Protokoll der Sitzung vom 30.06.2020

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/6216 zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Zweite war deutlich die Mehrheit. Dem Änderungsantrag wurde damit nicht gefolgt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Wer der Beschlussempfehlung folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/4844 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit wurde der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 10: Abschließende Beratung: 30 Jahre Ende der Teilung Europas - Grenzen trennen. Natur verbindet. Grünes Band endlich vollenden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/4822 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz - Drs. 18/6405

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung und erteile das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herrn Kollegen Meyer. Bitte, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „30 Jahre Ende der Teilung Europas - Grenzen überwinden.“ Das Grüne Band geht von Norwegen bis zur bulgarisch-türkischen Grenze. Es ist schade, dass die Regierungsfraktionen keine Alternative dazu haben wollten; denn wir haben in diesem Oktober nicht nur 30 Jahre deutsche Einheit - Niedersachsen ist das Land mit der größten innerdeutschen Grenze -, sondern auch 30 Jahre Nationalpark Harz, aber ich betone: der Ostharz.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Am 1. Oktober 1990 hat die letzte und eigentlich einzige demokratisch gewählte DDR-Regierung den Ostharz zum Nationalpark erklärt. In Niedersachsen hat erst 1994 eine rot-grüne Landesregierung den Westharz zum Nationalpark gemacht. Heute haben wir einen gemeinsamen Nationalpark. Eigentlich könnten wir also gemeinsam feiern, dass Grenzen durch dieses Grüne Band, das Naturdenkmal, das wir haben, überwunden werden.

Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen, alle diese Länder haben Beschlüsse gefasst, zum Grünen Band beizutragen. Nur in Niedersachsen kommt von den Regierungsfraktionen nichts. Der Umweltminister Lies sagt, er habe mit FFH und mit dem Volksbegehren so viel zu tun, er habe jetzt nichts übrig, um sich um den Naturschutz zu kümmern und auch bei uns auf der niedersächsischen Seite zu diesem Naturdenkmal Grünes Band beizutragen.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Schade! Sehr schade!)

In Thüringen wird über ein gemeinsames Biosphärenreservat gesprochen. Dort werden die Bürger und die Landwirte beteiligt. Es wird diskutiert. In Sachsen-Anhalt - den Beschluss hätte man einstimmig übernehmen können - haben CDU, SPD und Grüne gemeinsam das Grüne Band als verbindendes Element, auch als Ort der Erinnerung an die Grausamkeiten der deutschen Teilung, als Verbindung zwischen den Menschen innerhalb Europas herausgestellt.

Wenn wir aber in Niedersachsen fragen „Was macht ihr denn? Was liefert ihr als Beitrag?“, kommt dann eine Leerstelle; man habe jetzt etwas anderes zu tun.

Deshalb bedauern wir es sehr, dass das für Sie - anders als in Ostdeutschland - anscheinend keine Erinnerung wert ist und dass es auch im Ausschuss keine Alternativvorschläge etc. gab. Denn „30 Jahre Ende der Teilung Europas - Grünes Band entwickeln“ sollte eigentlich etwas Gemeinsames sein. Deshalb habe ich darauf hingewiesen, dass sich in diesen Ländern CDU, SPD, Grüne und dort, wo die FDP drin ist, auch die FDP gemeinsam für das Grüne Band ausgesprochen haben.

Der Naturschutz geht natürlich nur mit den Menschen. Es wäre aber doch gut, wenn wir auch in Niedersachsen Beratungen mit unseren Nachbarländern aufnehmen, wie wir für unsere gute Natur -

ich denke nur an das Eichsfeld, das Werratal, die Gipskarstlandschaften - Beiträge liefern können, um z. B. über UNESCO-Biosphärenreservate etwas zu erreichen. In Niedersachsen haben wir ja schon ein gemeinsames Biosphärenreservat oben an der Elbe - das ist aber auch schon älter - mit Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, also mehrere Länder. Auch dort könnte man einiges dafür tun, das Grüne Band zu entwickeln.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb bin ich jetzt sehr gespannt, was die Große Koalition sagt, warum man das alles nicht braucht, warum Niedersachsen dazu keinen Beitrag liefert, warum aber in Ostdeutschland - in SachsenAnhalt, in Thüringen, in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit ganz unterschiedlichen Konstellationen; es sind aber immer SPD oder CDU oder beide Parteien daran beteiligt - etwas kommt.

Von daher sind wir schon enttäuscht, dass Niedersachsen bei den Feierlichkeiten „30 Jahre Nationalpark Harz“ und „30 Jahre deutsche Einheit“ im Oktober eigentlich eine Leerstelle machen und sagen kann: Wir liefern nichts! - Deshalb bedauere ich es, wenn die anderen Fraktionen unseren Antrag jetzt ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Bosse das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Meyer schwärmt von dem Grünen Band von Norwegen bis Griechenland. Dabei gehört natürlich zur Wahrheit dazu, dass in Wirklichkeit nur 43 km des Grünen Bandes im Amt Neuhaus über das niedersächsische Gebiet laufen. Das haben Sie leider verschwiegen, Herr Meyer.

Die Beratungen im Ausschuss und die Unterrichtung durch die Landesregierung haben durchaus deutlich gemacht, dass das Land bereits seit Jahren auch im Sinne des Antrages aktiv ist. Daher gilt es letzten Endes nur, diesen Antrag abzulehnen, was mit der großen Mehrheit des Ausschusses auch geschehen ist.

Ich will es an ein paar Punkten deutlich machen.

In vielen Bereichen und in benachbarten Bereichen hat das Land bereits Schutzgebiete ausge

wiesen und damit an das Grüne Band angehängt. Dieser Antrag ist also vor dem Hintergrund der historischen Dimension zu begrüßen. Das war es aber auch schon. Aus naturschutzfachlicher Sicht ist schon fast alles passiert. Da das Land in diesem Sinne aktiv ist, sind die aufgestellten vier Forderungen durchaus entbehrlich.

Wir sollten uns nicht erlauben, hier noch weitere Vorgaben zu machen. Warum sage ich das? - Ich sage das, weil die Wertschätzung und die Unterstützung der kommunalen Aktivitäten zum Schutz des Grünen Bandes und der benachbarten Bereiche viel wichtiger sind. Es bleibt den Kommunen vor Ort letzten Endes völlig unbenommen, weitere Gebiete entsprechend ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung unter Schutz zu stellen.

Der in Niedersachsen befindliche Abschnitt des Grünen Bandes - diese besagten 43 km - wurde bereits im Jahr 2002 mit dem Gesetz über das Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue unter Schutz gestellt. Dabei geht es natürlich auch - Herr Meyer hat es angesprochen - in dem Bereich UNESCO-Biosphärenreservat Südharzer Gipskarstlandschaft neben naturschutzfachlichen Belangen auch um Belange aus touristischer und historischer Sicht.

(Dragos Pancescu [GRÜNE]: Was den Antrag so gut macht!)

Hier wird angeregt, die im Südharz bestehenden vielfältigen Nutzungsansprüche wie den Tourismus, Rohstoffgewinnung, Naturschutz und einige andere in Einklang zu bringen. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung eines UNESCO-Biosphärenreservates ist es durchaus auch von besonderer Bedeutung, dass die Menschen in dem betroffenen Gebiet eine nachhaltige Entwicklung ihrer Region und eine entsprechende Anerkennung durch die UNESCO anstreben.

Eine länderübergreifende Initiative zur Anerkennung als UNESCO-Biosphärenreservat bedarf aber aufgrund des auf niedersächsischer Seite noch zu führenden Kommunikations- und Beteiligungsprozesses in der Region noch weiterer Gespräche. Diese Gespräche laufen auch schon.

Das Land sieht dies in der Frage einer möglichen niedersächsischen Initiative zur Anerkennung als Biosphärenreservat unabhängig von den aktuellen Aktivitäten in Thüringen und Sachsen-Anhalt auch als weiteren wichtigen Schritt an. Es wird aber davon ausgegangen, dass ein späterer Beitritt zu einem UNESCO-Biosphärenreservat Gipskarst

landschaft grundsätzlich möglich ist. Solche Gebiete leben allerdings immer nur von der Akzeptanz der Betroffenen vor Ort. Nichts mit der Brechstange! Alle weiteren Gespräche bezüglich weiterer Gebietsausweisungen haben deshalb auch vor Ort stattzufinden.

Das Bekenntnis der Landesregierungen in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zur Erhaltung, Entwicklung und Erlebbar-Machung des Grünen Bandes als verbindliches Element der Natur und Grünes Band Deutschland und die innerdeutsche Grenze sind zentrale Themen im Biosphärenreservat Niedersächsische Elbtalaue. Niedersachsen fördert über die Förderrichtlinie Landschaftswerte explizit Projekte am Grünen Band, Angebote zum Natur-Erleben, Besucherinformationen, natur

schutzgerechtes und nachhaltiges Wirtschaften und auch viele andere Projekte.

Darum kann man nicht sagen - in keinster Weise -, dass dort nichts passiert wäre. Es ist alles schon passiert. Sie werfen sich mit Ihrem Antrag hinter einen fahrenden Zug. Insofern kann man den Antrag nur ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Martin Bäumer [CDU])

Vielen Dank. - Es folgt Herr Kollege Oesterhelweg für die CDU-Fraktion.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns bereits im Oktober sehr intensiv zu diesem Antrag ausgetauscht und eine intensive Beratung zugesagt. Die Bedeutung der Grenze und des Falls der Grenze durch unser Vaterland vor gut drei Jahrzehnten ist enorm. Wir haben das, wie gesagt, im Oktober ausgiebig diskutiert.

Im Lauf der Beratungen ist vor dem Hintergrund dieser Bedeutung aber Folgendes deutlich geworden:

Erstens. Viele der Forderungen der Grünen sind bereits erfüllt, und wir brauchen nicht zu beschließen, was wir schon lange tun.

Zweitens. Das Grüne Band an sich - der Kollege Bosse hat es gesagt - befindet sich ja - das ist durch die Grenze und die Grenzanlagen vorgegeben - auf der Seite der neuen Bundesländer. Wir befinden uns nicht im, sondern am Grünen Band, abgesehen von Amt Neuhaus.

Drittens. Es ist deutlich geworden: Es geht nicht nur um Natur- und Umweltschutz, um die ökologische Bedeutung, sondern es geht auch um die historische und damit politische Bedeutung, es geht um die kulturelle Bedeutung dieses Gebietes und, daraus folgend, insgesamt auch um die touristische und damit wirtschaftliche Bedeutung dieses Gebietes, auf die wir sehr achten müssen. Das ist ein sehr empfindliches Geflecht, meine sehr verehrten Damen und Herren, und darauf sollten wir Rücksicht nehmen.

Was das Land, was die Region, was Land und Leute dort eben nicht brauchen, ist, dass ihnen etwas übergestülpt wird, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das Ganze muss sich entwickeln. Das Ganze muss gemeinsam von uns entwickelt werden. Ich verweise beispielsweise auf die Bedeutung der kommunalen Akteure, die dort eine sehr große Rolle spielen. Ich verweise auf die Sicherung bestehender Gebiete. Der Kollege Bosse hat das vorhin bereits betont.

Ich verweise - das ist mir besonders wichtig - auch darauf, dass wir die freiwilligen Projekte und Programme unterstützen müssen. Wir haben in vielerlei Bereichen, beispielsweise im Wasserschutzgebiet bei mir zu Hause, immer die größten Erfolge erzielt, wenn wir die Akteure aus Land- und Forstwirtschaft im Rahmen freiwilliger Programme mitgenommen, sie überzeugt und dann dazu animiert haben, mitzumachen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ganz wichtig ist es, meine Damen und Herren, die Erinnerungskultur zu pflegen. Ich war letzte Woche im Bereich Abbenrode/Lochtum/Wülperode - das ist nördlich im Landkreis Goslar - mit dem Grenzerkreis Abbenrode unterwegs. Das sind Grenzer und Zöllner von beiden Seiten der ehemaligen Grenze durch Deutschland, die dort Projekte hochziehen, und zwar auch in Abstimmung mit Natur- und Umweltschutz. Das ist es, was wir fördern müssen. Es sind diese freiwilligen Aktivitäten aller Art.