Zum einen darf ich Ihnen im Nachtrag zu den Mitteilungen unter TOP 1 mitteilen, dass der Kollege Bajus, der heute ein- oder zweimal angesprochen worden ist, für heute entschuldigt ist.
Das Zweite: Wenn Sie auf die Uhr schauen, werden Sie merken, dass wir zeitlich mal wieder sehr günstig liegen, sodass es denkbar wäre, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigen, vor der Mittagspause vielleicht noch weitere Tagesordnungspunkte zu behandeln.
- Jetzt kommt der Götterbote, wie bestellt! - Sie haben es vernommen - ich sehe wohlgefälliges Nicken der Parlamentarischen Geschäftsführer -: Die Tagesordnungspunkte 5 und 6 werden noch vor der Mittagspause, also gleich nach der Aktuellen Stunde, besprochen. Danke schön.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass die Veranstaltungsbranche - und das sind nicht nur Soloselbstständige, sondern das sind viele, viele mehr - vor einer ihrer größten Krisen in der deutschen Geschichte steht. Das Volumen an Wertschöpfung, das ihr hier weggebrochen ist, ist gigantisch, und dass Sie, Herr Kollege Hillmer und Herr Kollege Henning, immer wieder auf die Hilfspakete des Landes und des Bundes verweisen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass damit nur ein Bruchteil der Probleme in der Branche abgefedert werden kann.
Trotz all der großen Zahlen, die immer wieder genannt werden - das Problem der Branche geht deutlich darüber hinaus. Um es einmal zu verdeut
lichen: Das Hilfsprogramm des Bundes, das hier angesprochen worden ist, hat für Niedersachsen ein Volumen von rund 2,5 Milliarden Euro. Aber allein die TUI hat bisher 3 Milliarden Euro als Hilfe bekommen, ohne dass damit irgendwie in Aussicht genommen werden kann, dass sie demnächst - auch mit den Veranstaltungen, die sie durchführt - erfolgreich weitermachen kann.
Das sind die Dimensionen, über die wir hier reden. Es ist nicht falsch, diese Hilfsprogramme aufzulegen, aber was wir brauchen, ist ein Mix aus Hilfsprogrammen und der Gestaltung von Zukunftskonzepten.
Lieber Kollege Hillmer, Sie hatten sich ja gewünscht, dass man Vorschläge macht, wie es denn gehen könnte, was man tun sollte. Ich will Ihnen diesen Wunsch gern erfüllen.
Der erste Vorschlag ist, dass dieses Programm des Bundes unbürokratischer wird. Die Förderbedingungen müssen so gestaltet werden, dass das Geld für die einzelnen Kostenbereiche auch wirklich dort ankommt. Das bedeutet dann aber auch, dass Soloselbstständigen nicht Hartz IV, sondern ein echter und adäquater Unternehmerlohn gezahlt wird.
Ideal wäre es, wenn man auf Bundesebene eine negative Gewinnsteuer einführen würde, sodass man die Steuern, die man auf Gewinne, die man gemacht hat, schon einmal gezahlt hat, zurückbekommt, dass man also eine Verlustverrechnung nach § 10 d Einkommensteuergesetz in die Vergangenheit ermöglicht. Dann kriegen nämlich die, die erfolgreich waren, die Steuern gezahlt und den Staat finanziert haben, einen Teil zurück. Aber da passiert auf Bundesebene herzlich wenig.
Sie haben eben ausgeführt, die milliardenschweren Programme des Bundes und auch des Landes - in meiner Rede sprach ich von den 130 Milliarden Euro des Bundes und den 10 Milliarden Euro des Landes - reichten bei Weitem nicht aus, um das zu tun, was eigentlich nötig wäre, um die Umsatzverluste usw. auszugleichen. Da bin ich in der Tat bei Ihnen.
Da wir im Wirtschaftsausschuss immer sehr fair miteinander umgehen, muss ich mal fragen: Sind Sie nicht mit mir der Auffassung, dass das Konzept der Landesregierung, auf der einen Seite milliardenschwere Hilfen bereitzustellen und auf der anderen Seite Maß und Mitte walten zu lassen und durch Corona-Schutzmaßnahmen auch Veranstaltungen zu ermöglichen - unter Berücksichtigung der AHA-Regeln, unter Berücksichtigung von Hygieneschutzkonzepten -, genau den richtigen Weg darstellt, um den Unternehmen Umsätze zu ermöglichen? Genau das tut doch die Landesregierung! Das müsste doch in Ihrem Sinne sein.
Diese Frage muss ich mit einem eindeutigen Jein beantworten; denn die Idee ist richtig, aber die Umsetzung ist schlecht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Zweiter Vorschlag an den Kollegen Hillmer: Das bedeutet, dass wir in Bezug auf die Veranstaltungen, die möglich sind, überlegen müssen, wie mit den Risikoleistungen umgegangen werden soll, wenn auf einmal eine lokale Maßnahme erfolgen muss und Veranstaltungen abgesagt werden. Die
ganzen Planungs- und Vorlaufkosten! Da wäre es sinnvoll - wie bei der Hermes-gedeckten Exportversicherung -, dafür eine Versicherungsleistung einzuführen, damit das Risiko aus lokalen Infektionsgeschehen, die zu Absagen führen, nicht beim einzelnen Veranstalter hängenbleibt, sondern von der Gemeinschaft getragen wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir müssen außerdem berücksichtigen, dass die Veranstaltungen wegen der Infektionsschutzmaßnahmen viel teurer sind. Dann müssen wir beispielsweise für die Firmen im Bereich des Steuerrechts den Festbetrag für Betriebsveranstaltungen erhöhen, den sie für ihre Mitarbeiter aufwenden dürfen, damit sie die Möglichkeit haben und bereit sind, Veranstaltungen auch im kostenträchtigeren Volumen durchzuführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Kollege Hillmer, der letzte Punkt - das ist der Aspekt, worauf schon Herr Kollege Henning abhob - betrifft die Frage, wie Veranstaltungen eigentlich durchgeführt werden können. Die Wirtschaft muss den Staat finanzieren. Der Staat kann nicht dauerhaft die Wirtschaft finanzieren.
Das ist eine Erkenntnis, die deutlich werden muss. Deshalb müssen wir überlegen, wie diesem Wirtschaftszweig die entsprechenden Möglichkeiten gegeben werden können.
Ich sehe ja, dass Sie anfangen, Veranstaltungen mit einem Hygienekonzept abzuhalten. Das ist aus unserer Sicht richtig, aber nicht ausreichend; denn Sie müssen doch auch etwas dafür tun, dass die Menschen so viel Vertrauen in diese Konzepte haben, dass sie wieder hingehen. Es ist ja nicht so, dass Veranstaltungen nicht besucht werden, weil sie verboten worden sind, sondern dort, wo sie erlaubt sind, kommen Menschen nicht, weil sie sich nicht sicher sind, ob die Konzepte funktionieren, ob sie tatsächlich sicher sind.
Da ist natürlich auch das Chaos, das mit den Corona-Verordnungen hier entstanden ist, ausschlaggebend. Zu jeder Verordnung haben wir Sie von der Landesregierung hier gefragt: Was bedeutet das jetzt für die konkrete Veranstaltung X mit ihren Voraussetzungen, was Teilnehmerzahlen etc. angeht? Dann ging doch das große Rätselraten zwischen Wirtschaftsministerium und Sozialministerium los: Darf man das? Oder darf man das nicht?
Am Ende hatten Sie eine Münze geworfen; dieses Gefühl hatte ich manchmal. Wie es in der Verordnung juristisch gemeint ist und was als Idee dahintersteckt, war - jedenfalls für den juristischen Laien - nicht verständlich. Man darf doch nicht erwarten, dass Veranstalter und Soloselbstständige etc. Volljuristen sind - und schon die haben Probleme, das Regelwerk, das Sie aufgestellt haben, nachzuvollziehen.
Dann gibt es aber auch die Frage: Warum gibt es so komische Regelungen, die sich wissenschaftlich nicht erklären lassen? Sie haben monatelang erklärt, dass Geburtstagsfeiern viel riskanter sind als Hochzeiten und Beerdigungen;
denn Hochzeiten und Beerdigungen durften mit mehr Leuten begangen werden als Geburtstage. Das ändern Sie bei der nächsten Verordnung; das begrüße auch ich. Das hat aber zu enormen Unsicherheiten geführt.
Herr Kollege Nacke, die Kollegen von SPD und CDU sind nach meinen Reden immer wieder auf mich zugekommen und haben gesagt, dass ich recht habe. Sie gingen auch zu den Ministern und wollten dafür sorgen, dass diese Regelung verschwinde. Endlich hat es mal geklappt! Sie müssen jetzt doch nicht so tun, als wenn Sie die Regelung toll gefunden hätten! Die war wissenschaftlich nicht belegbar. Das hatte mit Infektionsschutz nichts zu tun.
Sie müssen mit der Branche Konzepte erstellen, die Infektionswege definieren. Sie müssen den Menschen erklären, was sie tun müssen, damit sie sich nicht infizieren, damit die Menschen Zutrauen zu den Hygienekonzepten, die Sie genehmigen, gewinnen, damit sie wieder zu den Veranstaltungen gehen. Nur dann wird es funktionieren, einen Weg zu Veranstaltungen wieder zu eröffnen, sodass auch wirtschaftliches Leben wieder geschaffen wird. Das wäre bitter nötig.
Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Weitere Wortmeldungen aus dem Plenum liegen mir nicht vor. Dann darf ich gleich Herrn Wissenschaftsminister Thümler bitten, für die Landesregierung das Wort zu nehmen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Land Niedersachsen lässt seine Kulturschaffenden und die Kulturszene in der Pandemie nicht allein. Mit dem Programm wollen wir möglichst viele Menschen erreichen.
Was Herr Bode gerade angesprochen hat, ist einer der Kernpunkte: Es wird versucht, das eine mit dem anderen in Verbindung zu bringen. - Das heißt, wir machen Veranstaltungen und geben dafür Geld, indem der Veranstalter mit dem Soloselbstständigen einen Vertrag schließt, den er dann einreichen muss. Die Leistungen in diesem Vertrag werden bezahlt - unabhängig davon, wie viele Personen an der Veranstaltung teilnehmen können. Findet diese Veranstaltung nicht statt, wird ein Ausfallgeld gezahlt, damit der Soloselbstständige Geld verdient; denn er hat sich ja vorbereitet. - Das ist im Grunde genommen das Konzept unseres Programms für Soloselbstständige.
Deswegen sind wir hiermit eigentlich auf dem richtigen Weg, genau, wie Sie es beschrieben haben; denn uns ist ja bekannt, dass die gesamte Szene darunter leidet. Was Frau Viehoff hier vorgetragen hat: Natürlich erreicht und berührt uns das. Es ist ja nicht so, dass wir in einer bürokratischen Burg leben, wo wir uns eingemauert haben und das nicht zur Kenntnis nehmen. Vielmehr macht auch uns das betroffen! Deswegen geben wir uns mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Mühe, uns auch mit Einzelfällen auseinanderzusetzen.