Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

- Dank des Profiteams geht es mit dem Wechsel sehr schnell.

Bitte schön, Herr Seefried!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie immer ist es vollkommen richtig, dass wir das Thema Unterrichtsversorgung hier im Niedersächsischen Landtag diskutieren. Ich selber habe schon mehrfach im Landtag betont, dass eine gesicherte Unterrichtsversorgung die wichtigste Grundlage für eine gute Bildung an unseren Schulen ist. Wir alle wissen, dass das eine Daueraufgabe und eine Dauerherausforderung ist, die in der aktuellen Zeit natürlich nicht einfacher wird.

Die Fragestunde und die Ausführung des Ministers haben aber auch gezeigt, dass wir zum 1. Februar einen grundsätzlich sehr guten Einstellungstermin mit über 1 200 Neueinstellungen hatten und dass wir uns jetzt im Verfahren zum 24. August dieses Jahres mit 2 500 zur Verfügung stehenden Stellen genau in dem Bereich befinden, der notwendig ist, um den 13. Abiturjahrgang in diesem Jahr in Niedersachsen auf den Weg zu bringen.

Ich habe mich sehr gefreut, gerade eben in den Ausführungen des Ministers zu hören, dass tatsächlich auch schon eine so hohe Anzahl an Bewerbungen hinter diesen Stellen liegt.

Ich möchte uns und auch das Ministerium ermuntern, wirklich alle Chancen zu nutzen, ein Maximum an Stellen auszuschöpfen, ein Maximum an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern in unserem Bundesland zu halten und sie hier in den

Schuldienst zu bringen. Das muss unser gemeinsames Ziel sein.

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auch betonen: Die Unterrichtsversorgung ist wichtig - zweifelsfrei! Ich kritisiere überhaupt nicht, dass wir heute auf Antrag der FDP diesen Punkt diskutieren. Aber die aktuelle Zeit führt uns auch vor Augen, dass die Unterrichtsversorgung das eine ist. Wenn wir es aber nicht schaffen, im Hier, im Heute, im Jetzt verlässliche Situationen in unseren Schulen zu schaffen und einen verlässlichen Weg zum Schuljahresbeginn aufzuzeigen, dann ist das alles gar nichts wert. Es kommt wirklich darauf an, dass wir heute Verlässlichkeit für unsere Schulen schaffen und dass wir den Weg, der in den nächsten Wochen ansteht, so verlässlich gestalten, wie es nur geht.

Natürlich gehört dazu als Grundlage eine gute Unterrichtsversorgung. Natürlich gehört dazu, dass die Stellen besetzt werden. Aber unser Schulsystem befindet sich in einer besonderen Herausforderung, weil ein großer Teil der Lehrkräfte in unseren Schulen zur sogenannten Risikogruppe gehört. Ich sage ganz offen: Ich hätte die Zahl deutlich höher eingeschätzt. Aber wie wir am Freitag im Kultusausschuss gehört haben - Aussage des Ministers -, sind es rund 20 % unserer Lehrkräfte. 20 % von 85 000 oder 87 000 Lehrkräften sind jedoch eine wirklich große Zahl. Das stellt das Schulsystem vor eine zusätzliche große Herausforderung.

Und es geht eben auch um Bildungsgerechtigkeit. Das möchte ich ausdrücklich betonen, auch mit Blick auf die erste Frage, die wir vorhin bereits hatten. Es muss darum gehen, einen verlässlichen Weg zu gestalten, auf dem Schritt für Schritt alle Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule, in den Unterricht zurückkommen. Es muss aber auch darum gehen, einen verlässlichen Rahmen dafür zu schaffen, diejenigen Schülerinnen und Schüler zu erreichen, die noch zu Hause sind. Auch sie müssen wir unterstützen. Wir müssen einen verbindlichen Kontakt, eine verbindliche Abstimmung zwischen Lehrern und Schülern gewährleisten.

Ich möchte an dieser Stelle allen meinen herzlichen Dank aussprechen, die daran arbeiten, diese Rahmenbedingungen zu organisieren. Der Dank gilt allen Mitarbeitern im Ministerium, den Mitarbeitern in den beteiligten Verwaltungen und Behörden. Er gilt aber vor allen Dingen den Lehrkräften, die heute da sind, die heute Verantwortung übernehmen, die heute für unsere Schülerinnen und

Schüler da sind, die mit Ideenreichtum und Flexibilität das Maximum aus dieser Situation herausholen. Herzlichen Dank für diesen großen Einsatz!

(Beifall bei der CDU)

Deswegen muss es jetzt darum gehen, einen verlässlichen Weg bis zum Schuljahresbeginn zu gestalten. Dazu werden viele Maßnahmen gehören. Ich lege aber auch ausdrücklich Wert darauf, dass es unserer Fraktion ganz stark darum geht, die Schülerinnen und Schüler in den Blick zu nehmen, die unterstützt werden müssen, die besondere Förderung benötigen. Auch dafür lassen sich die Sommerferien nutzen. Andere Länder kommen bereits mit Konzepten; auch Österreich hat entsprechende Konzepte vorgelegt. Dass wir in einer Art Sommerschule gerade diejenigen Schülerinnen und Schüler, die gezielt gefördert werden sollten, auch in den Ferien unterstützen, darüber sollten wir nachdenken. Und wir brauchen - ähnlich wie in den Osterferien - auch in den Sommerferien eine Notbetreuung, wenn Eltern sie benötigen.

(Glocke der Präsidentin)

- Ich komme zum Schluss.

Das alles zeigt: Bei der Unterrichtsversorgung sind Zahlen und Statistik das eine; das Hier, Heute und Jetzt ist das andere, und darum muss es gehen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank Ihnen, Kollege Abgeordneter Seefried. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich die Abgeordnete Julia Willie Hamburg zu Wort gemeldet. Sie können gleich reden.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)

Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Seefried, das hätte man 2017 oder 2016 aus Ihrem Mund hören müssen: Die Unterrichtsversorgungsstatistik ist nicht alles. Wir müssen uns auch die Rahmenbedingungen an den Schulen angucken.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Ich hätte mir so manches Mal in der letzten Legislaturperiode gewünscht, die Debatte so zu führen.

(Zurufe von den GRÜNEN: Ich glau- be, die Lage war eine andere! - Ge- nau! - Heiterkeit)

Das war sehr spannend. Ein Schelm, wer etwas Böses bei Ihrem Sinneswandel denkt! Hoffen wir, dass Sie dabei bleiben und wir auch künftig stärker über Schulqualität diskutieren!

Ich finde trotzdem dramatisch, dass Sie das Fehl, das im kommenden Schuljahr droht, noch immer negieren und sich offensichtlich weigern, bessere Rahmenbedingungen und Voraussetzungen und vor allem Notfallkonzepte zu entwickeln.

Ich sage Ihnen deutlich: Die bisherigen Modellprojekte „Schule PLUS“ und „Starke Sek I-Schulen“ werden hier nicht ausreichen. Es muss für unsere Sek-I-Schulen dauerhafte, strukturelle Verbesserungen geben. Es muss eine bessere Ausstattung geben. Es muss bessere Arbeitsbedingungen geben. Wir müssen auch endlich über eine Besoldung nach A 13 für die Berufsgruppe der Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte reden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Denn wir erleben in den letzten Jahren, dass diese Berufsfelder weniger angewählt werden. Wir haben massive Unterrichtsversorgungsprobleme insbesondere an diesen Schulformen. Davor dürfen wir die Augen nicht länger verschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

Ganz ehrlich: Welcher Absolvent, der für A 13 ans Gymnasium gehen könnte, geht denn für A 12 an eine andere Schule, nur weil man ihn darum bittet? Hier allein auf „bitte, bitte“ und Berufsorientierung zu setzen, liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht bei Weitem nicht aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gerade diejenigen Schulen, die vor besonderen Herausforderungen stehen, die ein besonders schwieriges Schülerklientel haben, sind derzeit doch auch noch mit einer schlechten Unterrichtsversorgung belastet und gehen auf dem Zahnfleisch. Das dürfen wir gerade vor dem Hintergrund der angestrebten Bildungsgerechtigkeit nicht länger zulassen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Die paar Stellen, die Sie hier für Modellprojekte zur Verfügung stellen, sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie reichen den Schulen bei Weitem nicht aus.

Deswegen möchte ich Sie hier noch einmal auffordern: Schaffen Sie einen Sozialindex! Schaffen Sie bessere Rahmenbedingungen an diesen Schulen! Und schaffen Sie Perspektiven für attraktivere Lehramtsbedingungen, eine bessere Besoldung! Denn sonst werden wir diese Probleme perspektivisch nicht lösen können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Ich möchte Sie auch auffordern, jetzt schon darüber zu reden, wie man die Probleme löst, wenn sie im nächsten Schuljahr da sind. Es reicht doch nicht, nur zu sagen: Es liegt an Corona. - Wir wussten schon vorher, dass wir hier Schwierigkeiten haben werden. Beantworten Sie doch schon jetzt, was das heißt! Stellen Sie mehr Lehrkräfte an den Gymnasien ein? Wollen Sie noch stärker mit Abordnungen arbeiten? Wollen Sie andere Sicherheitsmechanismen ziehen? Es muss doch jetzt schon ein Signal an die Oberschulen, an die Hauptschulen und an die Realschulen, aber auch an die Grundschulen gehen, dass sie nicht befürchten müssen, dass für sie im nächsten Jahr durch das Zurückziehen der abgeordneten Lehrkräfte das Desaster losgeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der FDP)

Herr Seefried, ich möchte Ihnen auch deutlich sagen: Es ist richtig, dass Sie hier Dank aussprechen. Aber das reicht den Lehrkräften am Ende halt gar nicht.

Wir hatten eine Arbeitszeitkommission. Die Maßnahmen warten noch immer auf ihre Umsetzung. Wir wissen, dass unsere Lehrkräfte in Niedersachsen hoch belastet sind und endlich Entlastung brauchen. Da ist ein Dank gut und schön - Maßnahmen und Taten wären besser.

Ich habe insbesondere Sie noch im Ohr, wie Sie auf jeder Wahlkampftour sagten: Keine Lehrkraft wird weniger als A 13 verdienen, wenn die CDU regiert!

(Kai Seefried [CDU] schüttelt den Kopf)

- Das haben Sie gesagt, und zwar mehrfach.

(Jörg Bode [FDP]: Er hat nie gesagt, wann! - Heiterkeit)

- Sie haben nie gesagt, wann. Das stimmt allerdings. Aber jetzt ist die CDU an der Regierung,

und Sie sollten sich an Ihren eigenen Worten messen.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hamburg. - Uns liegt eine weitere Wortmeldung vor, und zwar aus der SPD-Fraktion. Kollege Abgeordneter Raulfs, Sie sind gleich dran.

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Redepult)