Protokoll der Sitzung vom 26.02.2020

Frau Dr. Bothmann vom Bundesverband beamteter Tierärzte hat in der Anhörung darüber aufgeklärt, dass Kontrollen unangemeldet und risikoorientiert stattfinden und es aus ihrer Sicht eine 100prozentig korrekte Tierhaltung niemals geben wird, da es unter Tierhaltern genauso wie unter Politikern, Tierschutzorganisationen und Amtsveterinären immer auch schwarze Schafe gibt, genau wie es sie in der gesellschaftlichen Normalverteilung auch gibt.

Frau Dr. Bothmann hat sich auch getraut, zu sagen, dass sie Filmmaterial niemals ablehnen würde. Ich möchte daran erinnern, dass die Zustände im Tierversuchslabor in Mienenbüttel ohne Tierschutzorganisation wahrscheinlich noch länger angehalten hätten. Herr Ehlers vom Landvolk hat u. a. darauf hingewiesen, dass die Tierschicksale oft auch an menschlichen Schicksalen hängen. Familiäre Situationen und der Druck in der Branche wirken sich auch auf die Tiere aus. Herr Ehlers hat das in dem schönen Appell an die Branche zusammengefasst: Passt ein wenig aufeinander auf!

Nun haben wir also hier unseren Gegenentwurf vorliegen, und ich sage es vorweg: Dieser Vorschlag enthält Maßnahmen im Rahmen unserer Möglichkeiten und ist kein Heilsbringer für die eine oder andere Seite. Aber wir machen hier eben keine Klientelpolitik oder suggerieren Maßnahmen, die nicht durchsetzbar sind.

(Beifall bei der SPD)

Wir sprechen uns genauso klar gegen Hausfriedensbruch und Stalleinbrüche wie gegen Tierschutzverstöße aus. Um Sachlichkeit in die Diskussion zu bekommen, setzen wir uns - wie Sie ja mitbekommen haben - dafür ein, dass Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im landwirtschaftlichen Bereich in einer Kriminalstatistik erfasst werden.

(Hermann Grupe [FDP]:Sensationell!)

Als Hinweis auf Ihre Anmerkung dazu möchte ich einmal betonen: Jede Straftat wird natürlich verfolgt, aber bisher fehlt uns die Aufnahme in eine Kriminalstatistik aus diesem Bereich, damit wir einordnen können, wie viele Fälle es überhaupt gibt und wo sie stattfinden. Damit wir das gezielt einordnen können.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Da könnte ein periodischer Sicherheitsbericht helfen!)

- Wollen Sie eine Frage stellen?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nein, ich wollte eine Anregung geben, Frau Kollegin! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

- Das können Sie dann ja an Ihre Kollegin im Ausschuss weitergeben. - Der Tierschutzplan - das wird in unserem Antrag gefordert - muss tierschutzgerecht weiterentwickelt werden. Das ist auch wichtig, weil - da sind sich hoffentlich alle hier einig - unsere Tierhaltung gesellschaftliche Akzeptanz finden muss, sonst helfen wir nämlich am Ende nicht den Landwirtinnen und Landwirten, sondern bedrohen tierhaltende Betriebe in ihrer Existenz.

Deswegen setzen wir uns auch weiterhin für die Unterstützung von Projekten ein, in denen über Tierhaltung aufgeklärt wird und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger entsteht. Ich freue mich sehr über das Projekt „Bürger trifft Bauer“, bei dem das Landvolk auch hier in Hannover - heute Abend in Linden und dann auch noch in Ricklingen und Döhren - Städtern die Gelegenheit bietet, Fragen an Landwirtinnen und Landwirte zu stellen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Letzte Woche fand der Junglandwirtetag in Burgdorf statt, und ein Satz des Vorsitzenden der Junglandwirte, Niklas Behrens, ist für mich existenziell: Noch nie in der Geschichte haben Politik, Landwirte und Verbraucher so um ihre Beziehung gerungen wie heute. - Ich möchte da ergänzen: Noch nie

gab es so viel Misstrauen und Unverständnis zwischen Bevölkerungsgruppen wie heute. Weder Landwirte noch Tierschützer leben ohne Angst. Frau Dr. Bothmann hat von Bedrohungen gegen Amtsveterinäre berichtet, und ich möchte auch an den getöteten Veterinäramtsmitarbeiter in Brandenburg erinnern.

Wir als Politikerinnen und Politiker tragen mehr denn je gesellschaftliche Verantwortung, gegen Hass auf allen Seiten anzukämpfen. Das schaffen wir nicht, indem wir unserer Klientel hinterherrennen und Versprechungen machen, die nicht funktionieren, sich aber gut anhören, oder indem wir Verantwortung einfach zwischen gesellschaftlichen Gruppen hin- und herschieben, wie es uns passt. Ich nenne einmal das Stichwort „Nitrat und Kanalisation“. Ein solches Vorgehen führt nur zu noch mehr Unverständnis auf allen Seiten.

Falls Sie es also noch nicht mitbekommen haben sollten: Die Zeiten haben sich geändert, und wir sind Teil des Problems. Wenn wir hier nur weiter aufeinander eindreschen, dann gehen wir eben gemeinsam unter. Wir brauchen eine neue Politik, mit der wir nicht blind unseren Wählergruppen hinterherrennen, sondern vor allem immer auch vermitteln, erklären und die Grenzen der Möglichkeiten aufzeigen.

Das wünsche ich mir für den Rest der Legislatur und zähle auf die Unterstützung aller Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Zustimmung von der CDU)

Herzlichen Dank, Frau Hanisch. - Für die AfDFraktion hat sich nun die Kollegin Guth zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir sprechen jetzt über den Antrag Straftaten und Gemeinnützigkeit von der FDP. Dieser Antrag feiert jetzt bald seinen zweiten Geburtstag. Schon damals gab es den Hinweis, dass die Bundestagsfraktion der FDP den gleichen Antrag gestellt hat. Sie hat ihn allerdings zurückgezogen, und das hätten Sie besser auch tun sollen, aber für Sie kam das natürlich nicht infrage.

(Hermann Grupe [FDP]: Richtig!)

Die FDP als die neue Bauernpartei in Niedersachsen - vielleicht rettet das ja hier Ihre Wahlergebnisse. In Hamburg hat das nicht geklappt. Dort gibt es nicht so viele Bauern.

(Hermann Grupe [FDP]: Messerscharf erkannt!)

Aber hier müssen Sie natürlich ganz plakativ weitermachen und den Landwirten demonstrieren: Wir kämpfen für euch!

Das machen Sie, obwohl Sie wissen, dass dieser Antrag rechtlich nicht umsetzbar ist. Das haben die Unterrichtungen und die Beratungen im Ausschuss ergeben. Es gibt Fragen wie nach der Beweisbarkeit dieser Straftaten - wenn es denn welche sind - und nach der Zurechenbarkeit: Ist eine Tat tatsächlich diesem Verein zuzurechnen? Haftet ein Verein für Sympathisanten? Sie nannten sie gerade „Aktivisten“. Kann man PETA-Aktivisten dem Verein zurechnen? - Sie wissen, das alles funktioniert nicht. Von daher kann man diesem Antrag nicht zustimmen.

Natürlich geht es hierbei um Straftaten. Es geht um Hausfriedensbruch. Es geht um Sachbeschädigungen, eventuell um Einbrüche. Es ist völlig nachvollziehbar: Kein Landwirt möchte so etwas! - Das ist auch überhaupt nicht in Ordnung und auch nicht zu begrüßen. Sie werden das mit dem, Herr Grupe, was Sie in Ihrem Antrag fordern, nicht abstellen können.

Für mich gibt es bei diesem Antrag ein besonderes Geschmäckle. Wir haben uns in den letzten Monaten mit sehr vielen Tierschutzskandalen beschäftigt. Ich denke an die Schlachthofskandale. Ich denke an das LPT. All das sind Skandale, die mit - ich sage mal - Dokumentationen aufgedeckt wurden, die illegal angefertigt wurden. Trotz allem wird dieses Material jetzt für Ermittlungen herangezogen,

(Christian Grascha [FDP]: Das kann ja nicht richtig sein!)

um Tierschutzskandale aufzudecken und Probleme abzustellen. Das ist ja Doppelmoral, wenn man einerseits fordert, diese Vereine zu bestrafen, und andererseits dieses Material gerne verwendet. Das haut ja nicht hin!

(Christian Grascha [FDP]: Das ist kei- ne Doppelmoral! Wir sind dafür, dass der Staat das aufdeckt! Das ist der Rechtsstaat!)

Tierschützer sind im Regelfall Idealisten, angetrieben von dem Gedanken, Tieren zu helfen. In den seltensten Fällen gibt es dort persönliche Interessen. Das kann keine Rechtfertigung für Straftaten sein. Andererseits gibt es auch Tatbestände, die dann tatsächlich z. B auch Stalleinbrüche rechtfertigen.

Die Lösung für das Problem können tatsächlich nur bessere staatliche Kontrollen sein, mehr Befugnisse für Kontrollorgane und bessere personelle Ausstattung. All das wurde gefordert, z. B. auch in den Haushaltsberatungen, kam aber leider nicht zum Tragen. Es müsste auch darüber nachgedacht werden, Tierschutzvergehen konsequenter zu

bestrafen und das Image der Landwirte zu verbessern; denn wenn nicht ständig der Verdacht bestünde, dass Landwirte Tiere quälen könnten, dann würden sich vermutlich auch weniger Tierschützer zu solchem Vorgehen angetrieben fühlen.

Sinnvoll wäre es in dem Zusammenhang sicherlich auch, Angebote zur Kommunikation zwischen Landwirten und Tierschutzverbänden zu unterbreiten; denn wenn diese mal miteinander ins Gespräch kommen, wächst unter Umständen auch ein bisschen Verständnis füreinander.

Grundsätzlich lehnen wir Straftaten natürlich ab. Andererseits sehen wir auch das Engagement von Tierschützern positiv.

Meine Damen und Herren von der FDP, Ihr Antrag ist einfach nicht zustimmungsfähig. Von daher werden wir ihn ablehnen. Der Änderungsvorschlag der GroKo ist nett gemeint; er kommt einem ein bisschen vor wie: Auch wir wollen mal etwas zu diesem Thema sagen. - Er ist leider völlig inhaltsleer. Von daher werden wir uns enthalten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke, Frau Kollegin Guth. - Der Kollege Hermann Grupe hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Das war eben doch etwas harter Tobak, als Sie sagten: Grundsätzlich lehnen wir Straftaten ab.. Gut, das hätte ich anders wohl auch nicht erwartet.. Aber dann: Der Zweck heiligt die Mittel. Wenn es denn sein muss, dann können es auch mal Straftaten sein. - Das kann es ja wohl nicht sein!

(Dana Guth [AfD]: Das habe ich nicht gesagt!)

- Doch, das waren eben Ihre Worte, wortwörtlich.

(Zustimmung bei der FDP)

Ob sich das nun auf den Tierschutz bezieht oder auf andere Dinge der politischen Auseinandersetzung: Ein solches Rechtsverständnis werden Sie bei uns nicht finden, und ich hoffe, auch bei keiner anderen Fraktion hier. Das Ganze nennt man „Rechtsstaat“. Ich habe bewusst darauf hingewiesen, dass Zivilcourage und Engagement für den Tierschutz und für andere Dinge natürlich äußerst begrüßenswert sind und anzuerkennen sind.

Aber wir fordern in unserem Antrag: Wenn es um Straftaten und um Rechtsbruch geht - genau das ist die Grenze -, dann ist es mit der Gemeinnützigkeit vorbei!

Ein Problem wurde hier genannt: Gerade PETA hat die Spezialität entwickelt, im Verein selbst nur wenige Mitglieder zu haben, während die Aktivisten außerhalb stehen, weshalb PETA strafrechtlich in manchen Dingen nicht belangbar ist.

Wenn wir uns als Teil des Rechtsstaats nicht gegen den Versuch zur Wehr setzen, den Rechtsstaat hinten herum auszuhöhlen, dann ist das ein Riesenproblem. Dass sich die Bauernfamilien dann auf ihren Höfen alleingelassen fühlen und sich den Straftaten ausgesetzt fühlen, die dann statistisch erfasst werden sollen, das ist ja wohl keine Frage!

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. - Frau Guth möchte antworten. Bitte sehr!

Lieber Herr Grupe, dass Sie ein Problem mit dem Zuhören habe, habe ich nicht erst einmal erlebt. Sie selbst haben es gerade angesprochen: PETA Deutschland hat neun Mitglieder und hat seinen Sitz in Baden-Württemberg. Diesen Verein erreichen Sie mit Ihrem Antrag nicht! Von daher ist dieser Antrag nur fürs Schaufenster.