Protokoll der Sitzung vom 26.02.2020

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. - Für die AfDFraktion hat sich der Abgeordnete Klaus Wichmann zu Wort gemeldet. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab sagen, dass ich großes Verständnis dafür habe, dass man ärztliche oder medizinische Untersuchungen fordert, wenn man Hinweise darauf hat, dass jemand eventuell z. B. in seiner Zurechnungsfähigkeit eingeschränkt ist.

Im Übrigen wundert es mich, dass hier in der Diskussion gar nicht erwähnt wurde, dass es das im Waffenrecht bereits gibt. Wenn Sie unter 25 sind und etwa ein Kaliber im Maßstab „.308“ erwerben wollen, dann ist das nur mit einem entsprechenden Gutachten möglich. Ich gebe einmal als Anregung mit auf den Weg, dass man das vielleicht erweitern könnte, dass man insoweit einen sinnvollen Schutz einbauen könnte.

Ansonsten bin ich gegenüber diesem Antrag allerdings relativ kritisch. Das Waffenrecht - wir haben es gehört - wurde gerade erst verschärft. Jetzt wurde sogar der Kleine Waffenschein von der SPD mit dem Thema Schusswaffen vermengt. Auf den Kleinen Waffenschein bekommen Sie maximal eine Schreckschusswaffe, aber ansonsten keine Schusswaffen. Und mit einer Schreckschusswaffe können Sie, wenn sie in ordnungsgemäßem Zustand ist, nur Schreckschüsse abgeben und keine Munition abschießen.

Fast 2 Millionen Sportschützen und Jäger wurden durch Sie mit der Novellierung des Waffenrechts gerade erst unter den Generalverdacht gestellt, Verfassungsfeinde zu sein. So empfinden das viele Sportschützen und viele Jäger. Das sind fast 2 Millionen Menschen, die eigentlich zu den gesetzestreuesten Bürgern überhaupt zählen. Das behaupte ich nicht einfach so; dafür gibt es Gründe. Denn schon unter der alten Regelung waren Sie Ihre Waffenbesitzkarte relativ schnell los, wenn Sie die waffenrechtliche Zuverlässigkeit verloren hatten, und bereits kleinere Vergehen haben auch bisher dazu geführt, dass man diese Zuverlässigkeit sehr schnell verlor. Bisher galt zum Beispiel: Wer zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen, ganz gleich in welchem Zusammenhang, verurteilt wurde, verliert sofort seine Waffenbesitzkarte, und wer zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt wurde, verliert sie ebenfalls. Sportschützen und Jäger sind auch deshalb so besonders gesetzestreu.

Vergessen Sie dabei nicht, dass Sport- und Jagdwaffen nun einmal nicht für 5 Euro zu haben sind, sondern oft viel Geld kosten und die vorgeschriebene sichere Aufbewahrung plus Zubehör plus Munition ebenfalls erhebliche Kosten verursachen. Weil das so ist, waren Sportschützen und Jäger bislang die gesetzestreuesten Bürger, die man sich überhaupt vorstellen kann.

Dazu werden hier dauernd Verbrechen mit legalen Waffen mit Verbrechen mit illegalen Waffen vermischt. Wie viele Verbrechen wurden vor Hanau

mit legal besessenen Schusswaffen verübt?

1 000? 100? 10? - Sie wissen es nicht. Sie haben nicht einen einzigen Fall angeführt, und Sie haben auch keinen. So ist eben die Realität. Es gibt sehr wenige Verbrechen mit legal besessenen Schusswaffen.

Was haben Sie hier nun vor? Die aktuelle Änderung des Waffenrechts sieht ja nun vor, dass als Extremisten beim Verfassungsschutz gespeicherte Personen keine Waffen haben dürfen. Sie wollen das, wenn ich das richtig gelesen habe, noch weiter nach vorn verlagern. Wenn es nach Ihnen geht, soll jegliche Erwähnung beim Verfassungsschutz bereits dazu führen. Damit wollen Sie gesicherte Erkenntnisse durch Vermutungen ersetzen. - Das passt zu Ihnen.

Und dann nennen Sie eine ganze Reihe von Punkten, die vor allem eines zeigen: Sie haben von diesem Thema nicht den Hauch einer Ahnung. Sie wollen vollautomatische Waffen verbieten. Wir haben es gehört: Sie sind schon verboten. Dafür gibt es schon zehn Jahre Haft, wenn Sie damit handeln oder sie besitzen.

Aber das Beste ist die Begründung Ihres Antrags. Darin wird angeführt: Erstens. Christchurch. Ja, klar, das deutsche Waffenrecht ist so lasch, das hat Auswirkungen bis nach Neuseeland. Zweitens. Der Mord an Walter Lübcke. Die verwendete Waffe war nicht im legalen Besitz. Was nützt also eine Verschärfung des legalen Waffenbesitzes? Drittens. Die NSU-Morde. Ebenfalls keine legale Waffe. Viertens. Morde am Olympia-Einkaufszentrum. Ebenfalls keine legale Waffe. Halle. Ebenfalls keine legale Waffe.

Ihre Begründung geht völlig an der Sache vorbei. Wenn wir so einen schlechten Antrag stellen würden, würde das Haus in kollektives Gelächter ausbrechen.

(Beifall bei der AfD)

Hat einer von Ihnen von der Grünen-Fraktion, der hier sitzt, auch nur einmal die Voraussetzungen für die Waffenbesitzkarte für das Sportschießen erfüllt?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Oh ja!)

- Lassen Sie mich raten, Herr Limburg: Dann ist das aber länger her.

(Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

- In Ihrem Antrag lese ich das aber nicht. Da sehe ich nur: Sie wissen nicht, worüber Sie reden.

Die Grünen reden erst den Leuten ein schlechtes Gewissen ein, dann präsentieren sie eine faktisch untaugliche, aber scheinbar passende Lösung,

(Glocke der Präsidentin)

und am Ende zahlt der kleine Mann die Rechnung dafür.

(Anja Piel [GRÜNE]: Es gibt übrigens auch Frauen im Schützenverein! Aber das geht ja nicht in Ihren Kopf!)

Nehmen Sie den Strompreis! Nehmen Sie die Benzinsteuer! Es ist immer dasselbe Muster. Wenn Unvernunft eine Farbe hätte, dann wäre sie grün, Frau Piel.

Herr Wichmann, kommen Sie bitte zum Schluss!

Diesen Antrag kann man nur ablehnen.

(Beifall bei der AfD)

Wir stimmen der Rücküberweisung jedoch zu, wegen - - -

Herr Wichmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Zuruf von Anja Piel [GRÜNE])

- Frau Piel, ganz ruhig!

Jetzt hat sich zu diesem Tagesordnungspunkt der Innenminister zu Wort gemeldet. Bitte, Herr Pistorius!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe es auch an dieser Stelle schon oft betont: Waffen gehören nicht in die Hände von Rechtsextremisten, Nationalisten und Verfassungsfeinden. Das ist keine Medaille, die man von beiden Seiten betrachten kann, und das ist auch keine Frage der Parteizugehörigkeit. Es ist einfach eine Frage des gesunden Menschenverstandes

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und nicht zuletzt auch eine Frage der Menschlichkeit.

Wir haben gerade gehört, bei welchen Anschlägen und Morden keine legalen Waffen eingesetzt worden sind. Ja, das stimmt. Aber Winnenden und

Erfurt sind die Gegenbeispiele. Meine Damen und Herren, da haben wir es mit legalen Waffen zu tun gehabt.

(Klaus Wichmann [AfD]: Nein, die wa- ren auch nicht legal besessen! Die waren illegal! - Gegenruf von Helge Limburg [GRÜNE]: Doch, die Waffe in Winnenden war in legalem Besitz! Sie war falsch gelagert, aber in legalem Besitz!)

Halt, Herr Minister Pistorius! Warten Sie eben ganz kurz!

In dieser Form - über Tische und Bänke, hätte ich fast gesagt - führen wir keine Debatten und Diskussionen. Herr Wichmann, bitten halten Sie sich an dieser Stelle zurück!

Der Innenminister führt weiter aus.

Ich sage sehr gerne hier noch einmal, was ich auch an anderer Stelle gesagt habe: Es geht nicht um einen Generalverdacht gegen Sportschützen und Jäger. Es geht nicht um eine pauschale Vorverurteilung oder eine überbordende Belastung dieser Menschengruppe in Deutschland. Niemand hat etwas gegen Schützen oder Jäger. Ganz im Gegenteil: Ich weiß, was für fabelhafte Menschen das zum großen Teil sind.

Es geht aber um etwas anderes. Die allermeisten Menschen, die mit Waffen zu tun haben, sehen und wissen: Wer mit Waffen zu tun hat, hat eine besondere Verantwortung. In aller Regel geht die Gefahr nicht von normalen Waffenbesitzern aus, sondern von denjenigen, die den Waffenbesitz anstreben, weil sie etwas im Schilde führen, und von denjenigen, die sich im Laufe ihrer Tätigkeit als Schütze oder Jäger persönlich verändern, radikalisieren oder was auch immer.

Die Gespräche, die ich mit Schützen und Jägern im privaten und im politischen Umfeld geführt habe, haben mir immer wieder gezeigt: Die Schützen und Jäger fühlen sich unwohl, weil sie das Gefühl haben, unter Generalverdacht gestellt zu werden. Aber sie sagen auch: Wir verstehen das.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wir sind gerne bereit mitzumachen. Wir wollen, dass der Verdacht von uns genommen wird. Wir haben kein Problem mit dieser oder jener Maßnahme, solange sie nur richtig kommuniziert wird.

Meine Damen und Herren, es geht um den verantwortungsvollen Umgang mit Waffen, egal wo sie - legal - aufbewahrt und geführt werden.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Niedersachsen hat sich deshalb in den vergangenen Jahren auf Bundesebene immer wieder für Änderungen in diesem Sinne und für gezielte Verschärfungen des Waffenrechts starkgemacht.

Zum Ende des vergangenen Jahres wurde - insbesondere auch auf Initiative Niedersachsens - eine überfällige Änderung des Waffengesetzes verabschiedet.

Der Bundesrat hat im Rahmen dieser Gesetzesänderung u. a. beschlossen, eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung in das Waffengesetz aufzunehmen. Mit dieser Regelanfrage ist eine sogenannte Nachberichtspflicht des Verfassungsschutzes gegenüber den Waffenbehörden verbunden. Sie greift dann, wenn eine waffenrechtliche Erlaubnis erteilt wurde, dem zuständigen Verfassungsschutz aber zu einem späteren Zeitpunkt Erkenntnisse vorliegen, die zu einer Unzuverlässigkeit führen. Damit wird den Waffenbehörden ein weiteres wirksames Instrument an die Hand gegeben, um waffenrechtliche Erlaubnisse rechtssicher zu widerrufen.