Wir haben im Bereich des Tourismus alleine in den beiden Monaten März und April 2 Milliarden Euro Umsatzausfälle gehabt. Deswegen meine Forderung an den Bund: Wir müssen hier gemeinsam mit Bund und Ländern eine zweite Zuschusswelle auslösen, die am Ende dafür sorgt, dass der Bereich des Tourismus mit über 293 000 Menschen, Gastronomie, Hotellerie, Tourismus in Gänze - in Niedersachsen ein Schwerpunkt unserer Wirtschaftskraft - wieder eine Perspektive erhalten. Das können wir als Land nicht alleine stemmen. Hier müssen Bund und Länder gemeinsam einen Schutzschirm über diesen Bereich spannen.
Die Bundesrepublik Deutschland wird bis zum Jahresende voraussichtlich 1,5 Billionen Euro in die Wirtschaft, in die Sicherung der Systeme pumpen,
um am Ende etwa 35 % der gesamten Wirtschaftskraft der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung der Pandemie an richtiger Stelle investiert zu haben. Die Gesamtverschuldung der Bundesrepublik wird auf 80 % des Bruttoinlandsprodukts steigen.
Zum Schluss will ich noch eines anmerken: Es wird letztendlich nicht reichen, nur eine Milliarde nach der nächsten mit Schutzschirmen oder anderen Maßnahmen auszulösen - so richtig ich das mit Blick auf bestimmte Branchen auch erachte. Am Ende wird es auf die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft ankommen, darauf, dass der Motor der
Konjunkturprogramm mit Blick auf die einzelnen Branchen, die besonders von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind. Dabei sehe ich nicht nur die Automobilwirtschaft. Ich sehe insbesondere auch die Zulieferer der gesamten Automobilindustrie; ich sehe die maritime Wirtschaft; ich sehe den Maschinenbau; ich sehe die Tourismusbranche; ich sehe die Luftfahrtbranche und die Werftenindustrie in einem Land wie Niedersachsen. Hier müssen wir gezielt Anreize auslösen, damit die Wirtschaft in den nächsten Wochen und Monaten von alleine wieder in Schwung kommt.
Denn am Ende wird es die Wirtschaft sein, die maßgeblich dazu beitragen wird, die Pandemiekrise in Deutschland zu bewältigen. Dafür brauchen wir jetzt ein kluges Konjunkturprogramm -
über beispielsweise eine Absenkung der EEG-Umlage bis hin zu steuerlichen Verlustrückträgen usw. Das heißt, über die Steuer muss wieder Liquidität in den Unternehmen ausgelöst und gehalten werden.
Das ist eine kluge Strategie; das ist ein kluger Plan für Deutschland, und er wird jetzt stufenweise in Deutschland und Niedersachsen aufgegriffen werden. Wir werden genau diese Strategie verfolgen: Schritt für Schritt branchenbezogen Investitionsanreize setzen, Tourismusförderprogramme ausweiten, gezielt investieren, weitere Zuschüsse für die Unternehmen in Niedersachsen auslösen, mit dem Bund gemeinsam die Reisebüros in den Blick nehmen - ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in unserem Land.
Hören Sie auf, den Menschen nur Angst zu machen! Zeigen Sie ihnen lieber Perspektiven, und zeigen Sie vor allem, dass Landesregierungen und Bundesregierung, wenn sie gemeinsam anpacken, eine ganze Menge in diesem Land bewegen können. Das ist politische Verantwortung - Panikmache à la AfD ist es nicht.
Mir liegen Wortmeldungen mit der Bitte um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung vor. Da der Minister gute drei Minuten überzogen hat, schlage ich 90 Sekunden für die Fraktion der Grünen, der FDP und der AfD vor und drei Minuten für Vertreter der Koalitionsfraktionen, falls sie sich auch noch zu Wort melden möchten.
Frau Präsidentin! Herr Minister Althusmann, herzlichen Dank für Ihre Aussagen zu konjunkturellen Stimulationen. Ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie das FDP-Modell einer negativen Gewinnsteuer unterstützen wollen - mit Gewinnvorträgen und Verlustrückträgen etc. Das begrüße ich natürlich sehr. Wir hatten das schon zu Beginn der Krise gefordert. Das Problem ist nur, dass sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Berlin bisher in diesem Bereich gar nicht bewegt. Wenn wir gemeinsam in Berlin für eine derartige Variante kämpfen, ist das, glaube ich, ganz vernünftig. Da haben Sie jedenfalls unsere volle Unterstützung.
Bei der anderen Frage möchte ich noch etwas klarstellen: Das war ja nicht nur VW, sondern die gesamte Automobilindustrie. Die haben natürlich kein Formular ausgefüllt und einen Antrag auf Staatshilfe gestellt. Die haben einfach in einem Interview geäußert, dass sie dieses Problem haben und über eine spezielle Kaufprämie für die Automobilindustrie eine spezielle Staatshilfe brauchen. Natürlich ist das ein Wunsch nach Hilfe. In der sozialen Marktwirtschaft muss aber ein Unternehmer, der selber über Mittel verfügt, diese zunächst einmal einbringen, bevor der Staat und die Allgemeinheit ihm unter die Arme greifen können.
Ich will Ihnen dazu ein einfaches, plastisches Beispiel nennen: Kein einziger Schausteller mit einem Fahrgeschäft würde auf die Idee kommen, auch nur einen einzigen Cent vom Gewinn aus der Vergangenheit auszuschütten, wenn wir ihm jetzt helfen, damit sein Betrieb in dieser schwierigen Zeit überleben und dadurch im nächsten Jahr das gesellschaftliche Ereignis eines Festes mit Schaustel
Deshalb ist es für mich selbstverständlich ein Grundprinzip der sozialen Marktwirtschaft, dass zunächst das Unternehmen dran ist, seinen Beitrag zu leisten, und erst dann die Staatshilfe zum Tragen kommt. Ausschüttungen von Gewinnen aus der Vergangenheit, so wie sie VW noch plant, sind in dieser Situation, in der man eine Kaufprämie haben will, absolut inakzeptabel.
Das war eine Punktlandung. - Nach der Reinigung des Redepults erhält nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Abgeordnete Stephan Bothe, AfD-Fraktion, zusätzliche Redezeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Herr Minister Althusmann, ich möchte hier noch einiges klarstellen. Ich beendete meine Rede nicht mit dem Satz: „Warum erzähle ich Ihnen das?“ Ich beendete sie, indem ich gesagt habe, dass der Shutdown so schnell wie möglich beendet werden muss und wir zur ökonomischen Normalität zurückkehren müssen - ansonsten droht uns eine historische Krise.
Ihr Ministerpräsident sagt hingegen, dass es erst eine Normalität geben wird, wenn wir einen Impfstoff haben. In der Diskussion zu dem vorherigen Antrag zur Aktuellen Stunde - darauf haben Sie sich ja auch bezogen - haben wir gehört, wie lange es dauert, bis wir einen Impfstoff haben.
Sie sprachen von Verantwortung, Herr Minister. Verantwortungsvoll wäre es gewesen, wenn Frau Ministerin Reimann schon im Januar ausreichend Schutzmaterialien gekauft hätte
und somit diesem Land Ausgaben in Höhe von Hunderten Millionen Euro erspart hätte. Sie hätte es der Pflege erspart, zum Teil ohne Schutzkleidung arbeiten zu müssen. Das wäre verantwortliche Politik gewesen.
Verantwortliche Politik wäre auch gewesen, die Reiserückkehrer aus Ischgl unter Quarantäne zu stellen. Dann hätten wir hier in Niedersachsen vielleicht gar keine an Corona Erkrankten gehabt.
Sie haben sich im Januar nicht bewegt. Sie haben im Februar nichts gemacht. Und im März haben Sie angefangen, zu rotieren, als es schon zu spät war. Wenn jemand für diese Corona-Krise mitverantwortlich ist, dann ist es auch diese Landesregierung.
Wir haben noch eine weitere Wortmeldung aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom Abgeordneten Detlev Schulz-Hendel vorliegen. Bitte warten Sie kurz, bis es hier weitergeht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als die Technik vorhin ausgefallen war, habe ich gedacht, dass es vielleicht besser gewesen wäre, die Technik wäre noch eine halbe Stunde länger ausgefallen. - Ganz ehrlich: Herr Bothe sagt, der Shutdown müsse beendet werden. Wenn das Ihre wirtschaftliche Kompetenz ist, würde ich sagen: Wirtschaftskompetenz - null Komma nix! Null!
Aber eine andere Sache: Herr Minister Althusmann, Sie sprachen zu Recht die Soforthilfen an, die Bund und Land schnell auf den Weg gebracht haben. Es häufen sich zunehmend Probleme. Der NBank-Chef äußerte sich heute gegenüber der Lüneburger Landeszeitung, es gebe viele Anträge, die fehlerhaft sind; sie lägen auf dem Stapel und würden nicht beantwortet. Bei uns laufen zunehmend Sorgen auf, dass die Leute nicht einmal einen Bescheid darüber bekommen, was mit ihren Anträgen geschieht.
Da bitte ich Sie - auch wenn ich die Soforthilfen von Bund und Land ausdrücklich begrüße -, doch noch einmal nachzuhaken. Da liegt noch einiges und vieles im Argen.