch möglich sein, Ländergrenzen zu überwinden, wie hier zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
Mit diesem Staatsvertrag sollen den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg auf dieser Seite und dem Landkreis Ludwigslust-Parchim auf der anderen Seite neue Chancen eröffnet werden. Gerade für diese vergleichsweise dünn besiedelte Region wollen wir - ich finde sogar, dass wir das müssen - einen Beitrag zur Verbesserung der Handlungsfähigkeit unserer Kommunen leisten. Der operative und finanzielle Spielraum kann so erweitert werden. Gerade mit Blick auf die kommunale Daseinsvorsorge unterstützen wir so die Handlungsmöglichkeiten vor Ort noch einmal zusätzlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Staatsvertrag ist eine kleine, wenn auch eine für die Region wichtige Erweiterung der Handlungsspielräume. Diese Koalition setzt sich nachhaltig für starke und selbstständige Kommunen ein. Der Staatsvertrag ist, wie ich finde, ein ganz hervorragender weiterer Beleg dafür.
Unser Dank gilt in diesem Zusammenhang unserem Innenminister Boris Pistorius und seinem Haus für die Ausarbeitung dieses Staatsvertrages und vor allen Dingen auch für die Verhandlungen. Für meine Fraktion - und ich denke, auch für die Regierungskoalition insgesamt - kann ich sagen, dass wir großes Vertrauen haben, dass es mit der Ermächtigung für die von Herrn Dr. Genthe und von den Grünen eben angesprochenen Dinge - die erst mal vergessen worden sind und dadurch nun wieder geheilt werden sollen - zu einem guten Ende kommen wird.
Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Glücksspiel ist gerade aus politischer Sicht eine besondere Herausforderung, bei der zwei verschiedene Interessen aufeinandertreffen. Vereinfacht gesagt, sind das zum einen die Risiken des Glücksspiels und zum anderen die Freiheit eines jeden Einzelnen.
Jedem steht es frei, Glücksspiel zu betreiben. Das geht den Staat grundsätzlich überhaupt nichts an. Wenn jemand meint, in der Hoffnung des vermeintlich großen Gewinns sein Geld aufs Spiel setzen zu müssen, ist das seine bzw. ihre freie Entscheidung.
Genau das wird allerdings zum Problem, wenn das Spiel zur Sucht wird oder wenn Minderjährige daran beteiligt sind. Vor allem daraus leitet sich dann doch ein Handlungsauftrag für den Staat ab. Genau hier finden sich auch die wesentlichen Punkte dieses Vertrages wieder.
Vorgesehen sind u. a. Mindestabstände zu Schulen und Kitas. Es darf nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg verstärkt mit dem Glücksspiel konfrontiert werden. Natürlich können sie nicht in die Spielhallen selbst hineingehen. Doch es findet durchaus eine gewisse Art von Kultivierung statt. Wenn es dann irgendwie normal ist, dass das Glücksspiel ganz selbstverständlich zum Leben dazugehört, sobald man 18 ist, ist in der Jugend etwas schiefgelaufen, glaube ich.
Des Weiteren werden die Abstände zwischen den Spielhallen selbst wachsen. Gerade das ist ein ganz wichtiger Erfolg für die Suchtprävention. Au
ßerdem wird sogenannten Glücksspielkorridoren vorgebeugt, die sich vor allem in mittleren und großen Städten wiederfinden; wir kennen das alle aus unseren Wahlkreisen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist eine administrative Angelegenheit, die auf jeden Fall durch individuelle Maßnahmen in Jugendschutzarbeit und Suchtprävention flankiert werden muss. Gerade hier sehen wir als SPD-Fraktion ganz deutlich unseren Handlungsauftrag.
Uns allen ist klar, dass der vorliegende Staatsvertrag nur ein erster Schritt ist. Die 16 Länder stehen spätestens zum Jahresanfang 2022 vor einer grundlegenden Richtungsentscheidung. Die Frage wird sein, wie wir mit der Liberalisierung des Glücksspielmarktes verfahren wollen. Von einigen Ländern ist die Forderung nach einer kompletten Liberalisierung bereits formuliert worden. Dieser würde ich gerade mit Sicht auf das Online-Glücksspiel nicht ohne Weiteres zustimmen. Mit Blick auf Jugendschutz und Suchtprävention lauern hier auch ganz neue, schwerwiegende Gefahren auf uns.
Unabhängig von der inhaltlichen Bewertung halte ich Drohungen mit einer bundeseinheitlichen Vorgehensweise, wie sie beispielsweise aus Hessen zu hören waren, erst einmal für schlechten Stil. Im Übrigen wissen wir aus den Lehren des schleswigholsteinischen Alleingangs, dass eine einheitliche Regelung in allen 16 Ländern außerordentlich wichtig ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier und heute sind wir längst noch nicht so weit. Der vorliegende Glücksspieländerungsstaatsvertrag enthält gute und solide Regelungen, die wir gemeinsam mit allen anderen 15 Bundesländern umsetzen wollen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn ausgerechnet die AfD hier einen Antrag auf ein Vereinsverbot stellt.
- Frau Guth, lassen Sie mich zunächst formell auf Ihren Antrag eingehen.
Verbote von Vereinen sind es ein sehr scharfes Schwert unserer wehrhaften Demokratie. Aus guten Gründen gibt es sehr hohe gesetzliche Hürden für ein Vereinsverbot - Hürden in Form rechtlicher Normen und nicht aufgrund parlamentarischer Mehrheiten. Gerade diese Schutzmechanismen unserer Verfassung und der nach ihr erlassenen Gesetze sollen wechselnde Mehrheiten, die ganz zweifelsfrei zur Demokratie gehören, überdauern können.
Ich werde mich an dieser Stelle nicht dazu äußern, wie gefährlich die Hisbollah wirklich ist. Das haben meine Vorredner, vor allem Herrn Holsten, schon ganz hervorragend getan.
Und zu beurteilen, ob die Bedingungen für ein Vereinsverbot tatsächlich vorliegen, ist, wie gesagt, gar nicht die Aufgabe von uns Politikerinnen und Politikern.
Damit sind wir schon bei dem grundsätzlichen Problem mit diesem Antrag. Wir haben klare gesetzliche Regelungen, wie mit Feinden der Demokratie umzugehen ist und wann die Bedingungen für ein Vereinsverbot erfüllt sind. Das Innenministerium und insbesondere der Verfassungsschutz gehen hier ihren Aufgaben gewissenhaft nach.
Hierfür bedarf es weiß Gott keiner parlamentarischen Entschließungsanträge vom rechten Rand des Plenarsaals.
Der Schutz der Verfassung ist eine grundlegende staatliche Aufgabe und eben kein Spielfeld für parlamentarische Mätzchen.
Es mag zwar dem Opfermythos der AfD widersprechen, aber der Verfassungsschutz arbeitet nicht auf Grundlage politischer Fadenspiele, sondern nimmt seine Aufgaben unparteiisch wahr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit komme ich zur politischen Wertung dieses Antrags. Ich glaube nämlich kaum, dass es hier ehrlich um die Sache geht. Das bundesweit beachtete Verbot des DIK Hildesheim hat gerade wieder gezeigt, wie enorm
auf Zack die niedersächsischen Sicherheitsbehörden sind.
Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass der Antrag Teil der AfD-Strategie ist, den Verfassungsschutz zu diskreditieren. Egal, ob Sie den Verfassungsschutz als politisch einsetzbare Behörde darstellen oder ihn in Ihrem Sinne formen wollen - Ihnen ist anscheinend jedes Mittel recht. Man kann in jedem Fall davon ausgehen, dass es nicht der Schutz unserer Verfassung ist, der Sie hier antreibt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Viel wahrscheinlicher, Herr Wichmann, ist, dass Sie tatsächlich nur von Ihren eigenen Problemen ablenken wollen. Wir alle wissen um die nicht unerheblichen Zweifel an Ihrer Verfassungstreue.
- Sie können sich gerne darüber kaputtlachen. Aber wer zuletzt lacht, lacht ja vielleicht am besten.
Wenn Sie um radikale Umtriebe besorgt sind, täten Sie gut daran, vor der eigenen Haustür zu kehren. Und dann nehmen Sie bitte nicht nur einen Handfeger dafür!
Eines hat mich verdammt wütend gemacht, als ich Ihren Antrag gelesen und Ihnen, Herr Ahrends, hier vorhin zugehört habe. Auch wenn das in Ihrem Antrag nur in der Begründung steht, ist das aber doch der Umstand, dass Sie als AfD sich hier in der Rolle als Schutzmacht von Jüdinnen und Juden darstellen wollen.
Ich kann nichts anderes sagen: Es graust mich und lässt mich in der Tat schütteln, wenn ich einen solchen Antrag kurz nach dem rechtsradikalen Attentat von Halle lese und bei den Wahlen zum thüringischen Landtag Faschisten aus Ihren Reihen kandidieren, Frau Guth.
In Zeiten, in denen leider auch bei uns in Niedersachsen seit diesem Sommer wieder Realität ist, dass gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit Menschen demonstrieren, die rechte Parolen grölen, ist das für mich, mit Verlaub, echt widerlich.
- Herr Wichmann, hören Sie zu! Vielleicht können Sie noch ein bisschen was lernen.
Eine Partei, deren Vertreter - - -
Vielen Dank.
Herr Wichmann, eine Partei, deren Vertreter den Holocaust als - ich zitiere - „Vogelschiss der Geschichte“ beschreiben oder die Teilnahme von Politikerinnen und Politikern an Mahnwachen -
Ach so. Das habe ich nicht mitbekommen. - Nein. Ich führe das jetzt zu Ende aus. Er kann gern in einer Kurzintervention hinten rangehen.
- als „Herumlungern vor Synagogen“ bezeichnen,
sollte sich an dieser Stelle wirklich zurückhalten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, ich empfinde Ihren Antrag als durchsichtigen Versuch, von Ihren eigenen Defiziten abzulenken.
Solche Entschließungsanträge verbieten sich zudem grundsätzlich aus dem Verständnis der Demokratie und insbesondere der Gewaltenteilung.
Wenn Sie ernsthaft erwägen, etwas gegen Verfassungsfeinde und Antisemitismus zu tun, fangen Sie bitte zuallererst bei sich selbst an! Wir werden nicht wegsehen - niemals.
Danke schön.
Herr Präsident! Herr Ahrends, ich bin von Natur aus freundlich, und so habe ich auch in der ersten Reihe gesessen. Ich habe kein Bashing betrieben; ich habe Tatsachen benannt.
Ich kann nichts dafür, dass Sie nicht zuhören können
und dass Sie auch diese Kurzintervention wieder dafür nutzen, Dinge zu verdrehen, die vorweg anders gesagt worden sind.
Ich bleibe dabei: Ich schäme mich dafür, dass in unserem Bundesland an dem Tag, als das erste Haus der Demokratie in Niedersachsen seinen Tag der offenen Tür veranstaltet hat, hier vor der Tür eine Demonstration stattgefunden hat, dass rechte
Parolen gegrölt worden sind, dass Menschen Ihrer Fraktion mitgelaufen und die folgenden Worte gefallen sind - ich zitiere -: „Es, es reicht!“
Es reicht mir, mit solchen Menschen in einem Parlament zusammenarbeiten zu müssen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Kommunalrecht in all seinen Verflechtungen mit den Rechten, Pflichten und Schutzmechanismen für unsere kommunalen Amts- und Mandatsträger und -trägerinnen ist ein hochkomplexes und mitunter kompliziertes Gebilde. Das haben Sie gerade eindrucksvoll ausgeführt, Herr Dr. Genthe.
Insbesondere im Zusammenwirken mit weiteren Normen wie in diesem Fall dem Beamtenrecht ist das schon verdammt kompliziert. Wenn dann aber noch die Rechtsnormen anderer Bundesländer, wie in diesem Fall die der Hansestadt Bremen, dazukommen, dann wird es mitunter teilweise schräg oder noch ein Stück weit komplizierter.
Immer wieder - das schreibt das Leben - fordert die Realität mit all ihren Einzelfällen nicht nur das Recht, sondern auch unser politisches und unser persönliches Rechtsempfinden heraus, ob es nun darum geht, auf welche Weise die Amtszeit einer Bürgermeisterin oder eines Bürgermeisters oder Landrates vorzeitig endet, wie hoch etwaige Pensionsansprüche sein dürfen oder ob eine Oberbürgermeisterin, ein Oberbürgermeister überhaupt Mitglied im Kreistag werden darf.
Über all diese Fragen haben wir in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder debattiert. Auch wenn wir alle sicherlich den Anspruch haben, bei unserer Arbeit möglichst alle Eventualitäten erfassen und regeln zu können, zeigt die Realität wie jetzt gerade bei dem aktuellen Fall in Weyhe doch immer wieder etwas anderes auf.
Dieser aktuelle Fall, der Anlass dafür ist, dass Sie Ihren Gesetzentwurf formuliert haben, führt uns diese Lebenslage wieder einmal vor Augen. Ich sehe allerdings nicht, dass hier jemand versucht hat, eine Gesetzeslücke auszunutzen. Vielmehr muss bei nüchterner Betrachtung einfach festgestellt werden, dass die besondere Situation in Weyhe der Rechtslage eines anderen Bundeslandes - ich habe das gesagt: der Hansestadt Bremen - geschuldet ist.
Als Konsequenz daraus haben alle Beteiligten eine, wie ich finde, dennoch praktikable Lösung gefunden, die den Weg für Neuwahlen innerhalb von nur drei Monaten freigemacht hat. Insofern kann von einer langen Vakanz, wie in Ihrer Gesetzesbegründung ausgeführt wird, gar keine Rede sein. Diese Frist ist übrigens auch bei uns in Niedersachsen üblich. Drei Monate beträgt der Zeitraum, in dem nach dem Ausscheiden eines Hauptverwaltungsbeamten neu gewählt wird.
Nichtsdestotrotz kann es nicht schaden, Herr Dr. Genthe, dass wir den Vorgang noch einmal in aller Ruhe und bei Lichte betrachten, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass möglicherweise Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger in ungerechtfertigter Weise öffentlichen Vorwürfen ausgesetzt sind. Ich plädiere dafür, wertfrei und mit aller Sorgfalt zu schauen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang hier tatsächlich Regelungsbedarf besteht.
Hierbei wird sich zeigen, ob sich auch bei uns in Niedersachsen in gleichgelagerten Fällen, wenn eine Hauptverwaltungsbeamtin oder ein Hauptverwaltungsbeamter für unseren Landtag kandidiert und auch gewählt wird, zu lange Vakanzen an der Spitze der Kommune ergeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der mir ganz besonders wichtig ist. In der jüngeren Vergangenheit haben wir hier immer wieder darüber gesprochen, dass sich auch kommunale Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger leider immer häufiger Anfeindungen ausgesetzt sehen. Auch wenn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vorzeitig aus dem Amt ausscheiden, steht oft der Vorwurf der persönlichen Bereicherung im Raum. Mit Verlaub, Herr Dr. Genthe, das ist unterschwellig auch bei hier ein bisschen angeklungen. Diesen pauschalen Vorwurf möchte ich nicht im Raum stehen lassen.
Fest steht: Unsere Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten machen sich zumeist mit sehr viel persönlichem Einsatz und Leidenschaft für Ihre Kommune vor Ort stark - nicht selten auch über den, wie ich einmal sage, normalen Dienst hinaus. Ich wage auch zu behaupten, dass keiner dieser Menschen ein solches Amt aus rein finanziellem Anreiz ausübt. Da steckt viel mehr dahinter. Unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vor Ort sind erst einmal allzuständig: für jeden und jede rund um die Uhr ansprechbar und das an sieben Tagen in der Woche.
Allein deshalb sehe ich auch uns hier in der Pflicht, darauf zu achten, dass sie für ihre Tätigkeit und die Zeit, in der sie ihr Amt ausgeübt haben, eine angemessene Alterssicherung erhalten. Wir alle tun gut daran, an dieser Stelle keine Neiddebatten zu entfachen.
Auch Andreas Bovenschulte hat sich über viele Jahre hinweg - wenn das Ihr Wahlkreis ist, Herr Dr. Genthe, dann werden Sie das bestätigen können - mit Kraft und sehr viel Leidenschaft für sein Weyhe eingesetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei genauem Hinsehen zeichnet sich ab, dass es sich bei dem Wechsel des ehemaligen Bürgermeisters von Weyhe in die Bremer Bürgerschaft sicherlich um einen Einzelfall handelt. Mithin ist hier das Recht zweier Bundesländer betroffen. Dennoch rate ich zu Ruhe und Besonnenheit, die wir uns im Ausschuss nehmen sollten, um uns die dafür maßgeblichen Rechtsnormen anzuschauen. Den Versuch, die kommunal- und beamtenrechtlichen Vorschriften aller Länder unserer Republik zu vereinheitlichen, sehe ich als sehr sportlich an. Aber schauen wir einmal.
Vielen Dank fürs Zuhören.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Dr. Genthe, worum geht es Ihnen jetzt eigentlich? Darum, dass die lange Vakanz ein schnelles Ende findet, oder darum, dass die Pensionsansprüche geschmälert werden, sodass sie eventuell gar nicht bestünden, oder dass das Recht zwischen Niedersachsen und Bremen bereinigt wird oder dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger - ich sage einmal - nicht
aus dem Haus eines Hauptverwaltungsbeamten sein können?
Ich habe das vorhin in meiner Rede versucht auszuführen. Ich denke, die Menschen haben einen guten Job gemacht. Für diesen guten Job sämtliche Pensionsansprüche aufzugeben, wäre auch unredlich.
Wir sollten es uns anschauen. Ich finde, die Menschen in Weyhe vor Ort haben eine Lösung gefunden, die für die Bürgerinnen und Bürger gut war und die sicherlich auch dafür gut war, die Stadtkasse von Weyhe ein Stück weit in Ordnung zu halten. Sich jetzt hier hinzustellen und eine Neiddebatte anzufangen, ist unredlich, gerade einem Menschen gegenüber, der sich nun wirklich mit ganzer Kraft über Jahre hinweg für seine Heimatgemeinde eingesetzt hat.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitalisierung - ein Begriff, der nicht nur bei uns in der Politik in aller Munde ist. Oft denken wir dabei an die grundlegenden strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die auf uns zukommen, nicht zuletzt an die großen Chancen, die sich im Zuge der Digitalisierung bieten, wie beispielsweise das Modellprojekt zur Telemedizin, das Ministerin Dr. Carola Reimann in der vergangenen Woche gestartet hat.
Nicht selten wird vergessen, dass die Digitalisierung kein Prozess ist, der erst vor uns liegt, sondern dass wir uns bereits mittendrin befinden und uns fortlaufend damit beschäftigen müssen. In unserem Alltag erledigen wir viele Dinge mittlerweile ganz selbstverständlich über das Smartphone oder über den Computer. Es ist einfach, praktisch, leicht, schnell und bequem, nicht nur Arbeits-, sondern auch Alltagsangelegenheiten digital zu lösen.
Die Zeiten, in denen die wenigsten Menschen noch einen Überweisungsträger ausfüllen, sondern stattdessen ihr Smartphone nehmen, die Rechnung abfotografieren und dann die Überweisung in Auftrag geben oder zumindest von zu Hause aus eine Onlineüberweisung tätigen, sind doch längst da. Es wird Zeit, dass auch unsere Verwaltungen auf der Höhe der Zeit sind und ähnliche Services anbieten und zur Verfügung stellen.
Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung bietet, sind ohne jeden Zweifel eine große Chance - und eine Herausforderung zugleich. Das gilt nicht nur für unsere Verwaltung. Für uns als SPD-Fraktion stehen neben den Bediensteten auch die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt unserer Bemühungen. Sie alle sollen ihre Behördengänge bzw. ihre Arbeit schneller und komfortabler erledigen können - so, wie wir es von anderen Stellen bereits längst gewohnt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Dank gilt zunächst einmal unserem Innenminister Boris Pistorius, der dieses wichtige Projekt maßgeblich vorangetrieben hat. Herr Minister, ganz herzlichen Dank! Und geben Sie diesen Dank unserer Frakti
on bitte an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihres Hauses weiter.