Protokoll der Sitzung vom 14.09.2020

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem mein Kollege Martin Bäumer ein paar grundsätzliche Ausführungen aus der Sicht unseres umweltpolitischen Sprechers gemacht hat, will ich nun aus meiner Sicht als agrarpolitischer Sprecher unserer Fraktion einige grundsätzliche Anmerkungen zum Niedersächsischen Weg und zum Volksbegehren machen.

Ich möchte mit einigen Beispielen beginnen, was den Niedersächsischen Weg angeht.

Erstens. Das Thema der Flächenversiegelung ist ein von vonseiten des Naturschutzes und vonseiten der Landwirtschaft gleichermaßen getragenes Ziel. Ohne einen Einhalt des Flächenfraßes wer

den wir sowohl beim Naturschutz als auch in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nicht weiterkommen.

Zweitens. Beim Grünlandumbruch wurde nach unserer Auffassung ein guter Kompromiss zwischen dauerhafter landwirtschaftlicher Ertragsfähigkeit, dem Schutz und Erhalt von Grünland und dem damit verbundenen Erhalt von Arten gefunden.

Drittens. Die regelmäßige Überprüfung der Roten Listen ist aus der Sicht der Grundeigentümer, Landwirte und Waldbesitzer eine Grundvoraussetzung, um im Natur- und Artenschutz durch aktive Managementmaßnahmen bedrohte Arten zu

Viertens. Die Positivliste der Landschaftselemente ist aus der Sicht der Landwirtschaft nicht nur landschaftsprägend, sondern gerade Feldgehölze und Feldhecken werden im Zuge des Klimawandels - „Winderosion“ ist hier das Stichwort - enorm an Bedeutung gewinnen.

Mit einem fünften Beispiel möchte ich meine Ausführungen zu diesem Punkt abschließen. Der landesweite Biotopverbund ist aus der Sicht der Landwirtschaft ein ambitioniertes Ziel. Nach meiner Auffassung wird von den Landwirten ausdrücklich anerkannt, dass ihr bisheriges Engagement - Stichworte „Blühwiesen“ und „Bioenergie aus Wildpflanzen“ - gewürdigt wird.

Meine Damen und Herren, uns, insbesondere der sogenannten Agrar-Lobby, wird vorgeworfen, wir würden uns nicht klar zu diesem Niedersächsischen Weg bekennen. Das tue ich heute - ich habe es in der Aktuellen Stunde bereits einmal getan - ausdrücklich noch einmal. Die eben aufgeführten Punkte, die ich aufgrund meiner begrenzten Redezeit nicht vollständig abarbeiten möchte, sprechen diesbezüglich Bände.

Aber warum bin ich in diese Betrachtung eingestiegen? - Ich muss zugeben, dass es den PRStrategen des Volksbegehrens - vermutlich aus der Landesgeschäftsstelle der Grünen heraus - gelungen ist, dahin gehend Zweifel zu säen, ob die sogenannte Agrar-Lobby der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag vorbehaltlos hinter dem Niedersächsischen Weg steht. Abgesehen davon, dass der Wahrheitsgehalt der einen oder anderen Meldung, insbesondere bezogen auf meinen Kollegen Martin Bäumer und mich, grenzwertig ist, muss ich Ihnen, Herr Kollege Meyer, attestieren,

dass Sie bezüglich der Qualität Ihrer Tweets mittlerweile zu Donald Trump aufgeschlossen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Vorsicht!)

Wie abwegig die Vermutung bezüglich der Ablehnung durch die Agrar-Lobby war und nach wie vor ist, mag Ihnen die absurde Vorstellung aufzeigen, dass ein Frank Oesterhelweg, ein Karl-Ludwig von Danwitz oder meine Person - um drei Mitglieder unserer Fraktion zu nennen, die auch Mitglied im Niedersächsischen Landvolk sind - sich tatsächlich für schlauer halten sollten als Landvolk, Landwirtschaftskammer, AbL und LSV zusammen, welche bekanntlich die landwirtschaftlichen Positionen im Rahmen des Niedersächsischen Weges ausgehandelt haben.

Gleichwohl - das gebe ich zu - hat es Irritationen gegeben.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Ach!)

Der Niedersächsische Weg wurde von Landesregierung, BUND, NABU, Landvolk und Landwirtschaftskammer gemeinsam angestoßen und in Form einer öffentlichkeitswirksamen Erklärung im April 2020 feierlich unterzeichnet. Das Einzigartige am Niedersächsischen Weg war und ist und wird es zukünftig hoffentlich wieder sein, dass sich die Naturschutzseite und die Landwirtschaft gemeinsam in Form eines durch die Landesregierung moderierten Prozesses auf den Weg gemacht haben. Grundlage von allem sollte Vertrauen sein.

Dieses Vertrauen wurde dann im Mai 2020 auf eine harte Probe gestellt, als der NABU parallel zur Konstituierung des Lenkungsausschusses medienwirksam hier in Hannover die Unterschriftensammlung zum Volksbegehren startete und gleichzeitig mit der Forderung, die entsprechenden Gesetzentwürfe spätestens im November 2020 hier im Parlament zu verabschieden, einen enormen Zeitdruck aufbaute.

Wir haben dieses Ausscheren des NABU im Rahmen der Aktuellen Stunde ausreichend gewürdigt. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Rolle des zweiten großen Umweltverbandes, des BUND, würdigen, dem es meines Erachtens zu verdanken ist, dass in den drei eingesetzten Arbeitsgruppen zumindest in Teilen weiter im gegenseitigen Vertrauen verhandelt wurde. Dann, vor ca. 14 Tagen, gab es Signale, dass man auf der Basis der Ergebnisse der eingesetzten Arbeitsgruppen jetzt die entsprechenden Gesetzentwürfe vorlegen könne.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier setzen die Irritationen, von denen ich gesprochen habe, seitens meiner Fraktion ein. Wir hätten erwartet, dass die verschiedenen Protagonisten genau wie im April öffentlichkeitswirksam ein fertig ausgehandeltes Papier vorstellen bzw. übergeben. Stattdessen setzte ein großes Schweigen ein. Bis auf diejenigen, die nach wie vor die Verknüpfung und damit den Aufbau von Druck über das Volksbegehren forderten, hörte man, insbesondere vonseiten der landwirtschaftlichen Vertreter, wenig bis nichts.

Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hätte mir von meinem Berufsverband eine offensive Kommunikationslinie gewünscht, welche die guten Ergebnisse gewürdigt hätte. Besser noch - das wäre zu wünschen gewesen - wäre diese Kommunikationsoffensive von allen an den Verhandlungen beteiligten Verbänden und Institutionen zu wünschen gewesen. Viele meiner Kollegen und ich fragen uns: Warum diese Zurückhaltung? Warum diese Bescheidenheit? Ist man sich der Gefolgschaft seiner Basis angesichts der am Ende dann doch zügigen Verhandlungen nicht sicher? Will man den Unmut derer, die sich bisher nur am Rande mit dem Thema beschäftigt haben und demnächst ihre persönliche Betroffenheit feststellen, bei der Politik abladen? - Eines steht fest: Auch diese Betroffenen müssen auf dem Niedersächsischen Weg mitgenommen werden, und es muss gelingen, ihre Zweifel zu zerschlagen.

Vor diesem Hintergrund ist die Fortführung des Volksbegehrens absolut kontraproduktiv. Gleichwohl besteht angesichts der Heterogenität der Initiatoren seitens meiner Fraktion keine Illusion dahin gehend, dass das Volksbegehren sicherlich weitergeführt wird.

Auf den NABU und die Einlösung seiner Zusagen wird man schauen. Was die Grünen in Niedersachsen betrifft, wird die Stunde der Wahrheit zwischen dem 20. und 22. November auf der Bundesdelegiertenversammlung in Karlsruhe schlagen, Herr Meyer.

Mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, zitiere ich aus dem Grundsatzentwurf aus Kapitel „Umwelt, Natur und Landwirtschaft“, Seite 14: Sie - die Landwirtschaft - arbeitet ressourcenschonend, naturverträglich und tiergerecht. Der Wandel hin zur zukunftsfähigen Landwirtschaft gelingt nur zusammen - zusammen - mit den Bäuerinnen und Bauern.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Und weiter: Dazu gehört auch, dass sie für ihre vielfältigen Gemeinwohlleistungen fair entlohnt werden.

Sie, Herr Kollege Meyer, Frau Kollegin Staudte und die Mitglieder der Grünen-Fraktion, wollen über das Volksbegehren mittels Ordnungsrecht Ihre naturschutzfachlichen Ziele durchsetzen. Damit widersprechen Sie erstens dem Entwurf Ihres Grundsatzprogrammes in Bezug auf das Mitnehmen der Bäuerinnen und Bauern. Zweitens. Wer über das Ordnungsrecht geht, verbaut den Weg für eine faire Entlohnung der Gemeinwohlleistungen. Drittens zerstört er die Basis dessen, was durch den Niedersächsischen Weg begonnen wurde. Und diese Basis lautet: Vertrauen.

Vor diesem Hintergrund steht viel, sehr viel auf dem Spiel.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dammann-Tamke. - Wir kommen jetzt zur Landwirtschaftsministerin.

(Christian Meyer [GRÜNE] meldet sich zu einer Kurzintervention)

- Ach so, Entschuldigung. Zu einer Kurzintervention hatte sich zuerst Herr Kollege Hermann Grupe gemeldet, dann der Kollege Meyer.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber Herr Kollege Dammann-Tamke, Sie haben bemängelt, dass sich die Verbände, die an den Verhandlungen beteiligt waren, nicht stärker öffentlich zur Wort gemeldet haben. Ich will Sie einmal fragen, wie es Ihren Fraktionen ergangen ist. Was wir bemängeln, ist, dass die Landesregierung gegenüber dem Parlament hier offensichtlich absolutes Schweigen praktiziert hat. Wir haben das Verhandlungsergebnis am 9. September in Form des gemeinsamen Antrages zur Verfügung bekommen. Ich habe aber, da ich im Landvolk vernetzt bin, diese Vorlage zehn Tage vorher vom Landvolk bekommen. Die wurde, Herr Kollege Dammann-Tamke, an sämtliche Vorstandsmitglieder auf Kreisebene verteilt. Das wurde von den Verbänden her sehr weit gestreut. Nur von dieser Landesregierung war nichts als Schweigen zu hören - ein sehr lautes Schweigen, will ich sagen.

Meine zweite Anmerkung: Laut den Vereinbarungen soll ja eine Erschwernisausgleichsverordnung erst 2021 entworfen und hier vorgelegt werden. Das setzt ja wohl ein Maximum an Vertrauen voraus, dass das dann auch wirklich umgesetzt wird. Ich möchte das hier einmal anmerken. Wir erwarten von der Landesregierung natürlich, dass hier im Parlament parallel zu den Verhandlungen zum Niedersächsischen Weg auch schon deutliche Hinweise zu den tatsächlichen finanziellen Hinterlegungen gegeben werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke, Herr Kollege Grupe. - Herr DammannTamke wird gleich antworten.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kollege Grupe, ich habe insbesondere betont: öffentlichkeitswirksam! Ich kann nachvollziehen, dass Sie als Vorsitzender eines Kreislandvolkverbandes - wie man erwarten sollte - über Ihren Landesverband über die entsprechenden Ergebnisse informiert werden. Aber von denjenigen, die den Niedersächsischen Weg - der jetzt ein wirklich guter, gangbarer Weg ist, bei dem sich alle Seiten im gegenseitigen Vertrauen auf den Weg gemacht haben - über Monate ausverhandelt haben, erwarte ich, dass sie auch den Mut haben, sich gemeinsam hinzustellen und zu sagen: Wir haben gute Ergebnisse erzielt. Wir alle sind Kompromisse eingegangen. Aber in diesem Fall geht es nicht ohne Kompromisse, und deshalb stehen wir gemeinsam für dieses Ergebnis. - Das Stichwort ist also „öffentlichkeitswirksam“.

Was die Information durch die Landesregierung angeht, so habe ich die Arbeit in den drei Arbeitsgruppen so verstanden, dass die Landesregierung diese Arbeit im Wesentlichen moderiert hat. Aber nach mir sprechen sicherlich Vertreter der Landesregierung. Sie werden Ihre Kurzintervention in diesem Punkt viel besser beantworten können, als ich es kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Gleichfalls zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Meyer von Bündnis 90/Die Grünen gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dammann-Tamke, um nicht zwei Legenden entstehen zu lassen: Zum einen stehen wir natürlich zu dem, was im Grundsatzprogramm steht, nämlich dass Landwirte entschädigt werden müssen und dass sie eine Kompensation haben sollen. - Nichts anderes steht übrigens im Volksbegehren.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Damit soll es auch im Gesetz stehen, dass es für jede Anforderung, die Landwirte erfüllen müssen - sei es der Gewässerrandstreifen oder der Pestizideinsatz -, auch eine Entschädigung gibt. Ich weise nur darauf hin, dass es bei Ihnen nicht bei allen Regelungen des Niedersächsischen Weges so ist. Es gibt nicht überall einen Erschwernisausgleich. Der Kollege Grupe hat darauf hingewiesen, dass das nicht überall der Fall ist, sondern dass von Ihnen zum Teil auch eine Verordnung oder ein Verbot in Kraft gesetzt wird, ohne dass es eine Erschwerniszulage oder eine Entschädigung gibt.

Sie haben angesprochen, dass die Regierungsfraktionen diesen Gesetzentwurf ja mal wieder früher hatten als die Opposition. Sie haben geschrien, wir seien nur am Rande. Ich will nur auf Folgendes verweisen: Es gab im März ein Schreiben des Initiatorenkreises des Volksbegehrens, als der Runde Tisch gestartet ist, von den beiden grünen Landesvorsitzenden, vom NABU, vom Berufsimkerbund etc. an den Umweltminister Lies, dass wir natürlich gern bereit sind, gemeinsam an diesen Gesetzen zu arbeiten. Wir haben aber bis heute keine Antwort der Landesregierung dazu gekriegt, sondern sie hat sich dazu bequemt, die Regierungsfraktionen einzubeziehen und auf deren Konsens zu hoffen. FDP und Grüne sollen jetzt nachträglich abnicken, was Sie hier eingebracht haben. Das ist auch kein guter Stil, wenn man einen Konsens für die Natur will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Kollege Meyer. - Herr Dammann-Tamke möchte erwidern. Bitte schön!

Danke schön. - Vielen Dank für die Kurzintervention, Herr Kollege Meyer.