Protokoll der Sitzung vom 13.05.2020

Bezug nehmend auf diese Vorbemerkung, würde ich jetzt auf die Beantwortung der Fragen kommen.

Zu Frage 1: Die Bewertung des Grundwasserzustandes nach Wasserrahmenrichtlinie erfolgt innerhalb der Bezugseinheit von Grundwasserkörpern. Diese sind in Niedersachsen bis zu 1 500 km2 groß, weshalb zur genauen Betrachtung Typflächen bzw. Teilräume innerhalb der Grundwasserkörper abgegrenzt wurden. Das ist ja das klassische Verfahren, das wir kennen, weshalb sich der Grundwasserkörper dann unterteilt.

Es ist anzunehmen, dass mit der in der Frage gewählten Bezeichnung „behördlich gewählten ‚Einwirkungsgebiete‘“ von Messtellen - ich hoffe, ich habe das richtig verstanden - diese Teilflächen und Teilräume gemeint sind.

Die Typflächen und Teilräume dienen der Gruppierung von Messstellen und sind als Bewertungsgrundlage für den Planungsmaßstab der Bewirtschaftungspläne 2008 und 2009 erarbeitet - auch daran sieht man, dass das nichts ist, was wir jetzt neu gestaltet haben, sondern was schon vor langer Zeit war -, indem sie eine Aussage zum Flächenanteil der Belastungsgebiete im jeweiligen Grundwasserkörper ermöglichen.

Ziel der Bewirtschaftungspläne sind die flächenhafte Beurteilung des Grundwasserzustands und, darauf aufbauend, die Ableitung eines Handlungsbedarfs zum Erreichen eines guten Zustands. Eine differenzierte Abgrenzung der Neubildungsbereiche einzelner Messstellen ist für diesen Zweck damit nicht erforderlich.

Zu Frage 2: Das aktuelle deutsche EU-Nitratmessnetz dient der Erfolgskontrolle des Aktionsprogramms Nitratrichtlinie und wurde 2016 überarbeitet. Die Mitgliedstaaten setzen die Anforderungen, die in der Nitratrichtlinie bezüglich des vorzunehmenden Monitorings ohne eindeutige Vorgaben gemacht werden, in unterschiedlicher Weise um. Das ist das, was Sie gerade ausgeführt haben. Grundlage für das Nitratmessnetz in Deutschland ist das Messnetz, das für die Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur verwendet wird.

Da eine der Vorgaben der Nitratrichtlinie die Überwachung der Nitratbelastung aus landwirtschaftlichen Quellen ist, wurden aus den Probeentnahmestellen dieses Messnetzes diejenigen ausgewählt, die von Grünland und Acker bzw. Sonderkulturen beeinflusst sind.

Des Weiteren wurden oberflächennah verfilterte Messstellen ausgewählt, um die Effekte des jewei

ligen Aktionsprogramms nach Nitratrichtlinie zeitnah erfassen zu können. Tief verfilterte Messtellen würden den Effekt erst nach mehreren Jahren oder Jahrzehnten abbilden und wären somit für das geforderte Monitoring ungeeignet.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ergänzen: Auch das Thema Denitrifikation, also der Nitratabbau im Grundwasser, spielt dabei eine Rolle. Wenn ich in der Sickerwasserebene messe, also das, was nicht von der Pflanze aufgebraucht worden, sondern übrig geblieben ist, dann habe ich das Ergebnis. Wenn ich zig Meter tiefer im Grundwasser messe, dann habe ich über den Nitratabbau, der im Grundwasser passiert, einen niedrigeren Wert. Da das aber endlich ist - das ist das Entscheidende -, ist der Vorsorgegrund - - - Wir können ja nicht sagen: Solange der Nitratabbau funktioniert, ist das doch egal. Wenn er einmal nicht mehr funktioniert, dann steigt der Wert an. - Wir müssen vielmehr aufgrund der Endlichkeit des Denitrifikationspotenzials fragen: Ist denn eigentlich das Problem gegeben? Das betrifft meines Erachtens die Frage, ob man flachverfilterte Messstellen hat und dort misst, wie die Realität ist, oder ob man bei den tiefverfilterten Messstellen, die wir auch haben, feststellt, wie nach dem Nitratabbau im Grundwasser eigentlich die Situation ist.

Das Nitratmessnetz selber entspricht den Anforderungen der Nitratrichtlinie.

Zu Frage 3: Die zwei Forderungen nach Vereinheitlichung der Typflächen und Teilräume bezüglich der hydrogeologischen Eigenschaften und bezüglich der Größe widersprechen sich leider an der Stelle, da die Erklärung für die unterschiedlichen Flächenanteile in den heterogenen hydrogeologischen Gegebenheiten Niedersachsens liegt. Eine Vereinheitlichung der Größe wäre dann wiederum nur unter Vernachlässigung der jeweiligen hydrogeologischen Randbedingungen möglich, und das wäre damit nicht vertretbar.

So viel zu den drei Fragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Zu der ersten Zusatzfrage für die FDP-Fraktion hat sich der Kollege Grupe gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege! Wenn Sie vielleicht das Saalmikrofon benutzen wollen!

Vielen Dank, Herr Minister.

Ich stelle Ihnen - das gebe ich gleich zu - zwei Fragen.

Zum Schluss Ihrer Ausführungen haben Sie den Kern der Geschichte angesprochen, indem Sie konzediert haben, dass in Deutschland in den oberen Grundwasserstockwerken gemessen wird. Daher meine Frage: Kennen Sie ein anderes Land in der EU, das auch nur in den oberen Grundwasserstockwerken misst, oder planen Sie, so, wie es alle anderen Länder nach meinen Informationen auch tun, in den gleichen Stockwerken zu messen wie diese?

Das ist die zweite Frage: Würden Sie mir zustimmen, dass Deutschland gegen die einzige Vorgabe, die die EU bisher wirklich gemacht hat, nämlich dass diese Werte vergleichbar sein sollen, verstößt?

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Grupe. Ich habe recht gut aufgepasst, es waren drei Fragen. Diese „Oder-Geschichte“ war ein neuer Komplex. Hören Sie sich einmal die Fragen an. - Bleiben Sie ganz ruhig, wir können das noch einmal nachvollziehen! Aber es waren drei Fragen.

Bitte schön, Herr Minister!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte jetzt Probleme - das gebe ich offen zu -, die dritte Frage zu erkennen. Ich versuche jetzt, die beiden für mich erkennbaren zu beantworten, weil es auch darum geht, Dinge aufzuklären.

Zu den Messungen: Ich kann im Moment nicht sagen, würde es aber nachliefern, ob es in allen europäischen Ländern wirklich so ist, dass sie in den bodentieferen Schichten messen. Es geht aber nicht darum, mit den Messungen, die wir machen, irgendjemandem zu schaden. Die Idee, die schon seit vielen Jahren verfolgt wird, ist, dafür zu sorgen, dass wir das Grundwasser schützen und dafür sorgen, dass der Nitratanteil im Grundwasser reduziert wird. Was ist die Grundlage dafür? - Dann müssen wir das messen, was Realität ist. Deswegen habe ich es vorhin noch einmal beschrieben.

Wir sehen das ja an der Nmin-Herbstmessung z. B., man sieht, was noch im Boden vorhanden ist, was noch gemessen werden kann, also was an Nähstoffen noch vorhanden und was nicht mehr vorhanden ist, weil es komplett aufgebraucht ist, oder was an Nährstoff zu viel ist, weil es nicht so viel geregnet hat und dadurch das Pflanzenwachstum nicht so gewesen ist, wie es hätte sein sollen, und somit die Nährstoffe nicht verbraucht wurden.

Die Idee ist: Messen, was da ist. Deswegen sind die flachverfilterten Messstellen meiner Meinung nach eine Betrachtungssituation, die die Istsituation abbildet.

Das Zweite ist - Sie haben recht -: Wenn ich tiefer gehe, wird der Messwert geringer.

Aber noch einmal: Die Grundlage ist doch nicht festzustellen, wo der Messwert geringer ist, sondern zu prüfen, ob wir einen Eintrag haben, den wir reduzieren müssen, oder ob kein Handlungsbedarf an der Stelle besteht. Wenn wir ausschließlich den pflanzengerechten Bedarf aufbringen, hätten wir auch keinen Eintrag. Darüber sind wir uns einig. Deshalb halten wir auch die minus 20 % für falsch.

Die Idee, Grundwasser als hohes Gut zu schützen, ist sozusagen die Grundlage, um zu messen und zu prüfen, ob ein Problem besteht. Insofern haben wir ein breit aufgestelltes Messnetz mit flach- und tiefverfilterten Messstellen, wobei die Ergebnisse der flachverfilterten Messstellen keine Fehlmessungen sind. Wenn Sie das sagen, klingt das immer so, als sei es eine Fehlmessung.

Jetzt kommen wir zu dem entscheidenden Punkt der zweiten Frage, ob das mit den anderen europäischen Ländern vergleichbar wäre. Ich kann nicht sagen, ob es kein Land gibt, das es genauso macht. Wir sehen aber, dass andere Länder das gleiche Problem haben. Selbst wenn sie ein anderes Messkonzept haben, haben sie auch das Problem der belasteten Gebiete. In Dänemark z. B., weil das immer genannt wird, gibt es auch ein Problem, das zu den entsprechenden Wirkungen geführt hat. Wir sind ja nicht das einzige Land, das mit seinen Messverfahren deutlich macht, dass es ein Grundwasserproblem, eine Nitratbelastung, gibt. Das zeigen andere Länder mit ihren Handlungsmaximen eindeutig auch. Wir haben uns für ein Messsystem entschieden, das erstens sehr präzise feststellen kann, ob es eine Belastung an der Stelle gibt, und zweitens - das ist für uns genauso wichtig - feststellen kann, ob es diese Belastung jetzt nicht mehr gibt, ob dieser Wert, wie ich

es vorhin beschrieben habe, zurückgeht und man eine Verbesserungstendenz erkennt. Ich denke, das ist der entscheidende Punkt dabei.

Zu der ersten Frage, die Sie gestellt haben, liefere ich gerne noch nach. Ich kann es im Moment nicht sagen, und wir konnten es so schnell nicht recherchieren, um sicher zu sein, ob die Ergebnisse so vergleichbar sind. Möglicherweise sind ja auch die Messverfahren - es gibt auch gemittelte Messwerte von viel mehr Messstellen, die einbezogen werden - anders. Wir würden die Antwort auf diese Fragen Ihnen aber gerne nachreichen.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die SPD stellt der Kollege Marcus Bosse. Bitte schön, Herr Kollege!

(Zwei Mitarbeiter der Landtagsverwal- tung desinfizieren das Saalmikrofon)

Ich nehme das andere Saalmikrofon; ich bin lernfähig.

Herr Minister Lies, in Ihren Ausführungen zu der Beantwortung sagten Sie, dass es Gespräche mit dem Wasserverbandstag, mit den Wasserverbänden gegeben hat. Wie haben sich die Wasserverbände dazu geäußert?

Meine andere Frage ist: Teilen die Wasserverbände auch die geäußerte Kritik?

Vielen Dank, Herr Kollege Bosse. Sind wir uns darüber einig, dass das zwei Fragen waren?

(Marcus Bosse [SPD]: Ja!)

- Okay, dann ist das ja schon einmal ein gutes Signal.

Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bosse, dann beantworte ich die beiden Fragen getrennt.

Sie teilen die Kritik des Gutachters nicht, weil - ich habe es vorhin gesagt - ein großer Teil der Messstellen, die von uns herangezogen werden, Messstellen der Wasserversorger sind, die sehr wohl ein Interesse daran haben, dass sie mit funktionieren

den Messstellen in der Lage sind, die Situation zu bewerten.

Zweitens sagen sie, dass sie durch ihre Messungen, die sie im Umfeld der Stellen durchführen, wo sie selber Grundwasser fördern - 85 % unseres Trinkwassers wird aus Grundwasser gewonnen -, um Trinkwasser zu erzeugen, sehr präzise sehen können, ob unsere Einstufung, die wir jetzt im Ergebnis haben, dass es dort eine Belastungssituation gibt, ihren Messwerten entspricht. Das bestätigt die Bewertung der Situation an der Stelle, wo wir messen, und der Feststellung, dass der Grundwasserkörper „rot“ ist.

Wir sind noch nicht bei der Frage - und da sind wir uns wieder einig -, welche Schlussfolgerung man hinsichtlich der Frage der Binnendifferenzierung daraus zieht. Das ist ja das, worüber wir uns einig sind und kein Streit besteht, dass es anders werden muss. Aber alle anderen Punkte werden geteilt.

Man muss fairerweise dazu sagen, dass in den Landkreisen, in denen man von den Problemen weiß, das Messnetz erweitert wird, um selber die Werte zu überprüfen. Da sehen wir das Problem auch bestätigt. Das ist zum Teil in den Landkreisen, bei denen wir mutmaßen können, dass es eher zu Problemen kommt, um es vorsichtig zu sagen.

Die Wasserversorger sagen eines: Das Trinkwasser ist ein unverhandelbar zu schützendes Gut. Wenn man Trinkwasser schützen will, muss man dafür sorgen, dass u. a. auch der Nitrateintrag so reduziert wird, dass der Nitratgehalt unterhalb der Grenzwerte liegt. Deswegen kann man sehr gut deren Messung mit unseren Ergebnissen vergleichen, und die bestätigen unser Handeln.

Lassen Sie mich das noch erwähnen: Es gibt ja nicht auf der einen Seite die Wasserversorger und den Wasserverbandstag und auf der anderen Seite die Landwirtschaft. Das sind ja zum Teil dieselben Leute, die als Landwirte tätig sind und trotzdem im Wasserverbandstag sind. Ich denke, dass sie ein gutes Verständnis dafür haben, dass man das sauber, sachlich und fair miteinander besprechen kann. Ich hatte den Eindruck, dass dies zwischen Landwirtschaft und Wasserverbandstag in einem vernünftigen und sachlichen Diskurs ausgetauscht wird.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Zu der ersten Zusatzfrage hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Christian Meyer gemeldet. Bitte schön.