4,3 Milliarden Euro! Und Sie wissen genau: Dabei ist die Universitätsmedizin noch gar nicht mitgerechnet! Dann kommen Sie nämlich noch auf ganz andere Summen. Das hat uns der Rechnungshof auch vorgerechnet.
Er hat uns hier deutlich gesagt: 4 Milliarden bis 5 Milliarden Euro nur für die Krankenversorgung - ohne Forschung - stehen hier noch einmal auf dem Blatt.
Meine Damen und Herren, Sie haben geerbt: 1,1 Milliarden Euro von Ihrer Vorgängerregierung haben Sie in einem Sondervermögen für die Hochschulmedizin gefunden.
Sie haben dann noch eine Verpflichtungsermächtigung, also ein Versprechen für die Zukunft, von noch einmal 1,1 Milliarden Euro obendrauf gelegt. Das macht 2,2 Milliarden Euro. Wenn Sie das aber mit den Zahlen vergleichen, die der Rechnungshof auf der Basis der Berechnungen und der Daten aus dem MWK vorgelegt hat, dann merken Sie, dass hier immer noch mehr als die Hälfte fehlt. Dann werden Sie wohl noch einmal mit Ihrem Finanzminister sprechen müssen.
Dann haben wir mal abgefragt, was ansonsten bei der Bauunterhaltung los ist. Investitionsbedarf zeigt sich bei fast 50 % der Infrastruktur des Landes. Baubedarfsnachweise vorliegen haben: Polizeigebäude, Gerichte, Finanzämter. Wo ist eigentlich der Staatsschutzsenat in Celle, Frau Ministerin? Finden wir den im Haushalt? - Nein. Auch das ist eine dringende Baumaßnahme.
Über Krankenhäuser und Schulen könnte ich jetzt noch reden, beide natürlich teilweise in anderer Trägerschaft. Aber, meine Damen und Herren, auch das wäre ein Punkt, bei dem wir den Kommunen sicherlich unter die Arme greifen könnten und sollten.
Ich will noch die Forschungsstelle Küste erwähnen. Der Umweltminister hat die Beschäftigten dort plötzlich damit überrascht, dass sie von einem Tag auf den anderen von der Insel aufs Festland umziehen sollten, weil er vorher die Bauunterhaltungsmittel gestrichen hatte.
Ich bin ja froh, dass der Finanzminister die Kommunen in seiner Rede noch erwähnt hat. Die Steuerschätzung zeigt nämlich eindeutig, dass die Kommunen wahrscheinlich noch schwerer getroffen werden als das Land. Deswegen sollten wir hier sehr genau gucken, wo wir den Kommunen helfen können, jetzt die notwendigen Investitionen zu tun.
Dabei denke ich insbesondere auch an die Schulen, weil das Infrastruktur ist, die wir digital smart machen können für das, was jetzt bei Home Learning und neuen Unterrichtsformen notwendig ist, die wir klimaneutral machen können und müssen, meine Damen und Herren.
Ich will Ihnen noch kurz ein Zitat des Landesrechnungshofs vorstellen. - Wo ist denn der Minister jetzt hin?
Herr Minister, das ist ein Zitat, mit dem der Rechnungshof wohl auch Ihre Politik sehr deutlich gemeint hat - er hat das schon einmal 2016 gesagt, aber er hat das vor Kurzem erneuert -:
„Im Ergebnis führen unterlassene Erhaltungs- und Ausbauinvestitionen ebenso zu einer Belastung künftiger Generationen wie ein weiterer Anstieg der öffentlichen Verschuldung. Zu einer nachhaltigen Haushaltswirtschaft gehört daher auch der Erhalt des Staatsvermögens.“
„Die laufenden öffentlichen Investitionen müssen wenigstens die vorhandene Vermögenssubstanz sichern.“
Das, was Sie da machen, reicht vielleicht, um einen Krämerladen zu führen, aber nicht, um ein modernes Industrieland durch eine solche Krise zu führen. Ich sage Ihnen dazu auch: Dabei mangelt es tatsächlich auch an entsprechender Haushaltsplanung, weil Sie immer sehr eindimensional reden. Wenn ich in ein modernes Krankenhaus, in eine moderne Klinik investiere, dann habe ich auch einen Wert in der Bilanz, den ich aktivieren kann.
Wenn ich das Dach vergammeln lasse, dann regnet es herein und hat man am Ende ein ganz großes Problem.
Meine Damen und Herren, das ist eine der zentralen Fragen, die wir in diesem Herbst klären müssen, weil wir unter einer enormen finanziellen Belastung sind, weil wir die Corona-Pandemie haben, weil wir die Konjunktureinbrüche haben. Deshalb wäre in diesem Herbst ein guter Zeitpunkt, um die Frage zu klären, ob wir weiter Business as usual in weiten Teilen machen oder ob wir tatsächlich dort investieren, wo wir unsere Infrastruktur zukunftsfähig machen können und wollen. Da ist das Thema Digitalisierung, digitales Lernen, Home Learning - alles das, was damit auch im medizinischen Bereich und in vielen anderen Branchen zusammenhängt - der eine Punkt.
Der zweite Punkt ist der Klimaschutz. Sie sagten eben, der Klimaschutz sei auch noch ein Thema. Gucken Sie nach Kalifornien! Gucken Sie dorthin, wo mittlerweile leider, leider, leider sehr, sehr deutlich zu spüren ist, was es heißt und was es bedeutet, wenn man sich nicht rechtzeitig vorbereitet, meine Damen und Herren.
Hier hat sich der Umweltminister auch ein Sondervermögen angelegt. Dort stehen 380 Millionen Euro drin. 110 Millionen Euro davon sind aber für das Landwirtschaftsministerium vorgesehen. Die restliche Summe kann so, wie es jetzt im Haushalt angelegt ist, natürlich auch über mehrere Jahre verplant werden. Von daher kann man als Haushaltsgesetzgeber jetzt gar nicht sehen, Herr Minister, ob Sie das in 2021 investieren wollen oder ob
das Ihr Polster für die nächsten drei Jahre ist. Dann wäre die Höhe dieser Summe allerdings deutlich niedriger und wäre der Eindruck, den Sie damit erwecken, falsch.
Meine Damen und Herren, wir werben dafür: Lassen Sie uns gemeinsam über einen Investitionsfonds reden - rechtskonform mit dem Haushaltsrecht. Das ist keine Frage. Dafür stehen wir auf jeden Fall ein. Aber lassen Sie uns über unsere Infrastruktur reden und die Chance jetzt nutzen, unser Land modern und zukunftsfähig aufzustellen und für den Klimaschutz zu wappnen!
Meine Damen und Herren, ich will mit einem Zitat des Governors der Bank of England, Mark Carney, schließen. Er sagte kürzlich: „Firms ignoring climate crisis will go bankrupt.” Das gilt für Firmen, aber kann auch für öffentliche Gemeinwesen gelten. Und das wollen wir nicht.
Vielen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Ich rufe jetzt die Frau Abgeordnete Johanne Modder, die Vorsitzende der SPD-Fraktion, auf. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Haushaltsbegleitgesetz wird gleich von meiner Kollegin, unserer finanzpolitischen Sprecherin Frauke Heiligenstadt, eingebracht.
Meine Damen und Herren, „Mit Augenmaß aus der Krise“ - so titelte die Landesregierung ihre Presseinformation nach ihrer Haushaltsklausur Anfang Juli dieses Jahres. Dass uns die Corona-Pandemie in die schwerste Krise unseres Landes gestürzt hat, dass sie uns noch lange beschäftigten wird
und dass sie ganz logisch auch Auswirkungen auf unsere Finanzsituation hat, erklärt sich von alleine.
Zum damaligen Zeitpunkt mussten wir noch von Steuermindereinnahmen von ca. 3,3 Milliarden Euro ausgehen. Die Landesregierung hat einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der sich auf die Krisenbewältigung konzentriert und auf neue politische Schwerpunkte verzichtet, so schade das auch ist. Auf die einzelnen Bereiche werde ich gleich in meinen weiteren Ausführungen noch eingehen.
Ich würde dem Haushaltsplanentwurf 2021 vielleicht die Überschrift geben: „Die Krise meistern - Strukturen erhalten!“ oder alternativ: „Verlässlichkeit in der Krise“.
Der Haushalt wird ein Volumen von rund 35,9 Milliarden Euro haben. Kurz vor der Sommerpause hat dieses Parlament mit großer Mehrheit den Zweiten Nachtragshaushalt 2020 mit einem Finanzvolumen von immerhin 8,4 Milliarden Euro beschlossen. Darin enthalten war ein rund 4,4 Milliarden Euro schweres Konjunktur- und Krisenpaket mit zusätzlichen Ausgaben zur Überwindung der Corona-Pandemie.
Weitere 1,2 Milliarden Euro setzt das Land zur Mitfinanzierung der steuerlichen Entlastungen der niedersächsischen Bürgerinnen und Bürger ein. Dieses Konjunktur- und Krisenpaket ergänzt die im Ersten Nachtragshaushalt dieses Jahres bereits vom Parlament beschlossenen 1,4 Milliarden Euro.