Protokoll der Sitzung vom 27.02.2020

Schon heute sind nach dem Baugesetzbuch - wir haben es vorhin von Volker Senftleben gehört - Bauvorhaben mit optisch bedrängender Wirkung unzulässig.

Ein typisches Windrad, das heute gebaut wird, hat eine Nabenhöhe von 150 m und einen Rotordurchmesser von 120 m, also eine Gesamthöhe von 210 m. Im Normalfall, wenn man rechtlich sicher sein und eine optisch bedrängende Wirkung ausschließen will, muss man mit einer solchen Anlage mindestens einen Abstand von 630 m halten.

Es ist übrigens klug, dass bei einem Abstand zwischen dem Doppelten und dem Dreifachen der Anlagenhöhe eine Einzelfallprüfung möglich ist. Denn wir brauchen eine Repowering-Offensive, wir brauchen den Ausbau. Bei einzelnen Anlagen in

nicht so dicht besiedelten Bereichen kann vielleicht auch das Doppelte der Höhe - also 420 m - ausreichen.

Herr Minister, ich unterbreche Sie ungern. Aber der Abgeordnete Emden möchte eine Zwischenfrage stellen.

(Jörg Bode [FDP]: Der hat einen gro- ßen Garten!)

Lassen Sie die zu?

Ja, selbstverständlich.

Bitte!

Frau Präsidentin! Herr Minister, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.

Sie haben vorhin gesagt, wir würden den Klimawandel leugnen. Das ist mir völlig neu, muss ich ehrlich sagen.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich möchte Sie fragen: Woher haben Sie das?

(Marcus Bosse [SPD]: Aus x Plenar- reden vielleicht? Aus der letzten An- hörung im Ausschuss?)

Der Minister antwortet jetzt. Ich bitte darum, dass er auf diese konkrete Frage auch konkret antwortet.

Ich will an dieser Stelle tatsächlich präzise sein: Sie leugnen natürlich nicht, dass es schon einmal Eiszeiten gegeben hat. Es fiele selbst Ihnen schwer, das zu leugnen.

(Heiterkeit der SPD)

Sie leugnen also nicht, dass es über Jahrmillionen Klimawandel gegeben hat. Aber Sie leugnen die Tatsache - und die leugnet sonst keiner -, dass die mit der Industrialisierung einhergehenden CO2

Emissionen zu einem menschengemachten Klimawandel geführt haben.

(Zurufe von der AfD: Ah!)

Wenn Ihnen diese Präzisierung hilft, dann ist das sozusagen die Lüge - - - die Unwahrheit, die Sie verbreiten. Es gibt einen von Menschen verursachten und verantworteten Klimawandel. Sie leugnen den. Und es ist falsch, dass Sie den leugnen. Er ist zigfach bewiesen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU, bei den GRÜNEN und von Horst Kortlang [FDP])

Lassen Sie mich zu einer weiteren Differenzierung - neben den 420 m und den 630 m - kommen.

Auch das Thema Lärmemissionen ist wichtig. Eine Windenergieanlage kann schon wegen der Lärmemissionen nicht dichter als 900 m an einem typischen reinen Wohngebiet - das etwas Besonderes ist - stehen. Bei einem Park mit drei Anlagen - keiner baut heute eine einzelne Anlage; man baut immer einen Park - muss der Abstand schon 1 500 m betragen, bei einem Park mit fünf Anlagen 1 800 m.

Wir haben also kluge Regelungen zum Schutze der Bevölkerung. Aber eines wird man mit diesen Regelungen nicht schaffen: Man wird es nicht schaffen, dass es keinerlei Betroffenheit, keinerlei Sichtbarkeit, keinerlei Veränderung gibt.

Der Schutz der Menschen steht ganz vorne an. Aber - darin müssen wir uns einig sein - wir werden nicht dafür sorgen können, dass man die Energiewende und die Erneuerbaren nicht sieht. Wir werden sie sehen. Aber wir können auch stolz darauf sein, dass wir es gemeinsam schaffen, die Energiewende umzusetzen.

Meine Damen und Herren, vor uns steht eine schwierige Zeit. Denn wir wollen mit den Instrumenten, die wir jetzt haben, den Ausbau der Erneuerbaren - gerade auch der Windenergie an Land - voranbringen.

Herr Minister, ich störe Sie ungern noch einmal. Aber der Abgeordnete Emden möchte noch eine Zwischenfrage stellen.

Ja, kann er.

Herr Minister Lies, vielen Dank, dass Sie auch diese Zwischenfrage zulassen.

Sie haben eben gesagt, es sei quasi allgemeines Wissen, dass der Klimawandel menschengemacht sei, dass die Industrialisierung für den Klimawandel verantwortlich sei; keiner vertrete noch eine andere Meinung. Ist Ihnen die Global - - - Wie heißt das Ding?

Ja, wie heißt es noch? - Super!

(Lachen und Zurufe von der SPD)

- - - Global Warming Petition - Entschuldigung! - bekannt, die 31 000 Wissenschaftler unterschrieben haben, um darauf hinzuweisen, dass nicht feststeht, dass der Klimawandel menschengemacht ist?

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Quatsch! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN - Gegenruf von Dana Guth [AfD]: Nein, das waren keine Wissenschaftler, das ist natürlich alles Quatsch!)

Der Herr Minister wird auch darauf antworten. Bitte schön, Herr Minister!

Es tut mir leid - wenn ich Sie zitieren darf -: Ja, das ist Quatsch. Denn es ist wissenschaftlich belegt - durch alle Dinge, die wir kennen und haben -, dass es einen Zusammenhang zwischen den CO2-Emissionen und den Klimaveränderungen gibt.

(Dana Guth [AfD] lacht)

Ihre Leugnung und Ihre Hoffnung, damit Menschen für sich zu gewinnen, die dann ihr Kreuz bei Ihnen machen - das ist wirklich alte Zeit für Deutschland und keine Alternative. Das kann nicht funktionieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU sowie Zustimmung von Jochen Beek- huis [fraktionslos] - Zuruf von Dana Guth [AfD])

Lassen Sie uns gemeinsam für den Ausbau der Erneuerbaren werben, und lassen Sie uns auch dafür sorgen, dass die Akzeptanz zunimmt! Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten intensive Debatten zum Thema „Ausbau der Erneuerbaren“ führen.

Ich freue mich, dass wir hier den Weg gehen, keine pauschalen Abstände vorzuschreiben, sondern zu gucken, wie groß sie sein müssen, um Akzeptanz zu finden.

Wir reden über den Bau von Windenergieanlagen im Wald nicht im Sinne von „das kann nicht sein“, sondern wir sagen: da, wo er sinnvoll sind - und nicht überall einfach so.

Aber wir müssen auch über andere Dinge reden, die hinzukommen müssen: Netzausbau, Ausbau der Photovoltaik. - Ich appelliere an dieser Stelle noch einmal an den Bund: Auch der PV-Deckel muss dringend weg!

Wir neigen immer dazu, über eine Lösung zu reden. Aber die Energiewende wird nicht funktionieren, wenn wir uns nur eine Lösung ansehen. Die Energiewende wird nur funktionieren, wenn wir uns das Gesamtbild angucken. Das ist unsere Aufgabe. Dazu gehören auch die Photovoltaik und andere Erneuerbare.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei der CDU und von Jochen Beekhuis [fraktionslos])

Vielen Dank.

Der Herr Minister hat seine Redezeit um fünf Minuten überzogen. Das ermöglicht zusätzliche Redezeiten für die zwei Regierungsfraktionen von jeweils 5 Minuten und für die drei Oppositionsfraktionen von jeweils 3,5 Minuten.

Zusätzliche Redezeit hat der Abgeordnete Stefan Wirtz, AfD-Fraktion, beantragt. Ich gewähre ihm nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung dreieinhalb Minuten. Bitte schön, Herr Wirtz!

(Unruhe)