Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Ende 2018, Anfang 2019 schon einmal gefragt: Ist es nicht sinnvoll, den Wolf in das Jagdrecht zu nehmen? - Das ist damals ein bisschen ungewöhnlich in dem Sinne interpretiert worden: Aha, jetzt hat der Lies einen Weg gefunden, um den Wolf loszuwerden! Er schiebt ihn einfach in das Landwirtschaftsministerium! Dann ist er bei seiner Kollegin und ist er das Problem los!
Nicht, dass das kein spannender Gedanke wäre, aber so funktioniert die Welt nicht. Das wäre auch unfair, liebe Bärbel. Das würde ich natürlich nicht tun. Aber so funktioniert es ja nicht.
Aber jetzt im Ernst: Der Punkt dabei ist, dass sich aktuell nicht irgendetwas erleichtern würde, wenn der Wolf im Jagdrecht wäre. Wir haben mit der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes erreicht, dass die Jäger freiwillig - aber das bleibt auch beim Jagdrecht so - die Entnahme des Wolfs, also die Tötung, durchführen können. Das ist über das Bundesnaturschutzgesetz gelöst. Deswegen war ich mit meiner Idee „Brauchen wir das nicht, um schneller agieren zu können?“ eigentlich durch, weil ich dafür keine Notwendigkeit mehr sehe.
Jetzt ist der Vorschlag gemacht worden. Er ist nicht mit mir abgestimmt worden, aber es steht auch jeder Fraktion frei, Vorschläge zu erarbeiten. Ich werbe nur sehr dafür, nicht nach außen den Eindruck zu erwecken, dass man über die Lösung, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen, etwas anders machen könnte als jetzt. Trotzdem bedarf es der einzelnen Ausnahmegenehmigung, trotzdem wird es zu Klagen kommen und stehen wir vor Gericht, und trotzdem müssen wir erst einmal Jäger haben, die auch bereit sind, das zu machen.
Rechtsstaatlich entscheiden wir über eine Ausnahmegenehmigung, dass ein Wolf entnommen werden soll. Aber die größte Problematik wird es sein, Jäger zu gewinnen, die in der Erwartung dessen, was auf sie zukommt - öffentlich benannt zu werden, diskreditiert zu werden, beschimpft zu werden -, überhaupt bereit sind, das öffentlichstaatliche Interesse, das vom Gericht inhaltlich bestätigt wird - das Oberverwaltungsgericht hat nur den einen Punkt kritisiert, hat das aber inhaltlich bestätigt -, umzusetzen. Das treibt mich am meisten um. Dabei würde uns das Jagdrecht auch nicht helfen. Ich werbe deswegen sehr dafür: Wir sollten öffentlich nicht eine Lösung suggerieren, die es nicht gibt. Mit dem Wolf im Jagdrecht ändert sich an der aktuellen Situation nichts.
Wenn wir noch zur Frage des günstigen Erhaltungszustandes kommen, wird man sicherlich überlegen müssen, wie man damit umgeht. Aber
Wenn wir zu der Frage der Anhangsänderung im europäischen Recht - also in der FFH-Richtlinie - kommen, würde ich sagen: Selbst die Jüngeren unter uns könnten Probleme haben, das hier im Landtag noch zu erleben.
Aber wir haben allesamt mit Blick auf die Erfahrungen gesehen, dass die Anhangsänderung in der EU am Ende eine Einstimmigkeit erfordert. Ich befürchte, es wird immer ein Land geben, das einen guten Grund findet, um nicht dafür zu sein.
Insofern setze ich jetzt wirklich darauf: Lasst uns mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, die wir haben, aufzeigen, wie Lösungen aussehen können, und diese dann hoffentlich auch umsetzen! Der Blick „Wäre es nicht besser, wenn... und dann hätten wir eine Lösung!“ ist ganz gefährlich, weil wir den Menschen dann auch erklären müssen: Wir haben zwar eine Idee, am Ende hilft euch das aber nicht weiter! - Deswegen müssen wir damit sehr vorsichtig sein, finde ich.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Christian Meyer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme auf die Pferderisse zurück, um die es eigentlich geht. Die Zuständigkeit für Herdenschutzmaßnahmen durch die Landwirtschaftskammer ist ja jetzt an das Landwirtschaftsministerium übergegangen. Der
Minister hat ja erklärt, dass in besonderen Gebieten der Schutz von Pferden und Rindern möglich ist. Ich frage die Landesregierung ganz konkret: Wie waren die Pferde, die jetzt gerissen worden sind, konkret geschützt?
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Meyer. - Wie schon gewohnt, wird Herr Minister Lies antworten. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Meyer, ich gehe von guter fachlicher Praxis aus. Das ist der Schutz, der gegeben sein muss.
Weil der Pferdehalter auch Rinderhalter ist, gab es von seiner Seite schon mal Anträge für Rinder, aber nicht für Pferde. Das liegt daran, dass bei Pferden eine Kulisse dann entsteht, wenn drei Risse in einem Umkreis von 30 km binnen eines Jahres vorkommen. Diese Kulisse rechtfertigt dann die Bezahlung von Zäunen.
Warum ist das so? - Weil wir ansonsten in einer Größenordnung von mindestens einer viertel Milliarde Euro wären, wenn wir alle Zäune bezahlen würden. Ich bitte um Verständnis, dass wir auch haushaltstechnisch abbilden müssen, was wir tun. Wir gehen in der Kulisse davon aus, dass große ausgewachsene Tiere wie Rinder und Pferde in der Herde einen Schutz genießen. Das ist auch vom Gericht bisher nie angezweifelt worden. Insofern ist das auch der richtige Weg. Nur dann, wenn es ganz gehäuft zu Rissen kommt, die eigentlich gar nicht passieren sollten, weil wir dann mit entsprechenden Ausnahmegenehmigungen arbeiten, würde eine Kulisse entstehen, die es dem Pferdehalter ermöglicht, dass Zäune bezahlt werden.
Wenn wir das bei Pferden machen würden, wären wir, ganz grob geschätzt, bei einer viertel Milliarde Euro. Wenn wir es bei Rindern machen und alle Rinder in Niedersachsen einzäunen, dann übersteigen wir, glaube ich, am Ende vielleicht sogar die Milliardengrenze deutlich. Das ist also keine Antwort, die wir geben können. Das kann keine Lösung sein, die wir finanzieren können.
Vielen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht noch einmal der Abgeordnete Meyer. Bitte!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wir kennen ja diesen langen Antragsstau bei den Herdenschutzmaßnahmen, die Sie angesprochen haben. Wie ich höre, hat dieser Landwirt zumindest für die
Rinder einen Antrag gestellt. Der Finanzminister ist gerade im Raum. Deshalb frage ich die Landesregierung, ob sie davon ausgeht, dass die jetzt im Nachtrag stehenden Mittel ausreichen, damit zulässige Anträge der Landwirte auf Herdenschutz noch in diesem Jahr bewilligt werden können, oder ob es dafür noch einen Nachschlag durch das Parlament geben muss.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Meyer, Sie haben es gerade zu Recht geschildert: Wir haben die Abwicklung über die Landwirtschaftskammer gelöst. Das ist auch klug, weil sie eng dran ist und dies Doppelbearbeitung verhindert. Wir monitoren sehr genau über die Landwirtschaftskammer, wie viele Mittel noch zur Verfügung stehen. Das Signal ist, dass wir die Anträge, die gestellt werden, auch alle bedienen können müssen und auch bedienen wollen. Wir monitoren jederzeit, wie weit die Anträge sind, wann die Anträge umgesetzt werden können und wie der aktuelle Kassenstand ist. Es ist natürlich völlig klar, dass diejenigen, die einen Antrag stellen, auch das Ziel haben, die Maßnahme möglichst schnell umzusetzen.
Danke Ihnen, Herr Minister. - Für die FDP-Fraktion stellt die vierte Zusatzfrage der Abgeordnete Hermann Grupe.
Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie ja selbst dargestellt haben, dass der Rodewalder Rüde sein Jagdverhalten auf das Rudel übertragen hat, Sie die Jagd aber ausgesetzt haben, nachdem er beschlossen hatte: „Jetzt gibt es mal ein halbes Jahr lang Wild und keine Weidetiere!“, frage ich Sie: Hat man nicht billigend in Kauf genommen, dass es zu diesen Pferderissen kommt? Nach Darstellung der Experten hat ja ganz offensichtlich das ganze Rudel gejagt, und es hat nicht ein einzelner Wolf, auch wenn er noch so ein toller Hecht ist, alle diese Pferde erlegt. Wenn Sie jetzt wieder eine Einzelgenehmigung ausschreiben wollen, weil Sie sagen, Sie müssen die gesetzlichen Grundlagen beachten, dann hat doch die Gesetzesände
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Grupe! Doch, sie hat sehr wohl etwas gebracht. Die Ausnahmegenehmigungen, die wir sowohl für Löningen - wenige Tage nach der Gesetzesänderung - als auch für Uelzen erteilt haben, wären auf Grundlage des vorher bestehenden Bundesnaturschutzgesetzes nicht möglich gewesen. Soviel noch einmal zum Thema des engen zeitlichen Zusammenhangs: Ansonsten sind sie vom Gericht auch bestätigt worden. Insofern ist das richtig so. Sie haben etwas gebracht.
Sie haben aber nicht die Vorstellung, das Gefühl vermittelt: Wenn es irgendwo Risse gibt, kann ich ja das Rudel, das es da gibt, einfach entnehmen. - Es bedarf vielmehr weiterer Identifikationen. Die haben wir im Fall der Pferderisse gemacht. Es lässt sich kein Einzeltier nachweisen. Es sind mehrere Individuen, die dabei waren. Aber für ein Einzeltier wie den Rüden, bei dem wir einfach vom Verhalten und von den Erfahrungen her relativ präzise Risse vorhersagen können, können wir die Ausnahmegenehmigung machen. Wenn sich die Situation dann nicht verbessert - so sieht es auch das Gesetz vor -, müssen wir weiter agieren. Wir werden also nicht willkürlich Wölfe entnehmen können, sondern nur Einzeltiere. Ich glaube, dass das ein kluger Ausgleich ist. Wir scheitern im Moment ja nicht daran, dass wir diese Ausnahmegenehmigung nicht haben.
Ich möchte kurz die Situation beschreiben: In Löningen hatten wir dreieinhalb oder vier Wochen, die wir nutzen konnten. Es zeigte sich, wie schwierig es für die Jäger ist, die entsprechende Entnahme durchzuführen. Es klingt ein bisschen wie: Wenn eine Entnahme ansteht, dann geht der Jäger raus, und am nächsten Tag ist der Wolf tot. - Das ist aber nicht so. Selbst in MecklenburgVorpommern, wo der Wolf sich immer wieder einer Hündin genähert hat und man eigentlich wusste, dass er jeden Abend an die gleiche Stelle kommt, hat es vier Wochen gedauert, bis der Wolf getötet
In Uelzen gab es eine andere Situation: Dort waren Störer, und wir sind vom Gericht ausgebremst worden. Wenn wir über die Wolfsverordnung und auch in die Frage der jeweils an die Entscheidung der Gerichte angepassten Ausnahmegenehmigungen - wir lernen ja aus Gerichtsentscheidungen, wie im Artenschutz oder auch bei der Windenergie: Sorgt dafür, dass die entsprechenden Entscheidungen bzw. Ausnahmegenehmigungen anders aussehen! - in der Lage sind, in der Gesellschaft eine Akzeptanz dafür zu erzeugen, ist rechtsstaatliches Handeln auch möglich.
Wir haben also auf dieser Grundlage entschieden: Es gibt eine Ausnahme. Die Gesellschaft ist bereit, das zu akzeptieren. Sie stört nicht und ist auch bereit, das nicht jedes Mal vor Gericht zu bringen. Wenn wir dann noch die Akzeptanz haben, sodass die Jäger, die die Aufgabe übernehmen, sich nicht einer öffentlichen Diffamierung ausgesetzt fühlen, dann kommen wir eine Situation - - -
- Was die Gesellschaft angeht, kann ich Ihnen die Frage nicht beantworten. Ich kann nur sehr dafür werben, dass wir hier nicht versuchen, zu polarisieren, sondern dafür, dass wir hier versuchen, ein Stück weit zu vermitteln. Die rechtlichen Grundlagen sind gut. Die Umsetzungsmöglichkeiten sind vorhanden. Es scheitert aber daran - und dafür habe ich großes Verständnis -, dass es Jäger gibt, die sagen: Wissen Sie, Herr Lies, das mache ich nicht. Was muss ich mir und meiner Familie gefallen lassen?
Das kann ich rechtlich aber nur begrenzt lösen. Es sollten vielleicht nicht alle immer gleich mit der Botschaft agieren: „Das Gericht zeigt die rote Karte!”, sondern vielleicht erst einmal lesen, was das Gericht beschlossen hat. Ich schaue in Ihre Richtung, Herr Meyer. Man sollte das einfach mal akzeptieren. Die Dinge, die im Beschluss falsch sind, kann man kritisieren. Da kann man auch sagen: Das habt ihr nicht korrekt gemacht. - Das finde ich alles in Ordnung. Damit lebe ich gerne.
Wenn auf vernünftiger Grundlage eine Entscheidung getroffen wird, von der auch Gerichte am Ende sagen, dass sie so, wie sie getroffen wurde, in Ordnung ist, sollten wir nicht jedes Mal versu
chen, wieder eine öffentliche Diskussion auszulösen nach dem Motto „Muss das sein?”, sondern sagen: Das ist eine Ausnahme. Das gilt für Einzelfälle, aber das muss jetzt auch verlässlich und zeitnah umgesetzt werden. Dabei ist der Jäger, der das macht, ein Dienstleister für den Staat, und es wird respektiert. Dann kommen wir einen Schritt weiter. Ich werbe sehr dafür, dass wir nicht allzu lange dafür brauchen. Sonst steigt der Unmut immer weiter. Und dann kommen die Forderungen nach immer mehr und sehr viel größeren Maßnahmen.