Vielen Dank, Herr Kollege Henze. - Für die SPDFraktion hat sich der Kollege Frank Henning zu Wort gemeldet. Bitte schön!
(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Aschermittwoch war doch schon! - Dr. Christos Pantazis [SPD]: Heute ist Ascherdonnerstag!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Schutz des Klimas ist, glaube ich, unsere gemeinsame Aufgabe, eine globale Herausforderung. Aus meiner Sicht sind hier kluge Lösungen gefragt.
Wir brauchen selbstverständlich die Verkehrswende, Elektromobilität vor allen Dingen im Pkw- und Busbereich, Wasserstoffantriebe eher im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge und natürlich Angebotsverbesserungen im Bereich ÖPNV und SPNV, um der Autofahrerin und dem Autofahrer am Ende auch eine echte Alternative anbieten zu können.
Aber Vorsicht ist geboten. Es darf eben nicht allein nur um den Autoverkehr gehen, wenn es um das Thema CO2-Einsparung geht. Denn den größten CO2-Einspareffekt erzielen wir vor allen Dingen im Wärmebereich in der Altbausanierung im Bestand. Wir müssen uns beispielsweise um die Sanierung der maroden Landesliegenschaften kümmern, weil hier der CO2-Einspareffekt im Verhältnis zum eingesetzten öffentlichen Geld deutlich größer ist als im Kampf der Grünen gegen das Auto.
Sie, Herr Schulz-Hendel, behaupten in Ihrem Antrag erstens, der Flächenverbrauch für die A 20, für die A 39 und für die A 33 Nord sei enorm, und die Natur zahle einen hohen Preis dafür. Zweitens behaupten Sie, die Kosten-Nutzen-Analyse der Autobahnprojekte sei nicht mehr angemessen.
Erstens. Konsequenterweise müssten die Grünen doch auch konstatieren, dass bei einem Verzicht auf sämtliche Autobahnprojekte, wie Sie das in Ihrem Antrag fordern, auch die dann alternativen Schienenverkehrsprojekte mindestens genauso
Flächen verbrauchen würden und die angesprochenen Kostensteigerungen, vor allen Dingen Baukostensteigerungen, natürlich auch diese
Schienenverkehrsprojekte beträfen und sich auch dort Kosten-Nutzen-Verhältnis zumindest verändern würde.
Zweitens eine lapidare Feststellung: Auch Elektroautos - ich hoffe, wir bekommen mehr davon - brauchen selbstverständlich Straßen und Autobahnen. Deswegen macht eine Kompletteinstellung der Autobahnprojekte, wie Sie es unter Nr. 3 Ihres Entschließungsantrags fordern, aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn.
Die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU haben sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einer Stärkung der Verkehrsinfrastruktur bekannt und messen dort dem Autobahnbau eine zentrale Bedeutung zu. Wir wollen die im Bundesverkehrswegeplan im vordringlichen Bedarf verankerten Projekte A 20, A 39 und vor allen Dingen A 33 Lückenschluss Nord zügig vorantreiben, meine Damen und Herren.
Die SPD war, ist und bleibt eine Infrastrukturpartei, weil wir offensichtlich im Gegensatz zu den Grünen erkannt haben, dass es zwischen guter Verkehrsinfrastruktur auf der einen Seite und guter wirtschaftlicher Entwicklung auf der anderen Seite einen gewissen Zusammenhang gibt.
Ich sage es noch einmal: Wir müssen den ÖPNV- und den SPNV-Bereich ausbauen. Wir müssen auch alles tun, um das Radfahren attraktiver zu machen. Wir müssen insbesondere Radschnellwege bauen. Auch dazu haben wir übrigens Haushaltsanträge gestellt und im Haushalt eine Menge Geld bereitgestellt.
Wir müssen das Zufußgehen in den Innenstädten stärken. Letztlich ist auch im Innenstadtbereich das Auto natürlich nicht mehr das Verkehrsmittel der Zukunft. Das gilt dann eher für die Fläche.
In der Fläche - da bin ich jetzt ganz unideologisch unterwegs - hat das Auto selbstverständlich - gerade im ländlichen Raum - nach wie vor seine Bedeutung. Versuchen Sie einmal, einem Arbeitnehmer, der im ländlichen Raum von A nach B zu seinem Betrieb kommen muss, zu sagen, er müsse mit dem Fahrrad dorthin fahren. Meine Damen und Herren, das funktioniert nicht. Das nennt man Pendlerströme. Diese Pendlerströme wird es gerade im ländlichen Raum - die Menschen fahren nämlich mit dem Auto in die Ballungsräume zur Arbeit - weiterhin geben. Dafür brauchen wir natürlich auch eine gute, leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur und auch die genannten Autobahnen.
Herr Kollege, einen Augenblick, bitte! - Jawohl, jetzt ist auch Ihre Fraktion wieder bereit zuzuhören.
Meine Damen und Herren! Als Verkehrsinfrastrukturpartei stehen wir zum Koalitionsvertrag mit der CDU und zu den darin genannten Autobahnprojekten. Mit der Weiterführung der A 20 entlang der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein wird eine durchgehende Straßenverbindung vom Baltikum bis in die westeuropäischen Staaten geschaffen und werden vor allen Dingen der Ballungsraum Hamburg und die A 1 entlastet.
Die Küstenautobahn bedeutet sowohl für den strukturschwachen Norden im Elbe-Weser-Dreieck, aber auch für die Regionen Unterweser und Ostfriesland einen strukturpolitischen Gewinn, weil dort unverzichtbare Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung geschaffen werden.
Aber lassen Sie mich aus gegebenem Anlass noch ein paar Worte zur A 33 Nord sagen, die durch meinen Wahlkreis in Osnabrück verläuft. Der Weiterbau der A 33 Nord nach Wallenhorst würde Wohngebiete in der Osnabrücker Innenstadt, aber auch in meinem Wahlkreis Osnabrück-Schinkel massiv vom Durchgangsverkehr entlasten. Wir könnten nach dem Vorbild von Hannover, wo es das schon gibt, ein Lkw-Durchfahrtsverbot durch
die komplette Innenstadt - hier dann durch die komplette Stadt Osnabrück - aussprechen, was wir heute mangels Alternativrouten ausdrücklich nicht können. Wir würden also den Lkw-Verkehr aus der Innenstadt und aus den Wohngebieten verbannen und die lärmgeplagten Anwohner in der Osnabrücker Innenstadt und im Stadtteil Schinkel entlasten und könnten endlich vor allem im Interesse der lärmgeplagten Anwohner den Durchgangsverkehr aus der Stadt Osnabrück heraushalten.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, die A 33 Nord würde eine intakte Kulturlandschaft zerstören. Erstens stimmt das nicht, weil es natürlich Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gibt, und zweitens zeigt mir das, dass Ihnen die Kulturlandschaft, Herr SchulzHendel, die da angeblich zerstört wird, wichtiger ist als die Menschen in der Stadt Osnabrück.
FFH-Gebiete und die Kulturlandschaft kommen in Ihrem Antrag gleich mehrfach vor. Die lärmgeplagten Anwohner in der Innenstadt von Osnabrück werden aber mit keinem Wort erwähnt, meine Damen und Herren. Das wiederum spricht Bände. Sie führen gegen das Auto einen Krieg, der aus meiner Sicht fast religiöse Züge annimmt,
aber die Menschen sind Ihnen völlig egal, meine Damen und Herren. Das können und werden wir nicht akzeptieren. Deswegen werden wir den Weiterbau der A 33 Nord forcieren, durchsetzen und am Ende auch realisieren.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Herr Wenzel, das war eine Sekunde zu spät. Ich bitte um Nachsicht. Ihre Fraktion hat eine Kurzintervention beantragt. Insofern hat jetzt Herr Schulz-Hendel das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Henning, Ihre Reden gehen einfach nicht ohne Kurzinterventionen. Das tut mir leid.
Ich bin tatsächlich ein bisschen entsetzt, dass Sie hier im Zusammenhang mit einem sachlich fundierten Antrag Vokabeln wie „Krieg“ und „religiöse Züge“ benutzen. Das finde ich doch ein bisschen merkwürdig.
Sie haben hier Elektroautos angeführt. Glauben Sie denn, dass eine Mobilitätswende funktioniert, wenn man jedes Auto, das heute unterwegs ist, 1 : 1 durch Autos mit alternativen Antrieben ersetzt? Das kann ja auch gar nicht unser Ziel sein.
Ich möchte nicht, dass jedes Auto, das heute mit fossilen Brennstoffen unterwegs ist, 1 : 1 durch ein Elektroauto ersetzt wird. Das entspricht nicht einer Mobilitätswende.
Ich glaube, Ihnen sind die Klimaauswirkungen dieser Autobahnausbauten in Niedersachsen überhaupt nicht bewusst. Sie verbrauchen schon allein durch den Bau der A 20 500 000 t CO2, und dann ist noch nicht ein Auto auf dieser Autobahn gefahren. Dazu kommen noch einmal 50 000 t pro Jahr immer und immer wieder, wenn diese Autobahn in Betrieb ist.
1 % mehr Straße, Herr Henning, bedeutet 1 % mehr Verkehr. Das kann ja wohl nicht unser aller Ansinnen sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihre geschätzte Aufmerksamkeit auf die Nr. 3 des Entschließungsantrags der Grünen lenken. Da ist der zentrale Satz, sämtliche Verkehrsinfrastrukturprojekte des vordringlichen Bedarfs zu streichen.
(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Das stimmt nicht! Das steht da gar nicht! Lesen Sie einmal den Antrag, Herr Henning!)
Darauf bezog sich meine Aussage. Meine Damen und Herren, das werden wir nicht mitmachen. Das ist der falsche Weg.