„Am 28. September sollen bundesweit geeignete Teilgebiete für ein Endlager benannt werden. Nach Einschätzung von Umweltminister Olaf Lies werden sich rund zwei Drittel davon in Niedersachsen befinden.“
Wenn ja, ist es aber auch nicht klug, zu spekulieren und zu sagen: Es werden zwei Drittel in Niedersachsen liegen. - Das alles kann sein. Wir sollten kein Bundesland ausschließen. Ich glaube aber, das Signal an Bayern, an Sachsen, an Sachsen-Anhalt, an Baden-Württemberg, an Hessen kann nicht sein, dass der Umweltminister schon vorher verkündet, was seine Einschätzung ist.
Übrigens ist nicht er der Herr des wissenschaftlichen Verfahrens. Manchmal ist es besser, nicht zu spekulieren und zu schweigen. Sie haben es ja gemerkt, als Sie gesagt haben, Sie rechnen damit, dass Gorleben im Topf bleibt. Dort hat die Bürgerinitiative Ihnen unterstellt und gefragt, ob Sie Vorabinformationen haben. Setzen Sie bitte auf einen transparenten Prozess! Es ist zu begrüßen, dass Sie alle demokratischen Fraktionen dort eingebunden haben, dass Sie Ihr Begleitgremium haben. Lassen Sie uns aber in der Sache diskutieren! Hoffen wir darauf, dass nach dem Beschluss, den wir getroffen haben, das ungeeignete, willkürlich ausgewählte Endlager Gorleben dann auch vom Tisch ist!
Das heißt nicht, Niedersachsen ist vom Tisch, sondern wir müssen bundesweit ehrlich, transparent und gründlich suchen. Dafür ist dieser gelungene Antrag eine gute Grundlage.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich mitteilen, dass sich die Fraktionen verständigt haben, nach diesem Tagesordnungspunkt noch den Tagesordnungspunkt 30 zu erledigen, bevor dann Mittagspause sein wird.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Jetzt sind es vier Minuten. Sehr verehrte Damen und Herren! An den Redezeiten der meisten Fraktionen und an der getragenen Sprechweise des einen oder anderen Redners haben Sie schon gemerkt: Es geht um ein heißes Eisen, um ein großes Thema, ein schwieriges Thema. Nun muss man aber auch sagen: Mindestens eine Fraktion hat hier seit Jahrzehnten dazu beigetragen, dass das Thema hysterisiert wird, dass keine sachliche Diskussion über den Bereich der Nukleartechnik, der Atomkraft und damit auch der Endlagerung möglich ist.
Nach über 40 Jahren entsprechender Stimmungsmache müssen wir feststellen: In unserem Land kann man eine sachlich seriöse Debatte, wie sie der Herr Meyer gerade versucht hat darzustellen, kaum so einfach führen. Deshalb ist das Thema mit spitzen Fingern anzufassen.
- Genau. Das versuchen einige. Sie werden das vielleicht nicht hinkriegen, Herr Siebels. Das merke ich schon an Ihren Zwischenrufen. Sonst liefern Sie ja kaum was.
Das sachlich Seriöse, das die Grünen jetzt gerade hervorkehren: Woher soll es denn kommen? Aus diesem Antrag?
Wenn sich vier Fraktionen einig sind, muss man sagen: Das, was darin steht, wird sehr allgemein sein. - Was darin steht, kann ich Ihnen gleich einmal übersetzen.
Alle in ganz Deutschland sollen sich an der Suche beteiligen. Die Regeln und die Gesetze sollen eingehalten werden. Es soll nach Möglichkeit nicht vorfestgelegt Gorleben sein. Transparenz soll geboten sein, für alle Beteiligten und Interessierten, jederzeit im Verfahren. Und man stellt fest: Wir haben zumindest für die Beteiligung der Bürger in der Corona-Zeit schwere Zeiten gehabt.
Das sind eigentlich Sachen, die Sie nicht extra beantragen müssen. Es sind eigentlich Selbstverständlichkeiten in einem Rechtsstaat, dass man die Gesetze einhält bzw. sich an die Spielregeln hält. Aber Sie haben natürlich ein Problem: Ihre Amtskollegen und Parteikollegen in anderen Bun
Der eine oder andere ist versucht, das auch noch aufzunehmen. So besteht die Gefahr - ganz abgesehen davon, dass Niedersachsen geologisch betrachtet tatsächlich eine höhere Wahrscheinlichkeit als andere Bundesländer hat, als Endlagerstandort infrage zu kommen, weil die Formationen bei uns mehr gegeben sind. Wir suchen nach Ton, nach Salz oder nach Kristallingestein, also Granit. Damit kann Niedersachsen zwar nicht so aufwarten. Aber es besteht die Gefahr, dass es Niedersachsen wird, und es besteht vielleicht sogar die sachlich seriöse Gefahr, dass es am Ende doch Gorleben wird.
Das müssen Sie den Leuten auch sagen und vermitteln. Die Forderungen an die Landesregierung, die Sie sich teilweise selber geben, sind im Wesentlichen eine Wiederholung.
Die Bezahlung von Sachverständigen vor Ort ist allerdings etwas Neues - immer dort, wo ein Teilgebiet oder ein Bereich eher in Betracht kommt, als Endlagerstandort geeignet zu sein. Sie selber wissen, dass die Suche nach einem Endlagerstandort ein unangenehmes Thema für die Leute ist. Sie haben auch dafür gesorgt, dass es das ist. In anderen Ländern wird das Ganze buchstäblich sehr viel trockener behandelt. In Finnland und Frankreich ist es eine Selbstverständlichkeit, sachlich über einen Endlagerstandort zu diskutieren und zu entscheiden - hier nicht.
Sie wollen Sachverständige vor Ort finanzieren, die dann vor Ort vielleicht doch erklären, dass es nicht geht bzw. die sich vehement für solche Schlussfolgerungen einsetzen. Ich sage Ihnen voraus: Das wird die Sache nicht beruhigen, sondern eher wieder erschweren. Wenn aber insgesamt eine sachliche Diskussion dabei herauskommt, soll es uns natürlich nicht stören.
Das ehrgeizige Ziel, das im Gesetz vorgegeben ist, eine Endlagerung für 1 Million Jahre zu projizieren, ist allerdings hochgegriffen. Ich habe Finnland erwähnt. Dort spricht man von 100 000 Jahren. Was machen die Finnen mit ihrem endzulagernden Nuklearmüll eigentlich anders, dass sie der Ansicht sind, nach 100 000 Jahren sei das Ganze für die Umwelt und für die Menschen ungefährlich? Für uns Normalsterbliche ist das eine oder andere egal. Niemand kann sich einen Zeitraum von 100 000 Jahren vorstellen - von 1 Million Jahren schon gar nicht. Unsere ältesten Bauwerke sind
Wir würden dringend empfehlen, über diesen Antrag mangels Substanz bitte sofort zu entscheiden. Wenn dieser Antrag jedoch tatsächlich an den Ausschuss überwiesen wird, werden wir dort das eine oder andere noch erwähnen müssen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Neben dem „Niedersächsischen Weg“, über den wir vorgestern ausführlich gesprochen haben, wird uns Umweltpolitiker in den nächsten Monaten und Jahren ein weiteres Thema beschäftigen. Es geht, wie bereits erwähnt wurde, um die Frage: Wie kann man hochradioaktiven Müll, der aus unseren Kernkraftwerken stammt, für eine sehr lange Zeit sicher lagern?
Zugegeben, diese Frage ist nicht neu. Die Geschichte der Suche nach einem Endlager für diese Abfälle ist jedem bekannt, der sich damit beschäftigt hat. Neu dagegen wird in ca. 14 Tagen die Frage sein, wo das denn passieren kann.
Während heute noch für ganz Deutschland das Credo der weißen Landkarte gilt, wird das ab dem 28. September 2020 anders sein. An diesem Tag wird die Bundesgesellschaft für Endlagerung einen Zwischenbericht veröffentlichen, der die Suche nach einem möglichen Standort einschränken wird.
In den vergangenen Jahren haben viele Experten intensiv daran gearbeitet, das Suchgebiet einzuschränken und die erkennbar unsicheren Gebiete auszuschließen. Das sind Gebiete, in denen Bergbau betrieben wird oder in denen es vulkanische oder seismische Aktivitäten gibt.
Infrage kommen dann Gebiete, in denen die geologischen Mindestanforderungen nach den bislang bekannten Daten und Fakten gegeben sind. Das sind Gebiete, in denen wir ein mindestens 300 m starkes Deckgebirge haben, unter dem sich eine mindestens 100 m mächtige Schicht von Ton, Salz oder Granit befindet.
Niedersachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat von allem etwas. Insofern ist es kein Wunder, dass der Umweltminister, der ein kluger Mann ist, darauf kommt, dass Niedersachsen auch besonders betroffen sein wird. Ich kann nicht verstehen, wie man das aus der Fraktion der Grünen kritisieren kann.
Beispielsweise bei mir vor Ort gibt es eine ganze Menge Ziegelleien. Ziegelleien sind nicht deswegen da, weil der Ton von irgendwoher herangekarrt wird; Ziegelleien sind deswegen da, weil es dort ganz viel Ton gibt. Also wird es vermutlich auch bei mir im Osnabrücker Land eine Betroffenheit geben.
Man muss also kein Prophet sein, dass nach diesem Termin, dem 28. September 2020, in vielen Gebieten Niedersachsens Menschen darüber diskutieren werden: Könnte es sein - mit der Betonung auf „könnte“ -, dass meine Heimat möglicherweise ein Endlagerstandort für hochradioaktiven Müll wird?
Nach dem 28. September wird ein umfangreiches Verfahren gestartet, in dem der Zwischenbericht der BGE auf Teilkonferenzen mit der Zielsetzung diskutiert wird, dass bislang unbekannte Informationen zusammengetragen werden, um weitere Gebiete ausschließen zu können.
Wichtig ist meiner Fraktion, dass dieses Verfahren so geführt wird, wie man es im Standortauswahlgesetz vorgesehen hat, nämlich partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfra
gend, lernend und reversibel. Jeder geeignete Standort muss in die Suche einbezogen werden. Ich sage das ganz deutlich in Richtung anderer Bundesländer, die schon gesagt haben: Bei uns kommt das gar nicht infrage! - Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Credo „Überall anders, aber nicht bei uns!“ darf in diesem Fall nicht gelten.
Denn das, was mit diesen Aussagen passiert, wird dazu führen, dass die Menschen fragen: Ist das wirklich so, dass der Standort in Bayern nicht geeignet war? Kann das wirklich sein? - Wir müssen es so transparent machen, dass am Ende jeder sagen kann: Okay, alle Daten und Fakten sind geprüft worden, und der Standort, der ausgewählt worden ist, ist der richtige!
Deswegen sage ich an dieser Stelle auch ganz deutlich: Es macht wenig Sinn, hier im Plenum zu fordern, Gorleben müsse da auf jeden Fall raus.
Denn wenn ich von anderen Bundesländern verlange, dass sie für die Frage offen sind, wo das Endlager hinkommt, dann muss auch Gorleben so lange im Verfahren sein, bis Wissenschaftler - nicht Politiker - sagen: „Das ist ungeeignet!“ An dieser Stelle sollten wir uns als Politik heraushalten.
Nun will ich Ihnen nicht in allen Details vorlesen, was im Antrag steht. Das haben meine Kolleginnen und Kollegen schon getan. Ich will mich auf ein oder zwei Punkte konzentrieren.